Skandiblog 3: Nach Norden und dann immer geradeaus

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Die Kamera am Lenker. Das Navi in der Huelle. Strassenkarten im Tankrucksack.

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Zeltrolle und Packtasche auf dem Gepäckträger. Satteltaschen an den Kofferträgern verzurrt. Los geht’s. Von Oldenburg ueber Bremen, am Buchholzer Dreieck links ab nach Norden.

PENTAX Image

Hamburg! Die Kräne des Containerhafens sind immer wieder beeindruckend. Die Bilder vom Elbtunnel werden dagegen leider nicht so gut.

Brav frisst die Freewind die Kilometer. Auf der A7 nördlich von Hamburg fängt es dann leider wieder an zu regnen. Ruckzuck ist es eiskalt in den durchweichten Textilklamotten.

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Erst kurz vor Flensburg bricht die Sonne wieder durch. Gegen 22 Uhr treffe ich bei Ben ein, den ich vor ein paar Tagen ueber ein Schwedenforum kennengelern habe. Er hat spontan angeboten, mich bei ihm uebernachten zu lassen und mir Tipps fuer die Reise zu geben. Es gibt schon wirklich nette Menschen auf der Welt. Bei einem gemuetlichen Bierchen klingt der Tag aus.

Morgen geht es durch Dänemark nach Malmö. Ich hatte mehrere CouchSurfer in Suedschweden auf Uebernachtungsmöglichkeiten angemailt, einer hat Gruenes Licht gegeben: Seine Gästecouch ist frei.

An seinem Rechner sitze ich in dieser Sekunde uebrigens. Was man daran sieht, dass ich derzeit kein Ue schreiben kann, weil schwedische Tastaturen nur ä und ö haben. Dafuer kann ich ein å anbieten, was aber kein wirklich adaequater Ersatz ist.

Skandiblog 2: Der erste Schritt

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Um 18 Uhr hörte der Regen zum ersten Mal auf. Meine Chance! Nur raus aus dem Regenloch Aachen, weiter nördlich wird es schon besser sein. Eine Stunde später verlasse ich die Stadt. Es wird eine sehr, sehr unangenehme Fahrt. Der Regen bleibt mir erhalten, bei Köln, im Bergischen Land, an der Ewigen Baustelle von Hagen, im Stau am Westhofener Kreuz. Um 21.20 Uhr schaue ich auf den Kilometerzähler: 170 sind erst gefahren. Zweieinhalb Stunden gefahren, nicht mal die Hälfte geschafft.

Erst nach dem ersten Tankstopp am Autohof in Osnabrück reißen die Wolken auf. Den Rest der Strecke fahre ich im Trockenen und kann bis 130 hochziehen. Um Mitternacht bin ich endlich in Oldenburg – nach fünf Stunden und knapp 370 sehr nassen und kalten Kilometern. Erster Verlust: Eine Satteltasche hat ihre Regenhaube verloren.

Am Rande eines umfangreichen Tiefdrucksystems mit Schwerpunkten über Skandinavien und Südosteuropa wird von Nordwesten her an den kommenden Tagen sehr kühle Luft nach Mitteleuropa gelenkt und sorgt hier für einen wechselhaften Witterungsabschnitt. (Wetter Online)

Das kann ja heiter werden. Beziehungsweise das Gegenteil.

Skandiblog 1: Eigentlich…

…wollte ich ja am Mittwoch, 11. Juni, zu meiner Skandinavientour aufbrechen

…sollte der Reißverschluss an der Bodenplatte des Tankrucksacks normal auf- und zugehen

…hätte ich die erste Nacht schon in Oldenburg verbracht

…wäre ich dort am Donnerstagmorgen bei bestem Wetter nach Flensburg aufgebrochen

…wäre ich um diese Zeit schon an der dänischen Grenze.

Wetter-Screenshot

Aber erstens hat es gestern Abend nach stundenlangem Packen noch ungefähr zwei Stunden länger als erwartet gedauert, die Karten für Schweden und Norwegen aufs Navi zu laden. Als ich dann endlich spätabends loskam, riss beim ersten Tankstopp an der Jülicher Straße der Reißverschluss des Tankrucksacks. Bis er repariert war, war es schon viel zu spät zum Losfahren. Und heute hat es den ganzen Tag über in Strömen geschüttet und war schweinekalt. Das muss ich denn doch nicht haben.

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbeso müd geworden, daß er nichts mehr hält.Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbeund hinter tausend Stäben keine Welt.

