Rückgeblendetes

Am letzten Tag meiner Woche als Curator für das Twitterprojekt @wirlebenAC ging es nochmal ganz tief in die Vergangenheit. Hier der Beitrag, mit dem ich mich im Projektblog verabschiedet habe. Seit Montag, 12 Uhr, twittert auf der Seite nun @elfritzos.

Woche 16 – Tag 7

Meine Woche auf wirlebenAC geht zu Ende und ich will Euch zum Schluss noch ein paar Orte vorstellen, die mir in und um Aachen besonders ans Herz gewachsen sind. Verlinkt sind alte Blogbeiträge von mir, meist aus der Zeit um 2007, als ich frisch ins Ostviertel gezogen war und die Stadt und das Umland nach und nach entdeckte.

Engel3Da wäre der Ostfriedhof am Adalbertsteinweg. Eine milde Melancholie liegt über den Gräbern, von denen viele mit sehr schönen Figuren und prächtigen Grabsteinen verziert sind. (23.8.2007)

0034_Doppelcascade_1024Ausflugstipp fürs Wochenende: Der höchste Wasserfall Belgiens liegt bei Coo am Amblève-Fluss. (10.8.2008)

Finnschnitzel104_800Die vielbesungene Finnbahn am Königshügel. Federnd, beleuchtet bis Mitternacht, angenehm mäandernd rund um die Tartanbahn am Hochschulsportzentrum. Von sowas träumen sie in Köln. (3.2.2008)

69_Bunker_1024Eine Begegnung mit dem Tod in einem gesprengten Wehrmachtsbunker an der Bahnlinie nach Vetschau. (16.9.2011)

103_Gesamtbild_800Asien vor der Haustür: der Japanische Garten in Hasselt. Besonders prächtig zur Kirschblütenzeit. Mehr Nippon geht nur noch in Düsseldorf. (19.5.2008)

239_Plattform_800Baesweilers Antwort auf den Sky Walk am Grand Canyon: die Aussichtsplattform im Carl-Alexander-Park. (10.6.2008)

Henri-Bau_077_800Ein kleiner Ausflug nach Ostbelgien endet am amerikanischen Soldatenfriedhof in Henri-Chapelle. Und mich ergreift Ergriffenheit. (14.10.2007)

Schatten_27_800Perfekt zum Joggen: der Öcher Bosch. Perfekter Startpunkt dafür: der Parkplatz an der Monschauer Straße. (19.10.2007)

037_RurseeDer Rursee von oben. (9.3.2013)

1100_K-Bilderrahmen266_800Kennt Ihr eigentlich den Karneval von Maastricht? So nah und doch so anders als der in Aachen – die Kostüme fielen jedenfalls echt aus dem Rahmen. (6.2.2008)

066_PralinenUnd zuletzt: ein Tag in Brüssel – denn Brüssel ist Europa im Großen und Aachen im Dreiländereck ist Europa im Kleinen. Und beide liegen nur eine Autostunde voneinander entfernt. (10.9.2007)

Das war sie, Tipplings Woche auf wirlebenAC. Hoffe, es hat Euch gefallen, Aachen einmal aus der Perspektive des Zugreisten zu sehen. Mir hat’s großen Spaß gemacht mit Euch und ich freue mich auf das große wirlaufenAC am 31. August – und natürlich die nächsten Schnitzeltestessen!

Ist Orange das neue Grün?

Und dann waren da noch die Piraten. Kamen vor ein paar Jahren wie aus dem Nichts gesegelt, um bei den Wahlen reichlich Beute zu machen – und dann ebenso flott wieder ins Nichts abzutauchen, unter die Wasserlinie der politischen Wahrnehmung. Doch jetzt reiben sich die Beobachter wieder erstaunt die Augen: Für die Senatswahl in Berlin am Sonntag werden der Internetpartei bis zu 6,5 Prozent vorausgesagt. Damit käme kein Wahlgewinner an ihnen vorbei. Sind die Freibeuter dabei, im Handstreich den Platz der untergehenden FDP im Parteienspektrum zu entern? Ist ihr Orange das neue Gelb? Oder gar: das neue Grün?

