Nachdem ich relativ viel Zeit in Südschweden verbracht habe, soll es heute endlich nach Norwegen gehen. Da aber das stundenlange reine Kilometerfressen auf Autobahnen in Schweden ebenso langweilig ist wie in Deutschland, will ich von Borås aus einen großen Schlenker über Joenkoeping nach Osten machen und die beiden größten schwedischen Seen umrunden, Vaenern und Vaettern.
Schnell stellt sich heraus, dass dieser Teil Schwedens zwar landschaftlich durchaus angenehm ist, aber immer noch arg reizarm und flach. Vielleicht lag es auch an meiner sehr groben Straßenkarte (die hochdetaillierte habe ich anscheinend in Malmoe liegenlassen), auf der interessantere kleine Seitenstraßen nicht verzeichnet waren, sofern es denn welche gab. Die Seen dagegen enttauschen mich etwas: Sie sind einfach nur sehr, sehr groß und ihre Ufer gerade.
Auf der Plusseite kommt man auf solchen gut ausgebauten Landstraßen wenigstens schnell voran. Das Wetter ist auch – endlich – mal gut, es ist also ein recht angenehmer Trip.
Kurze Pause in einem Dorf irgendwo nördlich von Motala. Am Kiosk hängen die Schlagzeilen der Lokalpresse: „Barnens Kanin brutalt doedad“ meldet die Vadsteda Tidning – Kinderkaninchen brutal getötet. Hier möchte man Polizist sein. Journalist dagegen lieber nicht. Wie bekommen die Kollegen hier wohl jeden Tag die Zeitung voll?
Hinter diesem Bild verbirgt sich denn auch bestimmt eine mehrseitige Sensationsreportage. Auch in der schwedischen Provinz ist es offenbar nicht ratsam, sein Auto nachts auf einem unbewachten Parkplatz abzustellen. Aber wahrscheinlich war dieser Opel Calibra an der Landstraße 50 schon tot, als er am Straßenrand entsorgt wurde.
Die Brücke über den Hammarsund an der Nordspitze des Vaetternsees. Von dort aus geht es wieder durch bewaldetes Gebiet nach Westen, am Vaenernsee vorbei – von dem ich praktisch gar nichts sehe – in Richtung norwegische Grenze.
Rast in Karlstad, nach etwa 380 Kilometern. Mein Versuch, mich der schwedischen Küche anzunähern, bringt mich in den Besitz eines Koettbullar-Sandwiches mit Rote-Bete-Salat, sowie eines Marabou-Schokoriegels und einer Flasche Trinkjoghurt. Mal ehrlich: Das kriegt man auch bei Ikea in Heerlen.
Etwa eine Stunde später bin ich in Norwegen. Eine Grenzkontrolle gibt es nicht. Dafür setzt beinahe metergenau hinterm Schlagbaum Regen ein. Endlich wieder. Von jetzt an kann nicht mehr fotografiert werden. Außerdem ist der Verkehr zu dicht. Mit einem drängelnden Volvo-Sattelschlepper im Nacken hält man nicht mehr einfach so am Straßenrand.
Mit ängstlich genau eingehaltenen 80 Stundenkilometern – die Strafen in Norwegen sind drakonisch und liegen schnell bei vielen hundert Euro schon bei geringen Überschreitungen – geht es über die E18 Richtung Oslo. Auf der überfüllten und verschlungenen Stadtautobahn macht sich das Navigationsstystem ein weiteres Mal bezahlt. Nur mit der Straßenkarte im Sichtfach des Tankrucksacks kommt man nicht weit, wenn man ständig den Verkehr im Auge behalten muss.
Von Oslo aus sind es noch einmal rund 50 Kilometer weiter nach Hønefoss, meiner nächsten Station. Ausgekühlt und nass komme ich an. Puh.
Rund 660 Kilometer waren es heute insgesamt. Was die Schlussfrage des letzten Artikels angeht: Das Zweirad hat die lange Strecke klaglos mitmacht. Das Sitzfleisch des Fahrers ist ganz froh, dass der Tag zu Ende ist.