Da sind wir wieder. Die Dritte

Kraftfahrzeuge umzumelden, ist nichts, was einem der Arzt zur Stimmungsaufhellung verschreibt. Dreimal hatte ich das Vergnügen in den vergangenen Wochen. Erst für den Weißen, dann Marit, zuletzt den Moorbraunen. Dreimal dasselbe muntere Spielchen: An einem freien Vormittag die Fahrzeugpapiere zusammensammeln, Bargeld mitnehmen, von der Autoversicherung telefonisch einen EVB-Code einholen, zur Kfz-Zulassungsstelle nach Würselen fahren, Wartemarke ziehen, bis zu zwei Stunden lang auf dem Smartphone herumdaddeln (bis der Akku alle ist und man an die SMS mit dem EVB-Code nicht mehr rankommt, aber das ist eine andere Geschichte) – und irgendwann schließlich die Anmelde- und Bezahlprozedur für das jeweilige das Gefährt inklusive Fußmarsch übers Gelände zum nächstbilligen Schildermacher. Ich liebe es. Nicht.

Beim letzten Umzug nach Köln kostete der Spaß für sämtliches Geräder irgendwas um die 150 Euro, inklusive der neuen Nummernschilder. (Weshalb nun nach dem Rück-Zug nach Aachen Marit, die Freewind, bis auf weiteres mit dem Kölner Kennzeichen durch die Lande öttelt. Mittlerweile darf man nach einem Ortswechsel die Schilder ja behalten.)

Heute hat der Schokoladenfarbene den Heimzug der Flotte komplettiert. Und was soll ich sagen, es war diesmal etwas billiger:

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Gut, dass ich die alten Schilder noch im Keller liegen hatte.

(Für alle, die deren Sinn nicht verstehen: OM 616, das ist der Mercedes-Werkscode für den OelMotor 616, jenen ursoliden 2,4-Liter-Vierzylinder mit 72 PS, den ich dem Coupé im Mai 1995 einbauen ließ.)

Wie viele Autos es wohl gibt, die dasselbe Kennzeichen im Abstand von einigen Jahren zweimal tragen dürfen?

Einmal runderneuern, bitte

„Ja, lohnt das denn überhaupt noch?“, wird so mancher fragen. Mehr als 1000 Euro in ein Auto zu stecken, dessen Auslieferungstag sich gerade zum 20. Mal jährt – und das in diesem Zustand schon für irgendwas um die 2000 Euro auf dem Markt zu haben ist. Ein Auto ohne Beifahrerairbag, ohne Kopfstützen hinten, ohne elektrische Fensterheber, ohne Klimaanlage, Tempomat und selbstverständlich ohne Ledersitze, Edelholzarmaturenbrett, Chrom in den Stoßleisten, fünften und sechsten Zylinder und was die Aufpreisliste damals sonst noch hergab. Und das auch noch schon fast 300.000 Kilometerchen auf der Uhr hat.

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Man kann natürlich sagen: Das Geld hättest du mal lieber auf Seite gelegt und demnächst einen halben Neuen damit bezahlt. Was einerseits wahr ist. Aber andererseits negiert, dass dieser unscheinbare classicweiße Geselle in seiner Basismotorisierung und (Fast-)Buchhalterausstattung eine Gasanlage in sich trägt, für deren Einbau 2500 Euro auf den Werkstatttisch zu blättern sind. Und man sich ein Auto, das pro 100 Kilometer gerade mal läppische 4,50 Euro wegnuckelt, auch erstmal basteln muss.

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Und: Dass ich ihn inzwischen mag. Sehr sogar. Seit er mir im Juni 2011 zugelaufen – und dem Verschrotter gerade noch von der Presse gesprungen – ist, hat er mich in einer so unaufgeregten Weise durch die Welt gefahren, wie man sie sich von einem professionellen Butler nicht schöner wünschen könnte. Stolze 120.000 Kilometer ist das jetzt her – dreimal um die Erde. Klar, der Butler ist längst im gesegneten Rentenalter, hier und da hat es auch schon mal etwas geknirscht. Da war das heulende Radlager letztes Jahr auf dem Weg nach Feurs (aber wessen Kniescheibe knackt nicht gelegentlich?), da war das neue Getriebe im Herbst (aber setzt man einen Hausdiener vor die Tür, weil er einen Herzschrittmacher braucht?). Stehengeblieben ist er nie, wenn man die gestorbene Batterie auf dem Campingplatz in Frankreich bei der Portugalreise 2011 mal wegdenkt (und wer hat morgens nicht schon mal verschlafen?). Nicht ein einziges Mal habe ich ihn verflucht, weil er musste und nicht mehr wollte. Was ihn positiv von einigen anderen Autos unterscheidet, die zu fahren ich das manchmal zweifelhafte Vergnügen hatte. Und 120.000 Kilometer, das ist schon ein komplettes Autoleben, verbracht größtenteils auf der A4 zwischen Köln-Eifeltor und Aachen-Rothe Erde. Es waren 120.000 entspannte und angenehme Kilometer.

