Luxemburg

Es ist ein schöner sonniger Morgen an diesem Sonntag, 12. August 2012, gegen 9 Uhr 15. Auf dem Gelände der Esso-Tankstelle am Aachener Europaplatz steht eine Gruppe jüngerer Menschen um eine Gruppe älterer Autos herum. Karten werden auf ausgebreitet, gute Ratschläge erteilt, Gepäck umgeräumt. Wohlgefüllte Picknickkörbe und Packtaschen lassen Großes erahnen.

Tankenplanung am Europaplatz
Kartenwälzen an der Tankstelle

Irgendwann ist alles geklärt, gepackt, besprochen – Abfahn! Vorweg Dirks 280 TE, dahinter Sebastians frisch restaurierter 230 C, gefolgt vom 600 SEL von Lars. Am Schluss der kleinen Kolonne dasjenige Fahrzeug, das heute zwar die mit Abstand niedrigsten Kilometerkosten haben wird, aus ebendiesem Grunde aber auch ganz hinten fahren muss: mein 240 CD, proudly powered bei Rapsöl. Unser Ziel: Luxemburg. Sebastian hat die ganze Sache angeleiert, die Route gelant und alle eingeladen. Es ist, wenn man den Erinnerungen der Mitfahrer glauben schenken darf, gerade einmal die zweite offizielle Ausfahrt des Aachener Stammtischs des VdH (Verein der Heckflossenfreunde).

Melkerin
Fragt sich, wer vom anderen begeisterter war: die Melkerin oder wir Youngtimer-Fahrer

Über Lichtenbusch geht es die E40 herunter, dann die E42 an Verviers vorbei, wo wir der Autobahn Lebewohl sagen und uns auf schmalen belgischen Landstraßen durch die herrliche Ardennenlandschaft nach Süden vorarbeiten. Da unser Kolonnenführer netterweise nicht gar so aufs Tempo drückt, bleibt Gelegenheit für den einen oder anderen Schnappschuss – etwa von dieser fröhlichen jungen Dame, die hinter einem artig aufgestellten Warndreieck eine Kuh am Straßenrand von ihrer Milch befreit und den vorbeirauschenden Altfahrzeugen begeistert zuwinkt.

Dorfkirche
Wuchtige Bauwerke des 14. und 20. Jahrhunderts

Meine Fahrposition am Ende der Gruppe birgt bei der gegebenen Fahrzeugwahl den Nachteil, dass hochaufragende Kirchen und mächtige Natursteinhöfe mit einem nicht minder ausladenden Fahrzeugheck um die vorhandenen Pixel auf meinem Kamerachip konkurrieren müssen. Aber sehen wir’s positiv: Immerhin ist es nicht die Coupé-Version des W140, die da vor uns die Szenerie befährt…

Allee
Eine schnurgerade Allee – hatten Napoleons Straßenbauer hier ihre Finger im Spiel?

Die schmalen Straßen führen uns abwechselnd über solch offenes Weideland und romantisch gewundene, bewaldete Täler. Sie sind manchmal kurvig und manchmal schnurgerade, manchmal bequem und manchmal, äh, belgisch. Manchmal überholen Motorradfahrer uns, manchmal wir ein Rudel Radsportler. Eins aber sehen wir nie, fällt uns im Nachhinein auf: Ampeln.

Schließlich überqueren wir die Grenze zu Luxemburg (was sich, wie um das Vorurteil zu bestätigen, von einem Meter auf den anderen an der Qualität der Straßendecke bemerkbar macht). In Wiltz steigt ein alter Studienfreund von Dirk zu, der uns zu einem kaum zugänglichen, aber umso reizvolleren Aussichtspunkt lotsen will. Über schmale Feldwege und vorbei an gestikulierenden Bauern geht es in einen Wald, wo die Aachener Sternenflottille zwischen schattenspendenen Bäumen vor Anker geht. Ein an den Heckwischer geklemmter Zettel mit einer Erklärung in Lëtzebuergesch macht etwaigen Ordnungskräften deutlich, dass wir die Erlaubnis des örtlichen Landwirts haben, zu sein wo wir sind.

Waldparkplatz
Parken im Wald

Etwa 200 Meter Fußweg dahinter öffnet sich der Wald und wir erreichen die kleine Lichtung des Aussichtspunktes Tempelskamp, wo ein hölzerner Aussichtsturm und einige Bänke mit Tischen die müden Reisenden begrüßen. Was für eine Aussicht!

