Abendschönheit

Es wurde mal wieder Zeit für einen Beitrag über das ursprüngliche Objekt dieses Blogs – das schließlich einmal Moorbraun.de hieß. Und wie es der Zufall will, wurde es auch mal wieder Zeit, das ursprüngliche Objekt dieses Blogs einer Reinigung zu unterziehen, um ebenjenem Moorbraun mal wieder zu Glanz und Geltung zu verhelfen. Die Schönheit eines Autos will nun einmal von Zeit zu Zeit ans Licht poliert werden.

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Also schnell nach Feierabend – so lange noch genug Licht da ist – in die Waschanlage mit uns, um anschließend auf dem Hof der Werkstatt unseres Vertrauens die Polierwatte kreisen zu lassen.

Und wenn man dann nach vollbrachter guter Tat im letzten Licht des späten Abends mit Kamera und Handmuskelkater um den sichtlich zufriedenen Wagen herumkrebst, kommt einem der eigentlich fest gefasste Plan, demnächst mal Motorhaube, Dachpartie und C-Säulen nachlackieren zu lassen, schon wieder arg überflüssig vor. Sieht doch noch tipptopp aus…

Das ist das Geheimnis dieser seltsamen Sonderlackfarbe Nr. 479 Moorbraun: Sie glänzt so herrlich wie flüssige Schokolade – und was ließe sich daran schon verbessern?

Einmal runderneuern, bitte

„Ja, lohnt das denn überhaupt noch?“, wird so mancher fragen. Mehr als 1000 Euro in ein Auto zu stecken, dessen Auslieferungstag sich gerade zum 20. Mal jährt – und das in diesem Zustand schon für irgendwas um die 2000 Euro auf dem Markt zu haben ist. Ein Auto ohne Beifahrerairbag, ohne Kopfstützen hinten, ohne elektrische Fensterheber, ohne Klimaanlage, Tempomat und selbstverständlich ohne Ledersitze, Edelholzarmaturenbrett, Chrom in den Stoßleisten, fünften und sechsten Zylinder und was die Aufpreisliste damals sonst noch hergab. Und das auch noch schon fast 300.000 Kilometerchen auf der Uhr hat.

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Man kann natürlich sagen: Das Geld hättest du mal lieber auf Seite gelegt und demnächst einen halben Neuen damit bezahlt. Was einerseits wahr ist. Aber andererseits negiert, dass dieser unscheinbare classicweiße Geselle in seiner Basismotorisierung und (Fast-)Buchhalterausstattung eine Gasanlage in sich trägt, für deren Einbau 2500 Euro auf den Werkstatttisch zu blättern sind. Und man sich ein Auto, das pro 100 Kilometer gerade mal läppische 4,50 Euro wegnuckelt, auch erstmal basteln muss.

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Und: Dass ich ihn inzwischen mag. Sehr sogar. Seit er mir im Juni 2011 zugelaufen – und dem Verschrotter gerade noch von der Presse gesprungen – ist, hat er mich in einer so unaufgeregten Weise durch die Welt gefahren, wie man sie sich von einem professionellen Butler nicht schöner wünschen könnte. Stolze 120.000 Kilometer ist das jetzt her – dreimal um die Erde. Klar, der Butler ist längst im gesegneten Rentenalter, hier und da hat es auch schon mal etwas geknirscht. Da war das heulende Radlager letztes Jahr auf dem Weg nach Feurs (aber wessen Kniescheibe knackt nicht gelegentlich?), da war das neue Getriebe im Herbst (aber setzt man einen Hausdiener vor die Tür, weil er einen Herzschrittmacher braucht?). Stehengeblieben ist er nie, wenn man die gestorbene Batterie auf dem Campingplatz in Frankreich bei der Portugalreise 2011 mal wegdenkt (und wer hat morgens nicht schon mal verschlafen?). Nicht ein einziges Mal habe ich ihn verflucht, weil er musste und nicht mehr wollte. Was ihn positiv von einigen anderen Autos unterscheidet, die zu fahren ich das manchmal zweifelhafte Vergnügen hatte. Und 120.000 Kilometer, das ist schon ein komplettes Autoleben, verbracht größtenteils auf der A4 zwischen Köln-Eifeltor und Aachen-Rothe Erde. Es waren 120.000 entspannte und angenehme Kilometer.