Ich mag sogar sein Äußeres, das die Unaufgeregtheit seines Charakters so stimmig widerspiegelt. Diese klaren Linien ohne wirr hineingebügelte Kanten oder wild gefletschte Lufteinlässe, dieses abgrundtief nüchterne und dabei so grundsolide Innere ohne jedes verchromte Bling-Bling (den Ausruf „boah, was für ein cooles Retro-Auto!“ einer Mitfahrererin werde ich nie vergessen). Als dieses Design entwickelt wurde, war gerade die Mauer gefallen, und trotzdem wirken die im automobilen Alltag immer noch allgegenwärtigen W202 so vertraut wie zeitlos. Und die Käseecken-Rücklichter, Anfang der Neunziger das Höchstdenkbare an Stuttgarter Schrillheit, fallen heute ungefähr so auf wie gefärbte Männerhaare in einer Fußgängerzone. Nämlich gar nicht.

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Also hat er sie bekommen, die nochmal ganz große Rundumrenovierung. Zwei neue gebrauchte Kotflügel vorne, einer frisch lackiert. Den Rempelschaden im Stoßfänger vorne rechts gespachtelt und gelackt. Die Rostansätze aus den hinteren Radläufen getilgt. Kantenschäden an der Fahrertür beseitigt und übertüncht. Ein neuer Antennenstab. Neue Stabilisatorgummis. Eine neue Wasserpumpe. Und, nur fürs Auge, aber dafür um so schöner: Endlich verstärkte hintere Federn, weil unserem treuen Diener dank LPG-Tank und Anhängerkupplung der Hintern doch immer etwas tief hing. Jetzt sieht es aus, als ob das Mini-Muscle-Car vor lauter Drehmoment kaum die Räder auf die Straße bekommt.

Und das Beste: Alles ist noch vor Feurs 2014 fertiggeworden. Wie ein Brett liegt der Wagen wieder auf der Straße, die frische Optik scheint sogar auf die Motorleistung heilende Auswirkungen gehabt zu haben. Der Butler strahlt. Eine neue Lackschicht ist wie ein neues Leben.

Tankentreffen

Und als ich am Abend nach dieser ganz persönlichen Geburtstagsüberraschung mal wieder an meiner Stammtanke in Eynatten für 48 Cent pro Liter den Gastank vollmache, da tut mir der ebenfalls bestens gepflegte C200 an der Zapfsäule rechts neben mir, trotz seiner 14 Mehr-PS, sogar etwas leid. Hängt ja doch etwas tief, der Hintern.

Festgestelltes

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Zum Wochenausklang die gute Nachricht von der GTÜ: Voraussichtlich bis Juli 2015 wird es im Raum Köln-Aachen weiterhin gelegentlich nach angebranntem Frittenfett duften.

Altblech im Funkloch

Seit dem heutigen Montagmittag, 12 Uhr, habe ich für sieben Tage die Ehre und das Vergnügen, den Twitteraccount des Projekts @wirlebenAC als sogenannter Curator betreuen zu dürfen. Das heißt, ich darf eine Woche lang auf deren Seite twittern, was mir zum Thema Aachen durchs Hirn fliegt. Was zwar mit dem Geburtsort Oldenburg und dem derzeitigen Wohnsitz Köln nicht ganz auf der Hand liegt, aber im Herzen trage ich die Kaiserstadt ja noch immer mit mir herum. Und lasse mich wiederum selbst täglich in dieselbe tragen, der Arbeit wegen.

