Kraftfahrzeuge umzumelden, ist nichts, was einem der Arzt zur Stimmungsaufhellung verschreibt. Dreimal hatte ich das Vergnügen in den vergangenen Wochen. Erst für den Weißen, dann Marit, zuletzt den Moorbraunen. Dreimal dasselbe muntere Spielchen: An einem freien Vormittag die Fahrzeugpapiere zusammensammeln, Bargeld mitnehmen, von der Autoversicherung telefonisch einen EVB-Code einholen, zur Kfz-Zulassungsstelle nach Würselen fahren, Wartemarke ziehen, bis zu zwei Stunden lang auf dem Smartphone herumdaddeln (bis der Akku alle ist und man an die SMS mit dem EVB-Code nicht mehr rankommt, aber das ist eine andere Geschichte) – und irgendwann schließlich die Anmelde- und Bezahlprozedur für das jeweilige das Gefährt inklusive Fußmarsch übers Gelände zum nächstbilligen Schildermacher. Ich liebe es. Nicht.
Beim letzten Umzug nach Köln kostete der Spaß für sämtliches Geräder irgendwas um die 150 Euro, inklusive der neuen Nummernschilder. (Weshalb nun nach dem Rück-Zug nach Aachen Marit, die Freewind, bis auf weiteres mit dem Kölner Kennzeichen durch die Lande öttelt. Mittlerweile darf man nach einem Ortswechsel die Schilder ja behalten.)
Heute hat der Schokoladenfarbene den Heimzug der Flotte komplettiert. Und was soll ich sagen, es war diesmal etwas billiger:
Gut, dass ich die alten Schilder noch im Keller liegen hatte.
(Für alle, die deren Sinn nicht verstehen: OM 616, das ist der Mercedes-Werkscode für den OelMotor 616, jenen ursoliden 2,4-Liter-Vierzylinder mit 72 PS, den ich dem Coupé im Mai 1995 einbauen ließ.)
Wie viele Autos es wohl gibt, die dasselbe Kennzeichen im Abstand von einigen Jahren zweimal tragen dürfen?
Meine Woche als Curator für wirlebenAC geht allmählich dem Ende entgegen. Hier mein Blogposting über den sechsten Tag, aus dem Projektblog herüberkopiert. Nochmal für alle Neulinge: Bei wirlebenAC twittert je eine Woche lang ein neuer soganannter Curator zum Thema Aachen. Er schreibt dabei im Twitterprofil von wirlebenAC (nicht seinem eigenen). Jeweils montags um 12 Uhr ist Stabübergabe, dann wird auf der Twitterseite Name und Avatarbild geweschselt. Wer mitmachen will, kann sich hier bewerben.
Woche 16 – Tag 6
Nachdem der Freitag für Euren Curator Nr. 16 tatsächlich ein freier war, habe ich heute die Kühlerhaube des Moorbraunen wieder gen Westen ausgerichtet. Allerdings gen Südwesten: Das Ziel war Monschau, wo im Kunst- und Kulturzentrum KuK eine Fotoausststellung mit Bildern von Andreas Feininger zu sehen ist. Monschau ist zwar nicht mehr ganz Aachener Vorstadt und damit die Kernthematik von wirlebenAC – andererseits, wo fährt der Öcher am Wochenende gern mal hin?
Zu Andreas Feininger möchte ich nur sagen, dass ich schon als Teenager seine phänomenalen New-York-Ansichten auf Postkarten gesammelt habe und seine „Route 66“ bis heute über meinem Küchentisch hängt. Diese Bilder einmal in Originalabzuggröße zu sehen (viele sind erstaunlich klein, wenn man nur die übergroßen Posterdrucke aus den Möbelhäusern kennt), war beeindruckend. Und Feiningers Makro-Serien – etwa aufgesägte Muschelschalen, Gorillaknochen oder ein Blick in den Lauf eines Marine-Geschützrohres – kannte ich noch gar nicht. Wer sich für Fotografie interessiert: Unbedingt Hinfahren! (Außerdem ist der Eintritt frei.) Hier findet Ihr Bilder des Künstlers bei Google (viele davon sind in der Schau zu sehen), hier seine Biografie in der Wikipedia.