Ich mag sogar sein Äußeres, das die Unaufgeregtheit seines Charakters so stimmig widerspiegelt. Diese klaren Linien ohne wirr hineingebügelte Kanten oder wild gefletschte Lufteinlässe, dieses abgrundtief nüchterne und dabei so grundsolide Innere ohne jedes verchromte Bling-Bling (den Ausruf „boah, was für ein cooles Retro-Auto!“ einer Mitfahrererin werde ich nie vergessen). Als dieses Design entwickelt wurde, war gerade die Mauer gefallen, und trotzdem wirken die im automobilen Alltag immer noch allgegenwärtigen W202 so vertraut wie zeitlos. Und die Käseecken-Rücklichter, Anfang der Neunziger das Höchstdenkbare an Stuttgarter Schrillheit, fallen heute ungefähr so auf wie gefärbte Männerhaare in einer Fußgängerzone. Nämlich gar nicht.

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Also hat er sie bekommen, die nochmal ganz große Rundumrenovierung. Zwei neue gebrauchte Kotflügel vorne, einer frisch lackiert. Den Rempelschaden im Stoßfänger vorne rechts gespachtelt und gelackt. Die Rostansätze aus den hinteren Radläufen getilgt. Kantenschäden an der Fahrertür beseitigt und übertüncht. Ein neuer Antennenstab. Neue Stabilisatorgummis. Eine neue Wasserpumpe. Und, nur fürs Auge, aber dafür um so schöner: Endlich verstärkte hintere Federn, weil unserem treuen Diener dank LPG-Tank und Anhängerkupplung der Hintern doch immer etwas tief hing. Jetzt sieht es aus, als ob das Mini-Muscle-Car vor lauter Drehmoment kaum die Räder auf die Straße bekommt.

Und das Beste: Alles ist noch vor Feurs 2014 fertiggeworden. Wie ein Brett liegt der Wagen wieder auf der Straße, die frische Optik scheint sogar auf die Motorleistung heilende Auswirkungen gehabt zu haben. Der Butler strahlt. Eine neue Lackschicht ist wie ein neues Leben.

Tankentreffen

Und als ich am Abend nach dieser ganz persönlichen Geburtstagsüberraschung mal wieder an meiner Stammtanke in Eynatten für 48 Cent pro Liter den Gastank vollmache, da tut mir der ebenfalls bestens gepflegte C200 an der Zapfsäule rechts neben mir, trotz seiner 14 Mehr-PS, sogar etwas leid. Hängt ja doch etwas tief, der Hintern.

Quergelenkertes

Zugegeben, es ist nicht wirklich ein Grund zur Freude, wenn der nette GTÜ-Prüfer einen Satz beendet mit: „…was denn auch dazu führt, dass man die Plakette nicht bekommt“. Weil das bedeutet: Zurück auf Start. Zurück in die Werkstatt. Wiedervorführung. Haben Sie noch einen schönen Tag.

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Andererseits muss man zugeben, dass die oberen Querlenkergummis am Moorbraunen wirklich eine gewisse Patina aufwiesen. Die sie beim Anfassen auch an den Fingern hinterließen.

Die Neuteile kosteten bei Händler mit rund 30 Euro pro Stück (zwei pro Fahrzeugseite, macht rund 140 Euro alles zusammen) in etwa so viel wie ein kompletter Querlenker mit allen Gummis bei TE Taxiteile. Andererseits: Wie oft wechselt man schon Querlenkergummis. Dem Zustand der Altteile nach zu urteilen, ziemlich genau alle 32 Jahre und drei Monate.

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Die Querlenker selbst – das sind diese knochenförmigen Metallteile da – werden wohl noch weitere 32 Jahre halten. Frisch glasperlgestrahlt gereichen sie den Radhäusern wahrlich zur Zier und müssen sich nicht hinter Neuteilen verstecken. Was der GTÜ-Mensch die nächsten 16 Male hoffentlich auch so sieht.