Genau so bin ich den ganzen Tag in der Wohnung auf- und abge<s>tigert</s>panthert. Was für ein Frust.

Grillfahrt

Endlich ist sie wieder da. Volle drei Wochen hat es gedauert, bis das neue Lenkkopflager für die Freewind geliefert worden ist. Doch das Warten hat sich gelohnt – ich habe jetzt praktisch ein neues Motorrad. Ich bin überrascht, wie spürbar der Unterschied von vorher zu nachher ist, selbst für mich als Neuling.

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Ventile einstellen: Vorher kam Windy bei Vollgas nur knapp über 140 Sachen. Laut Werkstattmensch waren die Ventile völlig verstellt, ein Auslassventil saß schon fast fest. Ist wohl in den zehn Lebensjahren der Maschine (47.000 Kilometer) noch nie gemacht worden. Jetzt läuft sie wieder gute 155 km/h. Und die Anspringprobleme sind völlig weg, auch bei heißem Motor. Da hätte ich bei der Eifelfahrt ja fast mal die Batterie leergeorgelt.

Progressive Gabelfedern: Vorher tauchte sie mit ihren originalen Federn (und dem alten Gabelöl) beim Bremsen deutlich ein, was gerade vor Kurven unangenehm war. Ich habe bei Ebay einen Satz progressive Wirth-Federn ersteigert (70 Euro) und das Gabelöl wechseln lassen. Ergebnis: Satte Straßenlage, keinerlei Schwammigkeit mehr, auch Höchstgeschwindigkeit ist bequem längere Zeit fahrbar. Das Federbein ist jetzt ebenfalls auf die härteste Stufe eingestellt, was ein angenehm strammes Fahrwerk gibt.

Lenkkopflager neu: Das alte Lager hatte eine deutliche Mittelrastung, es war denn auch völlig im Eimer. Auf das Neue (45 Euro) musste ich zwar drei Wochen warten, es ist dafür aber auch von bester Güte (der Schrauber warnte vor sehr unterschiedlichen Qualitäten – bei L**** gäbe es schlechte, bei G***** dagegen sehr gute, selbst Suzuki hätte nicht die besten). Jetzt ist das Fahrverhalten wieder spurstabil.

Dazu neue Bremsflüssigkeit und ein neues Kettenkit, und ich habe praktisch ein neues Motorrad. Alles zusammen hat inklusive Teilen etwa 460 Euro gekostet, was ich fair finde.

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So bin ich gestern mal ganz spontan von Aachen nach Friedrichsfehn bei Oldenburg gefahren, wo meine Geburtstag habende Schwester mit ihrer Familie lebt. Rund 750 Kilometer und fast acht Stunden Fahrt, Tankstopps inklusive. Um Mitternacht war ich wieder zu Hause. Was soll ich sagen? Es hat richtig Spaß gemacht.

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War so eine Art Generalprobe für die geplante Tour nach Schweden und Norwegen in zwei Wochen. Mir tat zwar der Hintern etwas weh, aber insgesamt war alles sehr angenehm. Nur der Spritverbrauch war mit rund 6 Litern auf 100 Kilometer doch ein wenig hoch, finde ich.

Fazit: Fahrwerk super, Bank hart, Scheinwerfer muss repariert werden.

Neues aus Hasselt

Wanderer, kommst du nach Hasselt, dann versäume nicht, den Japanischen Garten zu besuchen. Der ist nämlich der größte seiner Art in Europa und einen Abstecher wert.

Hasselt liegt in der belgischen Provinz Limburg, gut 70 Kilometer westlich von Aachen. Nicht gerade ein Katzensprung, aber wen es in die Gegend verschlägt, der wird einen kleinen Umweg an die Straße Gouverneur Verwilghensingel nicht bereuen. Kleiner Tipp für den Erstbesucher: Es gibt keine Hausnummer. Nach einer grau-gelben Kletterburg am Straßenrand Ausschau halten, dort der Beschilderung „Japanse Tuin“ folgen.

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Es warten zwar weder gastronomische Sensationen noch Kinderbespaßung auf den Besucher. Dafür zweieinhalb Hektar originalgetreu gestaltete Gartenlandschaft…

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…mit reichlich Gelegenheit, sich zu entspannen, die Außenwelt zu vergessen und den Kopf in die Federn zu stecken.

Der Garten ist ein Geschenk von Hasselts Partnerstadt Itami. Die Japaner bekamen dafür ein Turmglockenspiel. Als Bewohner der Euregio darf man anerkennend feststellen, dass die Belgier bestimmt keinen schlechten Tausch gemacht haben.

