Wenn man oft genug auf Reload drückt, kommt’s irgendwann. Super Dimona und ASK 16 über dem Pierre-sur-Haute, beim Segelfluglager der FVA in Feurs-Chambéon, 17. April 2014.
Feurs 2013
Leise rostet die Fouga. Kaum ein Bild gibt so passend die triste Stimmung wieder, die das FVA-Fluglager in Feurs im April 2013 über weite Teile in ihren nasskalten Krallen hatte. Denn zum ersten Mal seit ich jedes Frühjahr nach Südfrankreich fahre (also seit 2009), ist das Wetter über längere Zeit durch die (Wolken-)Bank schlecht. Es ist bewölkt, es ist kalt, es regnet. Das Flugfeld ist vollgesogen wie ein Schwamm, an Fliegen ist nicht zu denken. Tag um Tag hockt unser müdes Trüppchen frierend in der ungeheizten Halle oder kauert sich draußen vor dem Clubheim unter das Vordach, wo ein Hauch von WLAN eine brüchige Verbindung zur Außenwelt bietet.
Schon zur Begrüßung ist mir verkündet worden, dass unter den Anwesenden ein durchschlagendes Noro-Virus oder ein ähnlicher Verdauungsbeschleuniger grassiert, der nach und nach jeden erwischt habe. Und als das wäre dieses Schwert des Montezuma nicht Stimmungstöter genug, lädt sich am zweiten Tag mein iFon die gefürchtete „Spider-App“, als es mir aus den Fingern flutscht und mit dem Display voran auf den Schotter vor der Hallentür fällt.
Um den Frust vollzumachen, ist auch noch mein Auto flügellahm: Auf der Hinfahrt am 2. April von Köln über Trier und Lyon hat schon in der Eifel das vordere linke Radlager angefangen zu heulen. Das berühmte dumpfe Wuwuwu-Geräusch von Anakin Skywalkers Podracer in der spektakulären Rennszene in Star Wars – Episode I ist nichts weiteres als eine 1994er C-Klasse. Bis das bestellte Ersatzteil an die Werkstatt neben dem Carrefour geliefert ist, schleppen sich die Tage hin. Währenddessen bin ich in der eiskalten Unterkunft festgenagelt, auf deren Blechdach ununterbrochen die Tropfen prasseln. Ein Feurs zum Abgewöhnen.
Auch eine Runde „Axis and Allies“ kann mich da nicht reizen – das ist ein bei einigen FVAlern beliebtes Strategiespiel, das sich erstaunlicherweise noch länger hinzieht als der Zweite Weltkrieg selbst.
Hüttenkoller nennt man es wohl, wenn man irgendwann die Wände seiner Behausung auf ihre Begehbarkeit abschätzt. Damit es nicht soweit kommt, mache ich mich in einer Regenpause mit Spargel auf eine kleine Wanderung hinunter an die Loire.
Ungezählte Male sind wir in der Platzrunde schon über das Überschwemmungsgebiet im Süden des Platzes eingekurvt. Jetzt wollen wir beide uns einmal anschauen, wie die Gegend aus der – haha – Froschperspektive aussieht. Ein Stück hinter dem Platz geht es über den Deich an der Loire flußabwärts.
„Achtung, Gefahr! Staudämme und Kraftwerke: Rasch ansteigendes Hochwasser möglich sogar bei schönem Wetter“ steht – auf Deutsch! – auf dem Warnschild am Loire-Deich. Da soll mal einer sagen, Piloten leben gefährlich.
Ein Mast mit Pegelanzeigern verrät, wie hoch die Fluten beim letzten Hochwasser 2008 standen: mehr als zwei Meter überm (Ufer-)Boden waren es auf alle Fälle. An die aufgequollenen Holztüren und sonstigen Wasserschäden in der Halle auf dem Flugplatz kann ich mich noch gut erinnern.
Doch das morastige und sich selbst überlassene Naturschutzgebiet ist nicht ohne Reiz. Im Sommer wimmelt es hier vor Vögeln, auch wenn im Moment außer einigen Bleßhühnern und Enten nicht viel zu sehen ist. Ein Rundkurs führt über das Gelände, das zum sogenannten Ecopôle du Forez gehört. Von mehreren versteckten Ständen aus kann man die Tiere durch Sehschlitze beobachten, ohne dass man selbst von ihnen gesehen wird.
Das muschelförmige Besucherzentrum – unsere beliebte Orientierungsmarke beim Eindrehen in den Queranflug – ist leider geschlossen. Dafür verwöhnt guter französischer Landregen Spargel und mich auf dem Rückmarsch zum Flugplatz, den wir ziemlich klatschnass erreichen. Wir lernen, dass man sich auch über eine sehr kalte Behausung sehr freuen kann.