Scheibenweise

Reperatursatz Hardyscheibe: 90 Euro. Schwingungstilger Kardanwelle: 110 Euro. Werkstattlohn: zwei Stunden. Ruckelfreies Fahren: Weiß man erst zu schätzen, wenn’s vorher geruckelt hat.

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Seit ich mit dem weißen C durchs schöne Rheinland ruckele juckele (also seit Mai 2011), gehörte das zu den Dingen, die mich am meisten gestört haben. Beim Anfahren ein Rucken, beim Hochschalten ein Nicken, bei Teillastfahrt ein Stuckern. Dass die Hardyscheibe damit zusammenhing, wusste ich schon lange. Durch Deutschland mag ja noch der eine oder andere Ruck gehen müssen, aber tagtäglich durch mein Auto?

Andererseits fährt ein Wagen tatsächlich auch mit ausgeleierten Hardys von A nach B, weshalb meiner es schon tut, seit ich zum ersten Mal auf seinen fröhlich-frisch grau-grau gemusterten Sitzen Platz genommen habe (also seit Mai 2011). Man kann sich auch daran gewöhnen, mit schleifender Kupplung anzufahren und beim Hochschalten das Gaspedal zu drücken, als hätte man ein rohes Hühnerei unter der Schuhsohle.

Was mich Anfang der Woche dazu gebracht hat, spontan beim freundlichen Teilehändler unbesehen einen Reparatursatz für die Hardyscheibe vorne samt neuem Schwingungstilger zu ordern, weiß ich selbst nicht. Nicht einmal nach dem Preis gefragt habe ich vorher. Trotz böser Erfahrungen.

Beim Abholen rächte sich die unbedachte Tat. Stolze 200 Euro hat beides gekostet – ich hatte eher auf die Hälfte spekuliert und musste mich etwas zwingen, beim Erhalt des Rechnungsausdruckes ein gepresstes „Danke“ herauszuquetschen. Auch die Reparatur war nicht gerade ein Radwechsel. Zwei Grubenstunden hat der Spaß heute gedauert. Und die ganze Zeit das schlechte Gewissen im Hinterkopf nölen hören: Hast du sie noch alle? Für sowas gibst du soviele Kröten aus? Und was, wenn das Ruckediguh eine ganz andere Ursache hatte? Irgendwelche ollen Fahrwerksgummis?

Doch dann, die Probefahrt! Auf einmal ward alles gut: Butterweich die Schaltvorgänge, geschmeidig das Beschleunigen, flüssig das Ausgleiten. Selbst Gas aus niedrigen Drehzahlen brachte den Wagen nicht aus dem Gleichmut. Plötzlich benahm sich Flocki, wie es sich für einen Mercedes von anderthalb Tonnen gehört. Aus Karnickelgehoppel wurde gravitätisches Gleiten. Und das Fahrvergnügenthermometer stieg um diverse Grad, mitten im Winter.

Es gibt bekanntlich Sachen, die kann man nicht kaufen. Das andere – seufz – wird mit der VdH-Clubkarte immerhin 30 Prozent billiger. Und, nun ja: Es war die Sache wohl wert.

Manchmal muss man sich eben einfach einen Ruck geben.

Der morbide Charme des Morbiden

Die ersten Januartage sind keine fröhliche Zeit. Der Himmel wolkengrau, das Wetter nasskalt, die Tage kurz, die Stimmung neigt zu Melancholie. Es ist eine Zeit, schon lange vorgenommene Dinge zu erledigen, To-Do-Listen abzuarbeiten und sich das schlechte Gewissen wenigstens partiell zu erleichtern.

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Schweigend stehen die Leichen auf dem Werkstatthof, teils ausgeschlachtet, teils mit den Innereien anderer Schrottopfer ausgestopft, einige bereits aufgebahrt und bereit zu ihrer allerletzten Reise. Während meine C-Klasse im Hintergrund auf die Hebebühne wartet, streife ich zwischen den tristen Hüllen herum und lasse mich anstecken vom morbiden Charme des Morbiden.

