Seitenblick ins Web 0.0

So langsam wird es Zeit für eine zweite Kolumne neben den „Breaking News“. Zu spannend, zu interessant, zu wichtig ist oft, was Kollegen aus der Medienszene schreiben. Stumpf auf fremde Texte zu verlinken ist keine große Kunst – doch der Zwang, bestimmte Dinge weitergeben zu müssen, ist einfach stärker. Darum gibt es von nun an hier einen Seitenblick zu besonders lesenswerten Texten im Netz.

Den Anfang macht Handelsblatt-Journalist Thomas Knüwer, der in seinem bekannten Blog „Indiskretion Ehrensache“ ein Essay eingebunden hat, indem er die Technikfeindlichkeit unserer Politiker, Lehrer und Entscheider und deren dramatische Auswirkungen für Deutschland brillant analysiert:
Generation Web 0.0.

Schon vom Vortag, aber immer noch frisch ist der Text von Stefan Niggemeier. Der Medienjournalist und Bildblog-Mitbetreiber beobachtet im Internet eine
Erosion des Qualitätsjournalismus.

Und zum Schluss noch etwas eher Amüsantes. Zu den unterhaltsamsten (oder abschreckendsten) Geschehnissen in der Blogosphäre zählt die ewige Schlammschlacht zwischen Don Alphonso alias Rainer Meyer (Blogbar, Rebellmarkt) und Peter Turi (Turi2, Küchenruf).

Zuletzt hatte Turi in seiner neuen Kolumne bei Vanity Fair heftigst auf Meyer eingedroschen:
Minenfeld 2.0.
Dessen brüllendes Schweigen mich ahnen lässt, dass das Gemetzel gerade mal wieder auf der juristischen Meta-Ebene weitergeht.

Stefan Niggemeier, der kaum Sympathien für einen der Kombattanten verdächtig ist, aber schon des Öfteren mit beiden zu tun bekomment hat, kommentiert das Geschehen aus seiner Sicht:
In eigener Sache und in Sachen Turi.
Die Grundlagen des Konflikts hatte er schon im August 2006 erläutert:
Turi und Fonsi.

Neues aus der Podwelt

Letzten Freitag. Cocktailabend bei Freund O., der ein Mac-Mensch ist. Auf dem Schreibtisch einen monitorförmigen Breitbild-Apple, im Wohnzimmer einen ausgedienten iMac – das alte „Schreibtischlampen“-Modell. Letzterer dient als MP3-Server und serviert über iTunes den ganzen Abend lang wohltemperierte Musik. Die Playlists bilden guten Gesprächsstoff, wenn die Pausen beim Nippen an den diversen Drinks mal zu lang werden sollten.

MP3-Player lassen sich bekanntlich mit diversen Oberflächen, Skins genannt, an jeden noch so ausgefallenen Designwunsch anpassen. Doch was Freund O. da auf dem Desktop hat, toppt die üblichen Optikspielereien bei weitem: Schnörkellos kühl, grau und nüchtern, die Titel großflächig untereinander angeordnet – Neunziger Jahre pur. „Whow, ist der Retro, wo hast du den denn her?“ staunt einer. Großes Hallo, bis jemand aufsteht und nachguckt.

Es war die Online-Fahrplanauskunft der ASEAG.

Schade eigentlich. Ich hätte gerne gewusst, wie Red Earth, Laurence Mountain, Europe Square oder Judge I akustisch gekommen wären.

Neues aus der Unterwelt

Verbotenes reizt Sie? Am Kabelanschluss im Keller haben Sie sich heimlich mit Krokodilklemmen verdrahtet? Bei der Steuererklärung der Taxiquittung eine zusätzliche Null angefälscht? Dann dürfte Sie der neueste Trend aus der Welt des Halblegalen interessieren: Schwarzgoogeln.

Was klingt wie ein Freitagnachmittagsgag gelangweilter Grafiker, ist laut den Machern dieser Webseite eine prima Methode, Energie zu sparen. Demnach verbraucht ein Monitor für das Darstellen von Farben unterschiedlich viel Strom. Von Weiß mit 74 Watt Verbrauch (pro Stunde? Tag? Jahr?) bis Schwarz mit 59 Watt reicht die (Farb-)Palette auf dieser Seite hier.

