Profiliga

Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/8s, ISO 3200, 40 mm
Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/8s, ISO 3200, 40 mm

Ist das nicht ein tolles Foto? Knackscharf, lebendige Farben, präzise abgebildet bis ins feinste Detail. Jeder Stein des Ponttors ist bis in die Poren zu erkennen. Und das bei freihändigem Fotografieren in tiefster Nacht. Trotz ISO 3200 rauscht da nichts. Toll, was Digitalkameras heute alles können, gell?

Aus meiner Sicht hat das schöne Foto nur einen Fehler: Es ist nicht von mir. Beziehungsweise nicht von meiner Kamera. Es stammt von James, meinem Couchsurfing-Gast übers Wochenende. Der Mann aus San Francisco entpuppte sich nicht nur als überaus freundlicher, gebildeter und angenehmer Zeitgenosse. Er hatte auch so ziemlich das Beste an Kamera dabei, was man heute als ambitionierter Amateurfotograf aus der Tasche (in seinem Fall ein Rucksack) ziehen kann: eine Canon EOS 5D Mark III mit 24-105-Millimeter-Zoomobjektiv. (Bilder und ein Video dieser Kombination gibt es hier bei CNet.)

Bei unserem obligatorischen kleinen Stadtrundgang am Freitagabend bot sich die spannende Möglichkeit, diese Spiegelreflex aus der Profiliga einmal mit meiner kompakten Sony Nex-6 zu vergleichen. Und plötzlich sah meine geliebte kleine Systemkamera, bei all ihren hier immer wieder lang und breit besungenen Vorteilen, zum ersten Mal ziemlich alt aus. So bildete sie dasselbe Motiv ab:

Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f1.8, 1/60s, ISO 3200, 32 mm
Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f1.8, 1/60s, ISO 3200, 32 mm

Zugegeben: Meine Kleine schlug sich eigentlich ganz wacker. Auf den ersten Blick – und im kleinen Vorschaubild oben – fallen beim Ponttor-Motiv die Unterschiede in der Bildqualität gar nicht einmal so sehr ins Gewicht. (Den Weißabgleich der Nex hatte ich auf „schattig“ gestellt, daher der Farbunterschied.) Auch war mit dem 32-Millimeter-Zeiss das beste Objektiv meiner Mini-Sammlung drangeschraubt, das zumindest auf dem Papier in puncto Lichtstärke mit seiner Blende 1.8 sogar Vorteile gegenüber dem riesigen Kit-Zoom der Canon mit seiner durchgängigen f4 hat. Hätte ich etwas abgeblendet, wären die Bildränder wohl auch etwas schärfer geworden.

Beim Heranzoomen ans Motiv – hier muss meine Festbrennweite natürlich passen – spielt die Profikamera dann aber natürlich die Stärken ihres Vollformat-Chips aus – ganz zu schweigen von der automatischen Bildstabilisierung:

Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/10s, ISO 3200, 105 mm
Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/10s, ISO 3200, 105 mm

Nun gut, irgendwo muss ja auch ein Unterschied zwischen einer Kamera-Objektiv-Kombi für 3500 bis 4000 Euro und einer für 1100 bis 1600 Euro sein. Hier dasselbe Motiv, wie es Letzere interpretierte:

Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f1.8, 1/60s, ISO 3200, 32 mm
Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f1.8, 1/60s, ISO 3200, 32 mm

Ich muss zugeben: Ich war ernüchtert. Wenn James und ich nach dem Fotografieren auf die Zoomtasten unserer Kameras drückten, lagen Welten zwischen dem, was die Displays zeigten. Da blieb mir meist nur ein „whow“.