Für etwas Abwechslung sorgen eines Tages unverhoffterweise die Jungs vom örtlichen Aeroclub mit einer großangelegten Baumfällaktion. Einen ganzen Tag lang wird gehackt, gesägt und weggeschleppt wie am Band. Selbst die malerische alte Trauerweide neben dem Clubheim muss dran glauben. Angeblich beschädigten ihre Wurzeln das Mauerwerk.
Vor allem aber werden der Außenwaschplatz von seiner Sichtschutzhecke befreit und sämtliche Bäume rund um die Halle in die Horizontale befördert.
Das Ergebnis spricht für sich selbst: hell, frei und freundlich – wer würde sich hier nicht gerne zur Körperpflege frei machen? Na?
Doch auch die längste Schlechtwetterperiode ist irgendwann zu Ende. Irgendwann kommen die Maschinen der FVA doch noch in die Luft. Freilich auch genauso schnell wieder runter: Am „Tag der Außenlandungen“ regnet es rund um Feurs weiße Vögel. Da mein Auto mittlerweile wieder geräuschlos fährt, darf es sich nützlich machen und Miguel II aus dem Acker holen.
Der Vogel ist schnell zerlegt und in den Hänger geschoben. Kein Vergleich mit der Außenlandung von 2010, als wir Flächen und den Rumpf des schweren Doppelsitzers quer (bzw. längs) über einen sandigen Acker schleppen mussten.
Auf der Rückfahrt zum Flugplatz wird der Beweis erbracht, dass auch sechs Erwachsene locker in eine C-Klasse passen.
Und irgendwann komme dann auch ich in die Luft. Mit diesem Leih-Falken, aus doppeltem Grund „die Kuh“ genannt…
…wie ein Blick ins Cockpit erklärt.
Mit diesem Prachtflieger drehen Martin und ich eine erweiterte Pracht-, äh, Platzrunde in Richtung Schneeberg, um die Wetterlage zu erkunden.
Blick nach Norden in Richtung Roanne – unten eine malerische Burg auf einem Hügel. Jepp, das Wetter ist eindeutig fliegbar.
Schließlich kommt der Tag, an dem die ganz große Hektik ausbricht: Überm Gebirge hat sich eine Welle gebildet, ein seltenes und für Segelflieger traumhaftes Wetterphänomen, bei dem man in starken Aufwinden praktisch unbegrenzt oben bleiben kann. Die Piloten stürzen zu ihren Maschinen, ein Vogel nach dem anderen hebt ab.
Da die Flugschüler und Aktiven auf den Segelflugzeugen Vorrang haben, wollen Fips und ich im Motorsegler hinterher. Wie geschickt wird sich unsere Kuh wohl beim Wellenreiten anstellen? Wir sollen es nicht erfahren. Auf dem Rollweg zum Start reagiert die Maschine nicht mehr auf meine Lenkbewegungen mit den Seitenruderpedalen. Als dann das Eindrehen auf den Taxiway Grünstreifen neben der Bahn komplett daneben geht, wird uns klar, dass wir ein Problem haben. Anhalten, Parkbremse, Triebwerk aus, Haube auf, aussteigen und langes Gesicht machen: Am Spornrad hat sich der Mantel von der Felge gelöst.
Die Erkenntnis dämmert herauf: Heute wird es nichts mehr mit Welle machen. Kräftige Hände tragen den schweren Vogel Schwanz voran zurück zur Halle. Ein neuer Spornradmantel wird zwar irgendwo aufgetrieben, doch die Reparatur dauert stundenlang bis in den Abend. Der Frust sitzt tief – es wäre meine erste Welle gewesen.
Dann, am 13. April, geht mein fünftes Feurs nach gut zehn Tagen zu Ende. Fliegerisch war’s ein ziemlicher Schlag ins Wasser: ein paar größere und kleinere Platzrunden im MoSe, ein paar größere und kleinere Platzrunden im Segel-Doppelsitzer. Wenn es mehr nicht gewesen wäre, wär die ganze Fahrt ein Reinfall gewesen. Doch zum Glück gab es da doch noch etwas: nämlich die köstlichen Törtchen, die Fips in den Patisserien im Ortskern entdeckt hatte.
So wundern sich die lokalen Konditoren über die täglich im Laden stehenden radebrechenden Touristen in den leicht schmuddeligen Klamotten, die immer neue Kartons mit Zuckerwerk aus dem Laden tragen.
In Ausbaustufe 2 werden diese Beutezüge ausgedehnt auf örtliche Käsesorten, französisches Landbier und natürlich Wein (etwa den „Château de Sau“ und den Beaujolais „Pisse-Dru“ – beide heißen wirklich so). Unsere Halle wird allabendlich zum Schlemmerparadies. Kulinarische Lichtblicke unter wolkenverhangenem Himmel.