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Dem Besucher fällt beim Betreten als erstes das Zusammenspiel von Pflanzen, Wasser und Stein ins Auge. Bäche und Teiche mit Wasserfällen und Stufen durchziehen das Gelände. Graue Gesteinsbrocken sind an ausgewählten Stellen aufgerichtet. Auf Brückensteinen und Zickzack-Holzstegen geht der Besucher übers Wasser. Zwischen Bäumen, die von Bambusgerüsten in kunstgerechte Form gebracht werden, stehen Teehäuser und Pavillons.

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Geplant wurde die Anlage nach dem Vorbild japanischer Teegärten des 17. Jahrhunderts. So steht es jedenfalls im Handzettel, den der freundliche Pförtner am Eingang aushändigt. Es gibt sogar eine Version auf deutsch.

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250 Zierkirschbäume sind über den hinteren Teil des Parks verteilt.

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Ebenfalls landestypisch: die farbenprächtigen Koi-Karpfen in den Teichen und Bächen. Sie versammeln sich gerne in der Nähe der Besucher…

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…sind aber natürlich nicht die einzigen Tiere im Park.

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In der Mitte des zentralen Gartens ragt das Zeremonienhaus in den Hauptteich. Auch seine Architektur folgt den Vorbildern aus dem 17. Jahrhundert.

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Der Bau mit seinen strengen geometrischen Formen und originaler Einrichtung verströmt einen Hauch von Asien.

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Zu bestimmten Terminen werden Teezeremonien vorgeführt.

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Weiter hinten wartet eine fliederüberwucherte Pergola auf Gäste. Wenn man überhaupt etwas an dieser fernöstlichen Enklave aussetzen kann, dann die Lage. Der Verkehrslärm auf dem vierspurigen Ring macht sich unter anderem an dieser schönen Stelle störend bemerkbar.

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Auch jetzt, Mitte Mai, ist die Anlage noch voller Blüten.

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Hier nutzt ein Brautpaar das Gelände für Hochzeitsfotos.

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„Zurück in den Westen“: Was sich auf den „westlicher“ gestalteten Teil des Gartens bezieht, hat natürlich auch symbolische Bedeutung. Ein paar Schritte weiter, hinter dem Ausgang, hat uns Europa wieder.

Was zeigt uns der Spaziergang? Fremde Kulturen lassen sich gelegentlich entdecken, ohne dass man einen halben Tag lang im Flieger sitzen muss. Manchmal warten sie direkt um die Ecke.

Japanse Tuin Hasselt
Gouverneur Verwilghensingel

Offen vom 1. April bis 31. Oktober
dienstags bis freitags 10 bis 17 Uhr
samstags, sonntags, feiertags 14 bis 18 Uhr
montags geschlossen

Eintritt: Erwachsene 5 Euro, Kinder unter 12 Jahren gratis

(Niederländischer Wikipedia-Eintrag zum Japanischen Garten)

Die Entdeckung der Eifel

Sonntag ist der wärmste Tag des Jahres. Zeit, zum ersten Mal die legendäre Eifel zu erkunden.

8.30 Uhr. Treffen an der Shell-Tanke in Brand. Das verlangt einem bekennenden Langschläfer und Morgenmuffel ja schon mal arg was ab. Hoffentlich ist es das wert.

In der Gruppe geht’s dann gemütlich nach Morsbach (liegt hinter Simmerath), wo im Biker’s Inn ein Frühstück angesetzt ist. Die Szenekneipe wirbt mit dem Spruch „Ohne Zweifel, wir sind in der Eifel“ sowie der Nähe zur Burg Vogelsang, hat Opa da nicht im Krieg so eine Ausbildung gemacht, na, egal.

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Was für ein schöner Morgen. Zwar hat das Buffet mit genau 1 Käsesorte, einigen Scheiben Wurst in homöopathischer Dosis sowie Kakao auf ausdrücklichen Wunsch eher Jugendherbergsqualität, aber bei sieben Euro will man nicht kritisch sein. Die Stimmung ist gut und der Blick reicht weit ins Land hinein.

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Wenn er nicht schon vorher an den abgestellten Maschinen auf dem Biker’s Parkplatz hängenbleibt.

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Wie zum Beispiel an dieser Aprilia Tuono hier. Meine Güte. Trägt man das diese Saison so? Matte Karos? Blaue Felgen?

