Überseeflug

Irgendwann im Januar war dann endlich, endlich der ersehnte neue JAR-PPL in der Post. Mit allen Stempeln, Gültigkeiten und Klassenberechtigung für Reisemotorsegler. Ein Reisemotorsegler ist sowas wie das hier:

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Was in den darauffolgenden Wochen und Wochen noch fehlte, war Wetter. Und Zeit. Doch schließlich ward es Donnerstag, und siehe, beides war plötzlich vorhanden. Zeit zwar eher als Wetter (das hatte sich nach dem Mini-Frühling zum Wochenbeginn doch wieder etwas zugezogen), aber beides reichte aus für einen Flug. Und ein Reisemotorsegler war auch zur Hand, nämlich der da oben.

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Schnell noch vier Platzrunden geschrubbt – wegen der 90-Tage-Regel – und dann den Kurbel eingepackt, dem ich noch einen Gegengefallen für einen Segelkunstflug in Feurs schuldete.

Zeit und Wetter reichten noch für eine Spritztour in die Eifel. Der Sprit im Tank auch. Meinen Plan, für einen schnellen Sechzig-Euro-Kaffee zur Dahlemer Binz zu knattern, musste ich allerdings canceln. Soviel Zeit, Wetter und Sprit waren’s dann doch nicht.

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Doch wenn man etwa 20 Minuten lang von Merzbrück aus auf 154° nach Südosten öttelt, kommt schließlich linkerhand hinter Eifelwäldern und schneerestbeflockten Feldern etwas Blaugeschlängeltes in Sicht.

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Der Rursee, Verzeihung: die Rurtalsperre. Hier schauen wir auf den Westzipfel bei Rurberg, rechts unten der Obersee, rechts oben die Urfttalsperre. Wir drehen nach links und fliegen den eigentlichen Rursee hoch…

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…bis über der Eifel endlosen Wäldern die Staumauer bei Heimbach in Sicht kommt.

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Noch ist da unten keine Segelsaison, die Anleger sind ziemlich leer. Die Ausflugsdampfer liegen noch brav am Seehof vor Anker.

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Jetzt aber ab nach Hause, ehe Zeit, Wetter oder Sprit knapp werden. Die tiefstehende Sonne spiegelt sich noch einmal schön auf der Wasseroberfläche…

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…während voraus schon im Dunst die markante Dampfwolke des Kraftwerks Weisweiler auftaucht.

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So brummelt die India Romeo auf Nordkurs, 354°, wieder Aachen entgegen. Die Luft ist ruhig, und wenn nicht ein gelegentlicher Tröpfchenregen die Kabinenhaube sprenkeln würde, wär’s fast schon ein schöner Frühlingstag. Noch eine Runde um den Weisweiler Dampfpilz gedreht, dann zurück in den Gegenanflug von Merzbrück. Eine Dreiviertelstunde nach dem Start setzt unser Falke wieder auf der 08 auf und rollt gemütlich aus.

Hach ja. Das Maschineputzen nach dem Flug und der Papierkrieg mit Bordbuch, Flugbuch und Startliste können auch richtig Spaß machen. Endlich mal wieder oben gewesen. Und das ohne Lehrer oder Prüfer auf dem rechten Sitz. Wann haben wir das nächste Mal Wetter und Zeit?

Kuhflug

Falke im Anflug auf Merzbrück

Es ist unwahrscheinlich, dass die Scheibe Flugzeugbau SF 25 C – vom Hersteller stolz „Falke“ genannt, von ihren Nutzern liebevoll „Kuh“ oder „Rentnerjet“ – jemals in der Literatur als Beispiel für besonders gefälliges Luftfahrzeugdesign genannt wird. Die tief angesetzten Flügel recken sich in negativer Pfeilung aus dem kantig bespannten Rumpf heraus. Aus dessen Unterseite ragt ein einzelnes wuchtiges Mittelrad aus einer bauchigen Verkleidung heraus. Zwei winzige Stützrädchen an langen Stangen unter den Flügeln halten das Trumm am Boden in einer konstant kippelnden Waagerechten. Nein, schön geht anders. Auf der Ästhetikskala liegt der Falke am entgegengesetzten Ende zur, sagen wir mal, Dallach Fascination.

Im Nest des Falken

Dieses unförmige und unelegante Luftmoped hat eigentlich nur einen wirklichen Vorteil: Es fliegt – und das erstens gut und zweitens billig und dadurch drittens ziemlich oft. So wie die D-KNIR der Philips Fluggruppe Aachen gestern mit mir in die Eifel. Es war mein erster Flug zu einem anderen Platz von Aachen aus. Man muss ja die Gegend kennen, in der man unterwegs ist.

Über dem Rursee

Aus der Merzbrücker Platzrunde ging es geradewegs auf Kurs 153 Grad. In etwas über 3000 Fuß knatterten wir gemütlich über den Rursee….

Im Gegenanflug auf die Dahlemer Binz

…bis zum Flugplatz Dahlemer Binz, der sich 65 Kilometer weiter südlich in den tiefsten Wäldern der Eifel versteckt, irgendwo südlich von Monschau und Bad Münstereifel.