Damit man nun als Zugereister (2007) und Wiederweggezogener (2012) dem contenthungrigen und von den 15 Vor-Curatoren arg verwöhnten Öcher Publikum ein bisschen was bieten kann, habe ich die Jungs vom monatlichen Oldtimerstammtisch des Vereins der Heckflossenfreunde gebeten, doch mal mit dem schönsten und blankgewienertsten Blech in der Garage zum Montagstreffen im Teuterhof Würselen aufzukreuzen. Eine nette Gelegenheit übrigens, mal die neue Sony NEX-6 einem ersten Test zu unterziehen, die am Freitagabend rechtzeitig vom Hermes-Boten gebracht beim Nachbarn abgegeben wurde.

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Und da man selbst nicht als einziger mit ungewaschenem Diesel erscheinen sollte, wird mit selbigem nach Feierabend noch schnell durch die Waschanlage der Jet-Tanke an der Jülicher Straße gehuscht.

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Bei der Ankunft in Würselen dann ein langes Gesicht: Der Laden ist so gerammelt voll, dass die Auto die halbe Straße hoch parken. Das Altblech ist in alle Winde zerstreut, keine Chance für eine fotogene Gruppenaufstellung. Thomas‘ W140, einer der letzten echten Saurier, grüßt schon von fern vom Straßenrand.

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Immerhin: Es ist nicht nur die Youngtimerfraktion mit ihren gerade mal drei Jahrzehnte alten Brot- und Butter-Autos angereist. Sondern auch zum Beispiel dieses herrliche Flossenschiff. Es ist allerdings etwas schwierig zu fotografieren, wird man doch die ganze Zeit für den Halter gehalten – bis man ob der ständigen „ist das Ihrer?“ und „wie alt ist der?“ etwas ungehalten wird.

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Nicht minder imposant: dieser prachtvoll restaurierte Pagoden-SL, pilotiert von Dirk.

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Ganz zu schweigen von diesem Fremdfabrikat, das in seiner rustikalen Hochbeinigkeit für glänzende Augen sorgt. Jedenfalls bei Männern. Ein Fahrzeug, das die ringsum stehenden Tuningprodukte diverser Kleinwagenhersteller mit Bi-Xenon-Scheinwerfern, Ghettofelgen und – ja, tatsächlich, die Siebziger sind zurück – Rallyestreifen auf dem Metallic-Buntlack auf einen Schlag wie pubertäres Gelump aussehen lässt.

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So muss eine Kühlerplakette aussehen. Da weiß man, was man hat. Und sogar noch, woher es kommt.

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Dann kommt leider anderes, von woanders her: reichlich Niederschlag aus dem trüben Gebräu am Öcher Himmel. Die Sternengucker bringen ihre Weizenbiere ins Trockene – verwässert wäre das nicht minder trübe Gebräu im Hochglas vollends nicht zu ertragen. Und der Schreiber dieser Zeilen versucht angestrengt, trotz Talkessellage eine Verbindung zu Twitter herzustellen, um wenigstens ein einziges Lebenszeichenfoto – und sei’s mit dem iFon zusammengepixelt – an die Außenwelt weiterzugeben, ehe diese einen Lawinenbernhardiner mit mobilem Hotspot im Maul in Marsch setzt. Vergebens.

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Doch als die Wolken sich verzogen haben und die Dunkelheit angebrochen ist, leert sich der Parkplatz in kürzester Zeit – und die durchschnittliche Hubraumgröße verdoppelt sich binnen einer halben Stunde. Die Parkraumkarten werden neu gemischt, und schon bietet sich Gelegenheit, den polierten Lack für ein paar hübsche Nachtaufnahmen ins rechte Abendlicht zu setzen…

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…zu dem auch die beiden fröhlichen Funzeln von der Insel einen Hauch Rot hinzufügen. Nebenbei: Sebastians kleines Gorillapod-Ministativ hat mich so überzeugt, dass ich meins von jetzt an auch immer dabei haben möchte. Gerade für Langzeitbelichtungen mit Selbstauslöser eine tolle Sache.

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Eine gute Stunde später, zurück am heimischen PC, herrscht Erleichterung beim Sichten der Bilder. Grad nochmal gut gegangen. Und so geht der erste Twittertag vorbei. Gute Nacht, Ihr da draußen.

