Moorbraun in Ornbau II: die Halle

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Wer zum ersten Mal in Ornbau ist, wie der Schreiber dieser Zeilen, der ist erst einmal platt. Erschlagen von der schieren Größe des Vereinsgeländes samt sämtlicher Außenterrassen, dazugehörender Räumlichkeiten in Nachbargebäuden, Gastronomie- und Lagermöglichkeiten, Auktionswiese und Neuteilehalle im Nachbarort.

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Schon am Freitag herrscht im Ort Partystimmung. Buden, Stände, Musikbühne und Pavillons werden aufgebaut (nicht zu vergessen Strulli, den Toilettenwagen), Angereiste und Neugierige flanieren durch die Straßen.

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Auf den beiden Außenterrassen spenden Sonnenschirme Schatten. Das Wetter könnte schöner nicht sein – nicht ein Wölkchen trübt den strahlend blauen Himmel.

Erschlagen ist man auch von der unglaublichen Liebe zum Detail, mit der alles eingerichtet und dekoriert ist. Nicht zuletzt vom Humor, der dabei überall durchblitzt.

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So wartet etwa vor der Halle dieser ausgewaidete und teilweise aufgeflexte W108 ohne Motor und Innenleben – zur Demonstration der Schwachstellen dieser Baureihe. Im Bild leider nicht zu sehen: Auf dem nackten Blech der Hutablage steht eine ebenso nackte Klorolle – ohne Häkelmützchen. Es sind diese liebevollen Details, die den VdH so einzigartig machen.

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Die Vereinswerkstatt! Wie üppig eingerichtet. Könnte man da nicht die Gelegenheit nutzen, mal kurz die Bremssättel des Coupés mit é

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…nein, könnte man nicht. Zieh Nummer, Fremder! Und warte, bis du aufgerufen wirst!

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Überhaupt, diese Gemälde überall. Wie hier der Strichachter an der Neuteileausgabe.

Sehenswert auch der innere Teil des Gebäudes mit Café Benz, Clubshop, Scheuenenfund-Ausstellung, Fahrzeugsammlung…

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…und diversen hübschen Einrichtungsgegenständen. Besonders interessant ist die kunsthistorische Sammlung des VdH im Obergeschoss – fast jeden Anfahrtsweg wert.

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Da ist etwa die berühmte „Mona Diesel“ von Leonardo da Benci. Die mysteriös lächelnde Dame ist angeblich die Tochter eines Mailänder Tankwarts.

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Impressionismus, wie ihn jeder versteht: „Sonnenblenden“ von Vincent strygh Ocht.

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Edvard Bench: „Das Gehupe“.

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Salvado-re Plika: „Ballade vom Verhängnis, mit GFK-Teilen restauriert zu haben“.

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Pieter Bruegheltürer: Heimkehr der Holzfäller.

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Friedrich W. Hundertzehnwassers „Flossenprojekt“. Dazu gibt es noch das „Tütü“ von Heki de saint Phlosse, die altägyptische Grabbeigabe eines Pharaos in Schlüsselform, und, und, und…

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Im Haus gegenüber geht es nahtlos weiter. Dies war einst eine Rohkarosse mit null Kilometern, jahrelang irgendwo abgelegt. Die VdH’ler steckten ihr ein paar Anbauteile an und dekorierten sie liebevoll ins Obergeschoss der Gastro-Halle. Die farbigen Scheinwerferbirnen fungieren als Schummerbeleuchtung.

Am Ende des Raumes das so genannte Autokino, in dem historische Autofilme laufen.

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Dann öffnet endlich die Altteilehalle. Auf zwei Stockwerken warten Unmengen gebrauchter Ausstattungsteile auf Neubesitzer. Das Material stammt meist von Schrottplätzen in den USA, wo es alljährlich von VdH’lern demontiert und per Container auf den Weg in die alte Heimat verschifft wird.

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Türpappen regalmeterweise…

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…und Stoßstangen zentnerweise.

Keine Frage: Ornbau ist ein Paradies für Schrauber und Sternenfänger. Und erst die Autos!

Moorbraun in Ornbau I: die Anfahrt

„Ist total einfach: A4, A61, A6“, beschreiben mir meine beiden Mit-Fahrer den Weg nach Ornbau, als ich mich ärgere, sämtliche Straßenkarten im Wintergolf gelassen zu haben. Fein, so eine Route kann sogar ich mir merken. Tatsächlich schaffe ich es denn auch nur zweimal, falsch abzubiegen.

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Zunächst jedoch gilt es, unseren Kleinstkonvoi von zwei Fahrzeugen auf der Autobahn zu synchronisieren. Die Vorstellungen von der idealen Reisegeschwindigkeit für 500-Kilometer-Fahrten gehen nämlich ein Stück weit auseinander. Wir einigen uns dann aber ganz unbürokratisch auf ein gemeinsames Marschtempo: Ich mit 130 vorneweg, die anderen holen in der Zeit wieder auf, die ich benötige, um an der A6 falsch in Richtung Saarbrücken abzubiegen oder hektisch auf Rastplätzen zu stoppen, um das verdächtige Scheppern von der Hinterachse zu lokalisieren (eine Radkappen-Halteklammer klammerte nicht mehr).