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Überhaupt: Motorradfahren, wie haste dir verändert. „Moppedfah’n is wie wennze fliechst“ hieß es mal. Was die Headsets in den Helmen angeht, kann ich das bestätigen. Helikopterpiloten tragen sowas auch.

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Der moderne Biker hat den Blick ohnehin fest aufs Navi gerichtet. Wurden vor fünf Jahren in der Pause noch Striche auf Karten gemalt, überträgt man heute GPS-Tracks per Bluetooth. Da setzt man mal zwei, drei Saisons aus und schon ist Spaß am Moppedfahren eine Frage der Dateikompatibilität.

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Auf der Hinfahrt habe ich übrigens bei einem Kurzstopp feststellen dürfen, dass noch weitere findige Gastronomen in der Eifel auf zweirädrige Kundschaft setzen – wie die der Biker Ranch in Simmerath-Strauch in der Nähe vom Rursee. Das ist sicher nicht dumm, aber was machen die Leute von Oktober bis März?

Jetzt aber auf in die Eifel. Die Landschaft wird zusehends hügeliger, die Straßen kurviger. Und ich merke, was zwei, drei ausgesetzte Saisons beim flotten Kurvenfahren bedeuten: Ich gehöre zu den langsamsten Fahrern der Gruppe. Und das liegt nicht daran, dass die beiden Freewinds im Feld mit ihren 48 PS auch leistungsmäßig die schwächsten Maschinen sein dürften. Der andere XF-Treiber ist nämlich deutlich flotter unterwegs als ich.

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Meistens jedenfalls.

Mit Fotografieren ist natürlich während der Fahrt nicht viel. Was sehr schade ist, denn die Landschaft ist wirklich traumhaft. Auch die Städtchen sind mit reichlich Fachwerk und altem Gemäuer den einen oder anderen Blick wert. Vor allem in Altenahr mit seiner Burgruine hätte ich gerne mal ein paar Bilder gemacht. Ich werde wohl noch ein zweites Mal in die Eifel müssen…

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Tankstopp in Ahrweiler, nach rund 200 Kilometern. Romantisch kauert sich das Kapellchen in den Hang über der Ahr. Die Freewind hat sechs Liter auf 100 Kilometer genommen. Was mindestens ein Liter zu viel ist, wie mir die Experten versichern. Woran kann’s liegen? Verstellte Ventile?

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Noch eine kleine Pause.

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Das eifrige Pumpen am Gasgriff hat immerhin dazu geführt, dass das nachgerüstete Ölthermometer endlich mal sowas wie Temperatur anzeigt.

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Die beiden Freewinds flankieren die V-Strom. Also, die könnte mir ja auch gefallen… kostet allerdings auch vier- bis fünfmal so viel wie mein kleines Eintöpfchen. Na, vielleicht in ein paar Jahren.

Während wir uns die Beine vertreten, fetzt ein Sportbiker mit funkensprühenden Kniepads an uns vorbei. Soll er. Ich mache lieber den Bremser, als mich zu überschätzen.

Man endet so schnell als Artikel in der Zeitung (durch Rollesbroich und das Kalltal sind wir übrigens auch gefahren). Und wenn man dann Pech hat, liegt man 20 Stunden an der Straße, ehe man gefunden wird.

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Mittagessen in der Eifelstube in Binzenbach. Mitleidige Blicke zu einigen Stützrad Quadfahrern.

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Diverse Serpentinen später gibt es noch einen kurzen Kaffeestopp im schönen Bad Münstereifel. Wirklich schade, dass man während der Fahrt nicht fotografieren kann. Ich muss mir da mal irgendwas ausdenken, Kamerahalter am Lenkrad oder dieses Ding auf dem Tankverschluss. Man könnte ja meinen, wir hätten nur pausiert…

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…denn auch dieses Bild ist bei einer Pause entstanden. Der letzten des Tages, wieder am Biker’s Inn in Morsbach, gegen 18 Uhr. Jungs, darf ich mal meinen Kaffee in einer von euren Mikrowellen heiß machen?

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Goldwing mit Goldbär. Nicht von Haribo.

Damit geht der Tag zu Ende. Gegen 19.30 Uhr bin ich wieder in Aachen. Nach irgendetwas zwischen 300 und 400 Kilometern.

Bleibt die Erkenntnis, dass die Freewind ein prima wendiges Maschinchen ist. Das allerdings ein neues Lenkkopflager braucht. Und sein Fahrer noch reichlich Übung.