Piraten, das liegt in der Natur ihres traditionsreichen Gewerbes, setzen gerne auf das Überraschungsmoment. Doch das war zuletzt verpufft. An ihre großen Kaperzüge aus der Zeit der „Zensursula“-Proteste gegen Ursula von der Leyens Internetsperren hatten die Netzpiraten nie wieder anknüpfen können. Statt die offene Seeschlacht mit dem politischen Gegner zu suchen, ging sich die Mannschaft lieber gegenseitig an die Gurgel. Streit auf der Kommandobrücke und Ärger mit dem Online-Abstimmungssystem Liquid Feedback prägten das Bild. Das Wasser, so der Eindruck, stand den Piraten bis zum Hals.

Woher also der plötzliche frische Wind in den Segeln? In ihrer gerade fünf Jahre kurzen Geschichte war die als jung, online-affin und unverbraucht wahrgenommene Truppe vor allem in großen Universitätsstädten erfolgreich (in Aachen schickte sie zuletzt einen Vertreter in den Stadtrat, einer ihrer größten Erfolge). Derart urbanes Ambiente bietet Berlin wie keine andere Stadt im Lande. In der globalen Internetszene hat die deutsche Hauptstadt den Ruf, ein besonders munter blubberndes Zentrum der digitalen Welt zu sein. Diese Klientel stört es auch nicht, wenn ihr Spitzenkandidat in einer Talkrunde beim Anpeilen des städtischen Schuldenstandes mal um mehrere Schiffslängen danebenzielt.

Denn: Auch Beschränkung ist eine Kunst. Es ist erklärtes (und nicht unsympathisches) Programm der Piraten, zu Themen keine offizielle Meinung zu haben, von denen die Kandidaten nichts verstehen. Oder: noch nichts verstehen. „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Klappe halten“ – diesen Satz von Dieter Nuhr würde man gerne auch bei all den anderen Politikern verinnerlicht sehen, die unter der Behinderung leiden, nicht an einem Mikrofon vorbeigehen zu können.

Zudem sieht die etablierte Konkurrenz in der Hauptstadt offenbar für viel größere Teile der Wählerschaft grau und verbraucht aus, als bisher angenommen. Was immerhin den Grünen die wohlige Bestätigung geben mag, endlich mitten im bürgerlichen Hafenbecken vor Anker gegangen zu sein. Und sind sie, die Grünen, nicht auch ihrerzeit als Ein-Themen-Partei vom Stapel gelaufen? Was in den 80er-Jahren die Umwelt war, ist heute das Netz: von dunklen Mächten bedroht, gefühlte Heimat für Viele und von den Altparteien ignoriert. Ahoi da drüben, wir sind jetzt die Rebellen.

Doch zur Volkspartei mit eigenem Ministerpräsidenten ist es noch ein gutes Stück zu segeln – und die sturmzerzausten Piraten haben in den letzten Monaten reichlich Pulver verschossen. Wenn sie aber am Sonntag ihre Flagge im Berliner Senat hissen können, sind sie wieder auf Kurs. Zumindest als Regionalpartei hätten sie sich damit erst einmal etabliert. Und die Parteienlandschaft wäre um eine weitere Farbe bunter. Wer das bedauert, dem bleibt zumindest der Trost: Orange ist allemal schöner als Braun.

Freunde bleiben

Die E-Mail kommt unerwartet. Absender ist ein Name, der ein kleines Glöckchen in meinem Hirn läuten lässt. „Einladung zur 20-jährigen Abi-Jubiläumsfeier“ steht im Betreff. Erinnerungen flackern auf – an damals, an das Frühjahr 1990. In der DDR wurde zum ersten Mal frei gewählt, Nelson Mandela kam aus der Haft, Michael Gorbatschow wurde zum Präsidenten einer bereits auseinanderbröselnden UdSSR ernannt. Und in Oldenburg bekamen die Abiturienten der Cäcilienschule ihre Abschlusszeugnisse überreicht.