Ein Sightseeing in Monschau selbst war zwar an sich nicht geplant, aber wenn man schon mal da ist –
– kann man ja durchaus mal ein bisschen an den üblichen Touristenaussichtspunkten mit der Kamera rumspielen –
– und sich von den Einheimischen mit Senftöpfchen bewerfen lassen. Dann geht es weiter ins niederländische Dörfchen Epen, rund 13 Kilometer westlich von Aachen gelegen und über die bezaubernde Mergellandroute von Vaals aus kurvenreich erreichbar. Einfach von der Vaalser Straße hinterm ehemaligen C1000 nach links abbiegen und dann immer geradeaus.
Ins Restaurant Gerardushoeve in der Julianastraat hatte ein guter Freund zum Geburtstagessen geladen. Ist schon das gute Essen die Anfahrt wert, ist es der Panoramablick ins Limburger Land von der Terrasse aus erst recht. Hach, schon wieder eine Gelegenheit, das Stativ auszupacken!
Der Anblick des Dreibeins ermutigt eine Gruppe Niederländer, mich um ein arrangiertes Foto der vier in einem aufgestellten Porträtbilderrahmen (was für eine nette Idee!) zu bitten. Dieser Anblick ermutigt wiederum meinen Freund Karl, statt solange einfach nur brav meine Kamera festzuhalten, mit selbiger den Künstler bei der Arbeit zu porträtieren.
„…jaaa, geben Sie alles!“
Dann wird serviert. Wenn auch noch nicht sofort schnabuliert. „Bevor es das Internet gab, gab es warmes Essen“, sinnierte @VolkerGoebbels neulich beim Aachener Schnitzeltestessen im Forckenbeck. Zu recht. Nun ja, Lebensmittelfotografie ist eine hohe Kunst (nicht, dass sie der Autor dieser Zeilen beherrschen würde), das dauert seine Zeit. So darf der hausgeräucherte Lachs noch ein paar Gnadenminuten lang vor dem Objektiv posieren, ehe er den Weg allen Fleisches antritt.
Irgendwann ist die Nacht über die Feiernden herabgesunken. Der Blick von der Terrasse ins mittlerweile dunkle Land erfreut das Auge noch immer. Der Lichtschein rechts am Horizont müsste Aachen sein.
Die gutgelaunten Holländer schließen ihre Gaststube auch am Samstag für unsere Verhältnisse früh, um 22.30 Uhr. Für die Aachener und ihre Gäste heißt das: ab nach Hause. Wo auch immer das jeweils liegt. Immerhin: Auch auf dem Weg nach Köln fährt man noch einmal quer durch die Kaiserstadt.
Zum Wochenausklang die gute Nachricht von der GTÜ: Voraussichtlich bis Juli 2015 wird es im Raum Köln-Aachen weiterhin gelegentlich nach angebranntem Frittenfett duften.
Seit dem heutigen Montagmittag, 12 Uhr, habe ich für sieben Tage die Ehre und das Vergnügen, den Twitteraccount des Projekts @wirlebenAC als sogenannter Curator betreuen zu dürfen. Das heißt, ich darf eine Woche lang auf deren Seite twittern, was mir zum Thema Aachen durchs Hirn fliegt. Was zwar mit dem Geburtsort Oldenburg und dem derzeitigen Wohnsitz Köln nicht ganz auf der Hand liegt, aber im Herzen trage ich die Kaiserstadt ja noch immer mit mir herum. Und lasse mich wiederum selbst täglich in dieselbe tragen, der Arbeit wegen.
Damit man nun als Zugereister (2007) und Wiederweggezogener (2012) dem contenthungrigen und von den 15 Vor-Curatoren arg verwöhnten Öcher Publikum ein bisschen was bieten kann, habe ich die Jungs vom monatlichen Oldtimerstammtisch des Vereins der Heckflossenfreunde gebeten, doch mal mit dem schönsten und blankgewienertsten Blech in der Garage zum Montagstreffen im Teuterhof Würselen aufzukreuzen. Eine nette Gelegenheit übrigens, mal die neue Sony NEX-6 einem ersten Test zu unterziehen, die am Freitagabend rechtzeitig vom Hermes-Boten gebracht beim Nachbarn abgegeben wurde.
