Skandiblog 2: Der erste Schritt

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Um 18 Uhr hörte der Regen zum ersten Mal auf. Meine Chance! Nur raus aus dem Regenloch Aachen, weiter nördlich wird es schon besser sein. Eine Stunde später verlasse ich die Stadt. Es wird eine sehr, sehr unangenehme Fahrt. Der Regen bleibt mir erhalten, bei Köln, im Bergischen Land, an der Ewigen Baustelle von Hagen, im Stau am Westhofener Kreuz. Um 21.20 Uhr schaue ich auf den Kilometerzähler: 170 sind erst gefahren. Zweieinhalb Stunden gefahren, nicht mal die Hälfte geschafft.

Erst nach dem ersten Tankstopp am Autohof in Osnabrück reißen die Wolken auf. Den Rest der Strecke fahre ich im Trockenen und kann bis 130 hochziehen. Um Mitternacht bin ich endlich in Oldenburg – nach fünf Stunden und knapp 370 sehr nassen und kalten Kilometern. Erster Verlust: Eine Satteltasche hat ihre Regenhaube verloren.

Am Rande eines umfangreichen Tiefdrucksystems mit Schwerpunkten über Skandinavien und Südosteuropa wird von Nordwesten her an den kommenden Tagen sehr kühle Luft nach Mitteleuropa gelenkt und sorgt hier für einen wechselhaften Witterungsabschnitt. (Wetter Online)

Das kann ja heiter werden. Beziehungsweise das Gegenteil.

Skandiblog 1: Eigentlich…

…wollte ich ja am Mittwoch, 11. Juni, zu meiner Skandinavientour aufbrechen

…sollte der Reißverschluss an der Bodenplatte des Tankrucksacks normal auf- und zugehen

…hätte ich die erste Nacht schon in Oldenburg verbracht

…wäre ich dort am Donnerstagmorgen bei bestem Wetter nach Flensburg aufgebrochen

…wäre ich um diese Zeit schon an der dänischen Grenze.

Wetter-Screenshot

Aber erstens hat es gestern Abend nach stundenlangem Packen noch ungefähr zwei Stunden länger als erwartet gedauert, die Karten für Schweden und Norwegen aufs Navi zu laden. Als ich dann endlich spätabends loskam, riss beim ersten Tankstopp an der Jülicher Straße der Reißverschluss des Tankrucksacks. Bis er repariert war, war es schon viel zu spät zum Losfahren. Und heute hat es den ganzen Tag über in Strömen geschüttet und war schweinekalt. Das muss ich denn doch nicht haben.

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbeso müd geworden, daß er nichts mehr hält.Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbeund hinter tausend Stäben keine Welt.

Genau so bin ich den ganzen Tag in der Wohnung auf- und abge<s>tigert</s>panthert. Was für ein Frust.

Neues aus Baesweiler

Stufen. Viele Stufen. Irgendjemand meint, es wären vierhundertsoundso. Hilft jedenfalls nichts, wir müssen sie hoch. Alle. Oben wartet die Aussichtsplattform, hoch über dem Carl-Alexander-Park. Da wollen wir hin, Baesweiler von oben begucken. Das frisch eingeweihte Ausflugsziel im Nordkreis persönlich testen.

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Aber der Reihe nach. Vor den Stufen – Himmelstiege genannt – kommt nämlich erst einmal der Schwebesteg.

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Dann die Treppe. Wenn man beim Fotografieren etwas in die Knie geht, so wie der Fotograf dieser Bilder, ähnelt sie noch stärker der Nordwand des Karakorum 2. Sind es wirklich nur 80 Höhenmeter bis nach oben? Oder ist die Luft hier schon so dünn, dass sie uns so sehr nach ihr schnappen lässt?

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Der Weg führt entlang an alten Zeugnissen der 75-jährigen Bergbaugeschichte der Carl-Alexander-Zeche. Rostige Eisenträger, Schienenstücke, Überreste alter Loren…

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…und anderes Altmetall, von dem man als Besucher nicht recht weiß, ob es schon seit Jahrzehnten dort lag oder eigens zur Ablenkung der keuchenden Besucher neben die Treppe gekippt wurde.

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Einträchtig daneben: Schlacke- und Kohlereste auf dem Boden.

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Endlich oben! Über den Gratweg geht es quer über das Bergplateau…

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…an dessen Ende die Besucherplattform über die Klippe der Halde ragt…

Skywalk

…von wo aus sich ein spektakulärer Blick in das Wurmtal – halt, nein, falsches Foto.

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Hier haben wir die richtige Aussicht nach Süden, Richtung Aachen. Mindestens genauso beeindruckend, oder?

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Und so sieht es im Norden aus. An weniger diesigen Tagen ist die Aussicht noch schöner.

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Wer den Blick gezielter in die dunstige Ferne schweifen lassen will, der greift zum Fernglast – entweder dem mitgebrachten oder dem fest installierten.

Genug gestaunt, jetzt wäre ein Kaltgetränk genau das Richtige. Ein schickes Drehrestaurant fehlt hier noch. Gab es nicht Gastronomie unten am Bergfoyer?

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Das entscheidende Wort des vergangenen Satzes war „unten“. Also zurück zu den Stufen, den vielen…

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…bis uns die Erde wieder hat, wo das versprochene kühle Nass auf uns wartet.