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Ein unverhofftes Wiedersehen mit einem alten Bekannten – dem Smileymännchen „Mr Happy“ aus der „Glasgow’s Miles Better“-Kampagne, mit der die heruntergekommene schottische Industriemetropole in den 80er-Jahren ihr Image erfolgreich aufzumöbeln begann. Als ich die Stadt 1992 zum ersten Mal mit Interrail besuchte, war der Slogan noch häufig zu sehen, obwohl die Nachfolgekampagne „Glasgow’s Alive“ schon seit längerem lief.

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„Alive“ – das ist überhaupt das Stichwort für viele der vor sich hin träumenden Ruinen. Mutter Natur haucht den aus dem Verkehr Verschiedenen auf ihre Weise neues Leben ein, so wie diesem Opel Kadett.

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Und so sprießt es still und hoffnungsfroh an mancher verborgenen Stelle…

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…oder ganz offen, dem winterlichen Himmel entgegen.

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Doch auch, wo noch nichts oder nichts mehr wächst, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Alles fließt, sagten die alten Griechen. Manchmal blättert und bröselt es auch. Ich fühle mich an die vergessenen und zerfallenden Eisenbahnwagen hinter dem Geisterbahnhof von Canfranc erinnert.

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Und die Schwerkraft tut das Ihrige, wenn Stahl zu Staub wird.

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Auch wenn das Reifenprofil noch gut ausschauen mag: Ungewohnte Einblicke entstehen, wo der Zahn der Zeit seine Bissspuren hinterlassen hat, wie am vorderen Radlauf dieses alten W123ers.

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Scheußlich auch dieser Schaden, dessen Reparatur offenbar niemand für nötig – halt, das ist ja meine C-Klasse. Was mich daran erinnert, weshalb wir hier bei Dirk sind: Am treuen Flocki ist nach fast zwei Jahren und 60.000 Kilometern mal wieder das eine oder andere zu erledigen.

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Das größte Unwohlsein bereiten mir die vorderen Federbeinaufnahmen, die als Blechteile in Form umgedrehter Müslischüsseln ans Radhaus angeschweißt sind. Bricht eine davon ab, so wie es vor fast zwei Jahren auf der Fahrerseite passiert ist, ist die aus dem Wagen herausfallende Feder Anlass genug, sich von dem Fahrzeug zu trennen.

Das möchte ich gerne vermeiden, allein, was lässt sich dagegen tun? Eine Verstärkung einschweißen: eine Abstützung, um die Federbeinaufnahme zu entlasten. Im oberen Bild sind bereits die Stellen blankpoliert, an denen die Strebe angeschweißt werden soll.

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Dirk fertigt aus zwei Stücken Rohr (Wandstärke 2-3 Millimeter, also überaus solide) solche Stützen an. An den Enden abgeflacht und entsprechend abgewinkelt, passen sie genau zwischen Radhaus und Federbeinaufnahme.

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Während des Anschweißens habe ich das seltene Vergnügen, als Brandwache im Motorraum meines Fahrzeugs die Flammen auszupusten.

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Das Ergebnis überzeugt. Nach Grundierung und Lackierung werden die neuen Streben noch mit Fett gegen Wettereinflüsse geschützt. Das sollte eine Weile halten – mehr Stabilität dürfte da vorne kaum möglich sein.

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Und noch die eine oder andere Kleinigkeit ist zu flicken. An zwei Stellen werden abgebrochene Halterungen wieder an den Auspuff geschweißt, ins Differential wird neues, bernsteinfarbiges Öl gequetscht und die Hinterachse bekommt zwei neue Federn (auf der Beifahrerseite war ein mehrere Zentimeter langes Stück abgebrochen). Bei letzterer Aktion stellt sich allerdings heraus, dass der Mercedeshändler meines Vertrauens mir Gummipuffer für den W210 statt des W202 mitgegeben hat. Statt der neuen Gummis müssen also die alten wieder rein – arg ärgerlich, die ganze Ausbauprozedur müssen wir irgendwann nochmal wiederholen.

