Lesemann

Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Biotar 1.5 75
Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Biotar 1.5 75

Meine Lieblingsfigur am Aachener Dom (und nicht nur meine).

Magnoliendom I

Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Biotar 1.5 75
Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Biotar 1.5 75

Am Aachener Dom blühen die Magnolien wieder. Schöne Gelegenheit für erste Gehversuche mit einer Legende der Objektivwelt: dem Biotar 1.5 75 von Carl Zeiss Jena. Frisch und fachkundig überholt von Foto Olbrich aus Görlitz – eine wahre Stradivari. Aber eine, die man mit ihrer starken Randunschärfe bei Offenblende erst einmal spielen lernen muss.

#Instawalk im #Lieblingsdom

Als sich die schweren Türen hinter uns schlossen, hatten wir den Dom für uns alleine. Wir, das waren rund 30 Aachener Blogger, Twitterer, Hobbyfotografen und Instagram-Nutzer, die sich für den ersten #Instawalk durch die Aachener Bischofskirche angemeldet hatten. (Gut, genau genommen tapperten neben unserer Gruppe noch ein paar weitere Führer und Geführte durch Oktogon und Chor, aber im Vergleich mit der ständigen Whooling tagsüber herrschte geradezu anheimelnde Leere im nächtlichen Bau.) Bei einem Instawalk wird eine Gruppe von Menschen mit Schlaufons durch einen Ort geführt, fotografiert ihn dabei wild aus allen möglichen Winkeln und lädt die Bilder dann bei Instagram hoch. So ergibt sich eine kompakte Bildersammlung aus sehr unterschiedlichen Perspektiven – es ist schon wirklich interessant, worauf verschiedene Fotografen achten, welche Details sie bemerken und aus welchen Blickwinkeln sie an die Motive herangehen.

Eingeladen hatte das Bistum. Ein Video der Veranstaltung ist auf den Webseiten von Aachener Zeitung und Aachener Nachrichten zu finden, mein Kollege Tobias Königs aus der Onlineredaktion hat es produziert.

Worum es bei der ganzen Sache ging, hatte wiederum meine Kollegin Laura Beemelmanns schon vorher im Lokalteil der Aachener Nachrichten beschrieben. Die von unserer Truppe gemachten Bilder sind bei Instagram unter den Hashtags #instadomaachen, #lieblingsdom und #instakirche zu finden.

Auch wenn ich schon weißnichtwieoft im Dom gewesen bin: Er ist jedesmal anders, jedesmal neu. Diesmal, nach Geschäftsschluss sozusagen, war die Atmosphäre in den tausendjährigen Mauern wieder eine völlig andere als tagsüber, wenn Hunderte von Besuchern über die Bodenmosaike strömen.

Man hatte viel mehr Zeit, sich den Details zu widmen. Und viele Einzelheiten wie die winzige „Kirchenmaus“ im Mosaik im Obergeschoss des Oktogons am Karlsthron habe ich erstmals bemerkt – äh, gezeigt bekommen.

Und dass das Adlerpult in der gotischen Chorhalle eine satanische Fledermaus auf der Rückseite trägt, die tagsüber stets vom aufgeschlagenen Evangelium plattgedrückt wird, war den meisten von uns ebensowenig bekannt…

…wie die Teetasse samt Untertasse aus Bergkristall, die aus irgendwelchen Gründen in den Heinrichsambo, die vergoldete Predigtkanzel, eingearbeitet wurde. Angeblich handelt es sich um Teile eines Prachtgeschirrs aus der Aussteuer von Kaiserin Theophanu, der Gemahlin des Kaisers Otto II.

Auch selten so nah zu sehen: die Pala de’l oro, die goldene Vorderwand des Marienaltars, die aus ottonischer Zeit (etwa um 1020 herum) stammen.

Ein bei unserer Fototruppe besonders beliebtes Motiv war das Gnadenbild, die Marienfigur im Oktogon. Später habe ich dann in der Wikipedia nachgelesen, dass diese Maria mit Kind eine bewegte Geschichte hatte: Sie verbrannte beim großen Aachener Stadtbrand von 1656 fast vollständig, die beiden Köpfe und eine Hand Marias konnten aber gerettet und später restauriert werden. Sie wurden in die neu geschaffene Figur eingearbeitet. Auch die geborgene Asche der alten Figur wurde in in einen Hohlraum des neuen Gnadenbildes eingelassen.