Apropos kulinatisch: Dann war da natürlich auch noch das Blümchenessen. Der jährliche Höhepunkt jedes Feurs-Lagers: unser Dank für die französischen Gastgeber (und natürlich auch für uns). Blümchenessen heißt das Buffet, weil es durch die „Blümchen“ finanziert wird, die unzähligen 5-Euro-Strafen, die man im Lauf des Lagers für große und kleine Fehltritte kassiert.
Erinnerungen an das legendäre Blümchenessen von 2009 kommen auf, als sich in den frühen Morgenstunden eine Gruppe schwerst angeheiterter FVAler zu Fuß auf in Richtung Feurs machte. Und tatsächlich etwa dreißig Meter weit kam, bis der Blutalkohol seinen Tribut forderte.
Ganz so innig wird es dieses Jahr nicht, aber trotzdem wieder ein schöner Abend. Nicht nur dank der Crème-Brûlée-Schüsselchen, deren Inhalt von Bio per Gasbrenner karamellisiert wird.
Es gibt also doch noch mehr hier unten als nur das Fliegen. Also doch kein Feurs zum Abgewöhnen? Schauen wir mal. Immerhin hat die Kamera meines iFons den Sturz überlebt, ebenso – wie oben zu sehen – sämtliche Bilder. Sogar das Noro-Virus hat mich als einen der wenigen verschont – vielleicht, weil ich die zehn Tage hindurch konsequent einen Bogen um die beiden Toiletten in der Halle gemacht habe und trotz abgeholzten Sichtschutzes auf die zugige Außentoilette ausgewichen bin. Es hätte also alles auch noch viel unangenehmer kommen können.
Und vielleicht ist 2014 ja auch das Wetter 2014 wieder besser…
Feurs 2012
Oh Jubel, oh Freude! Voreilig war meine Betrübins. Die Fotos vom Feurs 2013 sind gerettet – dank des kleinen Tools iDevice Manager (früher iPhone Explorer), das dafür nicht mal Geld haben wollte. Alle Bilder waren noch im Speicher zu finden und ließen sich problemlos auf die Festplatte ziehen. Hier gibt’s die Software zum Download.
Und hier gibt’s das Bildmaterial vom FVA-Segelfluglager in Feurs-Chambèon 2012:
In Aufbruchstimmung: Erstmals kam als Zugfahrzeug die neue (ahem) C-Klasse zum Einsatz. Arm klein Wintergolfi braucht in seinem neuen Leben hoffentlich keine Segelfluganhänger mehr über die Ardennen zu ziehen. Dem Benz gab’s zur Belohnung den schönsten Anhänger des Vereins hinten dran – mit dem leistungsfähigsten Flugzeug drin (der Hornet). Naja, immer noch besser als der Hänger rechts im Bild…
Am Start. Der Leih-Doppelsitzer.
In voller Montur. Mister Wurstpelle im schicken Sprung-Ornat.
Im Abendlicht. (Am Ende durfte ich sie sogar wieder solo fliegen, unsere ASW 28.)
Im Umland. Kleine Spritztour mit Feiphi zum Pierre-sur-Haute.
In eisigem Wind. Oben angekommen, versagten just nach diesem Foto die Batterien meiner Kamera.
In der Halle. Die liebevoll gezüchtete Patina unserer neuen Wunderpfanne kam voll zur Geltung.
Im Carrefour. Unser Abendessen für alle: Bratlinge aus Grünkernersatz, vulgo Burger.
In der Nachbarstadt – kleiner Ausflug nach St. Galmier.
Im Gedenken: Heldengedenkstein. Man beachte die jubelnden Massen neben den ins Feld ziehenden Söhnen das Vaterlands.
Im Angesicht des Knickes. Diese Brücke gilt unter Autofahrern als Mutprobe: Sie ist nur gut zwei Handbreit breiter als ein deutsches Oberklassefahrzeug und knickt auf dem Scheitelpunkt ab. Phips hat diesen Stunt im Passat mit Todesverachtung erfolgreich absolviert.
Unter johlendem Gelächter: Weil Möffi eine Art Wette verloren hatte (habe vergessen, was), bekam er zur Strafe die maximale Dröhnung an Demütigung: von Hasi auf der Gitarre intensiv beklampft zu werden. Ach ja, und die Haare rasierte Ecki ihm auch noch ab.
Feurs 2011
Wie’s ausschaut, haben meine Fotos vom FVA-Segelfluglager in Feurs 2013 den Sturz meines iFons in den Schotter vor der Halle gleich am ersten Abend – oder besser: die anschließende Display-Reparatur in Köln – nicht überlebt.