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Doch was ist das? Pornoschlonten greifen an! Rohr fünf – Feuer frei!

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Das letzte Stück Weg führt durch Alleen übers schöne Frankenland. Selbst hier bietet sich noch allerlei Gelegenheit, die kleine Frau im Navi sagen zu hören „Neuberechnung im Gang“, weil man wieder eine Einmündung übersehen hat.

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Dann wird der uralte Menschheitstraum wahr: Das Tor zu den Sternen steht offen.

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Der Moorbraune wird – nach einer kurzen, haha, Spritztour durch die Waschanlage – optisch vorteilhaft auf der Wiese an der Sporthalle geparkt.

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Schnell noch das Leinwand-Eigenheim errichtet (ja, da geht wirklich ein ausgewachsener Mann rein, wenn auch nur diagonal), dann heißt es endlich: auf zur Expedition ins Dorfinnere, wo sicherlich schon scharenweise malerische Eingeborene und ihre gastfreundlichen Hütten auf uns warten, oder ähnlich.

Morgen mehr, bleiben Sie dran. Ich bin nämlich gerade erst nach Aachen zurückgekehrt und jetzt hundemüde. Nur so viel: Es war fan – tas – tisch. Freuet euch schon mal. Gibt auch Bilder.

In die Luft gegangen

Eigentlich, also eigentlich wollte ich ja nur ganz schnell mal eben in Bielefeld-Windelsbleiche vorbeischauen, weil ich noch eine aktuelle ICAO-Karte für’s Motorseglerfliegen in Porta brauchte. Mal abgesehen davon, dass EDLI der einzige mir bekante Ort in Ostwestfalen-Lippe ist, wo man auch am Sonntag noch Flugplanungsmaterial kaufen kann, lohnt sich ein Besuch dort natürlich immer. Und das nicht nur für fliegendes Personal.

Alte Schönheiten

Unglaublich: Das barocke Mercedes-Flossencoupé ist ein Jahrzehnt jünger als die Cessna im Hintergrund…

Cessna 172 in der Ursprungsversion

…die auch der Schreiber dieser Zeilen schon einmal die Ehre hatte, ein Stück durch die Luft zu pilotieren.

Cessna-Propeller

In puncto Glanz wetteifern der Chrom des Autos und das polierte Aluminium des Fliegers miteinander. Ist das nicht ein prächtiger Anblick?

Venturirohr

Das Venturirohr. Solide Fünfziger-Jahre-Technik. Warum Elektronik, wenn’s auch pneumatisch geht?

Es ist ein wunderschöner Samstagnachmittag, in Windelsbleiche herrscht Hochbetrieb. Alles gibt sich die Ehre, vom Ultraleicht…

Schönes UL

…bis zur Socata Trinidad.

Socata Trinidad

Deren Cockpit sich etwas von dem des Falken unterscheidet, mit dem ich selbst anschließend noch eine Runde drehen möchte.

Socata Cockpit

Tatsächlich ist an diesem Tag die ganze Bandbreite an Einmots am Platz vertreten. Von der Piper Cup über die Beech Bonanza bis zur Mooney, dazu allerlei kleine Krauter, etwa Motorsegler wie diese Fournier…

Fournier

…deren optischer Zustand den Spruch auf der Motorhaube zu bestätigen scheint.

Poor Man's Messerschmitt

Wie ich gerade mit Carsten plaudere, kündigt sich in seiner Luftaufsichts-Funke die Delta Hotel Sierra Papa Sierra zur Landung an. Mit verdächtig heller Stimme. „Ist das etwa Sabine?“ frage ich Carsten. „Ach ja, ihr kennt euch ja“, erinnert er sich. In der Tat. Sabine „Turbine“ Nendza ist nicht nur die einzige weibliche Helikopterpilotin, die ich kenne, sondern auch einer der zielstrebigsten Menschen überhaupt. Ihren Traum von der Berufspilotenlizenz verfolgt sie seit Jahren mit unglaublicher Energie. Nach einem ausgeklügelten System fährt sie ständig quer durch die Republik, um irgendwo einen Heli von Dingsdorf nach Bumsstadt Transfer fliegen zu können. Irgendwie muss man ja auf seine Stunden kommen, auch wenn sie das vier- bis fünffache von dem kosten, was für einen Flächenflieger an Chartergebühren verlangt wird.

Heli in Sicht

Papa Sierra kommt von Westen her in Sicht…

Heli kommt näher

…und lässt sich auf dem Vorfeld nieder.

Heli hovert

Sabine ist natürlich überrascht, mich zu treffen. Hätte ich nicht zufällig ihre Stimme erkannt, säße ich ja jetzt auch schon wieder im Auto in Richtung Porta Westfalica.

Heli gelandet

Sie macht gerade eine Serie halbstündiger Rundflüge mit einer Gruppe von Freunden und Firmenkollegen. „Willst du auch mal ne Runde mitd drehen?“ fragt sie mich – na und ob!

Erinnerungsbild im Heli

Schnell noch ein kleines Erinnerungsbild für später…

Startbahn Bielefeld

…und dann geht’s ab in die Luft.