Und dann noch kurz Wiesbaden

Ist man schon mal in Äppelwoi-Land, kann man auch gleich nochmal bei alten Bekannten vorbeischauen.

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Und über den Wiesbadener Weihnachtsmarkt bummeln. Nach den schrägsten Schildern – siehe unten – sah ich hier nun die schönsten Lampen einer Stadt. Hübsch, woll? Wenn ich da an die hängenden Rechteck-Rahmen mit Glühbirnen-Schneeflocken von Bielefeld denke…

Wiesbaden selber ist auch wunderhübsch, das sag ich als Wahl-Aachener ganz ohne Neid. Das Gebäude links auf dem Foto oben ist der alte Hessische Landtag.

817_Wie-TheaterVöllig ungeniert beten die Eingeborenen den Götzen Automobil an. Sogar eine hell erleuchtete Statue hat man ihm vor dem Theater aufgestellt. Schamlos materiell. Sagte ich schon, dass es mir hier gefällt?

831_Wie-HuhnIn einer gemütlichen, äh, Berghütte (Berghütte???) stärkt sich die kleine Gruppe. Auf besonderen Wunsch von Kamerakind Andrea (durfte den ganzen Abend meine Fototasche halten) präsentiert das Moorblog hier: ein Moorhuhn.

840_Wie-CasinoZum Schluss gibt es noch eine kleine Stadtführung für mich. Meine Anmerkung, dass das Casino genau so aussähe wie das von Aachen, wird allerdings mit einer Mischung aus Spott und Unglauben aufgenommen. Na wartet – bei Gelegenheit mach ich ein Foto…

Jetzt also Büdingen

Und nicht irgendein beliebiges Freitagabendbüdingen, neinein, gleich das ganz große, das Samstags-, das Weihnachtsbüdingen soll es sein!

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Das fängt ja schlecht an. Nach gerade mal 400 Kilometern mit gut getretenem Gaspedal beginnt die Reserveleuchte in der Gasanzeige zu blinken. Das Navi lotst mich problemlos zu einer Aral(!)-Tankstelle in Butzbach mit LPG. Dort wird blinkender Verdacht zu böser Gewissheit: Klein Golfi mutiert auf Gas zum Säufer (Schnüffler? Sauger?) und genehmigt sich bei Tempo 140 plus deutlich über 10 Liter.

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Das Treffen selber wird dann aber sehr nett. Es ist doch immer wieder lustig, altbekannte Forumsnamen plötzlich mit neuen Gesichtern verbinden zu können. Geradezu Seelenmassage ist es, anhand des Paketfotos (siehe Beitrag vorher) von wildfremden Menschen als der Moorblogger identifiziert zu werden.

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Natürlich gehört auch eine Runde Haubentauchen auf dem Altstadtparkplatz dazu. Ich muss zugeben, dass der M123 soundtechnisch tatsächlich eine Offenbarung ist. Ist ja wohl auch das Mindeste, was man bei seinem Verbrauch erwarten kann. Es gibt auch Leute, die träumen sehnsüchtig von Verbräuchen wie zehn Liter auf hundert Kilometer…

Alkoholgeschwängert geht es schließlich gegen zwei Uhr nachts heim, was in diesem Fall das Gasthaus B. ist. Am nächsten Morgen Mittag bietet sich bei strahlendem Sonnenschein Gelegenheit, die Örtlichkeit und den Ort genauer in Augenschein zu nehmen. Beginnen wir mit unserem Zimmer.

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Schon die Tür wartet auf der Innenseite nicht nur mit einem geradezu historisch anmutenden Türschloss auf, sondern auch mit Angeln, die handwerkliche Perfektion mit künstlerischer Kreativität sowie drei Unterlegscheiben und ebensovielen Nägeln zu einem praktischen Gesamtkunstwerk vereinigen. Rechts daneben dann dies:

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Äh. Dass es dem Hotelpersonal offenbar bei Strafandrohung verboten ist, Gäste zu begrüßen oder gar anzulächeln, sie mit überflüssigen Floskeln („angenehmen Aufenthalt“) oder nervenden Informationen („Frühstück nur bis 10 Uhr“) zu belästigen, wurde mir schon beim Einchecken sehr deutlich gemacht. Aber dieses Schild jetzt – also, versteht Ihr das auch so wie ich? „Gehet fort und macht die Tür von außen zu“?