Und sogar der so schlimm zerschrammte Radlauf am Kotflügel vorne links – siehe Foto oben – wird provisorisch wieder ausgebeult und weiß gelackt, auf dass er noch den Winter über halte.

Eine kleine Wellnesspackung für ein Auto, das mir in den letzten anderthalb Jahren sehr ans Herz gewachsen ist, so problemlos und angenehm frisst es täglich brav seine Kilometer. Pro Arbeitstag immerhin mindestens 130 davon.

Es ist längst Nacht, als sich der Wagen und ich wieder auf den Weg nach Köln machen. Müde, aber zufrieden. Wieder etwas erledigt. Es soll halt noch ein paar Jahre dauern, bis Moos auf meinem Auto wächst.

Schickes Schuhwerk

Frische Felgen und respektierliche Radkappen (beziehungsweise, im Daimlerdeutsch: Radzierblenden) sind ja das Aushängeschild eines Autos. Zeig mir, wie du rollst, und ich sag dir, was du fährst. Oder bist. Oder so. Verkatschte Baumarkt-Pentastern-Alus in Bremsstaub-Anthrazit mit 225er-Schlappen verwandeln jedes scheckheftgepflegte Rentnermobil in eine prolide Pornomöhre.

Schickes Schuhwerk
Schlicht und elegant – das originale Schuhwerk mit dem Stern

Auch Flockis Felgenabdeckungen wiesen nach 17 Jahren die eine oder andere Narbe vom rauhen Parkkampf mit den Bordsteinen Mitteleuropas auf. Da die schlichten Silberlinge meinem schmucklosen Buchhalterbenz ausgezeichnet stehen, fiel mir der Verzicht aufs Upgrade zu MB-Leichtmetallfelgen leicht.

Allein, der freundliche Mercedes-Stützpunkt nimmt wahrlich selbstbewusste Preise für die Plastikdeckel, auch wenn der Extra-Chromrand der Elegance-Version gar nicht dran ist. 160 Euro für einen Komplettsatz? Dafür gibt’s ja fast schon vier Pentastern-Alufelgen aus dem Baumarkt!

Was soll’s, Ebay ist mein Freund. Und Flockis Freund. Hej, wie das blinkt. Es geht einfach nichts über gediegene Schuhe. Und im Gegensatz zu denen des Fahrers quietschen diese hier nicht mal, bis Paypal die Lastschrift eingezogen hat.

Die kleinen Dinge (6)

Ja, Flocki hat uns prima gefahren. Einmal Portugal und zurück bitteschön. Über Mont Saint-Michel, quer durch die Bretagne, die Atlantikküste runter mit einem Abstecher zur Dune du Pilat, dann über die Pyrenäen nach San Sebastian, mit einem Tagestrip nach Bilbao, schließlich quer durch Norspanien zum Lago de Sanabria, dann nach Porto, von da aus die Küste hoch zum Kap Finisterre, wieder nach Osten nach Santiago de Compostela, zurück ins baskische Logrono, dann nach Pamplona, über Canfranc die Pyrenäen durchquert, Lourdes besucht, in Feurs gecampt und von da aus zurück nach Aachen.6300 Kilometer, und außer der Batterie hat nichts gezickt (und die war eh schon ziemlich im Eimer) (und wozu hat man schließlich den ADAC-Plus-Schutzbrief). Das nennt man ein dankbares Auto.

Dafür gibt’s auch eine Belohnung. Fürs Auto, dessen Innenraum deutlichst aufgewertet wird. Und für den Fahrer, dessen Daumen nicht mehr ins Leere greift. Ist das Auto nett zum Mensch, ist der Mensch auch nett zum Auto.

Ach, wo wir schon mal großzügig sind…

…kümmern wir uns auch gleich mal um die inneren Werte unseres hohen C. Teilenummer B66920102, falls ihn jemand nachbestellen möchte. Creature Comforts Cupholder C-Class.

Endlich hat dieses dusselige Staufach mal eine richtige Funktion, nachdem sich auf der Portugalfahrt ständig Kameras und Navigationsgeräte drin verkantet haben.