Und während ich hier gerade meinen Frust in einem mitgebrachten Glas Cidre Doux aus dem Carrefour ertränke, ersatzweise hier ein paar Bilder von Feurs 2011. Von Donnerstag, 31. März, bis Freitag, 9. April, war ich vor zwei Jahren unten, macht sechs Tage netto. Wenn ich den strahlend blauen Himmel auf den Fotos sehe, steigt der Frustpegel über das weitgehend ins (kalte) Wasser gefallene Feurs 2013 noch mehr…
Vor dem Start. Die Maschine ist eine geliehene Grob G 103 Twin Astir II. Feiphi kommt schon mit dem Startseil…
…und schon geht’s über die Quinze raus. Vorne links die Autobahn-Péage, beliebt als zuverlässiger Lieferant für qualitativ hochwertige Thermik.
Apropos Thermik: Hier hatte ich endlich mal einen 1A-Bart gefunden. Ein Einsitzer sah mich kreisen und hängte sich drunter.
Apropos Kreisen. Nein, meinem T-Shirt ist nicht schlecht – das guckt auch am Boden so.
Apropos Boden: Irgendwann ist natürlich auch der schönste Bart ab. Und es geht zurück zum Platz.
Apropos Platz. So sah’s am Start aus. Wie immer also, nichts wirklich Neues.
Apropos Neues. Die Hutmode der Studis passt sich dem Wandel der Zeiten an. Schiebermützen zum Beispiel waren in den Zwanziger Jahren total angesagt. Gutes kommt eben immer wieder…
Apropos immer wieder. Warum sieht man nach zwei Tagen Feurs eigentlich immer so aus? Weil man sich nur die Hände eingecremt und irgendwann die Ärmel hochgekrempelt hatte, darum.
Apropos Aussehen. Endlich mal eine Situation, in der ich nicht in die Luft gehen würde.
Apropos in die Luft gehen: Hier fliegen Fergie und ich mal eben mit der Remo zum Tanken nach St. Etienne-Buthéon, auch liebevoll Beton genannt.
Apropos Beton: Auf dem Vorfeld können wir diese Feuerwehrparade bewundern. Ein schmucker kleiner Airport ist das.
Apropops schmuck: Ist sie nicht prachtvoll, unsere Remo? Jetzt aber schnell getankt und zurück zum Einsatz.
Apropos Einsatz: Den zeigte die FVA auch, als dieser nette Pilot aus den Niederlanden mit seiner Cessna einen Platten hatte. Wir konnten dem guten Mann tatsächlich wieder in die Luft helfen.
Apropos gut: Das gute Wetter sorgte für ein paar prächtige Sonnenuntergänge überm Schneeberg.
Apropos Sonne: Das morgendliche Brötchenholen in Feurs noch vor Sonnenaufgang gehörte für mich immer zu den schönsten Momenten des Fluglagers (gehörte, denn seit 2012 liefert der Boulanger unseres Vertrauens das Backwerk frei Halle).
Apropos schöner Moment: Dieser Blick in die aufgehende Sonne über der Loire-Brücke war ein ziemlich schöner Moment. Wie man am Himmel sieht, war ein Kollege sogar noch früher wach…
Apropos Himmel: Der vielleicht schönste Flug der vergangenen Jahre war eine Ehrenrunde mit einer Leih-Dimona zusammen mit Phips zum Schneeberg, will sagen: Pierre-sur-Haute. Im Abendlicht umkreisten wir die Wetterstation…
Apropos Abendlicht: Gibt es etwas Großartigeres als einen Sonnenuntergang über den Wolken? Erinnerte mich an die Abendlandung in Moline-Quad City auf dem Kanada-Flug 2001.
Feurs 2011, die Ausbeute: Neun Segelflugstarts, rund dreieinhalb Stunden in der Luft. Paar Motorsegler-Platzrunden und der Flug in den Sonnenuntergang. War mehr als okay alles.
Feurs 2010
Und dann war da noch das FVA-Segelfluglager in Feurs 2010. Die vollen drei Wochen, so wie 2009, konnte ich nicht dableiben. Aber immerhin vom 28. März bis zum 5. April. Auch, weil die Kollegen in der Redaktion so nett waren, spontan für mich zwei Arbeitstage zu übernehmen, für die ich eigentlich eingeplant war.
Natürlich war der Hunderteurogolf wieder für F-Schlepp vorgesehen. Schon bevor wir auch nur den ersten Meter gefahren waren, war das arme Auto – dank der Wendekünste eines gewissen Herrn W. – über und über dreckig. Schmutziger Wagen, schmutziger Himmel – es konnte nur besser werden.
Und es wurde besser. 760 Kilometer weiter südlich war das Problem denn auch eher, nicht zuviel vom guten Wetter abzukriegen. (Im Bild: Veronika, Army, Abdul, André und Rapante.)