Die Empfängerliste der Mail ist deutlich länger als der eigentliche Text und sie zu lesen deutlich spannender. Schau an: Grit, Niklas, Matthias und Guido tragen inzwischen ein „Dr.“ in ihren E-Mail-Adressen. Jessica teilt sich ihre mit einem gewissen Klaus; Tanja und Jörn haben gleich eine gemeinsame Adresse für die ganze Familie. Heike, mit dem besten Abitur des Jahrgangs, hat es an medizinische Fakultät der Uni München verschlagen und Kamran, dessen Vater mir einmal den eingewachsenen rechten Zehennagel zog, an die von Tübingen. Karin arbeitet anscheinend in einer Apotheke und Cornelia betreibt ein Atelier. Ehe mich angesichts von Firmenadressen wie @thyssenkrupp.de und @xy-ingenieure.de endgültig der Trübsinn befällt, es nur zum unverheirateten Journalisten gebracht zu haben, retten die Mailadressen „superolli“ und „tannihexe“ die Stimmung. Es gibt sie also noch, die normalen Menschen.

Viele Familiennamen sind unbekannt, andere dagegen noch vertraut. Sogar überraschend vertraut: Die nette Türkin, die mich in der letzten Lateinklausur abschreiben ließ – was mir den Abischnitt rettete – und die als erste unseres Jahrgangs verheiratet war, trägt wieder ihren Mädchennamen.

Jetzt treffen sie sich also, nach zwei Jahrzehnten zum ersten Mal. Leider feiert die Community unserer Zeitung 5ZWO am selben Samstag, 15. Mai, ihren einjährigen Geburtstag. Ich werde also nicht in Oldenburg dabei sein können.

Dass mich das etwas traurig stimmt, überrascht mich. Ich war nämlich damals ganz froh, dass die 13 Jahre endlich vorbei waren. Mit den meisten Mitschülern fühlte ich mich so wenig verbunden wie sie sich mit mir. Wirkliche Freunde waren selten.

Aber manche Dinge ändern sich. Jetzt bin ich neugierig geworden auf die Mitschüler von damals. Und weil sie das Treffen über die Community Stayfriends organisiert haben, melde ich mich dort ebenfalls an.

Stayfriends heißt so viel wie „bleibt Freunde“. Das Netzwerk ist, im Gegensatz etwa zu Facebook, wo vor allem kommuniziert und kommentiert wird, auf das Aufstöbern von Kontakten aus der Kindheit spezialisiert. Klingt nicht besonders spannend, entpuppt sich aber als überraschend amüsant: Mensch, den Marko gibt’s ja auch ohne Zahnspange! Oh, Anja hat einen neuen Nachnamen – meine Güte, da hätte sie besser den alten behalten. Und da ist die schöne Andrea mit den schwarzen Locken – für einen introvertierten 16-Jährigen damals so begehrenswert wie unnahbar. Erinnerungen.

Nach ein paar Klicks habe ich alte Klassenfotos aus der Grundschule gefunden – zum Totlachen, diese quietschbunten 70er-Jahre-Pullis! Noch ein paar Klicks, und ich bin in der Vorschulzeit angekommen: Ingo, Michael, Tanja, Sabine, Benno – die wilde Bande vom Friedrich-August-Platz, dem größten Spielplatz der Nachbarschaft. Namen, an die ich jahrzehntelang nicht mehr gedacht habe. Die verbindende Macht des Internets mal wieder – einfach toll.

Und jetzt?

