Mitfahrgelegenheit II

67_Autobahnkurve

Gestern schon hatte sich über Mitfahrgelegenheit.de für die 19-Uhr-Heimfahrt am Abend nach Köln eine Elena angemeldet. Heute, am Nachmittag, klingelt mein Handy: „Hallo, mein Names ist Elena, ist noch ein Platz frei nach Köln?“ Natürlich, ist ganz korrekt reserviert. – „Wo in Köln können Sie mich absetzen?“ – An der Luxemburger Straße, Ecke Sülzgürtel. „Hm, ich muss nach Troisdorf weiter, das ist etwas ungünstig. Ich melde mich gleich nochmal.“ Minuten später die SMS: Sorry, komme doch nicht mit.

Kein Problem. Und so ich diesele um 19 Uhr gemütlich alleine nach Köln. Halt, „alleine“ ist nicht richtig, denn auf dem Beifahrersitz des moorbraunsten Dieselcoupés westlich des Rheins findet sich doch noch ein Mitfahrer, Patrick aus Stuttgart. Für ihn ist es die erste Mitfahrgelegenheit überhaupt. „Und dann so ein cooles Auto!“ Wir plaudern nett, am Ende setzte ich ihn wunschgemäß am Obi an der Abfahrt Frechen ab.

Gegen 20 Uhr, glücklich zu Hause angekommen, ein zufälliger Blick aufs Handy: eine SMS von Elena. Sie warte am Bahnhof Rothe Erde. In Aachen. Schamesröte schießt mir ins Gesicht und ein Gedanke durchs Hirn: Jetzt ist es soweit, du bist dement. Aber sie hatte doch eindeutig abgesagt…?

Ein Vergleich der Handynummern hinter den SMS schafft Klarheit. Es waren tatsächlich zwei verschiedene Elenas. Am selben Tag. Für dieselbe Fahrt.

Den Entschuldigungs-Anruf bei Elena 1 hat es mir nicht erspart. Aber ich habe das Gefühl, ich klang so rechtschaffen zerknirscht, dass sie mir zumindest die Begründung fürs Stehenlassen abgenommen hat.

Ornbau 2013: Neues und Altes

DSCF0492Da stehen sie wie jedes Jahr auf der saftgrünen Wiese, die chromblitzenden Schönheiten mit den Sternen am Kühler. Es ist Pfingsten, es ist Ornbau, es ist das Jahrestreffen des Vereins der Heckflossenfreunde! Und unglaublich: Die Sonne scheint, trotz der seit Tagen fröhlich vor sich hin regnenden Wolkensymbolbildchen in der Wettervorhersage-App.

029„Wird schon nicht so voll sein diesmal, bei dem Regen holen die meisten ihre Schätzchen doch bestimmt gar nicht erst aus der Garage“, hatte ich mich bei der restlos durchnässten Hinfahrt am Freitag noch getröstet.

025Klassischer Fall von Denkste – es war voller denn je, und wir am Abend gegen 21.45 Uhr auf den letzten Drücker Angerollten konnten uns mit Müh und Not noch einen Katzenplatz am Rand der Wiese ergattern. Buchstäblich den letzten. Immerhin fügte sich unser Zelt farblich perfekt in die Umgebung ein.

DSCF0477Am nächsten Morgen dann der erste Bummel bei Tageslicht über die Wiese. Mein viertes Ornbau – ob mich noch etwas überraschen kann hier?

DSCF0478Wieder jede Menge altes Blech, in dem sich die Wolken am strahlend blauen Himmel spiegeln. Unter den zahllosen Bekannten (wie „Old Daimler„) das eine oder andere neue Gesicht…

DSCF0468…beziehungsweise Kennzeichen. Dieser Geselle hier – wie könnte man ihn anders nennen als den „Undertaker“? – stach allerdings aus der Menge doch etwas heraus:

DSCF0662031034Muss man zweifellos nicht mögen. Was man aber muss, ist: zugeben, dass das handwerklich sauber und stilistisch klar durchgezogen ist. Und dass die meisten Kranken-Strichachter heute technisch in einem schlechteren Zustand sind – nämlich in allen möglichen Re-Inkarnationen der Würfelform.

DSCF0513Der Presswürfel ist auch diesem Neuling erspart geblieben. Frühling in Pagodenform, liebevollst begrünt.