(Die Schalthebelplakette hat 202 267 09 34.)

Das erste Mal

Ich sitze in meinem neuen Auto. Zum ersten Mal. Wobei „neu“ vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist. Ich sitze auf dem Fahrergestühl eines Mercedes C180 von 1994, eines knapp 17 Jahre alten Fahrzeugs also.

Der Wagen steht auf dem Parkplatz einer Bosch-Werkstatt in Aachen. Der ADAC hat ihn heute Morgen hierher geschleppt. Der Blick über die links herunterhängende Motorhaube verrät, warum: Im Vorderkotflügel auf der Fahrerseite ist die Federbeinaufnahme gebrochen. Die Feder ist glatt aus dem Radhaus herausgefallen, sie liegt lose im Kofferraum.

Federbeinaufnahme, gebrochen
Federbeinaufnahme, gebrochen

Für die Besitzer war das der Zeitpunkt zu sagen: adieu. Danke für 174.000 glückliche Kilometer, doch nun ist deine Zeit um. Schrottplatz oder Marc, wer hebt als erster die Hand?

Armaturenbrett
Das erste Mal vergisst du nie.

Mein neues Auto. Ich kann mein Glück noch gar nicht fassen.

Der Blick schweift über den neuen Arbeitsplatz, das neue Lebensabschnittswohnzimmer. Manche Menschen haben ja ein eher musealisch-erotisches Verhältnis zu ihrem Auto, für andere ist es bei aller Zuneigung in erster Linie ein Nutzgegenstand. Ascheflöckchen auf der Mittelkonsole zeugen davon, dass der C in seinem ersten Leben ein Raucherauto war. Was das Tabakbraun des einst hellgrauen Dachhimmels bestätigt.

Innenraum
Ein klassisches Vorher-Bild

Ja, hier kann man sich austoben, wenn man den musealen Ansatz verwirklichen will, dieses einzig wahre „wie frisch ab Werk“-Gefühl.

Müder Blick eines müden Autos
Müde sieht er aus, gell?

Es gilt Lack wieder zum Glänzen zu bringen,

Kofferrost
Kofferrost

Rost zu bekämpfen,

Wischergrün
Wischergrün

ordentlich aufzuräumen

Noch mehr frisches Grün am Auto
Noch mehr frisches Grün am Auto

und allzu kecke Natur zu vertreiben. Das ist mir etwas zu viel frisches Grün am Auto.

Waldeslust
Waldeslust im Motorraum

Die nächsten Wochen werden arbeitsreich. Fast jeden Tag hänge ich in irgendeiner verrenkten Position im, am, vor oder hinter dem Wagen.

Entkernung und Grundsanierung
Entkernung und Grundsanierung

Die Reinigung des Innenraums gerät zur Riesenaktion. Mit einem gemieteten Sprühreiniger aus dem Baumarkt geht es an das restlos entkernte Innenleben. Für den Ausbau der Sitze braucht’s eine eigens gekaufte Torx-Nuss.

Staubiges Gestühl
Staubiges Gestühl

Doch die Mühen werden belohnt. Mercedes-Qualität ist eben auch nach 17 Jahren noch Mercedes-Qualität, wenn andere Autos schon längst wieder dem Recyclingkreislauf beigetreten sind. Der Kunststoff des Armaturenbretts schimmert wieder wie 1994. Den Lack verhilft eine Politur zum alten Glanz. Und der C offenbart noch andere Qualitäten – vor allem einen vollständig unverbastelten Originalzustand.

Nicht jedes Braun an einem Mercedes ist erhaltenswert
Nicht jedes Braun an einem Mercedes ist erhaltenswert

Der Erstbesitzer war ein Sparfuchs: Außer E-Schiebedach, Colorglas, geteilt umklappbarer Rücksitzlehne und der Antenne (mechanisch!) hat er auf sämtliche Extras verzichtet. Nix Beifahrerairbag, nix E-Fensterheber, nix Klimaanlage, nix Kopfstützen hinten, nix Mittelarmlehne, nix Tempomat. Nix Elegance-Paket, nix Alufelgen, nix Zebranoholz. Gut, dass damals wenigstens ABS, Servolenkung, Zentralverriegelung, der Fahrerairbag und elektrische Außenspiegel serienmäßig waren. Und trotzdem: Ein Gefühl tiefer Dankbarkeit schwappt durch die Blutbahnen des Viert-Halters.