Stayfriends hat ein sogenanntes Freemium-Modell. Klicken und gucken ist kostenlos. Wer aber Nachrichten verschicken und weiterführende Namen lesen will, muss zahlen. „Gold-Mitgliedschaft“ nennt sich das. Dazu bin ich zu geizig. Ich bin schließlich bereits bei StudiVZ, Facebook, Xing, Twitter, 5ZWO, LinkedIn, Wer-kennt-wen, mixxt und in -zig anderen Netzwerken, großen und kleinen, gut und schlecht gemachten. Irgendwann muss Schluss sein, selbst wenn man das Internet zum Beruf gemacht hat. Und so toll ist Stayfriends bei weitem nicht, dass ich dafür bezahlen würde.

Lieber suche ich – schlau, schlau – nach einigen der wiederentdeckten Namen in den anderen Netzwerken. Christian und Mathias etwa, die eineiigen Zwillinge aus der 6. Klasse, finde ich tatsächlich. Nein, falsch, Mathias findet mich und schickt mir seine Freundesanfrage, bevor ich ein Wort geschrieben habe. Auch auf Stayfriends haben mich bald ein, zwei Dutzend Ex-Mitschüler zu ihren Kontakten hinzugefügt und ich sie zu meinen.

Und jetzt?

Jetzt – nichts. Schweigen. Niemand wagt den ersten Schritt. Was sagt man auch jemandem, den man seit 20 Jahren nicht gesehen hat? Was soll ich zum Beispiel Stefan schreiben, der nach dem Abi eine Banklehre angefangen hat und von dem ich seitdem nichts mehr gehört habe? „Moin Alter, nettes Foto, hast dich ja gar nicht verändert“? Mal abgesehen davon, dass manche Lügen sogar einer E-Mail anzusehen sind.

Plötzlich stellt sich heraus: Zwei Jahrzehnte gelebtes Leben sind nicht so einfach zu überbrücken, als läge nur eine Englischstunde dazwischen. „Freunde bleiben“ ist eine echte Herausforderung. Da hilft auch kein Netzwerk. Wenn das „du siehst ja immer noch so aus wie damals“ halbwegs leicht über die Lippen kommen soll, muss man dem Gegenüber dabei in die Augen gucken können. Schon um zu sehen, ob ihm derselbe Satz genau so schwer fällt.

Trotz Web 2.0 gilt also: Manche Dinge ändern sich nicht. Die schöne Andrea bleibt so unansprechbar wie damals. Macht nichts. Sie ist beim Treffen eh nicht dabei – sie war im Jahrgang über mir.

Nachtrag

Sorry. Nochmal. Auch wenn sich der Widerstand gegen die Internetsperren mittlerweile von der Katholischen Jungen Gemeinde bis zu großen Teilen der SPD (hier der offene Brief eines 22-jährigen SPD-Mitglieds kurz vor dem Parteiaustritt) erstreckt, wird das „Zugangserschwerungsgesetz“ kaum noch zu verhindern sein.

Ich habe in den Aachener Nachrichten vom 17. Juni einen größeren Hintergrundtext mit Kommentar zu dem Thema geschrieben.

Vielleicht am schönsten aber hat Ennomane in diesem fiktiven Interview erklärt, worum es dabei geht: Nämlich doch um Zensur.

So. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich dieses Off-Topic-Thema in einem Motor- und Reiseblog behandele. Aber die Sache ist zu wichtig – und wofür sind Blogs schließlich da, wenn nicht zur Vernetzung?

Sie nennen sie Zensursula

Oder Ursula von den Laien. Mit nichts hat die Bundesfamilienministerin die internetaffine Bevölkerung dieses Landes so gegen sich aufgebracht wie mit ihrem Plan, den Zugang zu kinderpornografischen Webseiten durch Stoppschilder zu erschweren.

Das hört sich zunächst sinnvoll und unterstützenswert an (wer wäre schließlich nicht dafür, solche Widerlichkeiten zu blockieren?). Bei näherem Hingucken entpuppt sich das geplante Gesetz jedoch als bloße Alibipolitik – die Sperren können kinderleicht umgangen werden, die Pädophilenszene dürfte sich kaputtlachen – mit dahintersteckendem Einstieg in eine großräumige Überwachung des Surfverhaltens weiter Teile der Bevölkerung.