DSCF0508Selbst ein halbes rostiges Radio hängt aus dem Armaturenbrett. Es sind diese kleinen Details, weswegen ich den VdH so mag. (Den Biergarten gab’s 2011 aber auch noch nicht, als ich zuletzt da war, oder?)

DSCF0501Was es natürlich immer schon gab, ist der Floh- und Teilemarkt. Und auch wenn für mich nichts dabei war – der Anblick der Schnäppchenjäger mit ihren halben Autos auf der Schulter ist den Besuch jedes Jahr wieder wert.

DSCF0496DSCF0490Stand der arme Kerl letztes Jahr auch schon im Clubheim? Ein 111er-Flossencoupé nach der Begegnung mit etwas Hartem. Man beachte: Die Windschutzscheibe ist heil geblieben.

035Erstmals begegne ich auch dem Videoteam, das für das Blog Mercedes Passion einen Beitrag dreht (den ich auf der Seite allerdings noch nicht entdeckt habe).

DSCF0535Nach dem Frühstück – gewohnt üppig und gastronomisch routiniert realisiert von einer unermüdlichen Freiwilligentruppe, die inzwischen allerdings nicht mehr im Tennisheim, sondern in der Stadthalle aufwartet – lädt das unerwartet weiterhin prachtvolle Wetter dazu ein, einmal gemütlich durch den Ort zu stromern.

DSCF0568Was für ein bezaubernd schmuckes Dörfchen Ornbau doch ist, auch wenn in diesem Jahr nicht jeder Quadratmeter mit alten Mercedessen zugeparkt steht. Auch die alte Brücke über die Altmühl bietet die eine oder andere idyllische Perspektive…

DSCF0569…auf die berühmte Schwimmflosse von Ornbau, links hinten am Ufer zu erkennen. Heute Abend, wenn über dem Wasser der Altmühl das Feuerwerk funkt und flackert, wird sie majestätisch unter den steinernen Bogen hindurchgleiten.

DSCF0577In den Gässchen des Ortes fällt auf, dass hier eine Strickguerilla ihr Wesen treibt. Bunte behäkelte Lampenpfostenumhüllungen, ein komplett eingestrickter Sonnenschirm in allen Regenbogenfarben, am Terrassengeländer des Clubheims ein überdimensionaler bunter Mercedesstern und als Krönung das hier – das Strickrad:

DSCF0617Selbst Dynamo, Schloss und Sattel haben ihre eigenen kleinen Häkelhauben. Chapeau!

045Mit Workshops, Live-Musik und reichlich bayerischem Landbier geht der Samstag zu Ende. Am Sonntag noch einmal ein Höhepunkt: die traditonelle Versteigerung. Stefan Schorlemmers Hammer fällt in diesem Jahr für einen kalifornischen W123er-Kombi, einen 124er-T-Modell und diesen einstigen Einsatzleitwagen der Amtsfeuerwehr Parchim, der mit lustig rotierenden Blaulichtern auf sein neues Herrchen wartet. „Mama, wir haben ein Feuerwehrauto gekauft!“ kräht der Sohn des glücklichen Auktionsgewinners.

Dann ist das offizielle Programm vorbei. Überall springen Motoren an, die Luft ist oktangeschwängert. Die Wiese beginnt sich zu leeren. Auch für die beiden Kölner im moorbrauen Dieselcoupé heißt es wieder: Rückreise. Wiederum bei strahlender Sonne. Ornbau 2013 war so wie immer – voller Überraschungen.

Scheibenweise

Reperatursatz Hardyscheibe: 90 Euro. Schwingungstilger Kardanwelle: 110 Euro. Werkstattlohn: zwei Stunden. Ruckelfreies Fahren: Weiß man erst zu schätzen, wenn’s vorher geruckelt hat.

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Seit ich mit dem weißen C durchs schöne Rheinland ruckele juckele (also seit Mai 2011), gehörte das zu den Dingen, die mich am meisten gestört haben. Beim Anfahren ein Rucken, beim Hochschalten ein Nicken, bei Teillastfahrt ein Stuckern. Dass die Hardyscheibe damit zusammenhing, wusste ich schon lange. Durch Deutschland mag ja noch der eine oder andere Ruck gehen müssen, aber tagtäglich durch mein Auto?

Andererseits fährt ein Wagen tatsächlich auch mit ausgeleierten Hardys von A nach B, weshalb meiner es schon tut, seit ich zum ersten Mal auf seinen fröhlich-frisch grau-grau gemusterten Sitzen Platz genommen habe (also seit Mai 2011). Man kann sich auch daran gewöhnen, mit schleifender Kupplung anzufahren und beim Hochschalten das Gaspedal zu drücken, als hätte man ein rohes Hühnerei unter der Schuhsohle.