Der Moderraum
Was macht der Moderraum? Is vermodert…

Der Moderraum vorher…

Vom Moderraum zum Motorhome
Hier fühlt sich der M111 wieder wohl

…und das Motorhome nachher.

Zum Nulltarif rollt der C freilich nicht in sein zweites Leben. Die Wiederbelebung beginnt mit der Federbeintransplantation (320 Euro), wird fortgeführt in neuem Schuhwerk (4 x Conti Premium Contact, ebenso 320 Euro), ergänzt durch neue Bremsen und Scheinwerfergläser (280 Euro), eine gebrauchte Kofferraumklappe in Polarweiß (90 Euro), eine Mittelkonsole mit Armauflage (50 Euro) und abgerundet von einem bunten Reigen aus Verschleiß- und Ersatzteilen, dem Wechseln diverser Flüssigkeiten und Filter (200 Euro mindestens) und ein paar Goodies von Ebay – neue Sonnenblenden, Aschenbecher, iPhone-Adapterkabel fürs (aus dem Wintergolf gemopste) Blaupunkt Essen. Ach ja, und das Wichtigste: ein neuer Stern, macht 30 Euro bittesehr. Über 1700 Flocken kamen am Ende zusammen.

Reifenprofil auf der Flanke
Ausgeprägtes Reifenprofil – auf der Flanke

Die Krönung ist aber die Gasanlage: eine Prins VSI, vollsequentiell, mit 67-Liter-Tank, und teurer als alle Investitionen bis dahin zusammen. Flocki, so heißt der C jetzt, hat nämlich noch einiges vor. Er wird jeden Kilometer der A4 zwischen Köln und Aachen ziemlich intensiv kennenlernen…

Strahlemann
Ein Strahlemann

…und sieht er jetzt nicht aus, als ob er sich schon darauf freut?

Morgen geht’s allerdings erstmal in den Süden. Nach Portugal. Die erste große Reise. Noch eine Premiere. Das erste Mal hat viele Gesichter.

Gute Kerzen, böse Kerzen

Was ein verstellter Zündzeitpunkt doch ausmachen kann. Allein schon optisch.

Golf-Zündkerzen
Vor allem die rechts vorne!

Ein Jahr lang, seit der Inspektion der Gasanlage, hatte der Golf Probleme. Würgte sich ab 120 km/h ab, kam nicht mehr auf Touren. Vor Weihnachten dann empfahlen die Jungs von Autoklar aus Warendorf (ex Klargas), neue Zündkabel einzubauen. Was zwischenzeitlich auch passiert ist. Einen neuen Zündverteiler gab’s gleich mit dazu, der alte ließ Öl nämlich durch. Die durch die Ölspritzer in der Verteilerkappe ausgelösten Aussetzer hatten mich im Frühjahr 2010 auf der Fahrt zum Segelfliegerlager in Südfrankreich auf der Stadtautobahn von Lyon, mit einem Flugzeug im Schlepptau, Blut und Wasser schwitzen lassen.

Die Selbststrangulation des 60-PS-Aggregats war jetzt futsch. Dafür folgten heftige Zündaussetzer, Leistungsverlust, unrunder Motorlauf und erhöhte Temperatur. Heute nun, dank Mombartz & Jansen in Eschweiler, die Lösung: Beim Verteilerwechsel hatte sich der Zündzeitpunkt verstellt. Die Kerzen waren danach reif für die Tonne, bei einer war sogar der Isolator gesprungen.

Nachdem in der vergangenen Woche auch noch ein geplatzter Wasserschlauch zu flicken war, müsste jetzt endlich wieder alles gut sein. Bis zum nächsten Drama. Ach, Golfi…

Hat jemand ein gutes, günstiges Winterauto für mich?