Abgehoben in Bielefeld

Die A 2 Dortmund-Hannover, Auffahrt Bielefeld-Sennestadt. Hier werde ich selber später nach links aus dem Bild verschwinden.

Der Teutoburger Wald

Ein Stück weiter nördlich führt die Autobahn über den Teutoburger Wald. Dieser Pass ist bei Piloten, die sich unter einer tiefhängenden Wolkendecke über den Bergrücken mogeln wollen, gefürchtet, weil die Straße ganz oben einen scharfen Knick macht. Schon mehrmals sind an dieser Stelle Maschinen zerschellt.

Blick nach unten

Seitlich an der Tür herunterfotografiert. Da man zu allen Seiten völlig freie Sicht hat, ist im Heli zu sitzen ein komplett anderes Gefühl als „Fläche“ zu fliegen.

Britischer Heliport

Auch ein Heliport – auf dem Gelände einer Britenkaserne in Stieghorst.

Bielefeld-Stieghorst

Und das ist Stieghorst, wo ich vier Jahre lang gewohnt habe.

Bielefeld, Detmolder Straße

Die Detmolder Straße, an der meine erste Bielefelder Wohnung steht.

Pilotenduo

Im Cockpit ist die Stimmung derweil glänzend.

Blick auf die ICE-Strecke

Einziger Wermutstropfen: Das Doppelsteuer ist nicht an Bord. Ich hätte ja soooo gerne nochmal „Hand aufgelegt“ und gespürt, wie sich Helifliegen anfühlt.

Brackwede

Der eingemeindete Stadtteil Brackwede südlich des „Teuto“…

Der Bielefelder Ikea-Markt

…wo auch der Bielefelder Ikea-Markt steht.

Helikopter im Endteil

Dann ist die erweiterte Platzrunde schon zu Ende, wir gehen ins Endteil.

Heli-Heck

Nach der Landung. Die nächsten Paxe warten bereits. Drehflügler sind schon ein extrem teures Hobby. 13 Minuten à 7 Euro – für das gleich Geld werde ich später am Tag mit dem Motorsegler nochmal von Porta bis Bielefeld und zurück fliegen. Allerdings mit weniger guter Sicht nach vorne.

Trotzdem: Sollte ich mal im Lotto gewinnen… ein PPL-H stünde auf der To-Do-Liste.

Die Entdeckung der Eifel

Sonntag ist der wärmste Tag des Jahres. Zeit, zum ersten Mal die legendäre Eifel zu erkunden.

8.30 Uhr. Treffen an der Shell-Tanke in Brand. Das verlangt einem bekennenden Langschläfer und Morgenmuffel ja schon mal arg was ab. Hoffentlich ist es das wert.

In der Gruppe geht’s dann gemütlich nach Morsbach (liegt hinter Simmerath), wo im Biker’s Inn ein Frühstück angesetzt ist. Die Szenekneipe wirbt mit dem Spruch „Ohne Zweifel, wir sind in der Eifel“ sowie der Nähe zur Burg Vogelsang, hat Opa da nicht im Krieg so eine Ausbildung gemacht, na, egal.

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Was für ein schöner Morgen. Zwar hat das Buffet mit genau 1 Käsesorte, einigen Scheiben Wurst in homöopathischer Dosis sowie Kakao auf ausdrücklichen Wunsch eher Jugendherbergsqualität, aber bei sieben Euro will man nicht kritisch sein. Die Stimmung ist gut und der Blick reicht weit ins Land hinein.

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Wenn er nicht schon vorher an den abgestellten Maschinen auf dem Biker’s Parkplatz hängenbleibt.

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Wie zum Beispiel an dieser Aprilia Tuono hier. Meine Güte. Trägt man das diese Saison so? Matte Karos? Blaue Felgen?

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Überhaupt: Motorradfahren, wie haste dir verändert. „Moppedfah’n is wie wennze fliechst“ hieß es mal. Was die Headsets in den Helmen angeht, kann ich das bestätigen. Helikopterpiloten tragen sowas auch.

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Der moderne Biker hat den Blick ohnehin fest aufs Navi gerichtet. Wurden vor fünf Jahren in der Pause noch Striche auf Karten gemalt, überträgt man heute GPS-Tracks per Bluetooth. Da setzt man mal zwei, drei Saisons aus und schon ist Spaß am Moppedfahren eine Frage der Dateikompatibilität.

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Auf der Hinfahrt habe ich übrigens bei einem Kurzstopp feststellen dürfen, dass noch weitere findige Gastronomen in der Eifel auf zweirädrige Kundschaft setzen – wie die der Biker Ranch in Simmerath-Strauch in der Nähe vom Rursee. Das ist sicher nicht dumm, aber was machen die Leute von Oktober bis März?

Jetzt aber auf in die Eifel. Die Landschaft wird zusehends hügeliger, die Straßen kurviger. Und ich merke, was zwei, drei ausgesetzte Saisons beim flotten Kurvenfahren bedeuten: Ich gehöre zu den langsamsten Fahrern der Gruppe. Und das liegt nicht daran, dass die beiden Freewinds im Feld mit ihren 48 PS auch leistungsmäßig die schwächsten Maschinen sein dürften. Der andere XF-Treiber ist nämlich deutlich flotter unterwegs als ich.