Und da man selbst nicht als einziger mit ungewaschenem Diesel erscheinen sollte, wird mit selbigem nach Feierabend noch schnell durch die Waschanlage der Jet-Tanke an der Jülicher Straße gehuscht.
Bei der Ankunft in Würselen dann ein langes Gesicht: Der Laden ist so gerammelt voll, dass die Auto die halbe Straße hoch parken. Das Altblech ist in alle Winde zerstreut, keine Chance für eine fotogene Gruppenaufstellung. Thomas‘ W140, einer der letzten echten Saurier, grüßt schon von fern vom Straßenrand.
Immerhin: Es ist nicht nur die Youngtimerfraktion mit ihren gerade mal drei Jahrzehnte alten Brot- und Butter-Autos angereist. Sondern auch zum Beispiel dieses herrliche Flossenschiff. Es ist allerdings etwas schwierig zu fotografieren, wird man doch die ganze Zeit für den Halter gehalten – bis man ob der ständigen „ist das Ihrer?“ und „wie alt ist der?“ etwas ungehalten wird.
Nicht minder imposant: dieser prachtvoll restaurierte Pagoden-SL, pilotiert von Dirk.
Ganz zu schweigen von diesem Fremdfabrikat, das in seiner rustikalen Hochbeinigkeit für glänzende Augen sorgt. Jedenfalls bei Männern. Ein Fahrzeug, das die ringsum stehenden Tuningprodukte diverser Kleinwagenhersteller mit Bi-Xenon-Scheinwerfern, Ghettofelgen und – ja, tatsächlich, die Siebziger sind zurück – Rallyestreifen auf dem Metallic-Buntlack auf einen Schlag wie pubertäres Gelump aussehen lässt.
So muss eine Kühlerplakette aussehen. Da weiß man, was man hat. Und sogar noch, woher es kommt.
Dann kommt leider anderes, von woanders her: reichlich Niederschlag aus dem trüben Gebräu am Öcher Himmel. Die Sternengucker bringen ihre Weizenbiere ins Trockene – verwässert wäre das nicht minder trübe Gebräu im Hochglas vollends nicht zu ertragen. Und der Schreiber dieser Zeilen versucht angestrengt, trotz Talkessellage eine Verbindung zu Twitter herzustellen, um wenigstens ein einziges Lebenszeichenfoto – und sei’s mit dem iFon zusammengepixelt – an die Außenwelt weiterzugeben, ehe diese einen Lawinenbernhardiner mit mobilem Hotspot im Maul in Marsch setzt. Vergebens.
Doch als die Wolken sich verzogen haben und die Dunkelheit angebrochen ist, leert sich der Parkplatz in kürzester Zeit – und die durchschnittliche Hubraumgröße verdoppelt sich binnen einer halben Stunde. Die Parkraumkarten werden neu gemischt, und schon bietet sich Gelegenheit, den polierten Lack für ein paar hübsche Nachtaufnahmen ins rechte Abendlicht zu setzen…
…zu dem auch die beiden fröhlichen Funzeln von der Insel einen Hauch Rot hinzufügen. Nebenbei: Sebastians kleines Gorillapod-Ministativ hat mich so überzeugt, dass ich meins von jetzt an auch immer dabei haben möchte. Gerade für Langzeitbelichtungen mit Selbstauslöser eine tolle Sache.
Eine gute Stunde später, zurück am heimischen PC, herrscht Erleichterung beim Sichten der Bilder. Grad nochmal gut gegangen. Und so geht der erste Twittertag vorbei. Gute Nacht, Ihr da draußen.
Zugegeben, es ist nicht wirklich ein Grund zur Freude, wenn der nette GTÜ-Prüfer einen Satz beendet mit: „…was denn auch dazu führt, dass man die Plakette nicht bekommt“. Weil das bedeutet: Zurück auf Start. Zurück in die Werkstatt. Wiedervorführung. Haben Sie noch einen schönen Tag.
Andererseits muss man zugeben, dass die oberen Querlenkergummis am Moorbraunen wirklich eine gewisse Patina aufwiesen. Die sie beim Anfassen auch an den Fingern hinterließen.