Beide Figuren werden ständig „umgezogen“: In der Domschatzkammer werden mehr als 40 kostbare Gewänder und über 100 Schmuckstücke für sie aufbewahrt, darunter die Hochzeitskrone der Margareta von York aus dem Jahr 1468 und ein mit 10.000 Perlen und 72 Diamanten besticktes Gewand aus Spanien.

Ein deutlich gruseligeres Motiv ist dagegen der Totenschädel an einem Wand-Epitaph an der Nikolauskapelle. So echt er auch aussieht – er ist aus Stein.

Es war, wie gesagt, nicht ganz der erste Besuch für mich im Dom. Aber einer der interessantesten. Von jetzt an jedenfalls werde ich beim Betreten des Westwerks nie wieder den Fehler machen, das große Hundi mit der goldenen Pfote rechts neben dem Eingang für eine römische Wölfin zu halten. Wie wir nämlich von unserem Domführer Jean-Claude Kall erklärt bekamen, handelt es sich eigentlich um eine Bärin. (Außerdem ist sie womöglich griechisch und stammt aus dem 3. Jahrhundert vor Christus.) Den Organisatoren und Begleitern des Bistums hiermit noch einmal ein großes Dankeschön für diesen spannenden Einblick in Aachens faszinierendstes Bauwerk!

Und hier noch die übliche Anmerkung für die Altglas-Fans: Es war schon ein bisschen herausfordernd, in dem halbdunklen Gemäuer ohne Stativ auszukommen. Die Bilder entstanden mit zweien meiner lichtstärksten Objektive, dem Planar 1.4 85 und dem Distagon 2.0 28 („Hollywood“) von Carl Zeiss für Contax/Yashica, meist mit ganz geöffneter Blende oder – etwa bei den Oktogon-Bildern oben, aufgestützt.

Hochbetrieb

Sony A7II mit Pentacon 3.5 30, 2 Min., F22, ISO 50
Sony A7II mit Pentacon 3.5 30, 2 Min., F22, ISO 50

Aachen, Gaststätte „Postwagen“ am Rathaus, Blick auf Krämerstraße und Dom.

Erkenntnis des Tages: Wenn man nur lange genug belichtet, leert sich selbst Aachens belebteste Ecke in einer lauen Sommernacht irgendwann.

Pflichtaufgabe

Hohenzollernbrücke. Sony A7 II mit Carl Zeiss Jena Prakticar 1.4 50 II, ca. F11, 72s, ISO 100
Hohenzollernbrücke. Sony A7 II mit Carl Zeiss Jena Prakticar 1.4 50 II, ca. F11, 72s, ISO 100

Hilft ja nix. Wenn man schon mal in Köln ist, kann man auch gleich seine fotografischen Hausaufgaben machen. Gibt es irgendjemanden mit einer Spiegelreflex oder Systemkamera, der sich gegen 22 Uhr auf dieser Terrase noch nicht den Hintern abgefroren hat? Been there, done that.

Aber schee isses scho, gell?

Grashüpfer

Sony A7II mit Pentacon 2.8 135, 1/125s, ISO 400
Sony A7II mit Pentacon 2.8 135, 1/125s, ISO 400

Aus unserer Serie „Öcher Figürchen“ heute ein schwererer Brocken – oder ist es ein Grashüpfer? Wo reckt er seine Fühler in den regnerischen Abendhimmel?

Wasserspeier

Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Sonnar 2.8 200, ca. F11, 1/80s, ISO 125
Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Sonnar 2.8 200, ca. F11, 1/80s, ISO 125

Kann man den Aachener Dom eigentlich zu oft fotografieren, fragte ich mich selbst, als ich das ofenrohrgroße und wagenheberschwere Carl Zeiss Jena Sonnar 2.8 200 (Gewicht: 1,2 Kilogramm, Filterdurchmesser 77 Millimeter!) zu seinem ersten Außeneinsatz auf das Stativ wuchtete. Schließlich war es nicht ganz das erste Mal, dass ich Aachens Wahrzeichen in den Sucher nahm.