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Meistens jedenfalls.

Mit Fotografieren ist natürlich während der Fahrt nicht viel. Was sehr schade ist, denn die Landschaft ist wirklich traumhaft. Auch die Städtchen sind mit reichlich Fachwerk und altem Gemäuer den einen oder anderen Blick wert. Vor allem in Altenahr mit seiner Burgruine hätte ich gerne mal ein paar Bilder gemacht. Ich werde wohl noch ein zweites Mal in die Eifel müssen…

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Tankstopp in Ahrweiler, nach rund 200 Kilometern. Romantisch kauert sich das Kapellchen in den Hang über der Ahr. Die Freewind hat sechs Liter auf 100 Kilometer genommen. Was mindestens ein Liter zu viel ist, wie mir die Experten versichern. Woran kann’s liegen? Verstellte Ventile?

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Noch eine kleine Pause.

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Das eifrige Pumpen am Gasgriff hat immerhin dazu geführt, dass das nachgerüstete Ölthermometer endlich mal sowas wie Temperatur anzeigt.

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Die beiden Freewinds flankieren die V-Strom. Also, die könnte mir ja auch gefallen… kostet allerdings auch vier- bis fünfmal so viel wie mein kleines Eintöpfchen. Na, vielleicht in ein paar Jahren.

Während wir uns die Beine vertreten, fetzt ein Sportbiker mit funkensprühenden Kniepads an uns vorbei. Soll er. Ich mache lieber den Bremser, als mich zu überschätzen.

Man endet so schnell als Artikel in der Zeitung (durch Rollesbroich und das Kalltal sind wir übrigens auch gefahren). Und wenn man dann Pech hat, liegt man 20 Stunden an der Straße, ehe man gefunden wird.

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Mittagessen in der Eifelstube in Binzenbach. Mitleidige Blicke zu einigen Stützrad Quadfahrern.

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Diverse Serpentinen später gibt es noch einen kurzen Kaffeestopp im schönen Bad Münstereifel. Wirklich schade, dass man während der Fahrt nicht fotografieren kann. Ich muss mir da mal irgendwas ausdenken, Kamerahalter am Lenkrad oder dieses Ding auf dem Tankverschluss. Man könnte ja meinen, wir hätten nur pausiert…

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…denn auch dieses Bild ist bei einer Pause entstanden. Der letzten des Tages, wieder am Biker’s Inn in Morsbach, gegen 18 Uhr. Jungs, darf ich mal meinen Kaffee in einer von euren Mikrowellen heiß machen?

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Goldwing mit Goldbär. Nicht von Haribo.

Damit geht der Tag zu Ende. Gegen 19.30 Uhr bin ich wieder in Aachen. Nach irgendetwas zwischen 300 und 400 Kilometern.

Bleibt die Erkenntnis, dass die Freewind ein prima wendiges Maschinchen ist. Das allerdings ein neues Lenkkopflager braucht. Und sein Fahrer noch reichlich Übung.

Neues aus den Siebzigern

Jetzt muss ich aber mal unbedingt von der Siebziger-Jahre-Party neulich erzählen. Normalerweise bin ich auf solchen Festivitäten eher das Moos an der Mauer – mein Kleiderschrank verfügt weder über ausreichend Flowerpower, noch über so unentbehrliche Accessoires wie Zweithaarmähne oder Porno Pilotenbrille. Doch diesmal war alles anders – dank eines völlig zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Gegenstandes. Bühne frei für Detlev.

Wenige Stunden vor Partybeginn, als ich trotz des eigens erworbenen, schrill gestreiften C&A-Shirts noch so richtig unzufrieden war mit dem Stand der Kostümierung, fiel mir beim Durchwühlen sämtlicher Schubladen Detlev in die Hand.

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Detlev ist etwas, das gegen Ende des partymottostiftenden Jahrzehnts kurzzeitig in Mode kam. Als nämlich die Hosen so knalleng an den Mann schmolzen, dass Portemonnaies und Schlüsselbunde nicht mal mit Gewalt und guten Worten hineinzuquetschen waren. Eine Herrenhandtasche. Eine Echte – nicht der Sechserträger Bier, der heutzutage gerne unter dieser Bezeichung gehandelt wird.

Irgendein wohlmeinender Verwandter muss mir das Stück vor über 20 Jahren in höchstwahrscheinlich guter Absicht vermacht haben (ich habe auch einen Verdacht, aber man ist seinen Eltern gegenüber zu einer gewissen Diskretion verpflichtet). Dass das ledrige Behältnis hier unter seinem leicht despektierlichen Spitznamen beschrieben wird, dafür bitte ich die Detlevs dieser Welt ebenso um Verzeihung wie alle gleichgeschlechtlich orientierten Menschen mit Geschmack, die sich so ein Teil nie und nimmer ans Gelenk hängen würden.