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Wenn auch der Gast tendenziell eher erduldet als erwünscht zu sein scheint, erwartet ihn doch modernster Komfort, etwa hier neben dem Etagen-Klo. Die ebenso knapp wie präzis formulierte Anleitung auf dem Gerät lässt Unklarheiten keine Chance.
„Zur Bedienung!“ – „Jawoll, Herr Kaleun!“ – „Maschine einschalten!“ – „Maschine läuft, Herr Kaleun!“ – „Feindsandale auf zwei Uhr, Entfernung zwanzig Zentimer, schnell näherkommend!“ – „Bürste eins klar!“ – „Scheuer frei!“

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Ebenso maritim geht es in der Diele zu, aber wesentlich friedlicher, nämlich sprudelnd-spritzig. Büdinger Blubberwasser brodelt in einem ansonsten völlig leeren Aquarium munter vor sich hin. Ich bin sicher, es gibt einen Grund dafür.

Nils und ich lassen das heimelige Etablissement hinter uns und begeben uns auf einen Stadtrundgang.

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Über eine malerische Brücke gelangt der Tourist in den Kern des bigotten Fachwerkdörfchens…

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…das mit schiefen Häuschen ebenso zu bezirzen weiß wie mit schiefen Türmchen…

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…dessen Altstadtparkplatz weit über die Mercedes-Szene hinaus als Treffpunkt automobilen Kulturgutes bekannt ist…

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…und in dem man ansonsten, von sporadischen Stammtischtreffen abgesehen, natürlich nicht mal tot überm Zaun hängen möchte.

Kommen wir nun zum bizarren Teil unserer kleinen Reise. Büdingen wird mir für zwei Dinge im Gedächtnis bleiben: furchterregend große Kröten und seltsame Schilder.

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Es ist schon außergewöhnlicher Zufall, dass ich den Ort ausgerechnet zum Zeitpunkt einer Invasion brasilianischer Riesen-Pfeilgiftkröten kennengelernt habe.

Von den Amphibien führt der Weg zum Amüsanten. Was seltsame Schilder angeht, hat Büdingen eindeutig Ambitionen auf das Guinness-Buch der Rekorde. Ich wage zu sagen, dass ich noch nie in einer so seltsam beschrifteten Stadt zu Gast sei durfte. Auf das „Gäste-macht-die-Tür-von-außen-zu“ im Hotelzimmer und das „Zur Bedienung!“ auf der Schuhputzgerätschaft wies ich ja bereits hin.

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Wo Paderborn mit dem weltberühmten Drei-Hasen-Fenster protzt, hält Büdingen mit dem nicht minder sehenswerten Drei-Orthopäden-Haus gegen. Jede Bußfeld-Generation verewigt sich mit einem eigenen Reklameschild an der Außenfassade. Experten schätzen, dass spätestens im Jahre 2180 der Stadtkern fast vollständig mit Bußfeld-Schildern behängt- und -klebt sein wird. Die Stadt wird dann Orthopädingen heißen.

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A propos Zukunft. Das Büdinger Sience-Fiction-Museum zeigt derzeit die Schau „Spielwelt der Buben in den 50ern“. Was es da nicht alles zu bestaunen gibt! Elektrische Eisenbahnen! Aufziehautos! Dampfmaschinen! Die örtliche Jugend drückt sich an den Vitrinen die Nasen platt und träumt vom Morgen. Und wo wir schon über die Zukunft sprechen…

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Achtung, Baustelle! Falls Sie sich immer schon gefragt haben, wo eigentlich der Planet Zukunft entsteht: voilá. Noch gibt es allerdings nicht viel zu sehen. Das Ergebnis der Bemühungen muss man sich etwa so vorstellen wie den Todesstern.

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„Entschuldigung, wo geht es bitte ins Gemüseviertel?“ – „Sie gehen die Rue de Rucola runter bis zum Platz des Himmlischen Rettichs, biegen links ab in die Great Pumpkin Road und wenn Sie dann auf der Via Minestrone stehen, ist es gleich rechts.“ Ach, Büdingen…

Und was mag uns dieses Plakat hier sagen wollen?

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Bitteschön. Aber: wofür? Dass ich kein Plakat mit mir herumtrage? Oder ist es eine Bitte an die Kunden, beim Betreten dieses Cafés ihre Plakate draußen anzubinden? Wie dem auch sei – man ist zumindest höflich.

Doch was ist das jetzt wieder…?