Andererseits: Bei den besseren Bedingungen ein paar Stunden vorher im helleren Abendlicht lagen wir gar nicht einmal so weit auseinander. So sah die Canon den Blick auf den Hof…

 Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/30s, ISO 100, 50 mm

Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/30s, ISO 100, 50 mm

…und so die Sony:

Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f8, 1/15s, ISO 125, 32 mm
Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f8, 1/15s, ISO 125, 32 mm

Hier gefällt mir das Ergebnis der Nex sogar besser. Bei meiner Aachener Lieblingsperspektive sah die Sache dann wieder umgekehrt aus…

Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4.5, 1/40s, ISO 100, 35 mm
Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4.5, 1/40s, ISO 100, 35 mm

…denn das ist bei der Sony etwas dunkel geraten:

Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f4, 1/60s, ISO 100, 32 mm
Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f4, 1/60s, ISO 100, 32 mm

Keine Frage, you get what you pay for. Gerade bei schwierigen Lichtverhältnissen spielt die 5D in einer anderen Liga – und ihre Gegner an die Wand, dank Riesenchip und Bildstabi. Allerdings hat das Spitzengerät – abgesehen von seinem spitzenmäßigen Preis, für den man auch einen Gebrauchtwagen bekäme – noch einen gewichtigen Nachteil: Wuchtige 1,7 Kilogramm wiegt das wasserdichte Magnesiumgehäuse samt Objektiv, von den schieren Ausmaßen ganz zu schweigen. Dagegen tragen sich die 540 Gramm der Sony samt Touit-Objektiv geradezu von selbst. Wie lange ich eine 5D bei den Kölner Lichtern über Kopfhöhe hätte stemmen können, wage ich nicht zu ahnen – was im übrigen auch witzlos gewesen wäre, denn ein Klapp- oder Schwenkdisplay hat die Canon nicht.

Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/15s, ISO 100, 47 mm
Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/15s, ISO 100, 47 mm

Nimmt man so ein Trumm von Kamera überhaupt öfter als zwei- bis dreimal pro Jahr aus dem Schrank? Das muss jeder selbst wissen.

Wer seine Bilder in Postergröße an die Wand hängen möchte, ist mit dem 22-Megapixel-Sensor der EOS natürlich besser bedient als mit den 16-Megapixeln der Sony. Wem es dagegen genügt, seine Bilder in digitaler Form anzuschauen, wird selten mehr als rund 2000 Pixel Breite brauchen – und dürfte bei der überwiegenden Mehrzeit der Standardmotive mit dem kleineren APSC-Sensor gar nicht so schlecht fahren.

Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f6.3, 1/25s, ISO 250, 32 mm
Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f6.3, 1/25s, ISO 250, 32 mm

Auch bei etwas schwummerigeren Beleuchtungsverhältnissen, in denen es eher auf Stimmung und Farben ankommt, sind sowohl Canon…

Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/10s, ISO 100, 32 mm
Canon EOS 5D Mark III mit 24-105mm, f4, 1/10s, ISO 100, 32 mm

…als auch Sony in der Lage, reizvolle Bilder zu erzeugen:

Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f2.8, 1/60s, ISO 640, 32 mm
Sony Nex-6 mit Zeiss Touit 1.8/32, f2.8, 1/60s, ISO 640, 32 mm

(Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit, euch den exzellenten Flammkuchen des La Jeunesse in der Pontstraße wärmstens ans Herz zu legen.)

Was bleibt nach diesem Spaziergang unterm Strich stehen? Die Unterschiede zwischen der Spiegelreflex-Profiliga und einer Edelsystemkamera können selbst bei Alltagsmotiven erheblich sein. Müssen es aber nicht, vor allem nicht bei Schnappschüssen unter normalen Bedingungen. Bei ernsthaft künstlerischem oder professionellem Anspruch, ob Landschafts- oder Sportfotografie, dürfte die Vollformatkamera natürlich ruckzuck in unerreichbare Sphären abheben.

Sollte es also einmal ein paar Tausender auf mein Konto regnen…

….ach nein, dann buche ich lieber einen Flug nach Asien. Nepal vielleicht nochmal, Kambodscha oder Vietnam. Und die Nex stecke ich in den Rucksack. Tolle Fotos bestehen ja doch nur zum Teil aus dem, was Technik und Fotograf hinter der Linse zustandebringen. Der Rest ist immer noch das, was sich davor abspielt.

7 Antworten auf „Profiliga“

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