Im zweiten Schritt können mit der neu aufgebauten Filter-Infrastruktur dann weitere missliebige Internetangebote gesperrt werden, etwa Musiktauschbörsen, Glücksspielseiten oder extremistische politische Webseiten. Was auch bereits von ersten Politikern gefordert wird. Vorbei wäre es mit der Kultur eines freien Internets. China lässt grüßen.

Ich erspare es mir jetzt, die lange Liste der Unsinnigkeiten des geplanten Gesetzes zu erläutern. Wer es geschafft hat, die heißen Debatten der letzten Monate komplett zu verpassen, gebe einfach „Zensursula“ bei Google ein. Als einziger von unzähligen Artikeln zum Thema sei „Die Generation C64 schlägt zurück“ von Christian Stöcker auf Spiegel Online genannt.

Nur auf eines möchte ich denn doch noch hinweisen: Die Frist für die Unterzeichung der Online-Petition beim Deutschen Bundestag endet morgen, am 16. Juni. Bislang haben über 127.000 Menschen unterschrieben (auch ich). Damit ist die Petition ganz knapp die zweiterfolgreichste aller Zeiten – nur eine Initative für billiges Benzin fand bislang noch mehr Unterzeichner.

Wem es am Herzen liegt, dass auch künftige Generationen freien, ungefilterten Zugriff auf das Internet haben, der sollte sich überlegen, ob er seinen inneren Schweinehund jetzt überwindet. Und zwar schnell. Wer’s nicht über sich bringt, verliert automatisch das Recht, sich über internetfremde und inkompetente Politiker aufzuregen.

Moorbraun zwitschert

  • Erster Versuch, per Handy zu twittern. XT9, die siebte Plage aus dem alten Testament.
  • Funktioniert aber. Weiß jetzt schon, wofür ab jetzt die 100 Frei-SMS draufgehen.
  • Baumarktkasse. „Ihre Postleitzahl bitte.“ – „12345.“ Stutzen. „Das ist nicht Ihr Ernst, oder?“ – „Tschüß.“ Immerhin, sie hat’s noch gemerkt.
  • Am Montagabend war die Tanke in Eynatten 20 Min. vor Feierabend schon zu. Heute klemmte nur die Zapfpistole. Belgien.
  • Schraubereien im Hangar. Wenn man lange genug über das Wort „Poppniete“ nachdenkt, wird es irgendwann doch wieder lustig.
  • Von innen verschlossene Hangartür mit Rohrzange aufgekriegt. Ich Held. Schade, sonst wären wir heute auf alle Fälle noch fertig geworden.

Mehr hier.

Wenn der Postmann um Zwei mal klingelt

Als jemand, der beruflich was mit Internet zu tun hat, bin ich natürlich immer wieder fasziniert von dem, was im Netz passiert. Ob Ebay gerade seinen Mitgliederbereich auf Web 2.0 umbaut oder der SPD-Generalsekretär das Tool Twitter entdeckt – alles neu, alles aufregend. Trotzdem gibt es auch bei mir immer wieder Momente der Fassungslosigkeit: Was, sowas geht auch schon?

Kleiner Zeitsprung. Gestern, also in der Nacht zum Montag, saß der Verfasser dieser Zeilen – es war so zwischen 2 und 3 Uhr – wie so oft vor dem Monitor (er hat gerade Urlaub). Und klickte sich durch die Seiten diverser Testportale für Digitalkameras sowie ihrer Anbieter.

Bestellt habe ich am Ende eine Pocketknipse mittlerer Preisklasse bei einem Großversender, der mit A anfängt – weil der im Moment einen Express-Lieferservice zum Gratis-Testen anbietet, der ansonsten Geld kostet. Ich möchte nämlich, dass die Kamera noch bei mir ankommt, bevor ich mich auf die Reise nach Süden mache. Dann fuhr ich den Rechner herunter und legte mich schlafen.