Was mich Anfang der Woche dazu gebracht hat, spontan beim freundlichen Teilehändler unbesehen einen Reparatursatz für die Hardyscheibe vorne samt neuem Schwingungstilger zu ordern, weiß ich selbst nicht. Nicht einmal nach dem Preis gefragt habe ich vorher. Trotz böser Erfahrungen.

Beim Abholen rächte sich die unbedachte Tat. Stolze 200 Euro hat beides gekostet – ich hatte eher auf die Hälfte spekuliert und musste mich etwas zwingen, beim Erhalt des Rechnungsausdruckes ein gepresstes „Danke“ herauszuquetschen. Auch die Reparatur war nicht gerade ein Radwechsel. Zwei Grubenstunden hat der Spaß heute gedauert. Und die ganze Zeit das schlechte Gewissen im Hinterkopf nölen hören: Hast du sie noch alle? Für sowas gibst du soviele Kröten aus? Und was, wenn das Ruckediguh eine ganz andere Ursache hatte? Irgendwelche ollen Fahrwerksgummis?

Doch dann, die Probefahrt! Auf einmal ward alles gut: Butterweich die Schaltvorgänge, geschmeidig das Beschleunigen, flüssig das Ausgleiten. Selbst Gas aus niedrigen Drehzahlen brachte den Wagen nicht aus dem Gleichmut. Plötzlich benahm sich Flocki, wie es sich für einen Mercedes von anderthalb Tonnen gehört. Aus Karnickelgehoppel wurde gravitätisches Gleiten. Und das Fahrvergnügenthermometer stieg um diverse Grad, mitten im Winter.

Es gibt bekanntlich Sachen, die kann man nicht kaufen. Das andere – seufz – wird mit der VdH-Clubkarte immerhin 30 Prozent billiger. Und, nun ja: Es war die Sache wohl wert.

Manchmal muss man sich eben einfach einen Ruck geben.

Erlkönig

Und wieder so ein Moment, wo sich der Schreiber dieser Zeilen auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit erst die Augen reibt, dann hektisch zur Kamera in der Mittelkonsole greift.

2012_12_Mercedes-Erlkoenig_

Ein waschechter Erlkönig! Und zweifellos von der Marke mit dem Stern. Ein Blick nach dem Überholen in den Rückspiegel – leider nicht fotografierbar – enthüllt eine klassischen verrippte, erstaunlich hohe Mercedes-Kühlermaske. Scheint sich ein bisschen in Richtung Audi-Maul zu orientieren, die neue Stuttgarter Schnauze.

Aber was ist es, das da gerade in Richtung Maastricht dahinrauscht? Eine frisch gefaceliftete E-Klasse kann’s nicht sein, die hat ihre Hamsterbackenkotflügel trotz Verschlankung behalten. Kann angesichts der Ausmaße also nur eine S-Klasse sein.

Ein Blick ins Web bestätigt dies kurz darauf: Es handelt sich um den neuen W222, der seit einigen Wochen auf deutschen Straßen seine Runden dreht.

Das kleine Morgenrätsel ward also fix gelöst. Ebenso fix gelöst, und zwar auf-, hat sich damit allerdings auch die ebenso fix entstandene Idee, den Schnappschuss für teuer Geld an ein Hochglanz-Automagazin zu verticken.

Apropos: Aufgelöst hat sich im übrigen ebenso die Hoffnung der Mercedes-Macher, mit der 2002 wiederbelebten Luxusmarke Maybach teuer Geld zu verdienen. Die Herstellung des Edel-Dickschiffs wurde jetzt nach zehn Jahren wieder eingestellt, wie die FAZ heute berichtet. Der W222, wahrscheinlich auf der IAA 2013 erstmals offiziell präsentiert, wird also die Bürde des Spitzenmodells alleine tragen müssen.

Begehrte Beute

Gerade von der Polizei Heinsberg als Meldung über den Ticker gekommen:

Gerade mal 10 Minuten, in der Zeit von 10.05 bis 10.15 Uhr am 18. September (Dienstag), parkte ein brauner Pkw Daimler 250 D mit niederländischem Kennzeichen auf dem Parkplatz eines Supermarktes an der Straße In der Fummer. Diese Zeit nutzten Unbekannte das historische Fahrzeug zu stehlen. Wer Hinweise zur Tat geben kann, wende sich bitte an das Kriminalkommissariat in Heinsberg unter Tel. 02452 9200.

