Entzeitstimmung

Sony A7 mit Carl Zeiss Planar 1.4 85, F2, 1/400s, ISO 100
Sony A7 mit Carl Zeiss Planar 1.4 85, F2, 1/400s, ISO 100

Einigen Objektiven – vor allem denen von Zeiss – sagt man nach, sie hätten den „3D-Pop“. Dieser dreidimensionale Effekt – es handelt sich nicht um den üblichen Freistelleffekt bei geringer Tiefensschärfe – setzt sich meiner Meinung nach aus hohem Mikrokontrast und hoher Lichtstärke zusammen. Das Planar 1.4 85 von Carl Zeiss könnte zu diesen „Pop-„Linsen gehören – ob es letztlich poppt, hängt aber auch stark vom Motiv und vom Licht ab.

Rail Movie

Sony A7II mit Carl Zeiss Vario-Sonnar 28-85
Sony A7II mit Carl Zeiss Vario-Sonnar 28-85

Ein paar Deppen tappern hinter Köln über Eisenbahnschienen, ein ICE wird umgeleitet, ein Anschlusszug nicht bekommen, zwei Reisende nach Österreich stranden in München. Immerhin komfortabel dank Hotelgutschein der Bahn (dafür ein dickes Danke!).

Das Road Movie, äh, Rail Movie endet mit einer Sonnenuntergangszene im Abspann.

Von Leere und von Lieblichkeit (Im Venn IV)

Es ist ein ruhiger Samstagnachmittag im Venn. Der Winter lastet noch schwer auf dem Hochmoor, die Nächte sind noch frostig, die Bäume noch kahl. Schwarz und blattlos ragen ihre Äste in den Himmel, braun und tot liegen Gras und Schilf am Boden. Aber zum ersten Mal seit vielen Tagen ist die Sonne herausgekommen, geht ein warmer Wind über die Ebene. Ein paar Halme, die sich nicht unter der Schneelast des zu Ende gehenden Winters weggeduckt haben, ragen mutig in den Wolkenhimmel. Es scheint, als ginge ein leichtes Beben des Erwachens durch die kahle Landschaft, als blinzele sie nach den Wintermonaten zum ersten Mal in etwas Wärme und Sonnenlicht.

Auch für die Besucher ist es der erste Spaziergang in etwas, das eine Ahnung von Frühling in sich trägt.

Was für eine stille, einsame Landschaft. Der Weg schlängelt sich durch niedrige Sträucher, immer wieder geht es lange Strecken über die typischen Holzstege. Die Landschaft ist in dunkle Braun- und Gelbtöne getaucht.

Allerdings: Wer ganz genau hinschaut, der sieht hier und da noch andere Farben.

Für den Spaziergang habe ich mir einen ganz besonderen Objektiv-Oldie aus der Vitrine geholt: ein Meyer Optik Primoplan 1.9 58, ein silbern glänzendes DDR-Spitzenobjektiv der 50er Jahre. Es ist sozusagen der Luxusbruder vom Brot-und-Butter-Primotar 3.5 50, das ich im letzten Beitrag vorgestellt hatte. (Das Personenbild und die Heideblüte habe ich allerdings mit dem Carl Zeiss Jena Prakticar 3.5 135 gemacht, alle anderen mit dem Primoplan.)

Das Primoplan ist legendär für sein Bokeh. Heute teste ich das zum ersten Mal, nachdem das Objektiv bei Foto Olbrich zum Reinigen und Justieren war. Und tatsächlich ist die Hintergrundunschärfe so cremig-künstlerisch wie bei einem Ölgemälde.

Scharf kann es allerdings auch (jedenfalls, seit Frau Schönfelder es gerichtet und feinjustiert hat).

Eigentlich hatte ich vor, mit dem Primoplan nur Detailaufnahmen mit verschwommenem Hintergrund zu machen und für alles andere das 30 Jahre jünger Prakticar zu nehmen, aber da der Oldtimer zumindest abgeblendet auch mit einer brauchbaren Randschärfe aufwartet, spare ich mir das Wechseln.

Die teilweise groteske Landschaft des Venns kommt jedenfalls gut zur Geltung…

…und die immer höher aufziehenden Wolken verstärken noch die dramatische Stimmung.

Was für eine Landschaft. Welche Worte passen da? Rauh? Romantisch? Öde? Leer? Lieblich?

Ja, es gibt Ecken im Venn, die wirken düster wie eine Mondlandschaft. Bevor hier Straßen gebaut wurden wie die in der Nähe verlaufende belgische Nationalstraße N67, war das Hochmoor südöstlich von Aachen gefürchtet. Menschen verirrten sich im Einerlei von Waldstücken und kahler Ebene, kamen von den schmalen Pfaden ab und landeten im Moor, erfroren im Winter in der windumtosten Eiseskälte. Die Glocke und das Leuchtfeuer von Baraque Michel sollten Wanderern Orientierung bieten. Mehr als 100 Menschen wurden so gerettet – wie viele im Venn ums Leben kamen, wird man nie wissen.