Und die Antwort, während die letzten Strahlen der Abendsonne eben noch über die Dächer lugten und die Wasserspeier am Dach des gotischen Chores in ein warmes Licht tauchten, lautet natürlich: Nein, auf keinen Fall. Weil jeder Tag anders ist, weil kein Moment wiederholbar ist, weil man kein Foto zweimal schießen kann. Nicht einmal an etwas 1200 Jahre Alten wie dem Aachener Dom.

Abendlektüre

Sony A7II mit Minolta MD 4 75-150, ca. F8, 1/25s, ISO 400
Sony A7II mit Minolta MD 4 75-150, ca. F8, 1/25s, ISO 400

Es geht doch nichts über ein gutes Buch zu später Stunde. 1200 Jahre alter bibliophiler Heiliger mit 1000-jährigem Hildesheimer Rosenstock am Aachener Dom.

Der Whow-Moment

Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 1/60s, ISO 3200
Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 1/60s, ISO 3200

Es gibt Momente, da klappt einem der Kiefer auf, da sagt man einfach nur „Whow“. Vielleicht ist es auch ein anderes Wort. Eins halt, das einem unwillkürlich entflutscht, wenn man eine Sekunde lang einfach nur geplättet ist. So einen Moment hatte ich heute. Es war nach dem achten diesjährigen TestessenAC im Lai Thai am Kehrmännchen, wie stets in wunderbarer Weise organisiert von Sabine.

Für das „Whow“ des Tages war allerdings nicht der Schärfegrad meiner Thai-Ente verantwortlich (auch wenn zwei von drei möglichen Chilischoten auf der Karte durchaus für den einen oder anderen heißen Moment sorgen können).

Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 1/40s, ISO 3200
Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 1/40s, ISO 3200

Nein, ich hatte ein neues Objektiv an der Nex. Wobei „neu“ nicht ganz das passende Wort für eine Linse ist, die 1979 erstmals auf den Markt kam, also irgendwas um die 30 Jahre alt sein dürfte. Und die jetzt schon seit etwa anderthalb Jahren unbeachtet in meiner kleinen Sammlung vor sich hin staubfängert. Ein vollmechanisches Minolta MD 50mm 1:1.7 Standardobjektiv.

Nach den begeisterten Berichten in diversen Blogs und Foren über die Güte von mechanischen Objektive aus der vordigitalen Zeit und ihre leichte Kombinierbarkeit mit den heutigen Systemkameras wollte ich damals auch unbedingt eins ausprobieren. Und schoss mir, mangels Erfahrung und Kenntnis, statt des bekannt brillanten Minolta MD 50mm 1:1.4 oder des 50mm 1:2 deren mittleren Bruder 1:1.7 (die zweite Zahl, also 1.7, bezeichnet die maximal offene Blende – alles unter 2 ist schon mächtig lichtstark).

Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 1/40s, ISO 3200
Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 1/40s, ISO 3200

Das 1:1.7 ist das Stiefkind des Trios. Bei Offenblende soll seine Schärfe vor allem in den Randbereichen nicht an die anderen heranreichen, wenn auch etwas abgeblendet allerdings kein Unterschied mehr feststellbar sein soll. Gekostet hatte mich das Schnäppchen ohne erkennbare Gebrauchsspuren denn auch nur irgendwas um die 25 bis 30 Euro – die begehrteren 1:1.4er-Modelle werden gerne für das Drei- bis Vierfache gehandelt.

Spaß machte der frisch ersteigerte Dinosaurier leider nicht. Die Schärfe war zwar tatsächlich brillant, der Tiefenschärfebereich dagegen so minimal, dass die ersten Probebilder kaum zu verwenden waren. Und da mir damals ISO-Werte und Belichtungszahlen böhmische Dörfer mit sieben Siegeln waren, kam auch nichts Gescheites bei den Experimenten heraus. Folglich dornröschenschlief der Mechaniker die letzten anderthalb Jahre im Köcher – bis jetzt.

Wenn man sich darauf einlässt, Blende, Belichtung und ISO-Zahl an Objektiv und Kamera selbst einzustellen und mit Hilfe von Displaylupe und Kantenanhebung zu fokussieren, dann entstehen plötzlich tatsächlich so etwas wie Fotos. Auch wenn das Fokussieren per Lupe nur bei sehr ruhiger Hand funktioniert.