Krijg de tering, möchte man dem Dieb hinterherrufen. Braune Benze klaut man nicht, die stehen unter Artenschutz.

Und ich dachte immer, schokoladiger Lack wäre die beste Diebstahlsversicherung. Aber wer so gewissenlos ist, einen Youngtimer aufzubrechen, der schreckt sicher auch vor einer Umlackierung in Seniorensilber nicht zurück.

Luxemburg

Es ist ein schöner sonniger Morgen an diesem Sonntag, 12. August 2012, gegen 9 Uhr 15. Auf dem Gelände der Esso-Tankstelle am Aachener Europaplatz steht eine Gruppe jüngerer Menschen um eine Gruppe älterer Autos herum. Karten werden auf ausgebreitet, gute Ratschläge erteilt, Gepäck umgeräumt. Wohlgefüllte Picknickkörbe und Packtaschen lassen Großes erahnen.

Tankenplanung am Europaplatz
Kartenwälzen an der Tankstelle

Irgendwann ist alles geklärt, gepackt, besprochen – Abfahn! Vorweg Dirks 280 TE, dahinter Sebastians frisch restaurierter 230 C, gefolgt vom 600 SEL von Lars. Am Schluss der kleinen Kolonne dasjenige Fahrzeug, das heute zwar die mit Abstand niedrigsten Kilometerkosten haben wird, aus ebendiesem Grunde aber auch ganz hinten fahren muss: mein 240 CD, proudly powered bei Rapsöl. Unser Ziel: Luxemburg. Sebastian hat die ganze Sache angeleiert, die Route gelant und alle eingeladen. Es ist, wenn man den Erinnerungen der Mitfahrer glauben schenken darf, gerade einmal die zweite offizielle Ausfahrt des Aachener Stammtischs des VdH (Verein der Heckflossenfreunde).

Melkerin
Fragt sich, wer vom anderen begeisterter war: die Melkerin oder wir Youngtimer-Fahrer

Über Lichtenbusch geht es die E40 herunter, dann die E42 an Verviers vorbei, wo wir der Autobahn Lebewohl sagen und uns auf schmalen belgischen Landstraßen durch die herrliche Ardennenlandschaft nach Süden vorarbeiten. Da unser Kolonnenführer netterweise nicht gar so aufs Tempo drückt, bleibt Gelegenheit für den einen oder anderen Schnappschuss – etwa von dieser fröhlichen jungen Dame, die hinter einem artig aufgestellten Warndreieck eine Kuh am Straßenrand von ihrer Milch befreit und den vorbeirauschenden Altfahrzeugen begeistert zuwinkt.

Dorfkirche
Wuchtige Bauwerke des 14. und 20. Jahrhunderts

Meine Fahrposition am Ende der Gruppe birgt bei der gegebenen Fahrzeugwahl den Nachteil, dass hochaufragende Kirchen und mächtige Natursteinhöfe mit einem nicht minder ausladenden Fahrzeugheck um die vorhandenen Pixel auf meinem Kamerachip konkurrieren müssen. Aber sehen wir’s positiv: Immerhin ist es nicht die Coupé-Version des W140, die da vor uns die Szenerie befährt…

Allee
Eine schnurgerade Allee – hatten Napoleons Straßenbauer hier ihre Finger im Spiel?

Die schmalen Straßen führen uns abwechselnd über solch offenes Weideland und romantisch gewundene, bewaldete Täler. Sie sind manchmal kurvig und manchmal schnurgerade, manchmal bequem und manchmal, äh, belgisch. Manchmal überholen Motorradfahrer uns, manchmal wir ein Rudel Radsportler. Eins aber sehen wir nie, fällt uns im Nachhinein auf: Ampeln.

Schließlich überqueren wir die Grenze zu Luxemburg (was sich, wie um das Vorurteil zu bestätigen, von einem Meter auf den anderen an der Qualität der Straßendecke bemerkbar macht). In Wiltz steigt ein alter Studienfreund von Dirk zu, der uns zu einem kaum zugänglichen, aber umso reizvolleren Aussichtspunkt lotsen will. Über schmale Feldwege und vorbei an gestikulierenden Bauern geht es in einen Wald, wo die Aachener Sternenflottille zwischen schattenspendenen Bäumen vor Anker geht. Ein an den Heckwischer geklemmter Zettel mit einer Erklärung in Lëtzebuergesch macht etwaigen Ordnungskräften deutlich, dass wir die Erlaubnis des örtlichen Landwirts haben, zu sein wo wir sind.