Es war nicht so, dass mich der Paketbote geweckt hätte. Aber das Frühstück stand noch auf dem Tisch, als der Mann in Gelb klingelte, in den Händen ein Päckchen des Großversenders mit dem A. Ein Blick auf’s Handgelenk: 14 Uhr.

Kleine Überschlagsrechnung: Um 2 Uhr nachts bestellt, um 6 in der Post, ein paar Stunden im Lkw, kurz nach Mittag in Aachen? Nicht mal zwölf Stunden bis zur Auslieferung? So schnell sind die inzwischen!?

Es war dann aber nur eine Büchersendung für die Nachbarin, die nicht zu Hause war.

Manchmal finde ich es ganz beruhigend, vom Internet doch nicht überrascht zu werden.

Neues aus der Welt des Dosenfleischs (3)

Mailbox_800

Eine der größten Leistungen des menschlichen Intellekts ist es, aus Vorhandenem und Bekannten etwas Neues und Aufregendes zu schaffen. Das ist es, was uns von Tieren unterscheidet: die Kreativität, uns selber ständig überraschen zu können. Nehmen wir zum Beispiel… äh, ja: Nehmen wir mich.

Mir geht nämlich seit Tagen der gute alte Schlager „Volare“ durch den Kopf. (Doch, den kennen Sie. Klicken Sie bitte auf die Version der Gipsy Kings als Karaoke, damit Sie wissen, was ich meine.) Und das kam so.

Es war am Donnerstag vergangener Woche. Kurz nach 10 Uhr. Den Rechner hochgefahren und den morgendlichen vormittäglichen Blick in die Mailbox geworfen. Dann Einen in den Spam-Ordner.

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Über die kurzen Momente der Heiterkeit, die dieser Seitenaufruf erzeugen kann, habe ich mich ja schon ausgelassen. Diesmal war keine Mail von Agathe Bauer drin. Nein, jetzt schlug das Spam-Imperium zurück, grausam und unbarmherzig.

In Form von…

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Es ist ja bekannt, dass die fingierten Absendernamen der Mails aus irgendwelchen Adressdatenbanken zusammengewürfelt werden. Dabei kommt es zu den abstrusesten Kombinationen. Wie etwa der litauische Vorname Gintare vor dem urdeutschen Klawitter. Klawitter, so wie der Kli-Kla-Klawitter-Bus aus dem Fernsehen (Sie merken, ich bin ein Kind der Siebziger). Auch in den MAD-Heften meiner Teenagertage hießen die Leute ständig Gertrude Klawitter, Horst Feinbein oder Udo Fröhn.

Kein Wunder also, dass ich diesen Namen seit fast einer Woche nicht mehr los werde. Sie, lieber Leser, von jetzt an übrigens auch nicht. Warum soll es Ihnen auch besser gehen als mir? Also nochmal, damit es sich in Ihre Netzhäute genauso einbrennt wie in meine:

Gintare_800

Und was hat das jetzt mit „Volare“ zu tun, das ich seit fast einer Woche ständig vor mich hin summe? Das unbekannte Wesen, das menschliche Hirn, mein menschliches Hirn, hat es fertiggebracht, den Namen Gintare mit dem Geklimpere des Gipsy-King-Hits zu verbinden. Gin-taa-re, ooo-oooh. Wenn das mal nicht die wirklich, wirklich kreative Kombination des Tages war. Mensch schlägt Maschine. Irgendwie beruhigend. Mal sehen, was ich morgen im Spam-Ordner habe.

Unter Bloggern

Es fängt jedenfalls vielversprechend an: Die A4 nach Köln ist frei. Trotz der diversen Baustellen. Bin ich aufgeregt? Ich bin aufgeregt, ein bisschen jedenfalls. Mein erstes Bloggertreffen! Was für Menschen erwarten mich? Sicher ein exklusiver Querschnitt unglaublich hipper und gestylter Mitglieder der digitalen Bohème. Und mittendrin ich in meinem langweiligen Hemd.