Die Neuteile kosteten bei Händler mit rund 30 Euro pro Stück (zwei pro Fahrzeugseite, macht rund 140 Euro alles zusammen) in etwa so viel wie ein kompletter Querlenker mit allen Gummis bei TE Taxiteile. Andererseits: Wie oft wechselt man schon Querlenkergummis. Dem Zustand der Altteile nach zu urteilen, ziemlich genau alle 32 Jahre und drei Monate.
Die Querlenker selbst – das sind diese knochenförmigen Metallteile da – werden wohl noch weitere 32 Jahre halten. Frisch glasperlgestrahlt gereichen sie den Radhäusern wahrlich zur Zier und müssen sich nicht hinter Neuteilen verstecken. Was der GTÜ-Mensch die nächsten 16 Male hoffentlich auch so sieht.
Gestern schon hatte sich über Mitfahrgelegenheit.de für die 19-Uhr-Heimfahrt am Abend nach Köln eine Elena angemeldet. Heute, am Nachmittag, klingelt mein Handy: „Hallo, mein Names ist Elena, ist noch ein Platz frei nach Köln?“ Natürlich, ist ganz korrekt reserviert. – „Wo in Köln können Sie mich absetzen?“ – An der Luxemburger Straße, Ecke Sülzgürtel. „Hm, ich muss nach Troisdorf weiter, das ist etwas ungünstig. Ich melde mich gleich nochmal.“ Minuten später die SMS: Sorry, komme doch nicht mit.
Kein Problem. Und so ich diesele um 19 Uhr gemütlich alleine nach Köln. Halt, „alleine“ ist nicht richtig, denn auf dem Beifahrersitz des moorbraunsten Dieselcoupés westlich des Rheins findet sich doch noch ein Mitfahrer, Patrick aus Stuttgart. Für ihn ist es die erste Mitfahrgelegenheit überhaupt. „Und dann so ein cooles Auto!“ Wir plaudern nett, am Ende setzte ich ihn wunschgemäß am Obi an der Abfahrt Frechen ab.
Gegen 20 Uhr, glücklich zu Hause angekommen, ein zufälliger Blick aufs Handy: eine SMS von Elena. Sie warte am Bahnhof Rothe Erde. In Aachen. Schamesröte schießt mir ins Gesicht und ein Gedanke durchs Hirn: Jetzt ist es soweit, du bist dement. Aber sie hatte doch eindeutig abgesagt…?
Ein Vergleich der Handynummern hinter den SMS schafft Klarheit. Es waren tatsächlich zwei verschiedene Elenas. Am selben Tag. Für dieselbe Fahrt.
Den Entschuldigungs-Anruf bei Elena 1 hat es mir nicht erspart. Aber ich habe das Gefühl, ich klang so rechtschaffen zerknirscht, dass sie mir zumindest die Begründung fürs Stehenlassen abgenommen hat.
Da stehen sie wie jedes Jahr auf der saftgrünen Wiese, die chromblitzenden Schönheiten mit den Sternen am Kühler. Es ist Pfingsten, es ist Ornbau, es ist das Jahrestreffen des Vereins der Heckflossenfreunde! Und unglaublich: Die Sonne scheint, trotz der seit Tagen fröhlich vor sich hin regnenden Wolkensymbolbildchen in der Wettervorhersage-App.
„Wird schon nicht so voll sein diesmal, bei dem Regen holen die meisten ihre Schätzchen doch bestimmt gar nicht erst aus der Garage“, hatte ich mich bei der restlos durchnässten Hinfahrt am Freitag noch getröstet.
Klassischer Fall von Denkste – es war voller denn je, und wir am Abend gegen 21.45 Uhr auf den letzten Drücker Angerollten konnten uns mit Müh und Not noch einen Katzenplatz am Rand der Wiese ergattern. Buchstäblich den letzten. Immerhin fügte sich unser Zelt farblich perfekt in die Umgebung ein.
Am nächsten Morgen dann der erste Bummel bei Tageslicht über die Wiese. Mein viertes Ornbau – ob mich noch etwas überraschen kann hier?