Ob das stimmt, wage ich nicht zu beurteilen. Aber die Gute Nachricht Des Tages™ ist, dass man jetzt endlich ohne schlechtes Gewissen Schwarzsehen kann.

Neues aus dem Sanitärbereich

Auf sowas kann auch nur eine Frau kommen. Sorry. Die Idee der Kölnerin Eva Maria Tinter, ein tragbares Einweg-Klo für unterwegs und Männer zu entwickeln, ist durchaus begrüßenswert. Allein, das Design dieses Helferchens ist sowas von daneben.

Zitat:

«Roadbag» ist ein silberfarbener, zusammenfaltbarer Kunststoffbeutel mit schlauchförmigem Aufsatz in Form eines Autos. Farbe und Form seien bewusst so gewählt, dass sie Männer ansprächen, erläuterte Tinter am Donnerstag in Köln. «Das Auto ist doch nun mal des Mannes liebstes Kind.»

Was für eine völlige Missachtung des hochkomplexen und subtilen Emotionsgeflechtes zwischen männlichen Exemplaren der Gattung homo sapiens und explosionsmotorgetriebenen Kraftfahrzeugen! Frau Tinter, zum Mitschreiben: Niemals, aber auch wirklich niemals käme ein Mann auf den Gedanken, in ein Auto zu pinkeln. Wirksamer hätten Sie die Benutzung Ihres Dingsda gar nicht verhindern können.

Das verstehen Sie nicht? Okay, dann die frauengerechte Erklärung: Erinnern Sie sich an die kleine weiße Speckmaus aus dem Süßigkeitenregal, die Sie im Alter von vier Jahren bekamen? Die Sie nicht aufessen wollten, weil sie so niedlich mit ihren schwarzen Äuglein guckte? Naaa? Sehnse, Psüschologie ist doch gar nicht so schwer.

< / CHAUVIMODUS OFF>

Und wie meine Speckmäuse nach einem halben Jahr in der Nachttischschublade aussahen, darüber reden wir ein andernmal.

Telefonterror und Twitterzwitter

seminar_19_1024Nein, es geht ausnahmsweise um die Stadt. Da war nämlich in der Journalistenschule Ruhr (eine durchaus stolze Bezeichnung für die vier, fünf Räume im Obergeschoss des WAZ-Druckhauses) ein Workshop zum Thema Blogs, Bürgerjournalismus und Presserecht. Aber er war richtig gut.

Der Tag brachte noch ein déjà vu. Da steh ich vor dem Seminar auf der Stadtautobahn in Essen im Stau und hör auf WDR2 im „Stichtag“, wie Hanna Reitsch mit dem Heli durch die Deutschlandhalle knattert.

Und nach dem Seminar steh ich auf der Stadtautobahn in Essen im Stau und hör auf WDR2 im „Stichtag“, wie Hanna Reitsch mit dem Heli durch die Deutschlandhalle knattert.

Schneetreiben

Letzte Woche Workshop beim MML in Leipzig. Das Thema: „Sind Blogger die besseren Journalisten?“. Die Starbesetzung: Thomas Knüwer (Indiskretion Ehrensache), Katharina „Lyssa“ Borchert (Westeins), Stefan Niggemeier (Bildblog), Peter Schink (Readers Edition, Welt) und Dr. Reiner Kurlemann (RP-Online, Opinio).

Obwohl sibirisches Schneetreiben den Weg zum Institut mit Bergen von Matsch erschwert (ich wusste nicht, dass die Heldenstadt so weit im Osten liegt), ist der Saal gut gefüllt. Neben vielen Studenten – nicht nur aus der Heldenstadt, sondern auch z.B. aus Lüneburg – sind auch einige Journalisten zugegen, die sich mit mehr oder weniger kenntnisgetränkten Beiträgen an der Diskussion beteiligen.
Interessant, wie unterschiedlich die Kollegen die Probleme des Web 2.0 sehen. Dieter Soiza, Chefredakteur der Freien Presse Chemnitz, legt sich mit Niggemeier und Borchert an, denen er Abkehr vom Qualitätsjournalismus vorwirft. Ein (mir nicht bekannter) Kollege der Sächsischen Zeitung sorgt sich dagegen eher um Nazi-Einträge in Blogs.