Waldparkplatz
Parken im Wald

Etwa 200 Meter Fußweg dahinter öffnet sich der Wald und wir erreichen die kleine Lichtung des Aussichtspunktes Tempelskamp, wo ein hölzerner Aussichtsturm und einige Bänke mit Tischen die müden Reisenden begrüßen. Was für eine Aussicht!

Der Obersauerstausee
Der Obersauerstausee

Nach Süden hin ringelt sich der Obersauerstausee durch die Landschaft, ein künstliches Gewässer, das fast drei Viertel Luxemburgs mit Trinkwasser versorgt. A propos Wasser: Jetzt ist es Zeit…

Picknick am Aussichtspunkt Tempelskamp
Sachen raus, jetzt wird gepicknickt

…für unser Picknick, nachdem wir gut zweieinhalb Stunden in den weitgehend unklimatisierten Wägen gesessen haben. Dirks Bekannter Adrian zeigt uns, was luxemburgische Gastfreundschaft bedeutet und verteilt kühles luxemburgisches „Simons“-Bier in hübschen weißen Blechflaschen, Riesling-Pasteten und Küchlein. Wir würden am liebsten gar nicht mehr weg…

Strandbad
Unten im Tal wird derweil gebadet

…und beneiden die Badenden unten am Seeufer kein bisschen. Doch nach einer guten Stunde sind wir bereit zu neuen Abenteuern.

Noch eine Ruine
Nennt man so etwas eine Luxemburgruine?

Auch Luxemburg hat reichlich landschaftliche Reize, von den gepflegten hübschen Dörfchen und den diversen Burgruinen ganz zu schweigen.

Noch eine Burg
Noch eine. Ist das Burgenland nicht in Österreich?

Hinter jeder Kurve scheint eine neue Burg vom Berg zu dräuen. Doch es gibt noch andere faszinierende Bauwerke, etwa zwei Stahlträgerbrücken älteren Baujahrs. Es rumpelt mächtig, als unsere vier Stuttgarter Schwermobile über die schmale einspurige Fahrbahn zockeln.

Stahlträgerbrücke
Historisches Brückenbauwerk

Nach mehreren Kilometern durch bewaldete Berglandschaft zeigt sich hinter einer Linkskurve dieser Anblick.

Burg Vianden
So muss eine Burg aussehen. Nimm das, Disney!

Es ist die Burg Vianden, eine imposante Stauferfestung aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die in den 80er-Jahren in ihren heutigen Zustand restauriert wurde. Wir halten im kleinen Dorf zu ihren Füßen, doch mit freien Parkplätzen sieht es in diesem Touristenmagnet mau aus. Nach kurzer Fotopause müssen wir uns notgedrungen wieder auf den Weg machen. Doch ein Ziel haben wir noch vor uns, auch wenn es von außen weit weniger eindrucksvoll aussieht.

Eingang zum Pumpspeicherkraftwerk
Eingang zum Pumpspeicherwerk

Das nahegelegene Pumpspeicherwerk Vianden, mit über 1000 Megawatt Leistung eines der stärksten in Europa. Dabei handelt es sich nicht nur um ein normales Wasserkraftwerk, sondern um eine Art Stromspeicher: Wenn wenig Strom benötigt wird, zum Beispiel nachts, wird Wasser in einen Stausee gepumpt. Dieses hochgepumpte Wasser ist nichts anderes als gespeicherte Energie, die zu Spitzenzeiten wieder abgerufen werden kann. Weil sich mit solchen Pumpspeicherwerken der erzeugte Strom speichern lässt, sind sie ein wichtiger Bestandteil bei der Energieerzeugung aus Sonne und Wind.

Das Werk Vianden an der Ourtalsperre wurde 1964 eingeweiht. Heute halten der Staat Luxemburg und die deutsche RWE je 40 Prozent der Anteile. Der erzeugte Strom wird ins europäische Verbundnetz eingespeist.

Unterirdische Turbinenhalle
Blick in die Kaverne mit den Turbinen

Der Eingang ist offen. Über einen langen unterirdischen Schacht gelangt man in einen Besucherraum, von dem aus man in die 330 Meter lange und 25 Meter hohe Kaverne mit den neun gewaltigen Turbinen sehen kann. Eine zehnte befindet sich in einem Seitental, eine elfte ist gerade in Arbeit.