Viel versäumt hatte ich eh nicht. Unsere Schleppmaschine kam nämlich erst am Morgen nach meiner Ankunft aus Merzbrück nach Feurs hinterhergeflogen – in einem jona-mäßigen Low-Pass.
Von da an gab es keine Pause: Der Golf schleppte umgehend weiter, hier den riesigen „Alf“.
Andenken an eine Anreise mit Hindernissen. Auf der ganzen Fahrt litt der Golf unter immer ärger werdendem Schluckauf und Leistungsabfall bei höheren Drehzahlen. Hustend und sprotzelnd stotterte unser Gespann schließlich warnblinkend mit Tempo 30 über die nächtliche Lyoner Stadtautobahn, bis es einfach nicht mehr weiter ging und wir die nächste Abfahrt nehmen mussten. Die hilfesuchend angesteuerte Tankstelle entpuppte sich als vollgestellt mit einem Großaufgebot an Polizeiwagen. Also gleich wieder heruntergekurvt – beim Zapfsäulenslalom perforierte dann der Handgriff der Stützradverstellung die rückgolfige Knautschzone. In einer ruhigen Ecke konnte ich endlich der Ursache des Gehumpels auf den Grund gehen: Motoröl war es, das in die Zündverteilerkappe eingedrungen war. Ein Schuss Bremsenreiniger, und der Golf schnurrte wieder wie eine Nähmaschine. Über St. Etienne erreichten wir schließlich problemlos Feurs.
Dort setzte nach Ankunft der Schleppmaschine denn auch sofortiger Schulbetrieb as usual ein.
Auch die frisch renovierte Remo tat ihren Dienst wie erhofft.
Leihweise hatten wir diese ASK-21 dabei.
Ein in Ehren ergrautes Schlachtschiff, an dem so mancher harte Kampf eines Flugschülers mit dem Schiebefenster seine Spuren hinterlassen hatte.
Für mich ein Wiedersehen mit einer alten Bekannten: In einer 21 hatte ich meine ersten Segelflüge überhaupt gemacht – damals in Porta Westfalica, im Jahr 2002. Trotz des berühmten Hangwinds über der Porta blieb es bei ein paar Flügen, der Zeitaufwand – morgens Hangartore aufschieben, abends als letzter vom Platz, sonst wurde gemeckert – war einfach zu groß.
Blick ins Cockpit – nichts Ungewohntes drin.
Irgendwann kam ich dann auch endlich selbst wieder in die Luft – herrlich!
Blick auf Feurs an der Loire. Links die Straßenbrücke und das Stauwehr, in der Stadtmitte die Trabrennbahn.
Blick auf einen Flieger, der das Fliegen an der falschen Stelle aufgehört hatte. Upps. Außenlandung.
Zusammen mit André fuhr ich raus, um den Verirrten wieder in den Heimathafen zu lotsen.
Immerhin hatte der Pilot, als die Luft unter den Flächen ausging, den Bock mustergültig in den Acker gepflanzt. Nichts kaputt, genau in Furchenrichtung aufgesetzt – wie aus dem Lehrbuch. Zuerst montierten wir Flächen und Leitwerk ab und schleppten den Kram zum Hänger. Als letztes kam der Rumpf an die Reihe. Zum Dank schüttelte die Maschine auf der Rückfahrt noch ein paar Kilo Erde aus dem Fahrwerksschacht auf den Hängerboden.
A propos Hänger: So sah es am Start aus, wenn der gesamte Flugpark in der Luft war.
Und so sah es am Boden aus, wenn der Flugpark nach und nach wieder aus der Luft herunterfiel.
Überflieger: Die GZ war öfter in der Luft als auf dem Rasen.
Umständliche Prozedur: Vor der Landung musste der GZ-Pilot jedesmal das Schleppseil abwerfen. Damals hatte die Maschine noch nicht die von der FVA selbst entwickelte „WiMi“-Seilwinde („nur echt mit der gelben Tröte unterm Leitwerk!“).
Das war Feurs 2010. Auch wenn’s für mich nur eine gute Woche dauerte, auch wenn ich nicht beim Blümchenessen dabei sein konnte, auch wenn unterm Strich nur eine Handvoll Flugstunden dabei rauskam: Es war wieder ein echter Glanzpunkt.
Transportaufgaben (Feurs 2009)
Es ware eine harte Zeit, das dreiwöchige Segelfliegerlager in Südfrankreich. Und das nicht nur für mich. Golfi, das vor der Schrottpresse gerettete Hunderteuro-Sparwunder, musste richtig arbeiten für sein Geld. Von dem ich spätestens jetzt weiß, dass es wirklich, wirklich gut angelegt war.
Wer hätte gedacht, dass mein armes kleines Winterautochen im zarten Alter von 14 Jahren und mit rund 300.000 Kilometern auf der Uhr noch einmal in den Genuss kommen würde, ein 110.000 Euro teures Segelflugzeug zu schleppen?
