Weil’s so schön war

Sony A7II mit Nikon 300mm f/4.5 AI-s, F11, 1/1,6s, ISO 100
Sony A7II mit Nikon 300mm f/4.5 AI-s, F11, 1/1,6s, ISO 100

Nochmal: Sankt Jakob im Abendlicht. Ich habe heute einem Liebespärchen in einem Auto den Sonnenuntergang vermasselt – aber was sind sie auch mit der Stoßstange bis an die Parkbank gefahren.

(Die Testreihe hat übrigens ergeben, dass beim 300er-Nikon die beste und schärfste Blende F11 ist.)

Öcher Türme

Mit klopfendem Herzen dem DHL-Boten das Paket mit dem sehnlich erwarteten 300-Millimeter-Teleobjektiv von Nikon aus den Händen reißen, in der Wohnung ein Messer suchen, hektisch das Klebeband aufschneiden…

…und einen Wagenheber in den Händen halten. Für den Nachbarn gegenüber.

Sony A7II mit Nikon 300mm f/4.5 AI-s, 1/1,6s, ISO 50
Sony A7II mit Nikon 300mm f/4.5 AI-s, 1/1,6s, ISO 50

Mein erstes Nikon kam also mit zwei Tagen Verzögerung bei mir an. (Gottseidank hat mir der Nachbar das aufgerissene Paket verziehen.) „Wagenheber“ heißt das 300mm f/4.5 AI-s seitdem bei mir, bei stolzen 1,2 Kilogramm Gewicht wäre „Panzerfaust“ auch passend gewesen. Ähnlich wuchtig ist das Rohr ja.

Für einen derartigen Brummer gibt es nicht jeden Tag Einsatzmöglichkeiten. Und wird es überhaupt funktionieren, dieses Monster an der A7II auf dem filigranen Novoflex-Stativköpfchen wackelfrei auszurichten?

Heute gab es heute Abend die Gelegenheit – auch wenn das Licht etwas flau und das Panorama entsprechend kontrastarm war. Vom Lousberg aus habe ich erst St. Jakob, dann St. Salvator ins Visier genommen. Mit zehn Sekunden Auslöseverzögerung, damit auch nichts mehr wackelt. Scharf geworden?

Sony A7II mit Nikon 300mm f/4.5 AI-s, 1/1,6s, ISO 50
Sony A7II mit Nikon 300mm f/4.5 AI-s, 1/1,6s, ISO 50

So scharf, dass es im Auge beißt. Man sieht auf dem zweiten Blick ganz hinten am Horizont sogar St. Donatus auf dem Rücken des Brander Bergs (mit Klick aufs Bild die Galerieansicht öffnen, dann oben rechts mit dem X auf die Großansicht gehen). Ich habe den Turm zuerst für St. Katharina in Forst gehalten – aber die zweite Brücke über die Trierer Straße hinten ist zweifellos die Autobahn 44. Whow.

Ab jetzt werde ich also öfter mal mit Wagenheber unterwegs sein.

Friedhofspause, I.

Sony A7II mit Minolta MD 2.5 100, 1/60s, ISO 50
Sony A7II mit Minolta MD 2.5 100, 1/60s, ISO 50

Der Friedhof Auf der Hüls ist nur ein paar hundert Meter weit vom Zeitungsverlag entfernt. Der perfekte Ort, um in der Mittagspause mal schnell ein hübsches Motiv einzufangen. Schauen wir mal, ob eine Serie draus wird.

Morgensonne und Abendlicht

Sony A7II mit Minolta MD 1.7/50, ca F8, 1/400, ISO 100
Sony A7II mit Minolta MD 1.7/50, ca F8, 1/400, ISO 100

Sonntagmorgensfrühstückslicht im Café Ferbers, Burtscheid. (Okay, Vormittagslicht.) Wo ich vorgestern hier so schön vom „Whow“-Moment des Minolta MD 1.7/50 sprach, durfte es heute Morgen noch einmal mit. Und was soll ich sagen, das Ding rockt immer noch („This is an excellent, inexpensive and compact lens“, schreibt Ken Rockwell. „Go get one.“). Chön charf, auch so freihändig mal eben quer durch den Raum geschossen (schaut mal die Zeichnung der Spiegelung auf dem linken Stuhl an – einfach in der Galerieansicht mit dem „X“ oben rechts das Bild auf volle Größe klicken). Das waren gut angelegte 25 Euro damals.

Sony A7II mit Minolta MD 4/70-210 Zoom, f22, 1/13s, ISO 400
Sony A7II mit Minolta MD 70-210/F4, f22, 1/13s, ISO 400

Adalbertstimmung am Abendsteinweg. „Es ist total schönes Licht draußen“, chattete meine Freundin mich an – und ich packte mir das Stativ und rannte nochmal raus. Premiere für das Minolta MD 4/70-210. Ein astreines Telezoom aus den 1980er-Jahren, für rund 60 Euro bei Ebay regelrecht erramscht (hier ein Testbericht samt interessantem Vergleich mit dem aktuellen Sony FE 70-200 G OSS). Zwei Objektive, die neu von Sony zusammen um die 2300 Euro kosten dürfen. Hach ja, der Reiz der alten Gläser hat viele Gesichter. Einer davon ist der Gesichtsausdruck beim Preisvergleich mit Amazon.