Leitstand
Kommandozentrale in Sechziger-Jahre-Holzoptik

Der Leitstand mit seiner Holzverkleidung, den mechanischen Schaltern und analogen Anzeigen erinnert ein wenig an Kernkraftwerke aus dem früheren Ostblock.

Coupéduo
Kraftpakete vor Kraftwerk

Draußen auf dem Besucherparkplatz bietet sich noch Gelegenheit für dieses aussagekräftige Foto: Kraftpakete vor einem Kraftwerk. Dann trennen sich die Wege unserer Gruppe: Dirk und Lars machen einen Schlenker durch Luxemburg, Sebastian und mich zieht es heim gen Aachen beziehungsweise Köln.

Coupé und Coupé
Auf der Autobahn

Wir fahren hinter Weiswampach über die Grenze, schließlich bei St. Vith auf die Autobahn und zurück nach Aachen. Unterwegs schießt Sebastians Freundin dieses schöne Foto meines Dieselboliden. Gegen 18.30 Uhr kurvt der Moorbraune auf den Europaplatz ein, eine Stunde darauf bin ich zurück in Köln – und reichlich geschlaucht von einer kurzen Nacht und vielen hundert schönen Kilometern Straße durch drei Länder.

Soviel ist aber sicher: In Luxemburg waren wir nicht zum letzten Mal. Das kleine Land verdient, dass man es mit viel Zeit im Kofferraum erkundet. Und irgendwann gibt es auch bestimmt mal einen freien Parkplatz an Burg Vianden.

Rapseed Power

Dieseling to Work
Dieseling to Work

Die Nadel stand irgendwas bei 150, heute Morgen auf der linken Spur auf der A4 zwischen Buir und Düren. 150 Dieselbenz-Stundenkilometer, das sind in Navisprache gerade mal knapp 140. Entsprechend zügig kam der Dreier-BWM von hinten herangerauscht. So wie das Dreier das nun einmal zu tun pflegen. Erst anderthalb Wagenlängen hinter der Chromkappe meiner Anhängerkupplung war er dann runter auf 150 Dieselbenz. Mehrere vorwurfsvoll-ungeduldige Sekunden lang.

Dann hatte es ihn. Gequietscht haben seine Bremsen zwar nicht, aber der Abstand zur Chromkappe vergrößerte noch rasanter, als er zuvor geschrumpft war. Auf etwa hundert Meter. Wie friedlich so ein Sportcoupé aus dieser Entfernung aussieht.

Mehr noch: Die bajuwarische Sportskanone wechselte gar noch kurz auf die LoserLasterspur und ließ einem Skoda (!) den Vortritt. Hängte sich hernach in respektvollem Abstand dahinter und uns folgte brav und bescheiden.

Selten so schön erlebt, welchen Unterschied 30 Liter Rapsöl im Tank ausmachen.

Saisonstart

In einer äußerst undankbaren und ungewohnten Rolle hat sich der Moorfarbige im Dezember und Januar wiedergefunden: der Rolle der Winterschlampe. Als die C-Klasse über die Feiertage ein Update bekam in Form von Anhängerkupplung, Rostmaske und Kurbelwellensimmerring bekam. Dürfte schon stolze 17, 18 Jahre her gewesen sein, dass sich das Dieselcoupé zuletzt über verschneite Straßen quälen musste. Aber was hilft’s, ein Auto ist zum Fahren da, und ein 123er erst recht. Ist ja alles frisch geschweißt am Unterboden…Kaum waren die Rollen gewechselt, war Stress angesagt: Umzug nach Köln, Konfigurieren eines neuen Alltags mit zwei Stunden Pendeln täglich, unterbrochen nur vom Segelfluglager in Südfrankreich und diversen verlängerten Wochenenden in Berlin und Amsterdam. Für den Benz des Herzens blieb da keine Zeit, selbst das Motorrad vor der Haustür blieb die meiste Zeit unter seiner Plane eingehaubt. Und zugegeben: Ein gar so schlechtes Gefährt war der W202 nun doch nicht. Wer Tag für Tag auf den dessen Plakettenkühlerstern guckt, leidet zumindest nicht an seelenbedrohender Benz-Unterzuckerung.Doch irgendwann ist jedes Interim einmal zu Ende. Am Montagabend, kurz vor dem monatlichen VdH-Stammtisch, kam für das Dieselcoupé der Dornröschenkuss. „Hoffentlich springt er überhaupt noch an“, sorgte sich der freundliche Scheunenbesitzer, als ich in der über und über mit Staub und Dreck bedeckten Karosse Platz nahm. Natürlich sprang er an, aufs erste Schlüsselwinken schon. Wie immer.