Persönlich kenne ich da niemanden. Organisiert wurde das Ganze von stylespion, einem Netzmagazin des Kölner Webdesigners Kai Müller. „Treffen. So in echt.“ titelte er im Mai, viele Leser sprangen sofort drauf an. Ein Kollege machte mich drauf aufmerksam – „da muss ich hin“, dachte ich und trug mir den Termin in den Taschenkalender ein.

Was kommt dabei heraus, wenn sich zwei, drei Dutzend Blogger und Blogleser einfach so treffen, ohne Tagesordnung und ohne Programm? Bloggen ist ja per se eine Sache, die meistens im stillen Kämmerlein stattfindet. Natürlich kommentiert man anderswo und kriegt Kommentare von anderswem, natürlich gibt es Gemeinschaftsblogs wie Spreeblick und Riesenmaschine und gelegentlich gibt es in Blogs sogar Urlaubsvertretungen wie bei Niggemeier und Vetter. Aber ein zwangloses Treffen außerhalb der großen Konferenzen wie der Berliner re:publica?

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Der Ort ist jedenfalls nett gewählt: Das Motoki Kollektiv in der Stammstraße in Köln-Ehrenfeld ist eine Art Einraumkulturzentrum mit Clubatmosphäre. Parkplätze gibt es zwar im ganzen Viertel nicht, dafür stimmt die Atmosphäre in dem verwinkelten Raum mit den Stehtischen, die mit grünem Modellbahnrasen bezogen sind und zum Zimmergolf einladen. Ein halbes Dutzend mitgebrachter Laptops auf Couchtischen tummelt sich offensichtlich bereits im hauseigenen W-LAN-Netz mit dem schönen Namen „Motoki funkt hallo“. Beim Einloggen stelle ich fest, dass es in der Nachbarschaft auch ein W-Lan gibt, dass „Stammheim“ heißt. Muss Kölscher Humor sein. Von den Anwesenden, die ohne Laptop da sind, haben einige stattdessen Kuchen mitgebracht. Ist zwar nicht so netzwertig, gefällt mir aber irgendwie besser.

Die Location – der Ausdruck ist hier wohl angemessen – füllt sich schnell; gut zwei, drei Dutzend Teilnehmer drapieren sich bald auf und um Sofas und Theke. Ein Notebook auf der Theke schießt Webcam-Fotos, die mit Hilfe eines Vordrucks zu Plakaten gestaltet werden. Damit können sich die Teilnehmer an der Eingangstür vorstellen. Was für eine nette Idee.

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So schrecklich hip und gestylt wie befürchtet sehen die meisten Anwesenden übrigens gar nicht mal aus. Schnell kommt man ins Gespräch, auch wenn man ein langweiliges Hemd trägt. Über gute und schlechte Blogs, über Don Alphonso und MC Winkel, über fallende Abrufzahlen bei längerer Schreib-Abstinenz und Freude über Reaktionen der Leser. Es ist angenehm, sich mal mit Leuten zu unterhalten, die ähnliche Lesezeichen im Browser haben wie man selbst.

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Christoph ist eigens aus London eingeflogen, um dabeizusein. Er bloggt für den Elektronikgerätehersteller LG. Wir stellen fest, dass wir beide noch nicht herausgefunden haben, wozu Twitter eigentlich gut ist. Und dass er das deutlich coolere Kamerahandy hat. Allerdings hat meins dafür einen dicken Rand aus Gummi, der es ganz schön unzerstörbar aussehen lässt.

Kurz: Es wird ein ziemlich netter Nachmittag. Schade, dass ich nur zweieinhalb Stunden Zeit habe, bevor ich wieder zurück nach Aachen muss. Mein Taschenkalender freut sich jedenfalls schon auf ein zweites Bloggertreffen. Und sollte es ein gutes Omen sein: Die A4 ist auch auf dem Rückweg frei.