Alt vs. Neu

Der Fischmarkt ist einer meiner Lieblingsorte in Aachen. Auf dem kleinen Platz zwischen Albrecht-Dürer-Stuben, dem historischen Grashaus, dem Blumenladen „Blütezeit“ und natürlich dem Fischpüddelchen-Brunnen ist der Jahrhunderte alte Herzschlag der Stadt besonders spürbar. Vor allem abends, wenn das Licht der Straßenlaternen dem Straßenpflaster und den roten Backsteinen der Ziegelwände einen goldenen Schimmer verleiht und die letzten Nachtschwärmer achtlos über den Platz nach Hause hasten, liegt eine ganz besondere Stimmung über dieser Ecke.

Nicht umsonst habe ich am 18. August vergangenen Jahres, als ich zum ersten Mal mit einer alten manuellen Festbrennweite – einem Minolta MD 1.7/50 – fotografiert hatte und im Thai-Restaurant meinen „Whow-Moment“ wegen der Schärfe, der lebendigen Farben und des traumschönen Hintergrundes erlebte, nach den ersten Bildern von Entenbrust und Cocktailschirmchen auf dem Nachhauseweg genau diese Aachener Ecke abgelichtet. Es war nicht das letzte Mal.

Sony A7II mit Sony FE 2/28, F8, 20s, ISO 50
Sony A7II mit Sony FE 2/28, F8, 20s, ISO 50

Das 28-mm-Weitwinkelobjektiv Sony FE 2/28 ist bislang meine einzige „moderne“ Linse für die A7II. Also eine mit Autofokus, Ultraschallmotor, interner Bildkorrektur, Übertragung von Blenden- und Belichtungsdaten an die Kamera und all dem Pipapo. Und ja, es produziert eine astreine Bildqualität. Gestochen scharf, mit lebendigen Farben. (Phillip Reeve hat ihm auf dem Systemkamera-Blog eine exzellente Leistung bescheinigt.)

Man könnte versucht sein, nach dieser Erfahrung zu sagen: Was so eine High-Tech-Linse kann, das können die alten Glasklunker nimmer, die in den vergangenen Monaten nach und nach vom DHL-Boten in meine Wohnung getragen wurden. Da bleibt einem wohl nichts übrig, als nach und nach immer mal wieder einen runden Tausender auf den Tisch zu legen, um seinen Objektivpark auf den Stand des 21. Jahrhunderts zu bringen.

Doch was tun die 30 Jahre alten Klunker? Sie geben sich einfach nicht geschlagen.

Sony A7II mit Tamron SP 2.8/90 Macro, F4, 30s, ISO 50
Sony A7II mit Tamron SP 2.8/90 Macro, F4, 30s, ISO 50

Neuester Zugang im erwähnten Objektivpark ist ein Klassiker unter den Makroobjektiven, das Tamron SP 2.8/90 Macro. Es geht beruht auf einem Vorgänger aus den 70er-Jahren und wurde bis vor wenigen Jahren optisch unverändert gebaut. Ersteigert habe ich es, weil ich gerade einen Kurs in Makrofotografie an der VHS Köln belege und ich mit meinen bisherigen 50-Millimeter-Makroobjektiven von Sigma und Canon zu nah an die anvisierten Käfer, Insekten und sonstiges Kleingetier herankriechen muss, um sie ausreichend groß ins Bild zu bekommen. Was das Gefleuch meist verscheucht. Mit dem 90-Millimeter-Tele kann man mehr Abstand halten.

Und wie man sieht, lassen sich damit sogar Fische fotografieren. Die Schärfe ist fantastisch (das Bild lässt sich in der Galerieansicht mit dem X-Button oben rechts noch einmal auf volle Bildschirmgröße vergrößern). Die Farben leben. Der Hintergrund cremt, wie es schöner kaum sein könnte.

Das Altglas schlägt sich bravourös – nein, im Moment sehe ich da noch keinen akuten Modernisierungsbedarf.

Karlsblick

Sony A7II mit Canon FD 3.5 35-105, 105mm, F 5.6, 6s, ISO 200
Sony A7II mit Canon FD 3.5 35-105, 105mm, F 5.6, 6s, ISO 200

„Aachen ist schön, nicht?“ fragt die ältere Dame im Vorübergehen, während ich am Stativ herumnestele. Wie könnte man ihr nicht zustimmen?

Auf neuen Wegen (Im Venn II)

83-Bueschel

Der Wind weht scharf, aber erträglich, als wir über den von Touristenfüßen plattgetretenen, überfrorenen und spiegelglatten Schnee mehr rutschen als stapfen. Hinter Baraque Michel führt der Wanderweg erst durch ein kleines Waldstück – und dann steht man schon im Venn.