Wieder jede Menge altes Blech, in dem sich die Wolken am strahlend blauen Himmel spiegeln. Unter den zahllosen Bekannten (wie „Old Daimler„) das eine oder andere neue Gesicht…
…beziehungsweise Kennzeichen. Dieser Geselle hier – wie könnte man ihn anders nennen als den „Undertaker“? – stach allerdings aus der Menge doch etwas heraus:
Muss man zweifellos nicht mögen. Was man aber muss, ist: zugeben, dass das handwerklich sauber und stilistisch klar durchgezogen ist. Und dass die meisten Kranken-Strichachter heute technisch in einem schlechteren Zustand sind – nämlich in allen möglichen Re-Inkarnationen der Würfelform.
Der Presswürfel ist auch diesem Neuling erspart geblieben. Frühling in Pagodenform, liebevollst begrünt.
Selbst ein halbes rostiges Radio hängt aus dem Armaturenbrett. Es sind diese kleinen Details, weswegen ich den VdH so mag. (Den Biergarten gab’s 2011 aber auch noch nicht, als ich zuletzt da war, oder?)
Was es natürlich immer schon gab, ist der Floh- und Teilemarkt. Und auch wenn für mich nichts dabei war – der Anblick der Schnäppchenjäger mit ihren halben Autos auf der Schulter ist den Besuch jedes Jahr wieder wert.
Stand der arme Kerl letztes Jahr auch schon im Clubheim? Ein 111er-Flossencoupé nach der Begegnung mit etwas Hartem. Man beachte: Die Windschutzscheibe ist heil geblieben.
Erstmals begegne ich auch dem Videoteam, das für das Blog Mercedes Passion einen Beitrag dreht (den ich auf der Seite allerdings noch nicht entdeckt habe).
Nach dem Frühstück – gewohnt üppig und gastronomisch routiniert realisiert von einer unermüdlichen Freiwilligentruppe, die inzwischen allerdings nicht mehr im Tennisheim, sondern in der Stadthalle aufwartet – lädt das unerwartet weiterhin prachtvolle Wetter dazu ein, einmal gemütlich durch den Ort zu stromern.
Was für ein bezaubernd schmuckes Dörfchen Ornbau doch ist, auch wenn in diesem Jahr nicht jeder Quadratmeter mit alten Mercedessen zugeparkt steht. Auch die alte Brücke über die Altmühl bietet die eine oder andere idyllische Perspektive…
…auf die berühmte Schwimmflosse von Ornbau, links hinten am Ufer zu erkennen. Heute Abend, wenn über dem Wasser der Altmühl das Feuerwerk funkt und flackert, wird sie majestätisch unter den steinernen Bogen hindurchgleiten.
In den Gässchen des Ortes fällt auf, dass hier eine Strickguerilla ihr Wesen treibt. Bunte behäkelte Lampenpfostenumhüllungen, ein komplett eingestrickter Sonnenschirm in allen Regenbogenfarben, am Terrassengeländer des Clubheims ein überdimensionaler bunter Mercedesstern und als Krönung das hier – das Strickrad:
Selbst Dynamo, Schloss und Sattel haben ihre eigenen kleinen Häkelhauben. Chapeau!
Mit Workshops, Live-Musik und reichlich bayerischem Landbier geht der Samstag zu Ende. Am Sonntag noch einmal ein Höhepunkt: die traditonelle Versteigerung. Stefan Schorlemmers Hammer fällt in diesem Jahr für einen kalifornischen W123er-Kombi, einen 124er-T-Modell und diesen einstigen Einsatzleitwagen der Amtsfeuerwehr Parchim, der mit lustig rotierenden Blaulichtern auf sein neues Herrchen wartet. „Mama, wir haben ein Feuerwehrauto gekauft!“ kräht der Sohn des glücklichen Auktionsgewinners.
Dann ist das offizielle Programm vorbei. Überall springen Motoren an, die Luft ist oktangeschwängert. Die Wiese beginnt sich zu leeren. Auch für die beiden Kölner im moorbrauen Dieselcoupé heißt es wieder: Rückreise. Wiederum bei strahlender Sonne. Ornbau 2013 war so wie immer – voller Überraschungen.