Dabei hat das 1,4-Liter-Nähmaschinenmotörchen die Aufgabe mit Bravour gelöst. Beeindruckend, wie sich die 60 PS in so manch steile Steigung der Ardennen verbissen haben. Auch wenn die Nadel der Motortemperaturanzeige umgekehrt proportional zur fallenden Tachonadel in ungeahnte Höhen stieg.
In Feurs angekommen, bewies der wendige Wolfsburger umgehend seine Vielseitigkeit. Ob bei einer Reparatur der defekten Blinkeranlage des Hängers für die ASW 28…
…dem Transport unzähliger Klappstühle, Flugzeugbatterien, Jacken, Schuhen, Transportkullern, Mineralwasser-Sixpacks und Freßkörben mit Pilotennahrung (was ihm den Spitznamen „fahrende Wellnessoase“ einbrachte)…
…bei Starthilfe für eingeborene Oberklassemobile…
…dem Vollbringen geradezu herkulischer Zugleistungen…
…Golfi war immer und überall dienstbereit, wo geflogen wurde, brachte fliegendes und kochendes Personal an seine Bestimmungsorte, holperte geduldig über sämtliche Bodenwellen, die Frankreichs Feldwege und Flugplätze zu bieten hatten, erledigte Einkäufe und schluckte überschwappendes Flugmotorenöl aus leckenden Kanistern. Selbst als Sockentrockner fungierte er.
Sein Herrchen quetschte sich derweil fröhlich in fremde Einspurfahrzeuge…
…musste Schlepphilfe in Anspruch nehmen…
…und machte den Luftraum im Loire-Tal zwischen Zentralmassiv und Lyon unsicher.
Golfi musste sich derweil mit dem bescheidenen Komfort mobiler Feldwaschanlagen zufrieden geben.
Nicht, dass die anderen anwesenden Fahrzeuge sich nicht auch diversen demütigenden Transportaufgaben unterziehen mussten. Ob die Winglets das Fahrverhalten von Andrés C-Klasse verbessert haben?
Für Golfi gab’s für drei Wochen mit Anstand durchgestandener Strapazen zwei wohlverdiente Belohnungen:
Eine neue Heckwischerkappe für 2,48 Euro (siehe unten: Massives privates Investitionsprogramm gegen die Weltwirtschaftskrise)…
…und den roten Segelflieger-Ehrenfaden am Klebeband in Weiß.
Im Ernst: Der olle Golf ist der fahrende Beweis, dass man auch mit sehr wenig Auto sehr glücklich werden kann. Ich weiß nicht, ob Autos eine Seele haben. Aber ich hatte das Gefühl, er fand den Urlaub genauso toll wie ich.
Feurs 2009
Jetzt also Feurs. Drei Wochen Fliegerlager im sonnigen Süden Frankreich. Neben den drei Wochen Florida 1999 zweifellos das größte fliegerische Erlebnis meines Lebens.
Zwar hatten beide Urlaube einiges gemeinsam – vor allem, dass sie keine waren, sondern ziemlich anstrengend. Aber auch überwiegend warmes Wetter, überwiegend frühes Aufstehen, überwiegend konsequente Präsenz am Flugplatz und danach überaus guten Schlaf.
Aber sonst war alles anders. In St. Petersburg bin ich rund 40 Stunden Cessna geflogen. In Feurs waren es am Ende nur sechseinhalb Stunden motorloses Gleiten. In Florida wurde uns drei Wochen lang von Berufsfluglehrern die Kunst beigebogen, einen Blechbomber so zu landen, dass er danach nicht seinerseits geradegegoben werden muss.
In Feurs verbrachten wir die meiste Zeit am Boden, wenn auch in ständiger Bewegung: Schieben, Schieben, Schieben.
Wahlweise gelandete Flieger zurück zum Start schubsen oder die zu Startenden in die Bahn drücken. Schieben, so lange man will, und dann noch länger.
Schieben wie Gott in Frankreich. Nur Fliegen ist schöner.
In Florida waren wir zu sechst und logierten komfortabel im Bungalow-Appartment.
In Feurs hausten wir mit zwischen 20 und 30 Leuten in einer ungeheizten Halle und Zelten.
Gemeinsam war beiden Events ein arg hoher Männeranteil. Naja, was soll’s – alles andere lenkt nur ab.
Florida endete mit der bestandenen PPL-Prüfung. Aus Frankreich habe ich gerade mal die A-Prüfung des Segelflugscheins heimgebracht, die erste von dreien.