Update am 17. Juli: Eins führte zum anderen, und so wird diese kleine schokoladige Heimseite hier seit heute auf dem LG-Blog im „Blogger der Woche“-Interview erwähnt. Jeder Link zählt – wenn ich hier Werbung dulden würde, wäre ich jetzt bestimmt reich.

Neues aus der Welt des Dosenfleischs (2)

Der erste Blick in die Mailbox am Morgen hat oft den ersten Lacher des Tages zu Folge. Da sind etwa die immer neuen Versuche von mehr oder minder seriösen Verkäufern pharmazeutischer Produkte, diese an den Mann zu bringen. Dicht gefolgt von Werbung für Online-Casinos – wie ist meine arme GMX-Adresse nur in einen Mailverteiler für Spielsüchtige geraten? Und dann ist da Frau Bauer.

Zugegeben, im Jahre 2008 noch einen Artikel über Spam-Mails zu schreiben, das ist nichts, was mir dieses Jahr den Konrad-Zuse-Preis für Onlinejournalismus einbringen wird. Aber manche Sachen muss man tun, auch wenn es einem niemand dankt. Also, was haben wir denn da im Ordner „Spamverdacht“?

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Jemand namens „Gewinn“ schickt mir etwas, das „Wichtig“ ist. So wichtig, dass man mir nicht mehr verraten will. „Domina Ruth“ befiehlt mir, auf ihre Seite zu klicken. Nichts da, Madame. Ein Wesen namens „Kaleb Alamgir“ schreibt mit dem drohenden Betreff „Ihre Familie“. Jaja, deine auch, Kaleb. „Nadine“ fragt, ob ich Probleme im Bett habe? Ja, habe ich tatsächlich. Katzenhaare. Was kann man da machen?

„Sie haben Gewonnen“ teilt mir eine orthografisch nicht völlig sattelfeste Online-Poker-Seite mit. Leider konterkarieren die Autoren die glückverheißende Botschaft dadurch, dass sie ins Absenderfeld „Mahnung“ eingetragen haben – eigentlich ein beliebter Trick, um den Empfängern Angst einzujagen. Steigert jedoch in diesem Fall die Lesechancen der Mail ins Bodenlose.

Ein relativ neuer Trend sind deutsch klingende Absender (kleiner Hinweis für Technik-Laien: Die dort stehenden Namen haben in der Regel nichts mit den wirklichen Absendern zu tun). Weiß der Kuckuck, wer der arme Oswald Muller ist und wer die bedauernswerte Else Meier, die derzeit bei zehntausenden von Mailboxbesitzern für angeekelte Gesichter sorgen. Es ist kein Trost, dass auch meine eigene Adresse längst auf solchen Listen ist und ich schon Spam-Mails von mir selbst bekommen habe.

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Ach ja, Agathe Bauer. Noch so ein Namensklau-Opfer. In dem Fall habe ich aber nicht angewidert geguckt, sondern ziemlich amüsiert. Agathe Bauer heißt nämlich in Wahrheit ganz anders. Der Name steht für Songverhörer, also Textpassagen meist englischsprachiger Lieder, die sich anhören wie deutsche Worte. „Oma fiel ins Klo“ versteht man, wo der Schnulzensänger romantisch „oh my feelings glow“ schmachtet.

Der Berliner Radiosender 104.6 RTL hat eine ganze Sammlung Agathe-Bauer-Songs zusammengestellt. Die dazugehörige Geschichte steht hier. Agathe Bauer heißt also in Wirklichkeit „I’ve got the power“ und ist ein Song von SNAP!.

Irgendwie ist ein Spamversender – natürlich war es wieder ein Webcasino – an diesen symbolträchtigen Namen gelangt. Mal sehen, wann ich die erste Mail von Anneliese Braun kriege.