Es ist ein schöner sonniger Morgen an diesem Sonntag, 12. August 2012, gegen 9 Uhr 15. Auf dem Gelände der Esso-Tankstelle am Aachener Europaplatz steht eine Gruppe jüngerer Menschen um eine Gruppe älterer Autos herum. Karten werden auf ausgebreitet, gute Ratschläge erteilt, Gepäck umgeräumt. Wohlgefüllte Picknickkörbe und Packtaschen lassen Großes erahnen.
Irgendwann ist alles geklärt, gepackt, besprochen – Abfahn! Vorweg Dirks 280 TE, dahinter Sebastians frisch restaurierter 230 C, gefolgt vom 600 SEL von Lars. Am Schluss der kleinen Kolonne dasjenige Fahrzeug, das heute zwar die mit Abstand niedrigsten Kilometerkosten haben wird, aus ebendiesem Grunde aber auch ganz hinten fahren muss: mein 240 CD, proudly powered bei Rapsöl. Unser Ziel: Luxemburg. Sebastian hat die ganze Sache angeleiert, die Route gelant und alle eingeladen. Es ist, wenn man den Erinnerungen der Mitfahrer glauben schenken darf, gerade einmal die zweite offizielle Ausfahrt des Aachener Stammtischs des VdH (Verein der Heckflossenfreunde).
Über Lichtenbusch geht es die E40 herunter, dann die E42 an Verviers vorbei, wo wir der Autobahn Lebewohl sagen und uns auf schmalen belgischen Landstraßen durch die herrliche Ardennenlandschaft nach Süden vorarbeiten. Da unser Kolonnenführer netterweise nicht gar so aufs Tempo drückt, bleibt Gelegenheit für den einen oder anderen Schnappschuss – etwa von dieser fröhlichen jungen Dame, die hinter einem artig aufgestellten Warndreieck eine Kuh am Straßenrand von ihrer Milch befreit und den vorbeirauschenden Altfahrzeugen begeistert zuwinkt.
Meine Fahrposition am Ende der Gruppe birgt bei der gegebenen Fahrzeugwahl den Nachteil, dass hochaufragende Kirchen und mächtige Natursteinhöfe mit einem nicht minder ausladenden Fahrzeugheck um die vorhandenen Pixel auf meinem Kamerachip konkurrieren müssen. Aber sehen wir’s positiv: Immerhin ist es nicht die Coupé-Version des W140, die da vor uns die Szenerie befährt…
Die schmalen Straßen führen uns abwechselnd über solch offenes Weideland und romantisch gewundene, bewaldete Täler. Sie sind manchmal kurvig und manchmal schnurgerade, manchmal bequem und manchmal, äh, belgisch. Manchmal überholen Motorradfahrer uns, manchmal wir ein Rudel Radsportler. Eins aber sehen wir nie, fällt uns im Nachhinein auf: Ampeln.
Schließlich überqueren wir die Grenze zu Luxemburg (was sich, wie um das Vorurteil zu bestätigen, von einem Meter auf den anderen an der Qualität der Straßendecke bemerkbar macht). In Wiltz steigt ein alter Studienfreund von Dirk zu, der uns zu einem kaum zugänglichen, aber umso reizvolleren Aussichtspunkt lotsen will. Über schmale Feldwege und vorbei an gestikulierenden Bauern geht es in einen Wald, wo die Aachener Sternenflottille zwischen schattenspendenen Bäumen vor Anker geht. Ein an den Heckwischer geklemmter Zettel mit einer Erklärung in Lëtzebuergesch macht etwaigen Ordnungskräften deutlich, dass wir die Erlaubnis des örtlichen Landwirts haben, zu sein wo wir sind.
Etwa 200 Meter Fußweg dahinter öffnet sich der Wald und wir erreichen die kleine Lichtung des Aussichtspunktes Tempelskamp, wo ein hölzerner Aussichtsturm und einige Bänke mit Tischen die müden Reisenden begrüßen. Was für eine Aussicht!