Eine echte H-Waschanlage
Eine Waschanlage mit H-Kennzeichen

Rost an den Kanten, abblätternde Farbe, sich lösende Aufkleber, notdürftig flickendes Klebeband. Nein, nicht der Wagen. Muss man sich Sorgen machen, wenn die Autowaschanlage älter ist als das Auto? Nein? Auch nicht bei Wagen mit H-Kennzeichen?

Kann irgendetwas so schön strahlen wie Lack in Nr. 479?

Aaah, schon viel besser. So muss Autolack glänzen. Auch genau in dieser Farbe.

Und so nagelt das schokoladigste Dieselcoupé nördlich der Alpen in seine 31. Saison. Bisschen spät, so Anfang August, aber besser als gar nicht.

Und ich hatte fast schon vergessen, wie ein Auto klingen muss.

Autobahngold

Der Wagen steht an der Autobahnabfahrt Eynatten, warnblinkend, in der Kurve, die hinauf zur Landstraße nach Aachen führt. Ein dunkler Kombi, offenbar liegengeblieben und mit letzter Kraft gerade noch von der Autobahn gerollt. Eine Frau mit Kopftuch ist ausgestiegen, ein Mann mit dunklem Teint winkt hilfesuchend. Es ist gegen 20.30 Uhr, ich habe nach Feierabend noch rasch am Autohof hinter der belgischen Grenze LPG getankt und beschleunige gerade auf die Zufahrt zur Autobahn. Kaum habe ich das gestrandete Pärchen wahrgenommen, bin ich auch schon an ihnen vorbei, man bremst ja aus voller Beschleunigung nicht ohne weiteres, zumal mit weiteren Autos im Rücken.Auf den folgenden Kilometern wächst das schlechte Gewissen mit jedem Meter: Hattest du nicht auch schon mal eine Panne? Wie lange wird so ein südländisches Pärchen mit Autopanne in dieser Gegend auf Hilfe warten müssen? Bis Aachen-Brand ist das schlechte Gewissen so stark geworden, dass ich mit innerem Seufzen abfahre und wieder umkehre. Der Kombi steht immer noch in der Abfahrt.Ich halte auf dem Seitenstreifen. Der Mann tritt ans Beifahrerfenster. Er sei liegengeblieben, mit leerem Tank und ohne Geld. Ob ich ihm etwas leihen könnte? Er schwört, es zurückzuüberweisen,faltet die Hände, Verzweiflung in der Stimme. Ich werfe einen Blick ins Portemonnaie – mehr als zehn Euro sind nicht drin. Er nimmt das Geld, dankt traurig. Weit wird ihn das nicht bringen. Wo er hin will? „To Paris.“ – „Good luck to you.“ Ich fahre wieder los.In der folgenden Dreiviertelstunde bis Köln legt das schlechte Gewissen erst so richtig los. Du hättest den armen Kerl wenigstens zur Tankstelle fahren können, schimpfe ich mit mir. Oder ihn besser gleich dahin abbeschleppt. Was soll er mit zehn Euro, wenn er sich davon erstmal einen Reservekanister kaufen muss? Man hätte unter den wartenden Autofahrern an der Tankstelle den Hut herumgehen lassen können. Wenn jeder fünf Euro gegeben hätte… wie weit ist es eigentlich nach Paris?

Zu Hause angekommen, erzähle ich von meinem Treffen mit dem ärmsten Autofahrer in ganz Belgien. Meine Freundin bleibt ungerührt. „Du weißt, dass das eine ganz gängige Betrugsmasche ist?“ Böses ahnend, werfe ich Google an. Schnell ist das Stichwort gefunden: „Autobahngold„. Ein verbreiteter Trick, vor allem in der Reisezeit. Die Betrüger – meist aus Osteuropa – simulieren eine Panne, winken mit leeren Kanistern oder Abschleppseilen, leihen sich von hilfreichen Autofahrern Bargeld und bieten als Pfand scheinbar wertvollen Goldschmuck, Lederjacken oder ähnliches. Die Ware ist reiner Tinnef, das geliehene Geld sieht der Geneppte nie wieder. Polizei und Medien warnen seit Jahren vor der Masche.

