Achtung, radioaktiv: Carl Zeiss Jena 1.8 50 „Thorium“

Okay, radioaktiv stimmt zwar, aber gefährlich ist es nicht. Hier haben wir ein Pancolar 1.8 50 in der selteneren ersten Version. Es wurde 1965 vorgestellt und war das Spitzenobjektiv der DDR-Fototechnik (lässt man die Mini-Serie des Pancolars 1.4 55 für die Pentacon Super außen vor). Die Gläser dieses Objektivs bestanden aus dem Besten, was die Glastechnologie zu bieten hatte. So waren Thorium, ein in der Natur vorkommendes schwach radioaktives Element, und Lanthan beigemischt.

Das Pancolar war berühmt für seine leuchtenden, kontrastreichen Bilder. Weil die Produktion dieser Linsen aufwendig und gefährlich war, wurde das Objektiv aber nach drei Jahren noch einmal neu konstruiert und erschien dann noch einmal in der späteren, etwas höheren Zebra-Fassung, die zehnmal häufig gebaut wurde. In meinen Augen sind die Zebra-Fassungen von Zeiss & Co aus den 1960er Jahren die schönsten und edelsten in der Objektivgeschichte.

Das „Thorium-Pancolar“ ist zu erkennen an seiner etwas flacheren Fassung, den acht statt sechs Blendenlamellen (was für etwas rundlichere Spitzlichter im Bokeh sorgt) und den gelblich scheinenden Gläsern. Besonderheit: Liegt es längere Zeit im Dunkeln, verstärkt sich das Gelb, wird das Glas längere Zeit UV-Licht ausgesetzt, wird es transparenter.

Pancolare gelten auch heute noch als erstklassige Objektive und steigen seit Jahren im Preis. Sie sind für ihre Schärfe und ihr weiches Bokeh überaus geschätzt.

Wer mag, kann sich ja einmal durch die Flickr-Bilder in den Pancolar-Gruppen klicken und sich selbst ein Bild von der Qualität dieses Objektivs machen.

Schickes aus Schwaben: Schacht Ulm Travegon 2.8 35, Travenar 2.8 50 und Travenar 3.5 135

Dieses Trio repräsentiert das Schönste von Schacht, also dem Objektivbauer Albert Schacht aus Ulm. Diese Serie im Zebra-Design der späten 1960er-Jahre ist sozusagen der Schwanengesang der Tüftler aus Schwaben, denn 1970 wurde die Produktion eingestellt. Konstruiert hat sie, wie alle Schacht-Objektive, der große Ludwig Bertele, der Vater des legendären Sonnar 4 135 von Carl Zeiss Jena.

Diese drei Objektive haben etwas ganz Spezielles: die in meinen Augen hübscheste mechanische Schärfentiefe-Anzeige aller Objektive überhaupt. Beim Schließen der Blende schieben sich zwei rote Balken vor weißem Hintergrund auseinander und signalisieren damit die Veränderung des Schärfebereichs. Ein feinmechanischer Leckerbissen (und fürs Fotografieren natürlich herrlich unnötig). Außerdem gibt es bei diesen Objektiven einen Umschalter von manueller auf Automatikblende, was durch die Buchstaben A und M auf rotem Grund in einem kleinen Fenster angezeigt wird. Sowie einen Extraanschluss für einen separaten Drahtauslöser. Die Schwaben waren ja schon immer Perfektionisten…

Das Travegon 2.8 35 war das leistungsstärkste Weitwinkel von Schacht und mit sieben Linsen das aufwendigste. Der Sonnenuntergang im Hohen Venn (siehe unten) ist mit einem Travegon 2.8 35 abgerestlichtet worden – ich finde die Schärfe super.

„This lens (…) is a gem. In the lovely zebra livery of the era, it features the depth of field window that slides red indicators outward as the the aperture closes. A nifty feature. I was amazed at the sharpness of this lens. Even wide open it is VERY sharp.“
http://forum.mflenses.com/a-schacht-ulm-s-travegon-35mm-2-8-r-on-a7ii-helical-adapter-t77543.html

Das Normalobjektiv Travenar 2.8 50, ein Vierlinser, ist eine klassische Tessar-Konstruktion. Das Travenar war jahrelang DAS Standardobjektiv an der Spiegelreflexkamera Edixa von Wirgin Wiesbaden, dem westdeutschen Gegenstück zur Praktica von Pentacon aus Dresden. Ein leistungsstarkes Standardobjektiv mit hoher Schärfe.

Das Schacht Ulm Travenar 3.5 135 schließlich konkurrierte mit so weltbekannten Objektiven wie dem Sonnar 3.5 135 von Carl Zeiss Jena und dem Tele-Xenar 3.5 135 von Schneider Kreuznach.

„Das 135 Travenar ist mein am meisten genutztes Tele, obwohl noch ein Zebra-Sonnar, ein Kawanon, ein Pentacon-Bokeh-Monster und eine Revuenon-Optik vorhanden sind. Das geringe Gewicht, die Handlichkeit, insbesondere mit der Preset-Blendeneinstellung vorne am Objektiv, und die hervorragenden Bildergebnisse lassen mich sehr häufig dazu greifen.“
http://www.digicamclub.de/showthread.php?t=8863

Beispielsfoto: Travegon 2.8 35