Um wieder zur Party zu kommen: Was das Streifen-Shirt nicht vermochte, das unscheinbare Täschchen schaffte es. Ich war beliebt. Ach was: begehrt. Frauen wie Männer umschwärmten mich, wollten mal anfassen, mal aufmachen, mal reingucken. „Wo hast du DAS denn her? Darf ich auch mal?“

Und das Schönste: Je länger Deti und ich ein Paar waren, desto mehr gewöhnte ich mich an ihn. Sein reißverschlussbewehrtes Innenleben schluckt nämlich wunderbar sämtlichen Krimskrams wie Schlüsselbund, Sonnenbrille oder Kugelschreiber. Was Mann halt so braucht. Als Aufbewahrungsort für familienplanerische Gummiartikel oder verwandten Zwecken dienende Erzeugnisse der Pharmaindustrie wären Detlevs verschwiegene Seitenfächer ebenfalls erste Wahl. Wie unglaublich praktisch! Zum ersten Mal in meinem Leben begann zu ahnen, was Handtaschen für Frauen bedeuten. Eine völlig neue Welt erschloss sich.

Glücklich zurück in Aachen, begann das große Grübeln. Warum nur hat sich der handliche Helfer nie durchgesetzt? Außer an Horst Schlämmer, und ob damit das große Comeback eingeläutet ist, darf bezweifelt werden. Vergeblich versuchen Firmen wie die Cityagenten, moderne Versionen an den Mann – und seine Hand – zu bringen. Doch nicht einmal die martialische Pistolenholster-Optik zieht die urbanen Massen an die baumelnden Begleiter. Wo doch Metrosexualität so angesagt sein soll.

Also lässt sich nur darauf hoffen, dass kommende Generationen nicht nur Boney M und Prilblume wiederbeleben werden, sondern auch die restlichen kulturellen Errungenschaften der Siebziger. Bis dahin wartet Deti allerdings brav in seiner Schublade. Sein Herrchen gibt nämlich lieber das Moos an der Wand als den einsamen Trendscout. Für Partys gelten Sonderregelungen.

Neues vom Straßenrand (2)

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War da nicht noch was? Ach ja, das Begrüßungsschreiben für Neubürger von der Aachener Stadtverwaltung, auch „erstes Knöllchen in der neuen Heimat“ genannt. Am Samstag lag nun endlich die amtliche Bescheinigung über meine Einbürgerung im Briefkasten.

Zur Erinnerung: Vor drei Wochen wurde der Verfasser dieser Zeilen durch eine Verkettung widriger Umstände – schuld war nur ein brennener Zwiebellaster auf der A 4 – man muss geradezu sagen: genötigt, sein Kraftfahrzeug ausnahmsweise ein einziges Mal anders abzustellen, als er es sonst als gesetzestreuer Bürger grundsätzlich immer, außerdem nur für ganz, ganz wenige Minuten, und überhaupt.

Überwachungskraft Nummer Dreihundertsoundso des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung war allerdings trotz später Stunde nicht nur auf Zack, sondern leider auch vor Ort. Ein drohend gelber Zettel unterm Wischerblatt löste Schweißausbrüche aus: Welch drakonische Strafe mögen die Stadtväter in ihrem gerechten Zorn für den frevelhaften Gesetzesbruch verhängen?

Nun die Gewissheit in der Post. Zittrige Finger rissen hektisch den Umschlag auf. Oh Gott, vom Oberbürgermeister höchstpersönlich! Unter dem amtlichem Dekret prangte das Urteil:

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Hu. Man war gnädig mit dem Neuankömmling. Ich werde den Wagen doch nicht verkaufen müssen.

Damit endet die Geschichte meines ersten Öcher Knöllchens. Einbürgerung abgeschlossen, Patient lebt noch. Hoffentlich kauft sich Überwachungskraft Dreihundertsoundso was Hübsches von dem Geld.

Neues vom Straßenrand

Eigentlich habe ich doch überhaupt nichts gemacht. Wenn, dann nur ganz kurz. Keine fünf Minuten, ach was sag ich, keine Viertelstunde! Auf jeden Fall nicht länger als eine Halbe. Und jetzt das.

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Ich meine, was hätte ich denn tun sollen? Die ganze Innenstadt war voller Autos gestern Abend. Das Aachener Kreuz war dicht, wegen des brennenden Zwiebellasters auf der A4. Weit und breit war keine Parklücke mehr frei und wegen des Dauerstaus konnte ich auch nicht einfach wenden und wieder zurück. Ich musste ja nur kurz in die Wohnung, schnell eine Stulle einwerfen, und gleich wieder weiter. Leerer Bauch sucht nicht gern, logisch, oder?

Verdammt, dabei bin ich noch gewarnt worden. Die Öcher Politessen sind auf Zack, hieß es, sie sind gnadenlos und überall. Und immer – sogar noch um 19.30 Uhr.

Das ist so ungerecht. Da stehen ständig Autos an derselben Stelle, ich kann mich jeden Tag drüber aufregen. Die schreibt auch keiner auf. Und erst der Bürgersteig! Alles voller Hundehaufen. Ein Minenfeld. Man müsste sich wirklich mal beschweren. Für alles haben sie Geld.

A propos Geld. Was kommt da eigentlich auf mich zu? Fragen wir das allwissende Internet. Mein Gott, das versteht ja keiner. 35 Euro, kann das sein? Für die paar Minuten? In der Wikipedia steht, dass „bei Vorliegen besonderer Umstände wie dem Notstand“ doch gehalten werden darf. Könnte man da nicht…? Nein?

Na schön. Was soll’s. Immerhin nicht abgeschleppt, ha! Sei’s drum. Ein richtiger Mann sieht seinen Fehler ein und zahlt seine Buße, ohne die Ruhe zu verlieren. Rumjammern ist was für Weicheier. Wie bitte? Das war kein Jammern, das war ein… geistiges Auseinandersetzen mit einem Sachverhalt. Wird ja wohl erlaubt sein.

Verbuchen wir’s unter Neubürgerbegrüßung. Man ist erst wirklich zu Hause in einer Stadt, wenn man sein erstes Knöllchen unterm Scheibenwischer hatte. Also: Moin Oche!

Techno Classica

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Uff, was für ein anstrengender Tag: Standdienst für den VDH auf der Techno Classica in Essen.

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Unser Stand: Heckflossenfreunde in Aktion. Acht Stunden lang palavere ich hier mit Spaniern auf Italienisch, Schotten auf Englisch und Holländern auf Deutsch über die Vorteile einer Mitgliedschaft im schönsten aller Mercedesclubs.

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Das ist übrigens der Schotte.

Sporran

Man beachte den Sporran: McBenz of Edinburgh, hunting. (Nein, das ist kein Dudelsack.)

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Ich bin also Mitglied einer T-Shirt-tragenden kameradschaftlichen Verbindung geworden. Mal abgesehen vom humorigen Inhalt der Wandbedruckung (Schwankungen von rund 800 bei der Mitgliederzahl, 1988 – 2008 = 19 Jahre usw.): Ich finde den Aufwand, mit dem Mercedes Daimler-Benz seine Fanclubs mit in eine Messepräsentation einbezieht, bemerkenswert. Das nächste Mal ziehe ich mir auch ein Hemd an, versprochen. Vielleicht auch einen Kilt.

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Die Krönung der VDH-Devotionalien auf unserem Tresen sind nicht die schon etwas angeschmuddelten Seifenblasendöschen oder die zerkratzten Jojos, sondern dieser coole Schlüsselanhänger. Was die aufgedruckte Behauptung „Verkehrsunfälle bauen wir nicht“ betrifft: Das Haltbarkeitsdatum des inliegenden Gummiartikels ist 1999 abgelaufen.

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Weitaus stilsicherer präsentiert sich dagegen der Mutterkonzern Mercedes Daimler-Benz, etwa bei der Wahl dieser verchromten Nummernschildhalter an einem 300 SL. Bei Ebay sind die manchmal fast acht Euro teuer.

Siebenerschild

Lästerte ich über Mercedes Daimler-Benz-Nummernschildhalter? Bei BMW geht es noch schöner: Glitter ohne Glamour an diesem Siebener.

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Die Bandbreite der ausgestellten Fahrzeuge reicht von ganz unten bis ganz oben. Fangen wir mal unten an: Das kleine Schwarze rechts hinten in diesem Motorraum ist, äh, der Motor. Ein 16V im 190er. (Ist dem die rechte Motoraufhängung weggebrochen oder muss das so schief?).

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Das große Silberne mitten in diesem Motorraum wiederum ist ein richtiger Motor. In einem richtigen Auto, einem 111er-Cabrio. In der Tat, richtiger geht’s kaum.

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Wo wir gerade bei Repräsentationsmobilen der Sechziger Jahre sind: Da der hubraumschwache 6,3-Liter im W109 seinerzeit keine wirklich adäquate Fortbewegung zu bieten vermochte, sprang der Tuner AMG hilfreich ein und bohrte den müden V8 noch einmal um 70 PS auf. Als Kehrseite musste der Fahrer fortan auf diese Hudsen Luftschlitze blicken.

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Women to the Wheel! Merc Der Mutterkonzern war so fein, sich an die erste Fernfahrt eines Autos zu erinnern: 1886 von Bertha Benz getan. Gleich drei ausgestellte Motordroschken mitsamt liebevoll ausstaffierter Darstellerinnen erinnerten an dieses Ereignis. Allerdings: Welches Wheel?

Rolls-Innen

Genug des teutonischen Blechs? Auch Briten bauten einst betörende Autos. Wie diesen Rolls. Bitte Platz zu nehmen, Eure Exzellenz…

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Mit so herzerwärmenden Details wie dieser Wischbürste am Scheinwerfer. In diesem Zusammenhang weise ich auf das erste Foto ganz oben in diesem Beitrag hin. Es zeigt nicht nur, dass auch Bentleys Kühlerfiguren haben, sondern auch, dass sich Luxusautos und Humor nicht völlig ausschließen. „The Other Club“ ist als Name für einen Rolls- und Bentley-Verein einfach herrliches Understatement.

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Ein viel seltenerer Gast von der Insel ist dieser Allard. Der offenrippige Kühlergrill erlaubt tiefe Einblicke in sein Innenleben (erwähnte ich schon, dass die Fotos anklickbar sind?).

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Nicht ganz so exklusiv, dafür mindestens genauso exotisch sind die Ausstellungsstücke des „Rollenden Einradanhänger-Museums“. In den Fünfziger Jahren waren diese winzigen Kofferraumverlängerungen beliebte Zutat bei Fernreisen mit Klein-Autos wie Fiat 600, Lloyd oder Käfer.

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Die schwimmende Variante: Das Volksboot. Das zusammenklappbare Wasserfahrzeug schaffte es mangels finanzieller Unterstützung leider nicht in die Großserie. Die Idee ist genial.

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Hätte dieser Wagen einen Spitznamen, er wäre „The Brick“. Es ist der bekannte VW T3, den die Entwicklungsabteilung von Porsche als Begleitfahrzeug bei Messfahrten benutzte. Irgendwann war es den Zuffenhausenern zu dumm, in ihren 911ern und 928ern ewig zu warten, bis ihr Bus hinterhergehechelt kam. 231 PS und ein Sportfahrwerk verwandelten den Klotz in eine Kanone.

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Von hier aus wird er pilotiert.

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Ein etwas anderes Lebensgefühl herrscht hier. Man beachte den Schlüsselanhänger auf dem Armaturenbrett.

Caddy

Großer Motor, großer Gleiter: Für Raserei ist der Cadillac weniger geeignet. Zum Cruisen auf dem Sunset Boulevard dürfte es aber kaum etwas Geeigneteres geben.

Edselfront

Wir bleiben in den USA, aber mit diesem traurigen Kreuzer möchten wir nicht so gerne gesehen werden: das berühmte Toilettengesicht des Edsel.

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Sensationell ist dieses satellitenartige Gebilde auf dem Kotflügel. Damit konnte der Fahrer bei günstigen Bedingungen nach hinten sehen…

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…und auf dem Achterdeck konnten derweil zwei Matrosen stehen. Was ist nur aus dem guten alten „Schwiegermuttersitz“ geworden?

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Ein Rambolambo.

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Natürlich gab’s viele hübsche Dinge rund um’s Blech zu bewundern. Träume in 1:87…

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…und Reisezubehör aus vergangenen Epochen. Dieser Messestand hat mich besonders fasziniert. Die Überseekoffer und Reisetaschen sind teils neu auf „historisch“ gemacht, teils wirklich uralt.

Koffer

Dieses besonders weit gereiste Exemplar war bis 1935 unterwegs, was sein Besitzer handschriftlich im Innenfutter vermerkte („S.S. Stuttgart – Hamburg- New York“)

Senior

Hübscher Hut, der Herr.

Insgesamt bin ich von meinen Fotos eher enttäuscht. Für die Motivwahl kann die Kamera natürlich nichts, aber die hohe Zahl der Bilder, die ich wegen Unschärfe aussortieren musste, hat mich überrascht. Muss am Schummerlicht in den Hallen gelegen haben. Das sah man leider auf dem kleinen Display nicht.

Die Entfernungen, die man zu Fuß auf einer Messe zurücklegt, sind ja eigentlich nicht allzu groß. Geschlaucht ist man trotzdem, wenn man wieder nach Hause kommt. Erfreut ist man allerdings, wenn dort Post aus Ornbau im Briefkasten liegt: die Bestätigung, dass man mit der Startnummer 348 beim Pfingsttreffen dabei sein darf.

[Update am 28. März: 9 Fotos und etwas Text ergänzt]

Neues vom Markt (3)

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Wunder unserer Welt, Teil 616: die Kumquat. Sich als jemand zu outen, der eine Sache zum ersten Mal erlebt, ist immer riskant. Schnell steht man da als ungebildet, als Landei, als tumber Tor: „Aber elektrisches Licht gibt’s bei euch schon, oder?“

Ich weiß noch, wie peinlich berührt ich als Kind immer war, wenn in der Schule ein Videofilm gezeigt wurde, der Lehrmensch dabei die Taste „Schnellvorlauf“ drückte und die im Zeitraffer dahinflitzenden Darsteller die halbe Klasse zum Gackern brachten. Hatten die denn alle keinen Videorekorder zu Hause? Dank des Grundig-Geräts im heimischen Wohnzimmer – natürlich im guten Video-2000-System – war klein Marc der Effekt schon längst vertraut.

Doch Bloggen heißt ja bekanntlich, Privates öffentlich machen, sich zu Schwächen bekennen und gelebte Gefühle zu teilen. Darum bekenne ich, dass ich heute ein neues Geschmackserlebnis hatte. Anders als in der Affäre „norwegischer Karamelkäse“ war es war es sogar recht angenehm (Anmerkung: Es gibt weder eine einleuchtende Erklärung dafür, dass der braune Block inzwischen verschwunden, noch dafür, dass Nachschub unterwegs ist).

Diesmal geht es um Kumquats. Erläuterung für diejenigen Leser, die auf einem ähnlich niedrigen kulinarischen Bildungsniveau vegetieren wie der Schreiber dieser Zeilen: Das ist so eine Art längliche Mini-Mandarine in der Größe einer Kirschtomate oder, passend zur Jahreszeit, eines kleinen Schoko-Ostereis. Das Wort Kumquat kannte ich zwar schon aus diversen Büchern, allerdings habe ich mir immer eine Mischung aus Kartoffel und Zucchini darunter vorgestellt.