Aber was mehr Spaß gemacht hat? Vielleicht war es Feurs. Zu erleben, wie aus völlig unterschiedlichen Charakteren eine Gruppe zusammenwächst, wie sich ein chaotischer Haufen Fußgänger zu einer funktionierenden Ground Crew formt, wie zwei Dutzend Studenten und Ex-Studenten ihr Zusammenleben auf engstem Raum selbst organisieren, ohne dass sich am Ende eine Armee von Kakerlaken über die Leichen hermacht – das war großartig.
Und obwohl ich als Nicht-RWTH-Student, vom Alter und vom beruflichen Hintergrund her eher ein Exot war, habe ich mich in der Truppe nicht eine Minute lang als Fremdkörper gefühlt.
Und natürlich: das Segelfliegen selbst. Es ist anders als Motorfliegen, ganz anders. Beides ist so verschieden wie Motorradfahren vom Busfahren. Der Motorflieger bringt die Kiste auf Kurs, der Segelflieger kurvt und kreist, spürt der Thermik nach, steigt und sinkt und hält ständig nach Aufstiegsmöglichkeiten Ausschau. Das ist, wenn man so will, Fliegen pur.
Ach ja, die Flugzeuge selbst. Nach 17 Starts auf der DG 1000 durfte ich zum ersten Mal in die Luft mit leerem hinteren Sitz. Das sind die Kleinigkeiten, in denen sich eine Akaflieg von einem herkömmlichen Verein unterscheidet. Ob ich beim Aeroclub 08/15 Dingsdorf auch schon nach so kurzer Zeit so ein High-Tech-Teil solo hätte pilotieren dürfen?
(Die sechs G auf der Anzeige stammen allerdings nicht von mir. Kurbel hat mich freundlicherweise mal mit auf einen Kunstflug genommen. Es war die Mutter aller Achterbahnerlebnisse.)
Kaum halbwegs beherrscht, hieß es dann sogar schon wieder Abschied nehmen vom Zweisitzer. Um den Schulbetrieb nicht zu blockieren, wurden die Soloflieger flugs auf die ASW 28 bugsiert.
Ist sie nicht todschick? Brandneu und mit 110.000 Euro nur ein wenig teurer als ein vernünftiger Motorflieger. Aber was für Linien…
…und ich durfte damit in den Himmel. Die ersten selbst in der Thermik erkurbelten 100 Meter Höhengewinn vergisst man nie.
Dann waren da noch diese Momente abseits des Flugbetriebs.
„Glück ist… im allerersten Morgenlicht durch neblige französische Wiesen zu fahren, das Auto voll warmer, duftender Baguettes“, schrieb ich dazu bei Twitter.
So wie 1999 der Tagestrip ins Disneyland, gönnten wir uns bei schlechtem Wetter einen Abstecher ins rund 50 Kilometer – eine Stunde kurvenreiche Landstraße – entfernte Lyon.
Für mich brachte das Fliegerlager im übrigen die Erkenntnis, dass die Franzosen so gut wie alles schöner hinkriegen als wir Deutschen. Das da oben ist der TGV-Bahnhof des Flughafens von Lyon. War jemand schon mal am Flughafen Köln-Bonn?
Auch die nähere Umgebung hatte einiges zu bieten. Interessante Ortsnamen…
…und natürlich Feurs, das regionale Oberzentrum der historischen Provinz Foret, Teil des Arrondissements Montbrison, Hauptort des Kantons Feurs im Département Loire in der Region Rhône-Alpes etcetera, etcetera, etcetera… am meisten hat mich an dem 7500-Einwohner-Nest die grandiose Frischfisch-Abteilung im lokalen Carrefour-Supermarkt beeindruckt.
Eine schön kleine Kirche gibt es dort aber auch.
Mit hübschem Fenster.
In der Nähe sind Reste einer römischen Wasserleitung samt Aquaeduct (im Hintergrund) zu bewundern.
Drei Wochen Fliegerlager waren ein faszinierendes Erlebnis. Man ist danach nicht mehr derselbe. Und das nicht nur wegen des Barts, den ich mir in dieser Zeit habe wachsen lassen. Man vollbringt in so einer Situation Dinge, die man vorher nie für möglich gehalten hat. Ich habe mit Simon Kartoffelsuppe für 30 Personen gekocht. Und sie war genießbar. Mein Gott, einmal habe ich zwei Stunden lang Geschirr gespült. Einfach, weil’s da rumstand und erledigt werden musste. Wenn meine Mutter das liest, wird sie weinen.
Zum Weinen ist natürlich auch die traditionelle Taufe der Soloflieger. Gratuliert wird mit einem stachligen Strauß hautunverträglicher Gewächse. Abends darf dann die ganze Truppe dem Delinquenten den Hintern versohlen, auf dass sein Sitzfleisch die nötige Thermikfeinfühligkeit entwickele. Naja, ich hab’s überlebt.
Zum Schluss noch ein paar Impressionen aus der Luft.