Heute machen asphaltierte Straßen, Holzstege, Wegweiser, Handy-Apps und GPS-Signale einen Ausflug ins Venn zu einem bequemen Wochenenderlebnis. Das schlimmste, was dem Ausflügler an so einem Tag drohen kann, ist ein Wolkenbruch. Der Spaziergang ist schon fast zu Ende, da fallen die ersten Tropfen. Schnell ins Auto – die Türen fallen zu, Minuten später öffnet der Himmel seine Schleusen. Während der Wagen über den rissigen Asphalt der N67 zhurück in Richtung Aachen fährt und die Scheibenwischer gegen den Wolkenbruch anpinseln, denkt der Besucher: Gut, dass ich jetzt nicht mehr draußen im Venn bin!

Der Glücksgriff

Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Macro-Prakticar, F22
Sony A7II mit Carl Zeiss Jena Macro-Prakticar, F22

Ich freue mich gerade über einen etwas exotischen Vogel, der mir heute Morgen aus der allseits geschätzten Elektrobucht zugeflogen ist.

Darf ich vorstellen? Ein Meyer Optik Primotar E 3.5/50. Das ungewohnte „E“ steht für „Einstellblende“: Das auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1957 neu vorgestellte Objektiv ist für damalige Verhältnisse äußerst modern mit sogenannten hochbrechenden Krongläsern und Tiefflinten konstruiert. Doch die gute Bildqualität hatte ihren Preis in der eher unterwältigenden Offenblende von F3.5 – das berühmte Tessar vom direkten Konkurrenten Carl Zeiss Jena glänzte schon längst mit F2.8. Also kamen die Görlitzer Ingenieure auf den Trick, die Linsen etwas größer anzulegen als für 3.5 nötig wäre. Öffnet der Fotograf nun beim Fokussieren die Blende mit Hilfe eines vorgesetzten zweiten Umschaltrings noch etwas weiter, hat er etwa Lichtstärke 3.0 zur Verfügung (zum Fotografieren ist diese Blende nicht nutzbar). Was eine Menge ausmachte, als man noch kein Liveview hatte, sondern auf das Licht im Sucher angewiesen war…

Einen „Geniestreich“ nennt Marco Kröger diesen Kunstgriff auf seiner lesenswerten Webseite Zeissikonveb.de (von der ich all diese beeindruckenden Fachinformationen gecopypasted habe): „Ich halte dieses Primotar E für das bemerkenswerteste Objektiv, das je in Görlitz entwickelt worden ist.“ Beim Verhältnis von Herstellungsaufwand zu erzielter Bildqualität sei das Primotar E nämlich „ein echtes Optimum“.

In meiner Vitrine bekommt der – wie bei Meyer nicht anders zu erwarten ansehnliche – Silberling einen Platz neben dem Zeiss-Biotar 2.0/58, diversen Tessaren 2.8/50, dem Meyerschen Hochleistungs-Klassiker Primoplan 1.9/58 und dem ja mittlerweile völlig überteuerten Trioplan 2.9/50. Und vervollständigt so meine Alu-Sammlung.

Nachdem der Neuzugang eine Stunde lang mit Mikrofaser- und Silberputztuch vom Dreck der vergangenen 60 Jahre befreit wurde, freut er sich auf den ersten Einsatz an der A7II. Ein paar Probeschüsse deuten schon mal auf brauchbare Schärfe und ein angenehm weiches Bokeh hin, typisch für die Meyer-Linsen aus dieser Zeit. Schade, dass das Primotar nur sechs und auch noch schnurgerade Blendenlamellen hat, statt der damals noch verbreiteten acht bis zehn oder gar deutlich mehr. Was beim „E“ nämlich zur Folge hat, dass die Spitzlichter im Hintergrund immer sechseckig sind, sogar bei Offenblende – ziemlich einzigartig in der Welt der Objektive.

Da liegt er nun und glänzt im Licht, der kleine Zylinder aus Metall und Glas. Der Fokusring läuft wie geschmiert, die Blendenlamellen rasten ein, wie sie sollen. Und das, obwohl die Linse als „für Bastler“ angeboten wurde. Und entsprechend günstig zu haben war.

Willkommen in meiner Sammlung, kleiner Geniestreich. Vielleicht bist du nicht das perfekte 50-Millimeter-Objektiv, nach dem wohl jeder Fotograf sucht. Aber ein Glücksgriff bist du bestimmt.

Grashüpfer

Sony A7II mit Pentacon 2.8 135, 1/125s, ISO 400
Sony A7II mit Pentacon 2.8 135, 1/125s, ISO 400

Aus unserer Serie „Öcher Figürchen“ heute ein schwererer Brocken – oder ist es ein Grashüpfer? Wo reckt er seine Fühler in den regnerischen Abendhimmel?

Ente orange und anderes

Heute mal das Pentacon 2.8/135 in den Öcher Tierpark geführt. Was für ein großartiges Objektiv die Görlitzer da vor fast 50 Jahren konstruiert haben – der Vordergrund ratten-, äh, erdmännchenscharf und der Hintergrund ein Aquarell.