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Was für ein Blödsinn! Ich war in meinem ganzen Leben noch nicht in Büdingen. Andererseits lässt das Schild mehr Rückschlüsse über das Freizeitverhalten der männlichen Einwohner zu, als den hiesigen Frauen lieb sein kann.

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Kommen wir vom Schild zum Schwert. Das etwa postkartengroße Echtheits-Zertifikat lässt keinen Zweifel: Richard Löwenherz war ein Däumling von gerade mal 30 Zentimetern.

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„Jetzt könnte ich eine ordentliche Gewandung vertragen“, stöhnte er wie ein Verdurstender. „Wo willst du denn in diesem Kaff eine Gewandung herkriegen?“, fragte sie höhnisch. Ein glücklicher Zufall jedoch wollte es, dass beide just in diesem Moment am Büdinger Mittelalterladen vorbeigingen.

Das also ist Büdingen. In jeder Hinsicht eine Reise wert.

Neues aus dem Norden

[Assimilation, die: Anpassung an Lebensgewohnheiten und Gebräuche, Ernährung und Sprache in einem Land]

Woran merkt der Zugezogene, dass er sich langsam in seiner neuen Umgebung einlebt? Zum Beispiel daran, dass ihm die frühere Heimat fremd und fremder wird. Am Wochenende bei einem Familienbesuch im Oldenburgischen habe ich es wieder gemerkt.

Oben im Norden, wo der Horizont weit und der Himmel hoch ist, grüßt man sich bekanntlich mit „Moin“. Gerne auch mit „Moin, Moin“. Dies auch abends, denn der Gruß leitet sich ab von „mooi“, schön, und hieß ursprünglich soviel wie „einen schönen Tag“. Jeder Norddeutsche weiß Geschichten zu erzählen von Bajuwaren und anderen wilden Bergvölkern, die ungläubig diesen Zusammenhängen lauschten, weil sie sich über ein zu später Stunde geäußertes „Moin“ echauffiert hatten.

Am Wochenende musste ich nun feststellen, das mich das abendliche „Moin“ inzwischen schon selber irritiert. Und ich mit „Nabend“ darauf antworte. Oh je. Das ist sie, die Entfremdung von den eigenen Wurzeln.

Mehr noch. Nicht erst seit Kollege Felix Lennartz im Friteusenglück schwelgte, weiß ich, dass die Pommes im Aachener Land nicht Pommes heißen, sondern Fritten. Und dass sie auch sonst ganz anders sind als das, was der Rest der Republik unter frittierten Kartoffelstäbchen versteht. Spätestens beim Besuch in Brüssel vor zwei Monaten wurde ich zum Bekehrten (hier noch einmal das Foto des Überzeugungsarguments).

Und hier jetzt das Bild einer Zwischenmahlzeit, die ich mir am Samstag in einem Schnellimbiss in Bersenbrück – nördlich von Osnabrück – gegönnt habe. Bitte klicken Sie nur dann auf das Bild, wenn sie stark genug sind.

Fritten70_800Uih. Habe ich wirklich jahrelang solche Pommes Fritten gegessen? Und sie haben mir geschmeckt? Wahrlich: Fremd, arg fremd ist sie geworden, die Heimat.

Mit solchen Gedanken im Kopf fährt der Ausgewanderte zurück nach Süden, durch Ruhrgebiet und Bergisches Land. Freundlich grüßt das erste „Aachen“ auf dem Autobahnschild. Da fällt ihm noch was auf.

Leverkusen14_800Mir war nie bewusst, dass es in Leverkusen genauso aussieht wie in Belgien.

Ich glaube, ich werde langsam heimisch hier im Westen. Tschö, wa.

Schwermetall im Dreiländereck

Zweimal hatte uns der Wetterbericht einen Strich durch die Pläne gemacht, am Sonntag hat es dann geklappt: die Fahrt durchs niederländisch-belgische Dreiländereck nordwestlich von Aachen, die Christian alljährlich organisiert. Ich hatte mir eigens den Freitag frei genommen, um mitfahren zu können, obwohl am Samstagabend Reinfeiern in den Geburtstag angesagt war. Dass es dann doch Sonntag wurde, sollte sich als Glücksfall erweisen – es war der sonnigste Tag seit langem. Eine kleine Geburtstagsüberraschung für mich.

Zum Treffpunkt, einem Parkplatz am Ende der Autobahn 46 bei Heinsberg, sind wir spät dran. Auf der A 44 werden darum mal die Zylinder des OM 616 auf Vollzähligkeit geprüft: Der Wagen läuft etwa 173 km/h laut Tacho, das Navi macht darauf etwa 157. Nicht schlecht für einen Diesel. Punkt halb Zwölf sind wir da.

