Zwischendurch: Neues vom Straßenrand (4)

Wir unterbrechen das Baskenblog für eine aktuelle Meldung.

Sport! Sport ist ja das Nonplusultra überhaupt. Wer Sport treibt, tut nicht nur seinen Muskeln Gutes, sondern labt Körper wie Geist. Sport ist Balsam für die Seele, Sport fördert Durchblutung, reinigt die Gefäße, steigert das Wohlbefinden. Und kann auch gut sein für’s Portemonnaie, aber das weiß ich erst seit heute Morgen.

Wäre ich gestern nämlich noch nach der Arbeit zum Joggen gegangen, wie ich es mir vor dem Feierabend fest vorgenommen hatte, dann wäre ich heute Nachmittag noch um rund 200 Euro reicher. Weil ich noch ein paar Runden auf der Uni-Finnbahn drehen wollte, parkte ich mein treues Gefährt nach Dienstschluss schräg gegenüber der Wohnung, vor einem Altenheim einer Seniorenresidenz. Dort ist zwar Halteverbot, aber nur vormittags von 7 bis 14 Uhr. Dann ging ich kurz ins Haus, um mich umzuziehen.

Hätt ich nur, wär ich doch.

Aber irgendwie bin ich hängengeblieben, anderes war zu erledigen, dann war der Hunger doch zu groß – und da voller Bauch nicht gerne joggt, blieb es am Ende beim festen Vorsatz „morgen aber wirklich“.

Das dicke Ende kam heute früh. Vor dem Seniorendings ist nämlich eine Ladezone, und die wollte man am Vormittag bestimmungsgemäß nutzen. So kam es, dass ich zum ersten Mal in 15 Jahren, die sich das moorbraune Mobil in meinem Besitz befindet, vor einem leeren Parkplatz stand.

Abgeschleppt.

abgeschleppt

Ein netter Kollege brachte mich zum Gelände, wo die verhafteten Fahrzeuge aus Aachen in Sicherungsverwahrung hinter Gittern festgehalten werden. 129 Euro durfte ich beim freundlichen Abschleppunternehmen löhnen, und das Autochen war wieder mein. Die Stadt wird, so kündigte man es an, wohl nochmal 70 Euro von mir haben wollen. Viel Geld für einmal Nichtjoggen. Das Demütigendste an so einem Erlebnis ist, dass man sich über niemanden wirklich ärgern kann als über sich selbst.

Professionell sind die Jungs schon, das muss man zugeben (wenn sie die Karre auch wenigstens mal durch die Waschanlage hätten ziehen können für das Geld). Während ich den Braunen vom Hof bugsierte, kam der Schleppi schon mit dem nächsten Opfer am Haken: Honda Civic, rückwärts gezogen, mit den Hinterrädern auf einer Art Hubgabel. Beeindruckt hat mich, wie der Fahrer die Fuhre rückwärts, die ungelenkten Vorderräder voran, in eine Parklücke geschoben hat.

In New York war ich dagegen mal Zeuge, wie ein vollverspoilerter Mazda-Sportwagen abgeschleppt wurde. Da haben sie ganz stumpf zwei Haken unten an der Front befestigt, und als sie die Kiste angehoben haben, ging der Frontspoiler an den entsprechenden Stellen zu Bruch.

Das war also der zweite Akt meines Einbürgerungsverfahrens. Teil 1 war mit 15 Euro deutlich billiger.

Vorsatz für den Herbst: Mehr Sport treiben. Unbedingt. Schon aus finanziellem Interesse. Denn merke: Ein volles Konto ist für das seelische Wohlbefinden mindestens doppelt so gut wie für den Körper ein ganzer Tag auf dem Sportplatz.

Baskenblog: San Sebastián (3). Nachts.

Es wird langsam Abend, die Lichter gehen an. Während es in Deutschland jetzt langsam ruhig würde, fangen die Straßen hier erst richtig an, sich zu beleben. Selbst spät am Abend, gegen 22 Uhr, wird hier noch jede Menge los sein: Kinder spielen auf den Plätzen, alte und junge Menschen stehen auf den Straßen, man unterhält sich, lacht, plaudert, isst, trinkt, lebt, kurz: Es ist ein klein wenig anders als um dieselbe Uhrzeit in, sagen wir mal, Bielefeld.

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Zeit, sich auf den Heimweg zu machen. Mein Gastgeber will mich in die Welt der Pintxos einführen, wie hier die Tapas genannt werden. (Das allgegenwärtige baskische „tx“ wird „tsch“ gesprochen.)

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Vor dem Auditorio Kursaal wartet eine Menschenmenge. Es ist der letzte Tag des 56. Internationalen Filmfestivals. Später erfahre ich, dass unter anderem Antonio Banderas und Meryl Streep über den roten Teppich vor dem Eingang geschritten sein sollen. Ich warte zwar ebenfalls eine halbe Stunde lang vor dem Eingang, aber irgendwann wird es mir zu langweilig. Ich will endlich die berühmte einheimische Küche entdecken – schließlich hat Donostia-San Sebastián die höchste Dichte an Sterneköchen auf der Welt. Nirgendwo gibt es so viele Spitzenköche wie hier. Unzählige kleine private Kochclubs sorgen für erstklassiges kulinarisches Niveau.

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Das mit den Pintxos funktioniert so: Man trifft sich in der ersten Bar, zum Beispiel in der Bar Sport, trinkt dort einen Txakoli, einen leichten Weißwein, den der Ober in hohem Bogen ins Glas gießt, und nimmt sich ein, zwei Pintxos von den Tellern auf dem Tresen, ein Txistorra zum Beispiel, ein scharfes Paprikawürstchen (die länglichen auf dem nächsten Bild), oder ein paar Brocheta de Gambas mit Garnelen.

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Dann tappert man in die nächste Bar, zum Beispiel ins Munto, wo es als Spezialität Foie al la Plancha gibt, in der Pfanne gebratene gestopfte Gänseleber mit Traubensoße, oder Bolas del Mar, die aus der Tinte von Tintenfischen gemacht werden. Dazu trinkt man einen trockenen Rotwein – vielleicht einen Rioja.

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Zum Schluss geht es noch ins La Cepa, wo die Schweinehaxen von der Decke hängen und erstklassiger Jabugo serviert wird, hauchzarte Schinkenstreifen von Schweinen, die mit Korkeicheln gemästet wurden. Das Aroma ist unvergleichlich.

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Ein Teller Guindillas, Chilischoten, und Gabillas, frittierte Fleischbällchen, runden die Köstlichkeit ab.

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Wenn man dem dazu servierten roten Crianza weiter zugesprochen hat, die Pfefferschoten verlangen das, dürfte man jetzt schon ganz gut bedient sein. Zeit für den Nachhauseweg.

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San Sebastián bei Nacht ist wundervoll – etwa der Plaza de Constitución, wo auf den Balkonen der umliegenden Wohnungen noch die nummerierten Logen zu sehen sind, von denen aus früher die Stierkämpfe auf dem Platz beobachtet wurden.

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Oder die alte Kirche San Vicente Mártir. Sie überstand sogar den großen Stadtbrand vom 31. August 1813.

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Im Wasser des Urumea spiegeln sich das Hotel Cristina Maria und das Teatro Victoria Eugenia…

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…und während im Kursaal das Filmfestival seinem Höhepunkt entgegenstrebt, leuchten die Lichter der nächtlichen Stadt am Strand von La Zurriola.