Google LG  Nexus 5
Google LG Nexus 5

Doch es klappt: Trotz der um 50 Prozent verlängerten Brennweite – das 50-Millimeter-Standardobjektiv der Kleinbildkamera wird ja am kleineren APS-C-Sensor der Nex zu einem leichten 76-Millimeter-Teleobjektiv – und des verringerten Lichteinfalls durch den zusätzlichen Adapterring produziert die Alt-Neu-Kombination sogar im eher gedämpften Licht des Gastraums und trotz freihändigen Anvisierens der Thai-Ente brauchbare Bilder. Und was für welche. Bilder mit Farben. Bilder mit cremiger Hintergrundunschärfe.

Keine Frage, das hat was. Selbst bei so wenig günstigen äußeren Bedingungen und einem so wenig erfahrenen Fotografen zaubert dieser jahrzehntealte Oldie quasi aus dem Ärmel solche Schüsse hin. Und weil diese ersten Treffer so ermutigend ausfielen, habe ich auf dem Rückweg noch einmal an meinem bewährten Fotostandort am Klosterplatz angehalten und unter dem schützendenDach der Papeterie Clou auf die Domschatzkammer gepeilt. Das kleine Immerdabei-Teleskopstativ aus der Ortliebtasche geholt, 30 Sekunden Belichtung, ISO 100. Warten. Schauen: Und, wie ist es geworden?

Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 30s, ISO 100
Sony Nex-6 mit Minolta MD 50mm 1:1.7, 30s, ISO 100

Dann war er da. Nach dem Heranzoomen an die Mauersteine, an das regennasse Straßenpflaster, an den „Blütezeit“-Schriftzug des Blumenladens ganz hinten an der Straße: der Whow-Moment.

Was für eine kristallklare Schärfe. Der mechanische Ebay-Billigheimer mit seinen diversen Jahrzehnten auf dem Buckel spielt brandneue vollelektronische Komfortobjektive locker an die Wand. (Die Großbildansicht in der Galerie hier lässt sich über den X-Button oben rechts übrigens auf volle Bildschirmgröße bringen.) Man sieht mich begeistert. Und nachdenklich.

Und morgen: bei Ebay. Nach mechanischen Billigheimern gucken. Plötzlich sieht die schöne neue Fotowelt etwas anders aus. Wer braucht schon Elektronik, wenn er Brillianz haben kann?

Nächtliches Wollen

Das derzeitige Bemühen des Verfassers dieser Zeilen um, nun, fotografische Meriten führte am späten heutigen Abend dazu, dass eine Reihe von Passanten auf der nächtlichen Johannes-Paul-II-Straße irritierte Seitenblicke auf den Herrn warfen, der da vor dem Papeterieladen in komischer Haltung neben einem Fahrrad kniete. Was macht der da? Hynotisiert der seinen Gepäckträger?

Nein, der gute Mann hatte nur kein Stativ dabei, aber ein Motiv gefunden. Was also tut der eifrige Amateur? Er improvisiert mit dem, was er hat. Die Kameratasche als Beanbag auf dem Träger, darunter Zweirad statt Dreibein – und schon sind auch zehn Sekunden Belichtungszeit machbar.

Sony Nex-6 mit Sony SEL 20f28, f3.2, 8s, ISO 100, 20 mm
Sony Nex-6 mit Sony SEL 20f28, f3.2, 8s, ISO 100, 20 mm

Und wenn man diese Konstruktion etwa eine halbe Stunde lang auf dem Kopfsteinpflaster hin- und herträgt, kommt am Ende etwas heraus, das man glatt in einem Blog herzeigen könnte. Wären nicht die Straßenlampen so überhell geraten und hätte nicht der Mond so seltsame Ghosting-Effekte erzeugt.

Kunst kommt von Können, schrieb ein in Vergessenheit geratener Autor Ende des 19. Jahrhunderts, käme sie von Wollen, hieße sie Wulst. Es werden noch viele Fahrräder über viele Pflastersteine getragen werden müssen, ehe auf dieser Webseite so etwas wie Kunst zu sehen sein wird. Bis dahin begnügt euch bitte mit dieser wulstigen Aufnahme vom Dom bei Nacht. Und damit gute selbige.