Kalte Ernüchterung. Ich rufe die Autobahnpolizei am Grenzübergang Lichtenbusch an. Ich sei da einem angeblich liegengebliebenen Pärchen begegnet… „Haben die Ihnen Gold angeboten?“, fragt der Beamte. „So weit sind wir nicht gekommen“, erwidere ich zerknirscht. Für meine zehn Euro gab’s ja nicht mal ein echtes Goldkettchen aus Messing. „Sobald die ihr Geld bekommen haben, sind die gleich über alle Berge“, erklärt der Polizist. Fahndung zwecklos.

Man hätte von selbst drauf kommen können. Wer nach Paris will, bleibt schließlich nicht auf der Strecke von Lüttich nach Aachen mit leerem Tank liegen.

Ich ärgere mich. Über meine Leichtgläubigkeit, über die zehn Euro, aber vor allem darüber, dass ich beim nächsten liegengebliebenen Auto mit dunkelhäutigem Fahrer und/oder Kopftuchfrau wohl noch weniger zum spontanen Hilfshalt geneigt sein werde. Womit das Betrügerpärchen dann noch mehr Opfer auf dem Kerbholz hätte.

Andererseits: Zehn Euro sind kein allzu hoher Preis für eine nachhaltige Lektion Lebenshilfe. So ein falsches Goldkettchen hätte ich trotzdem gerne gehabt – als Andenken. Ob ich es beim nächsten Mal mit 20 Euro versuche? 15! Letztes Wort!

Letzte Fahrt

Nun also hat die Welt Abschied genommen vom „Geliebten Führer“ Nordkoreas, Kim Jong-Il. Und während die Analysten und Kommentatoren der politischen Landschaft noch spekulieren, wie sich die Lage auf der geteilten koreanischen Halbinsel weiter entwickeln wird, können wir Autoliebhaber uns entspannt zurücklehnen – unsere brennendste Frage ist nämlich beantwortet.

Es sind keine alten russischen Zils oder Tschaikas, die den Sarg des Diktators, ein riesiges Porträt sowie einen meterhohen Kranz in der gigantischen Trauerzeremonie durch die verschneiten Straßen von Pyöngyang fahren, flankiert von Geländewagen, die wir Sternenkundler natürlich sofort als G-Modelle von Mercedes erkennen.

Die New York Times hat das Rätsel gelüftet (beziehungsweise über die Blogger berichtet, die es getan haben). Die drei wuchtigen Schlitten mit den kantigen Linien und dem typischen Chromzierrat der 70-er Jahre sind: Lincoln Continentals, wohl von 1975 oder 76. Ausgerechnet Limousinen des meistgehassten Feindes durften das Staatsoberhaupt des letzten stalinistischen Landes der Welt zu Grabe fahren?

Das sei so erstaunlich nicht, zitiert die NYT die Korea-Expertin Kongdan Oh. Die drei makellos gepflegten Dickschiffe waren bereits 1994 bei der Beerdigung von Kim Jong-Ils Vater Kim Il-Sung dabei. Und auf nichts legt das Regime derzeit so viel Wert wie auf einen geräuschlosen Übergang der Macht auf den Enkel, Kim Jong-Un. Kontinuität geht da über alles. Und wir dürfen sicher sein, dass die Kommentatoren im nordkoreanischen Staatsfernsehen ihr Publikum auf diesen bizarren Nebenaspekt nicht aufmerksam gemacht haben. Außerdem, so Kongdan Oh, lebten die Nordkoreaner ohnehin weitgehend ein Siebziger-Jahre-Leben.

Der Rest der Begräbniskolonne war, aus automobiler Sicht, mal wieder eine Stuttgarter Leistungsschau der vergangenen vier Jahrzehnte. Von den trotz Schneegestöbers offenen militärischen G-Klassen über einen Schwarm moderner S-Klassen bis zu den bei nordkoreanischen Offiziellen immer noch so beliebten W123ern fuhr alles im Tross mit, was totalitäre Regimes seit eh und je an deutscher Wertarbeit so schätzen. Wie gesagt: Man legt halt Wert auf Kontinuität.

Wer mag, kann sich hier ein fast sieben Minuten langes Video der Prozession ansehen, schauerlich untermalt vom Heulen der Massen am Straßenrand.