Die Welt ist sehr schön, wenn man sie aus 800 Meter Entfernung von oben betrachtet, aus einem Winkel von 45 Grad. Auch wenn am Horizont nicht die schneebedeckten Gipfel des Zentralmassivs leuchten. Kann ich sehr empfehlen. Als Dauerperspektive gut geeignet. Ich arbeite dran.
Segelfreizeit
Wenn hier in den vergangenen Wochen wenig bis nichts passiert ist, liegt es daran, dass der Herr Flieger nachts in eiskalten Hangars an französischen Holzbombern aus den Siebziger Jahren („Remo“) herumgewerkelt hat. Mit dem zweifelhaften Erfolg, zur Belohnung drei Wochen lang in einer anderen ungeheizten Halle übernachten zu dürfen und tagsüber deutsche Plastikflugzeuge aus den Neunzigern („DG 1000“) über französische Wiesen schieben zu dürfen.
Zu kryptisch? Dann nochmal ausführlich. Jedes Jahr fährt die FVA Aachen für drei Wochen nach Feurs, einem Nest 50 Kilometer westlich von Lyon, um segelzufliegen. Es ist die Belohnung für die 200 Werkstattstunden, die jedes Mitglied den Winter über angesammelt hat. In Feurs wird von morgens bis abends segelgeflogen. Die 200 Stunden habe ich zusammenbekommen, gerade eben so. Am 10. März hatte ich erst 100, am Tag der Abfahrt, dem 28. März, habe ich dann die Grenze gerade eben so geknackt. Sowas geht – wenn man nach Feierabend direkt in die Werkstatt fährt und bis mindestens ein Uhr durchackert, sich an den Wochenenden nichts anderes vornimmt und zwischendurch noch zwei Urlaubstage für das Vergnügen nimmt. Alter Schwede, war das schlauchend.
Und lohnend. Seit fast zwei Wochen bin ich jetzt hier, und es ist absolut fantastisch. Zwar gab’s am Anfang Probleme mit der Schleppmaschine, so dass ich bis heute erst zwölfmal selbst in der Luft war. Aber das Fliegen unter der Sonne Südfrankreichs ist großartig und es ist eine tolle Truppe, die sich hier zusammengefunden hat.
Am 19. April werde ich wieder in Aachen sein. Dann folgt ein ausführlicher Bericht.
Pilotengezwitscher
- Erster Versuch, per Handy zu twittern. XT9, die siebte Plage aus dem alten Testament.
- Funktioniert aber. Weiß jetzt schon, wofür ab jetzt die 100 Frei-SMS draufgehen.
- Baumarktkasse. „Ihre Postleitzahl bitte.“ – „12345.“ Stutzen. „Das ist nicht Ihr Ernst, oder?“ – „Tschüß.“ Immerhin, sie hat’s noch gemerkt.
- Am Montagabend war die Tanke in Eynatten 20 Min. vor Feierabend schon zu. Heute klemmte nur die Zapfpistole. Belgien.
- Schraubereien im Hangar. Wenn man lange genug über das Wort „Poppniete“ nachdenkt, wird es irgendwann doch wieder lustig.
- Von innen verschlossene Hangartür mit Rohrzange aufgekriegt. Ich Held. Schade, sonst wären wir heute auf alle Fälle noch fertig geworden.
Räumungsaktion
Ein belebter Sonntagnachmittag am Merzbrücker Luftverkehrskreuz. Der Kampfmittelräumdienst hat seine Arbeit – für die anstehende Bahnverlängerung muss der Boden untersucht werden – längst eingestellt. Vor den Hallen stehen zwei DR 400 Robins, und während der KAOD-Falke darauf wartet, wieder in die Halle geräumt zu werden, dreht im Hintergrund eine C 152 unermüdlich ihre Platzrunden.
Simon und ich räumen die FVA-Halle frei. Da steht nämlich noch eine rote DR 400 drin – es soll aber eine blaue rein. Und zwar unsere Blaue. Die neue Remo, von der FVA just in Karlsruhe gekauft und auf dem Überführungsflug nach Aachen. Wir räumen also fleißig um. Merzbrück ist fest in Robin-Hand: In der anderen Halle hinten wartet bereits seine vierte Knickflügelkiste aus Frankreich. Eine edle DR 500 President.
Aber da ist auch schon unser Neuzugang. Blau und angenehm anzuschauen. Und wenn auch die eine oder andere Macke zu sehen ist: Die Flächen sollen eh neu bespannt werden.
Noch einen Blick in die Kamera, die den historischen Moment festhält, bevor die Maschine in die Halle geschoben wird und die Räumaktion zu ihrem Ende kommt. Einem guten Ende: Die Stimmung der beiden tollkühnen Flieger ist offensichtlich ziemlich… aufgeräumt.