Nach Süden hin ringelt sich der Obersauerstausee durch die Landschaft, ein künstliches Gewässer, das fast drei Viertel Luxemburgs mit Trinkwasser versorgt. A propos Wasser: Jetzt ist es Zeit…
…für unser Picknick, nachdem wir gut zweieinhalb Stunden in den weitgehend unklimatisierten Wägen gesessen haben. Dirks Bekannter Adrian zeigt uns, was luxemburgische Gastfreundschaft bedeutet und verteilt kühles luxemburgisches „Simons“-Bier in hübschen weißen Blechflaschen, Riesling-Pasteten und Küchlein. Wir würden am liebsten gar nicht mehr weg…
…und beneiden die Badenden unten am Seeufer kein bisschen. Doch nach einer guten Stunde sind wir bereit zu neuen Abenteuern.
Auch Luxemburg hat reichlich landschaftliche Reize, von den gepflegten hübschen Dörfchen und den diversen Burgruinen ganz zu schweigen.
Hinter jeder Kurve scheint eine neue Burg vom Berg zu dräuen. Doch es gibt noch andere faszinierende Bauwerke, etwa zwei Stahlträgerbrücken älteren Baujahrs. Es rumpelt mächtig, als unsere vier Stuttgarter Schwermobile über die schmale einspurige Fahrbahn zockeln.
Nach mehreren Kilometern durch bewaldete Berglandschaft zeigt sich hinter einer Linkskurve dieser Anblick.
Es ist die Burg Vianden, eine imposante Stauferfestung aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die in den 80er-Jahren in ihren heutigen Zustand restauriert wurde. Wir halten im kleinen Dorf zu ihren Füßen, doch mit freien Parkplätzen sieht es in diesem Touristenmagnet mau aus. Nach kurzer Fotopause müssen wir uns notgedrungen wieder auf den Weg machen. Doch ein Ziel haben wir noch vor uns, auch wenn es von außen weit weniger eindrucksvoll aussieht.
Das nahegelegene Pumpspeicherwerk Vianden, mit über 1000 Megawatt Leistung eines der stärksten in Europa. Dabei handelt es sich nicht nur um ein normales Wasserkraftwerk, sondern um eine Art Stromspeicher: Wenn wenig Strom benötigt wird, zum Beispiel nachts, wird Wasser in einen Stausee gepumpt. Dieses hochgepumpte Wasser ist nichts anderes als gespeicherte Energie, die zu Spitzenzeiten wieder abgerufen werden kann. Weil sich mit solchen Pumpspeicherwerken der erzeugte Strom speichern lässt, sind sie ein wichtiger Bestandteil bei der Energieerzeugung aus Sonne und Wind.
Das Werk Vianden an der Ourtalsperre wurde 1964 eingeweiht. Heute halten der Staat Luxemburg und die deutsche RWE je 40 Prozent der Anteile. Der erzeugte Strom wird ins europäische Verbundnetz eingespeist.
Der Eingang ist offen. Über einen langen unterirdischen Schacht gelangt man in einen Besucherraum, von dem aus man in die 330 Meter lange und 25 Meter hohe Kaverne mit den neun gewaltigen Turbinen sehen kann. Eine zehnte befindet sich in einem Seitental, eine elfte ist gerade in Arbeit.
Der Leitstand mit seiner Holzverkleidung, den mechanischen Schaltern und analogen Anzeigen erinnert ein wenig an Kernkraftwerke aus dem früheren Ostblock.
Draußen auf dem Besucherparkplatz bietet sich noch Gelegenheit für dieses aussagekräftige Foto: Kraftpakete vor einem Kraftwerk. Dann trennen sich die Wege unserer Gruppe: Dirk und Lars machen einen Schlenker durch Luxemburg, Sebastian und mich zieht es heim gen Aachen beziehungsweise Köln.
Wir fahren hinter Weiswampach über die Grenze, schließlich bei St. Vith auf die Autobahn und zurück nach Aachen. Unterwegs schießt Sebastians Freundin dieses schöne Foto meines Dieselboliden. Gegen 18.30 Uhr kurvt der Moorbraune auf den Europaplatz ein, eine Stunde darauf bin ich zurück in Köln – und reichlich geschlaucht von einer kurzen Nacht und vielen hundert schönen Kilometern Straße durch drei Länder.
Soviel ist aber sicher: In Luxemburg waren wir nicht zum letzten Mal. Das kleine Land verdient, dass man es mit viel Zeit im Kofferraum erkundet. Und irgendwann gibt es auch bestimmt mal einen freien Parkplatz an Burg Vianden.