Nach kurzer Vorstellungsrunde geht es los. Fünf rollende Beweise für die Haltbarkeit der in den Siebziger Jahren in Stuttgart-Untertürkheim vom Band gelaufenen Vollmetallkraftfahrzeuge cruisen entspannt durch die unangestrengte Landschaft links und rechts der Maas.

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Manchmal ist es ganz schön, letzter zu sein. Bilder, die man gerne vor sich sieht…

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…und Bilder, wie man sie gerne im Rückspiegel hat. Egal, ob man die Farbe mag: Dieses Dunkelgelb ist ein absoluter Hingucker. Ist allerdings keine Mercedes-Originalfarbe.

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Auch ein Blick in den Himmel kann sich lohnen. Das ist ein Zeppelin NT, vermutlich im Einsatz für Klimawissenschaftler am Forschungszentrum Jülich. Und nein, es ist kein Schwesterschiff der NCC-1701.

Nach ausgiebigem Herumgekurve über schmale Sträßchen und durch enge Örtchen wird im malerischen Maaseik Station gemacht. Sind wir eigentlich in Belgien oder in Holland? Die Fahne am Rathaus verrät: Belgien. Aber es sind nur ein paar Meter bis zur Grenze.

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Auf dem Sockel stehen die beiden größten Söhne der Stadt, der flämische Maler Jan van Eyck (dessen „Arnolfini-Hochzeit“ ich seinerzeit im Kunstgeschichts-Seminar ausgiebigst analysieren durfte, aber dafür kann der arme Mann ja nichts) und sein Bruder und Künstlerkollege Hubert, der in Wahrheit offenbar weder das eine noch das andere war.

Uns soll’s egal sein. Die Sternenflotte geht vor Anker und wird auf dem hübschen Marktplatz angemessen zur Geltung gebracht. Man beachte, wie gut das lineare Design der drei Strichachter mit dem rechtwinklig angelegten Platz fluchtet:

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Die Piloten stärken sich mit regionalen Spezialitäten, zum Beispiel Muscheln (für nur 24 Euro pro Portion). Das hiesige Jupiler-Bier schmeckt übrigens auch in der alkohlfreien Variante (merken!).

Und weiter geht’s. Durch tiefe Täler, über hohe Hügel und durch reißende Flüsse…

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(die Fähre hat übrigens nicht mal Geld gekostet) [Nachtrag: Hat sie doch. Aber freundliche Leute haben den Obulus diskret für das gesamte Fahrerfeld beglichen.]

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…und schließlich zurück nach Deutschland. Dorthin, wo die Selfkantbahn auf schmaler Spur durch die einsame Landschaft dampft. DAS nenne ich doch mal Schwermetall. Schierwaldenrath: ein krönender Abschlussort für eine schöne Tour.

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Typenschilder können auch schön sein, wenn sie nicht verchromt sind.

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Der Arbeitsplatz meiner Kinderträume.

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Das Selfkant. Unendliche Weiden. Mal ehrlich: Ist das nicht Kleinbahnromantik aus dem Bilderbuch? Ein Bahnhöfchen wie von der Modellbahnanlage, sogar Wasserkran und Bekohlungsbühne gibt es.

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Hat noch jemand Post für Baghdad? Dieser zutiefst unsymathische Klotz hier lässt zwar leistungsmäßig die Dampflok alt aussehen. Komisch, dass den Monstertruck trotzdem niemand mag. Gelb alleine reicht halt nicht. And keep off my car, buddy, sonst lernt dein Tonka-Truck am Ende noch auf die harte Tour, was rock-solid vor 30 Jahren bedeutete.

Nein, mit derartig scheußlichem Schwermetall wollen wir diesen herrlichen Spätsommertag nicht ausklingen lassen. Schließlich widmet sich dieses Blog ja dem Thema automobiler Historie mit Stern auf dem Kühler. Schaut doch mal, was da neben dem Bahnhof steht…

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Dieser historische Geselle, ein O 3500 aus den 1950er Jahren, ist nicht nur fahrbereit. Er ist sogar noch im Einsatz: Als „Mühlenexpress“ kutschiert er Touristen in der Gegend herum.

Die Lok ist fast 80 Jahre alt, der Bus ein halbes Jahrhundert. Da sollte mein Moorbrauner doch auch noch ein paar Jährchen vor sich haben.