95-Kraniche

Fast zwei Jahre ist es her, dass ich – allerdings ein paar Kilometer weiter, auf deutscher Seite – auf einem Spaziergang an dieser so ungewöhnlichen Landschaft trotz guter Kamera und ebensolchen Objektiven verzweifelte. Viel Himmel, viel Horizont, versprenkelte Bäume, in der Mitte der Weg. Was sollte man da fotografieren?

16-Zweige

Heute weht ein anderer Wind. Wörtlich genommen. Ein Dutzend verschiedenster Fotokurse und noch deutlich mehr Objektive später fällt die Motivwahl nun etwas leichter. Da hätte es den großen Schwarm Kraniche gar nicht gebraucht, der über uns zurück nach Norden zog.

45-Plaetschergras

Eine eigenartige Landschaft ist das Venn. Riesenhaft leer und offen wirkt es und versperrt sich gleichzeitig mit seinem sumpfigen Boden der Eroberung durch den Besucher. Nur auf geradezu homöopathisch schmalen Pfaden lässt es sich erkunden.

07-Schildweiss

Gerade einmal meterbreite Holzstege führen über die morastige Ebene. Die Warnung „Als het weer regenachtig is, zijn de houtstegen glibberig“ ist berechtigt. Wenn das Wetter dagegen eisig ist, sind die Planken nicht nur glibberig, sondern geradezu mörderisch glatt.

20-Gelaenderblick

27-Winterbaum

Schließlich führt der Weg wieder an einem Bach entlang in ein Waldstück, wo es vor lauter Bächlein regelrecht murmelt.

36-Schildrot

54-Plaetscherbach

Das Fortkommen wird immer schwieriger. Der spiegelglatte Steg bietet kaum Halt und in den Planken klaffen große Lücken.

61-Stegluecke

Das Geländer, wenn es denn eins gibt, ist höchlichst willkommen. Auch, wenn das rauhe Holz an den Handschuhen zupft.

44-Eisgelaenderl

80-Plaetscher

Motive zum Fotografieren gibt es in diesem stillen Winterwald allerdings reichlich. Ich habe zwei Objektive für die Sony A7 II in der Tasche: mein sehr geschätztes Minolta MD 3.5 35-70 mm Zoom und die jüngste Neuerwerbung, ein MD 4 75-150 mm Zoom von 1981. Beide Brennweiten ergänzen sich sehr angenehm. Und beide überzeugen mit knackiger Schärfe und angenehmem Bokeh.

67-Truemmersteg

Zugegeben, das Wechseln der Objektive auf den ebenso schmalen wie glatten Holzstegen ist kein Vergnügen. Auch reicht die Zeit heute nicht, mit Stativ und langem Hin- und Herprobieren das perfekte Bild zu komponieren. Dafür ist es auch einfach zu zugig – also muss es zügig gehen.

56-Plaetscherbaum

87-Hochsitz

Aber als uns der Weg schließlich wieder zurückführt, bin ich glücklich. Über den schönen Spaziergang – und das Gefühl, im Venn diesmal fotografisch nicht am Ende gewesen zu sein, sondern am Anfang.

86-Krummbaum

Zeitpolster

Was für ein gutes Gefühl es ist, morgens mit einem soliden Zeitpolster zur Arbeit aufzubrechen! Nur zu oft war es zuletzt dem Verfasser dieser Zeilen passiert, dass die Abwägung zwischen den Übeln, entweder zu spät ins Büro zu kommen, oder aber rechtzeitig, dafür jedoch mit ungeputzten Zähnen, in erstgenannter Folge gemündet war.

Heute jedoch soll beides nicht der Fall sein. Und so schreitet der Held unserer Geschichte, ein früher Vogel mit frischem Pfefferminzgeschmack im Schnabel, schwingenden Wintermantels und ebensolchen Schrittes in Richtung Friedensstraße, wo sein Wagen steht.

Oder besser: stehen sollte. Hatte er doch weiter hinten geparkt? Nein, da beginnt schon die verbotene Parkausweis-Zone. Oder am entgegengesetzten Ende, am Steffensplatz? Von Selbstzweifeln angenagt, hastet unser Autor in die Gegenrichtung. Doch auch dort: kein Wagen. Wo zum Teufel hatte er zuletzt geparkt, vor ein paar Tagen?

In der Friedensstraße jedenfalls nicht. Etwa in der Parallelstraße? Weiterhasten. Doch auch dort glänzt das vertraute Blech durch Abwesenheit. Es wird doch wohl nicht wieder abgeschleppt worden sein? Längst hätte unser Held im Wintermantel die Schwelle der Bürotür überschreiten müssen. Von üblen Alzheimergedanken zermürbt, irrt er weiter durchs Viertel, bis ihm endlich die erlösende Erinnerung kommt – oben an der Kongressstraße war’s! Nur wenige Minuten später findet ein Autoschlüssel leicht zitternd den Weg in sein passendes Schloss.

Nun gut, mit dem pünktlichen Arbeitsbeginn ist es auch heute mal wieder nichts geworden. Bleibt nur ein schwacher Trost: Auch heute sind zumindest die Zähne geputzt.

(Geschrieben für die App AmAbend von Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten)