Mangelhaft

Jetzt habe ich es doch getan. Und das, obwohl ich diesen unsäglichen Quatsch so lange boykottieren wollte wie möglich. Seit heute Morgen zieren zwei neue Plaketten den alten Golf. Eine gute und eine schlechte.

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Das ist die gute Plakette: „Fälligkeit nächster HU – Monat 01 – Jahr 10“ hat der nette Mitarbeiter vom TÜV Rheinland in den Kfz-Schein gestempelt. Ich mag es, wenn der Tag mit „geringen Mängeln“ anfängt (Bremsschlauch vorne links, Fangband der Fahrertür, Rost am Schwellerkopf Beifahrerseite). Ich weiß gar nicht mehr, wann zum letzten Mal eins meiner Autos ohne Wiedervorführung und größere Reparaturen durchgekommen ist. Und diesen Wagen wollte keiner mehr haben, damals.

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Das hier ist die böse Plakette. Feinstaub. Stufe 4 – grün – ist natürlich an sich gut, denn damit darf ich jetzt sogar wieder nach Köln, in eine von Deutschlands zwei ersten Feinstaub Umweltzonen. Genau, in die heilige Innenstadt linksrheinisch sowie nach Deutz und Mühlheim, wo man seit dem 1. Januar ohne Plakette nicht mehr reinkommt.

Und deren Bewohner, sofern sie einen Benziner mit U-Kat oder einen älteren Diesel fahren, für den es keinen Partikelfilter zum Nachrüsten mehr gibt, über Nacht schlichtweg enteignet wurden. Ja, Omi, du musst dir jetzt ein neues Auto kaufen, auch wenn du nur noch zweimal im Monat zum Grab deines Mannes fährst. Nein, Omi, es spielt keine Rolle, dass du vor ein paar Jahren noch für teuer Geld einen Oxi-Katalysator hast einbauen lassen.

Saubere Luft ist eine wunderschöne Sache, und ich bin absolut für eine Förderung von Abgasreinigung. Macht Partikelfilter zur Pflicht bei Neuwagen, gebt einen Steuerbonus für die Nachrüstung, soweit sie denn industrieseitig möglich ist. Da Neu- und Geschäftsfahrzeuge ohnehin den Löwenanteil des Verkehrs auf deutschen Straßen ausmachen, hättet Ihr so in kürzester Zeit den gewünschten Effekt. Wobei wir allerdings ausblenden sollten, dass der ganze Umweltzonenkäse die Feinstaubbelastung in Städten nur um stolze 2-3 Prozent senken dürfte. Und dass man mit der geschätzten Milliarde Euros, die der Mist an Verwaltung, Schildern, Umrüstung und Neuanschaffung von Autos und sonstigen Ausgaben kosten wird, auch viele andere schöne Sachen machen könnte. Abgesehen davon, dass Omi dann noch zum Friedhof fahren könnte.

Aber nein, es muss ja die ganz, ganz große Lösung sein. Die vollen 100 Prozent. Da kann man auf Großmütter keine Rücksicht nehmen, das müssen Sie verstehen, gute Frau.

Manchmal möchte man an diesem Land verzweifeln. Dieses völlig fehlende Gefühl für Verhältnismäßigkeit. Dieses Koste-es-was-es-wolle. Dieses totale Ignoranz der Bürokraten gegenüber dem Bürger. Dieser Unwille, nach Lösungen zu suchen, die ebenso zum Ziel führen, aber den Menschen etwas mehr entgegenkommen.

Da tröstet es denn auch nicht, dass das blöde Bapperl nur 5,50 Euro gekostet hat. Manche Plaketten haben ihre Mängel woanders.

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