Das war er also, der Carl-Alexander-Park. Nicht ganz der Grand Canyon, aber aus der tristen Industrieruine ist ein wirklich schöner Farbtupfer im Landschaftsbild des nördlichen Kreises Aachen geworden. Hübsche Anlage, hübsches Ausflugsziel. Vor allem: kostenlos. Kann man sich merken. Vor allem natürlich für weniger diesige Tage.

Foto Skywalk/Grand Canyon: Wikipedia/Purple

Die Dinge kommen in Bewegung

…und meine selbstgeschnitzte Kamerahalterung funktioniert auch. Wenn auch bei Geschwindigkeiten über 50 Sachen die arme Pentax ganz schön ans Vibrieren kommt. Naja, ist halt nur eine Fotokamera mit Videofunktion.

Den Ton muss man natürlich später rausschneiden, der geht gar nicht.

Ein Licht aufgegangen

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Eine XF 650 vor lieblicher ostbelgischer Landschaft. Was fällt uns an dieser Qualitätsenduro aus dem Land der aufgehenden Sonne auf?

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Genau, ihr Scheinwerfer strahlt und blinkt im Abendlicht, dass es nur so seine Bewandtnis hat. Und das, obwohl die Leuchteinheit von Nippons Tochter konstruktions(fehler)bedingt üblicherweise inwendig komplett von Kunststoffstaub überzogen ist, der sich im Lauf der Zeit vibrationsbedingt von den Einstellschrauben löst. Man vergleiche die Optik mal mit dem Bild von der Friedrichsfehn-Fahrt vor einer Woche.

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War eine ganz schöne Schrauberei, heute bei Michael in Lontzen. Er hat mir gezeigt, wie man das Lampengehäuse ausbaut und reinigt.

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Alle Seitenverkleidungen müssen runter, ebenso natürlich die Windschutzscheibe. Natürlich ist die Hälfte der Schrauben schon durchgenudelt, natürlich gehen die verhärteten Gummibuchsen dabei zu Bruch.

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Reflektor, Birne und Gehäuse waren komplett mit grauem Puder überzogen. Heißes Wasser, ein Spritzer Spüli und eine Bürste sorgten für das oben gezeigte gleißende Blinken. Leider kann man diese Aktion wohl jedes Jahr wiederholen, weil das Ding ständig neu zustaubt.

Unschön, aber immerhin müssen wir jetzt nicht trübäugig nach Schweden aufbrechen. Was im übrigen übermorgen geschehen soll.

Sie kommen

Invasion der Businessjets

Ein echtes Horrorszenario, das Spiegel Online da gerade zeichnet. Jaja, diese Businessjets sind schon schlimm. Vor allem die Piaggio Avanti mit diesen Dingern da hinten an ihren Düsen… diesen… Turbinenschaufeln oder so.

Das war wohl eine Ente in jedem Sinne des Wortes. Immerhin: In der Bildergalerie zum Artikel steht der Canard dann allerdings ganz korrekt als Turboprop beschrieben.

Morgenstimmung

Morgens, halb acht in Deutschland. Eine Landstraße im Kreis Düren, irgendwo bei Froitzheim. Letzte Morgennebel liegen über dem Land.

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Ich bin auf dem Weg nach Wollersheim, meine neue Sitzbank abzuholen. Sie ist höher und breiter gepolstert worden. Nun sitze ich nicht mehr an der Kante der „Kuhle“. Es ist ein ganz anderes Gefühl.

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Allmählich ist die Maschine reisefertig. Gestern Abend habe ich noch den fälligen Ölwechsel gemacht, vorgestern die bei Ebay ersteigerten Givi-Kofferträger an die Maschine geschraubt. Jetzt müssen noch Heizgriffe, 12-Volt-Steckdose, Lenkerstrebe, Navi- und Kamerahalter montiert werden. Und der innen zugestaubte Scheinwerfer ist auszubauen, zu reinigen und neu einzustellen.

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Vor mir liegen mindestens 3.000 Kilometer. Da macht man sich schon Gedanken, ob man das Richtige tut.

Eine Stunde, nachdem ich wieder in Aachen angekommen bin, verunglückt im Kreis Düren ein Motorradfahrer tödlich. Tue ich das Richtige?

Neues von der Fruchtfliege

Die Fruchtfliege, lateinisch Drosophila, ist ein nützliches Wesen. Biologen in aller Welt schätzen den kleinen Hautflügler als Versuchsobjekt für genetische Experimente, weil sein Erbgut überschaubar und sein Vermehrungsverhalten engagiert ist. Schüler in aller Welt lieben das Tierchen, weil sie ihm wertvolle Punkte in der Biologieklausur verdanken, jedenfalls meistens. Da wäre es wirklich an der Zeit, eine besondere Ehrung einzuführen.

Lasst uns einen Tag der Fruchtfliege ausrufen. Ich jedenfalls habe das sympathische Insekt am vergangenen Sonntag auf meine Art gewürdigt. Mit einer 750 Kilometer langen Drosophila-Gedenkfahrt von Aachen nach Oldenburg und zurück auf dem Motorrad.

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Es war – auch für die Geehrten – ein mitreißendes Erlebnis.