Mitfahrgelegenheit IV: Gutes Karma to go

Kennt Ihr die Aura von natürlicher Autorität, die ein echter Kapitän verströmt? Diese unerschütterliche, fels-in-der-brandungshafte Selbstsicherheit, der man als Passagier ohne zu Zögern sein Leben anvertrauen würde?

Als ich vorgestern meine beiden Mitfahrer – eine afrikanischstämmige Dame und einen Herrn aus irgendeinem Mittelmeeranrainerstaat – wie üblich an der Kreuzung Sülzgürtel/Luxemburger Straße aussetzte, stand plötzlich ein alter Mann neben dem Wagen. Auch er vermutlich irgendwo am Mittelmeer geboren, mit in Ehren ergrauter, etwas zauseliger Bart- und Haarpracht. Was er nuschelte, verstand ich erst beim zweiten Mal: Ob ich ihn nicht ein paar Meter mitnehmen könne, seine Knie täten so weh.

Für einen Straßenräuber war er zu gebrechlich, also machte ich nach einer Sekunde des Zögerns eine einladende Bewegung in Richtung Beifahrertür. Gutes Karma kann man schließlich immer brauchen. Und heißt es nicht schon im Alten Testament: „Vergesst nicht, Gastfreundschaft zu üben! Denn ohne es zu wissen, haben manche auf diese Weise Engel bei sich aufgenommen.“ Großväterchen nahm Platz, und schon bogen wir auf den Klettenbergürtel ein. Nach ein paar Metern ging’s bereits rechts ab in eine Wohnstraße – noch einmal links, einmal rechts, dann waren wir am Ziel. Mein Überraschungsgast murmelte noch etwas von „Meniskus“ und „Operation“, schwang sich mühsam aus dem Wagen und humpelte seiner Wege.

Ich kann mir sein kurzentschlossenes Einsteigen zu einem fremden Mann ins Auto nur so erklären, dass der Gute aus der Situation „Fahrgäste steigen aus heller Mercedes-Limousine“ und meinem Erscheinungsbild geschlossen hat, hier einen durch und durch vertrauenswürdigen Kapitän der Individualpersonenbeförderung vor sich zu haben. Offenbar haben die rund neun Monate, die ich jetzt schon Mitfahrer aus aller Welt durch die Lande kutschiere, Spuren hinterlassen. Vielleicht liegt’s natürlich auch nur an meinem Bart.

So professionell, dass er mir Taxigeld angeboten hätte, wirkte ich denn aber leider doch noch nicht.

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Zugegeben, es ist nicht wirklich ein Grund zur Freude, wenn der nette GTÜ-Prüfer einen Satz beendet mit: „…was denn auch dazu führt, dass man die Plakette nicht bekommt“. Weil das bedeutet: Zurück auf Start. Zurück in die Werkstatt. Wiedervorführung. Haben Sie noch einen schönen Tag.

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Andererseits muss man zugeben, dass die oberen Querlenkergummis am Moorbraunen wirklich eine gewisse Patina aufwiesen. Die sie beim Anfassen auch an den Fingern hinterließen.

Die Neuteile kosteten bei Händler mit rund 30 Euro pro Stück (zwei pro Fahrzeugseite, macht rund 140 Euro alles zusammen) in etwa so viel wie ein kompletter Querlenker mit allen Gummis bei TE Taxiteile. Andererseits: Wie oft wechselt man schon Querlenkergummis. Dem Zustand der Altteile nach zu urteilen, ziemlich genau alle 32 Jahre und drei Monate.

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Die Querlenker selbst – das sind diese knochenförmigen Metallteile da – werden wohl noch weitere 32 Jahre halten. Frisch glasperlgestrahlt gereichen sie den Radhäusern wahrlich zur Zier und müssen sich nicht hinter Neuteilen verstecken. Was der GTÜ-Mensch die nächsten 16 Male hoffentlich auch so sieht.

Ornbau im Video

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Das lang erwartete Ornbau-Video ist online! (Wir erinnern uns, da standen so Leute beim Pfingsttreffen rum.) Es ist wirklich hübsch gemacht, nicht zu lang, nicht zu kurz und deckt tatsächlich fast das komplette Programm ab – vom Flohmarkt über den Teilemarkt bis zur Live-Musik, dazu Auktion und Feuerwerk. Sehr schön, das.

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Überraschung: Da waren ja auch Öcher vor Ort! Warum sagt mir keiner was?