Falke in Binz

Unsere C 2000 nach der Landung, 35 Flugminuten nach dem Start. Die Landegebühr schlug mit flugschülerfreundlichen 4,50 Euro zu Buche. Für einen Falken ist die Binz so etwas wie ein Heimathorst: Ein Teil der rund 1500 gebauten SF 25 wurde hier vor Ort bei Sportavia Pützer in Lizenz gefertigt. Ob das auch für unsere D-KNIR gilt, weiß ich leider nicht.

Windräder in der Eifel

Nach dem Erledigen der Formalitäten geht es wieder auf den Rückflug, auf dem ich über die vielen Stauseen in der Eifel – hier die Olefbachtalsperre – staune. Aachen liegt irgendwo dahinter, auf 333 Grad im Dunst…

Stausee

…und noch ein ganzes Stück hinter dem Rursee, der sich wie ein chinesischer Drachen durch die Landschaft windet. Nach 37 Flugminuten landet die India Romeo trotz Seitenwind wieder glatt in EDKA. Was für ein angenehmer kleiner Trip.

Hätten wir uns im Flugplatzrestaurant auf der Binz eine Stärkung eingeworfen, es hätte tatsächlich der sprichwörtliche „One-hundred-Dollar-Hamburger“ werden können. Das ist unter Motorfliegern der Ausdruck für einen reinen Spaßflug zu einem nicht allzuweit entfernen Platz, wo man kurz etwas isst und sich dann auf den Rückweg macht. Dank der mächtig gestiegenen Kosten für Flugbenzin wird allerdings heutzutage aus dem Hundertdollarburger oft eher ein Dreihundert-Euro-Kaffee. Das Flugbenzin Avgas 100LL liegt zwischen 2,60 und 2,90 Euro pro Liter, von denen sich ein tyischer Flugmotor wie der oft in der Cessna 172 steckende Lycoming O360 gerne mehr als 40 pro Stunde nimmt.

Unser Falke mit seinem 80-PS-Limbach-Boxer ist dagegen mit Superbenzin von der Tankstelle zufrieden und suckelt sich davon keine zwölf Liter pro Stunde aus dem Tank.

„Kun lehmät lentävät“, sagt der Finne, wenn er etwas nicht glaubt: „Wenn Kühe fliegen“. Ja, sie fliegen tatsächlich. Gar nicht so selten sogar. Und sie machen dabei sogar ziemlich Spaß.

Der Falke ist gestartet

Endlich, endlich, es tut sich wieder was: Die ersten Schritte sind getan, das in 2009 abgelaufene Rating für Reisemotorsegler zu reaktivieren – und damit den PPL zu erhalten, der Ende des Jahres abläuft. Ein Prüfer ist gefunden, ein Fluglehrer zum Auffrischungskurs ebenso, mit der Luftfahrtbehörde sind Details geklärt – und jetzt war ich auch erstmals seit langem wieder mit einem MoSe in der Luft. Im Falke 2000 D-KNIR der Philips Fluggruppe Aachen konnte ich die ersten Platzrunden in Merzbrück seit 2009 schrubben. Und: Ja, es geht noch. Ich bekomme das dreihändig fliegbare Luftmoped (eine Hand am Knüppel, eine am Gas, eine am Bremsklappenhebel) offenbar immer noch heil in den Himmel und heil wieder auf den Boden, sogar auf den 500 Metern Flugzeugträgerlandebahn von Merzbrück. Erleichterung.

Fotos habe ich nicht gemacht, dafür war bei den neun Starts und Landungen, den Roll- und Stall-Übungen und der simulierten Ziellandung mit Triebwerksausfall zu viel zu tun. Aber auf der Festplatte sind noch ein paar Bilder vom 19. April 2009, als eine gewisse DG 1000 mit einem etwas nervösen Segelflugschüler im Wärmeschlauch über dem Kraftwerk Weisweiler kurvte…

Die Wolken von Weisweiler
Hier geht’s aufwärts: Das Kondensat überm Kraftwerk Weisweiler
Blick zum Tagebau
Hier geht’s abwärts: Blick rüber zum Tagebau
Das Kraftwerk Weisweiler
Hier wird das gute Co2 gemacht: Kraftwerk Weisweiler
Die Raststätte Aachener Land
Im Gegenanflug auf Merzbrück. Links die Raststätte „Aachener Land“
Merzbrück - Position
Das wäre jetzt der Queranflug – bisschen hoch allerdings…
Autobahnkreuz Aachen
Wir gehen denn mal runter…

Auch damals war der Vogel nach der Landung noch zu gebrauchen. Alles wie gehabt also, 2012 im Philips-Falken. Nur am Kreuz Aachen hat sich seit 2009 doch ein wenig getan.

Desert Storm

Man trägt wieder Tüpfeltarnung – dem militärischen Ambiente angemessen (der Flugplatz Merzbrück war mal ein belgischer Fliegerhorst). Klickt das Bild groß, dann kommt das beige-braune Gesprenkel erst richtig zur Geltung.

197_Tuepfeltower_800

Den Leo-Look verdanken wir diesmal übrigens nicht fränkischem Blütenstaub, sondern Sand aus der Sahara. Ich staune immer wieder, wie so etwas über tausende von Kilometern genau auf mein Auto geweht werden kann.