Doch es sind Zitrusfrüchte, oder etwas ähnliches. Entdeckt habe ich sie vorhin in der Lebensmittelabteilung des Hirsch-Centers. Das ist das neue Einkaufszentrum auf dem ehemaligen WalMart-Gelände gegenüber vom Verlag an der Dresdener Straße. Osterurlaubsbedingt war ich heute in der Mittagspause zum ersten Mal da (ist alles übrigens sehr hübsch geworden). „Doch, die werden wirklich mit Schale gegessen“, beteuerte die freundliche Fruchtverkaufsfachkraft. Mutig ließ ich sie fünf der orangefarbenen Kugeln eintüten.

Schmecken tun sie – tja, ähnlich wie längliche Mini-Mandarinen samt Schale eben schmecken würden. Süßlich-herb und leicht bitter. Die allwissende Wikipedia hat den Tipp parat, sie vor dem Essen zwischen den Fingern hin- und herzurollen. Die Schale wird dann weich, der Duft entfaltet sich und die Frucht wird milder und süßer. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine Kumquat erwerben und verzehren werde.

Soviel, liebe Leser, zum Thema exotische Lebensmittel. Morgen kommen wir dann zu einem weiteren Wunder: elektrischem Licht.

Mangelhaft

Jetzt habe ich es doch getan. Und das, obwohl ich diesen unsäglichen Quatsch so lange boykottieren wollte wie möglich. Seit heute Morgen zieren zwei neue Plaketten den alten Golf. Eine gute und eine schlechte.

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Das ist die gute Plakette: „Fälligkeit nächster HU – Monat 01 – Jahr 10“ hat der nette Mitarbeiter vom TÜV Rheinland in den Kfz-Schein gestempelt. Ich mag es, wenn der Tag mit „geringen Mängeln“ anfängt (Bremsschlauch vorne links, Fangband der Fahrertür, Rost am Schwellerkopf Beifahrerseite). Ich weiß gar nicht mehr, wann zum letzten Mal eins meiner Autos ohne Wiedervorführung und größere Reparaturen durchgekommen ist. Und diesen Wagen wollte keiner mehr haben, damals.

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Das hier ist die böse Plakette. Feinstaub. Stufe 4 – grün – ist natürlich an sich gut, denn damit darf ich jetzt sogar wieder nach Köln, in eine von Deutschlands zwei ersten Feinstaub Umweltzonen. Genau, in die heilige Innenstadt linksrheinisch sowie nach Deutz und Mühlheim, wo man seit dem 1. Januar ohne Plakette nicht mehr reinkommt.

Und deren Bewohner, sofern sie einen Benziner mit U-Kat oder einen älteren Diesel fahren, für den es keinen Partikelfilter zum Nachrüsten mehr gibt, über Nacht schlichtweg enteignet wurden. Ja, Omi, du musst dir jetzt ein neues Auto kaufen, auch wenn du nur noch zweimal im Monat zum Grab deines Mannes fährst. Nein, Omi, es spielt keine Rolle, dass du vor ein paar Jahren noch für teuer Geld einen Oxi-Katalysator hast einbauen lassen.

Saubere Luft ist eine wunderschöne Sache, und ich bin absolut für eine Förderung von Abgasreinigung. Macht Partikelfilter zur Pflicht bei Neuwagen, gebt einen Steuerbonus für die Nachrüstung, soweit sie denn industrieseitig möglich ist. Da Neu- und Geschäftsfahrzeuge ohnehin den Löwenanteil des Verkehrs auf deutschen Straßen ausmachen, hättet Ihr so in kürzester Zeit den gewünschten Effekt. Wobei wir allerdings ausblenden sollten, dass der ganze Umweltzonenkäse die Feinstaubbelastung in Städten nur um stolze 2-3 Prozent senken dürfte. Und dass man mit der geschätzten Milliarde Euros, die der Mist an Verwaltung, Schildern, Umrüstung und Neuanschaffung von Autos und sonstigen Ausgaben kosten wird, auch viele andere schöne Sachen machen könnte. Abgesehen davon, dass Omi dann noch zum Friedhof fahren könnte.

Aber nein, es muss ja die ganz, ganz große Lösung sein. Die vollen 100 Prozent. Da kann man auf Großmütter keine Rücksicht nehmen, das müssen Sie verstehen, gute Frau.

Manchmal möchte man an diesem Land verzweifeln. Dieses völlig fehlende Gefühl für Verhältnismäßigkeit. Dieses Koste-es-was-es-wolle. Dieses totale Ignoranz der Bürokraten gegenüber dem Bürger. Dieser Unwille, nach Lösungen zu suchen, die ebenso zum Ziel führen, aber den Menschen etwas mehr entgegenkommen.

Da tröstet es denn auch nicht, dass das blöde Bapperl nur 5,50 Euro gekostet hat. Manche Plaketten haben ihre Mängel woanders.