Der Obersauerstausee
Der Obersauerstausee

Nach Süden hin ringelt sich der Obersauerstausee durch die Landschaft, ein künstliches Gewässer, das fast drei Viertel Luxemburgs mit Trinkwasser versorgt. A propos Wasser: Jetzt ist es Zeit…

Picknick am Aussichtspunkt Tempelskamp
Sachen raus, jetzt wird gepicknickt

…für unser Picknick, nachdem wir gut zweieinhalb Stunden in den weitgehend unklimatisierten Wägen gesessen haben. Dirks Bekannter Adrian zeigt uns, was luxemburgische Gastfreundschaft bedeutet und verteilt kühles luxemburgisches „Simons“-Bier in hübschen weißen Blechflaschen, Riesling-Pasteten und Küchlein. Wir würden am liebsten gar nicht mehr weg…

Strandbad
Unten im Tal wird derweil gebadet

…und beneiden die Badenden unten am Seeufer kein bisschen. Doch nach einer guten Stunde sind wir bereit zu neuen Abenteuern.

Noch eine Ruine
Nennt man so etwas eine Luxemburgruine?

Auch Luxemburg hat reichlich landschaftliche Reize, von den gepflegten hübschen Dörfchen und den diversen Burgruinen ganz zu schweigen.

Noch eine Burg
Noch eine. Ist das Burgenland nicht in Österreich?

Hinter jeder Kurve scheint eine neue Burg vom Berg zu dräuen. Doch es gibt noch andere faszinierende Bauwerke, etwa zwei Stahlträgerbrücken älteren Baujahrs. Es rumpelt mächtig, als unsere vier Stuttgarter Schwermobile über die schmale einspurige Fahrbahn zockeln.

Stahlträgerbrücke
Historisches Brückenbauwerk

Nach mehreren Kilometern durch bewaldete Berglandschaft zeigt sich hinter einer Linkskurve dieser Anblick.

Burg Vianden
So muss eine Burg aussehen. Nimm das, Disney!

Es ist die Burg Vianden, eine imposante Stauferfestung aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die in den 80er-Jahren in ihren heutigen Zustand restauriert wurde. Wir halten im kleinen Dorf zu ihren Füßen, doch mit freien Parkplätzen sieht es in diesem Touristenmagnet mau aus. Nach kurzer Fotopause müssen wir uns notgedrungen wieder auf den Weg machen. Doch ein Ziel haben wir noch vor uns, auch wenn es von außen weit weniger eindrucksvoll aussieht.

Eingang zum Pumpspeicherkraftwerk
Eingang zum Pumpspeicherwerk

Das nahegelegene Pumpspeicherwerk Vianden, mit über 1000 Megawatt Leistung eines der stärksten in Europa. Dabei handelt es sich nicht nur um ein normales Wasserkraftwerk, sondern um eine Art Stromspeicher: Wenn wenig Strom benötigt wird, zum Beispiel nachts, wird Wasser in einen Stausee gepumpt. Dieses hochgepumpte Wasser ist nichts anderes als gespeicherte Energie, die zu Spitzenzeiten wieder abgerufen werden kann. Weil sich mit solchen Pumpspeicherwerken der erzeugte Strom speichern lässt, sind sie ein wichtiger Bestandteil bei der Energieerzeugung aus Sonne und Wind.

Das Werk Vianden an der Ourtalsperre wurde 1964 eingeweiht. Heute halten der Staat Luxemburg und die deutsche RWE je 40 Prozent der Anteile. Der erzeugte Strom wird ins europäische Verbundnetz eingespeist.

Unterirdische Turbinenhalle
Blick in die Kaverne mit den Turbinen

Der Eingang ist offen. Über einen langen unterirdischen Schacht gelangt man in einen Besucherraum, von dem aus man in die 330 Meter lange und 25 Meter hohe Kaverne mit den neun gewaltigen Turbinen sehen kann. Eine zehnte befindet sich in einem Seitental, eine elfte ist gerade in Arbeit.

Leitstand
Kommandozentrale in Sechziger-Jahre-Holzoptik

Der Leitstand mit seiner Holzverkleidung, den mechanischen Schaltern und analogen Anzeigen erinnert ein wenig an Kernkraftwerke aus dem früheren Ostblock.

Coupéduo
Kraftpakete vor Kraftwerk

Draußen auf dem Besucherparkplatz bietet sich noch Gelegenheit für dieses aussagekräftige Foto: Kraftpakete vor einem Kraftwerk. Dann trennen sich die Wege unserer Gruppe: Dirk und Lars machen einen Schlenker durch Luxemburg, Sebastian und mich zieht es heim gen Aachen beziehungsweise Köln.

Coupé und Coupé
Auf der Autobahn

Wir fahren hinter Weiswampach über die Grenze, schließlich bei St. Vith auf die Autobahn und zurück nach Aachen. Unterwegs schießt Sebastians Freundin dieses schöne Foto meines Dieselboliden. Gegen 18.30 Uhr kurvt der Moorbraune auf den Europaplatz ein, eine Stunde darauf bin ich zurück in Köln – und reichlich geschlaucht von einer kurzen Nacht und vielen hundert schönen Kilometern Straße durch drei Länder.

Soviel ist aber sicher: In Luxemburg waren wir nicht zum letzten Mal. Das kleine Land verdient, dass man es mit viel Zeit im Kofferraum erkundet. Und irgendwann gibt es auch bestimmt mal einen freien Parkplatz an Burg Vianden.

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