Den Abend krönt eine Blog-Lesung im Volkshaus mit Don Alphonso (ich dachte immer, der hätte Hörner), Don Dahlmann, Lyssa, Thomas Knüwer, Ix und Madame Modeste. Ein hochinteressanter Tag 2.0 fürwahr.

Fast noch spannender finde ich, dass vor allem die Lesung schon wenige Stunden später blogosphärisch aufbereitet ist (Große Worte (auch mit Fotos), bei den Blogpiloten (mit schöner Liste), trapstar, Gelblog, in der Heldenstadt, beim Epenis (meint der mich mit den alten Leuten?) und, und, und. Gut, nicht jeder war begeistert, aber man kann’s halt nicht allen Recht machen.

Auch der Workshop hat seinen Niederschlag gefunden: Bei Florian Steglich und bei Knüwer sowieso.

Halbe Freude? Doppelte Freude.

Jeden Tag eine neue Community. Nachdem ich gestern fassungslos bei Turi vom Aufwand las, den Web.de für das neue Portal unddu.de betrieben hat (-> hier die offizielle Pressemeldung), ist heute das Schülerportal www.breakster.de dran. Da stehen so Avatare auf dem Pausenhof rum. Und morgen wird schon die nächste Seite durchs Dorf getrieben: die T-Community.

Unser armer Webmaster wird fleißig tippen müssen, wenn er den Vorsprung aufholen will 🙂

Was ist eigentlich mit dem RZBlog los? Die Seite ist nicht aufzurufen. Haben Twer und Lensing-Wolff den armen Kerl zur Strecke gebracht?

Warum dieser Eintrag halbe Freude heißt? Weil ich mich seit Wochen darauf freue, Katharina Borcherts halbstündiges Interview zur Zukunft der Regionalzeitungen bei der Thüringer Blogzentrale zu lesen. Doch es funzt nicht (Jugendsprache lernen!). Immerhin lassen sich diese fünfminütigen Schnipsel zu Westeins hier angucken.

Und warum er dann doch „Doppelte Freude“ genannt ward? Nach mehrfachem Rumgeklicke auf Sevenload fing Lyssa doch noch an, die Lippen zu bewegen.

Ein besserer Titel wäre allerdings gewesen: undwir? Schade, dass man auf sowas immer erst später kömmt.

Second Law

Second Life: Unendliche Weiten. Eichhörnchenförmige Avatare treiben Unzucht mit virtuellen Pippi Langstrümpfen. Und bringen Juristenhirne zum Brodeln:

Angenommen, ein Deutscher und ein Inder haben in einer virtuellen Sphäre gemeinsam verbotenen Sex, der Server steht auf den Philippinen und die Betreiber-Firma ist in den USA zugelassen – welches Recht greift dann?

Ein Fall fürs Lawblog!

Bin ich froh, dass ich kein Jurist geworden bin.

Mir fällt aber auf, dass das einer der ganz, ganz wenigen Artikel über Second Life ist, bei denen das Bild offenbar selber angefertigt wurde.

Frau Borchert legt los

Oh, das wird spannend. Und heißt westropolis. Eine Kulturblogcommunityportalplattform mit Mitmachen. Schön gemacht.

Mein eigenes privates Projekt ist einen Schritt (65 Quadratmeter Altbau, Parkett, kleiner Balkon, hübscher Innenhof zum Mitbenutzen) weiter. Übermorgen geht’s los.

Lachen dürfen wir derweil über Vanity Fear. Genauso stellt man sich das als Laie vor, von unten quasi.

Morgen letzter Tag beim alten Brötchengeber nach neun Jahren? Wahrscheinlich wird es eher Mittwochmittag, wie ich mich kenne.

Aber nicht so.

Wie Readers Edition seine ehrenamtlichen Moderatoren gefeuert hat, ist ein schönes Beispiel dafür, wie man mit einer Community nicht umgehen sollte.

Okay, die Aktion bei der Münsterschen Zeitung, wo der Verleger klammheimlich eine Zweit-Redaktion aufgebaut hat, um dann am Freitagabend nach Dienstschluss die 19 Redakteure der Altredaktion fristlos freizusetzen – das hat natürlich noch eine ganz andere Qualität.

Und eine andere Qualität hat auch der bundesweite Proteststurm, den er sich für diese Aktion gerade einfängt: da, da, da, da, da, da und da. Oh, und sogar im „eigenenForum.