Neues aus der Damenwelt

BLOGine 2007: Dramatische Oper in drei Teilen

I. Adagio moderato

Am Anfang stand eine gute Idee. Eva Katharina H. hatte sie, eine 23-jährige BWL-Studentin aus Berlin: Auf ihrem neuen Startup Bondea – „das offizielle Freundinnen Netzwerk Blog“ – rief sie auf zur Wahl der BLOGine 2007, also Deutschlands Blogger-Königin des Jahres. Auslöser waren Meldungen, wonach unter den Top 50 der deutschen Blogs praktisch kein von einer Frau geschriebenes zu finden ist (Ehrensenf-Katrin mal ausgenommen, aber deren Daily Videocast ist ja auch kein klassisches Blog).

Gesagt, getan: Bis zum 13. Mai wurden 122 Blogs nominiert, darunter einige mit sehr netten Namen: Draußen nur Kännchen, Pappalatur, die Naselnuss, Zeitrafferin oder Erdbeerwelt-Touri. Erstaunlicherweise war Anke Gröner, deren Blog in den Charts zuletzt knapp unter der 50er-Marke hing, nicht dabei.

Die Nominierten stellten sich in Kurz-Interviews vor. Am 16. Mai begann die Abstimmung, und zunächst lief alles gut. Nach 44 Stunden waren schon 1.500 Stimmen abgegeben worden.

II. Allegro con spirito

Bondea ist benannt nach der altrömischen Bona Dea, was „Gute Göttin“ bedeutet. Deren ausschließlich weibliche Priesterschaft kam ihrerzeit stets unter strengstem Ausschluss von Männern zusammen. Ob diese Treffen vor 2000 Jahren immer harmonisch abliefen? Mann weiß es nicht. Die heutigen Nachfahren der Gottesanbeterinnen Priesterinnen jedenfalls gerieten alsbald in Streit.

Es begann am 18. Mai mit einer auffälligen Häufung von Stimmen mit Arcor-IP-Adresse für das Blog vibes-bild. Die Organisatoren entschieden sich, 388 der offensichtlich vom selben Absender stammenden Klicks manuell herauszurechnen.

Ein nicht gerade transparentes Verfahren. Im Bondea-Blog gingen die Wogen hoch. „Schwachsinn“, „peinlich“, „Zickenterror“, hieß es. Auch gegen andere Nominierte wurde gekeilt. Alice: „Dieses Chaos-blog ‚lanu‘ ist weiter auf Nummer 1? Ist Lanu überhaupt ein Frauenblog?“, blogneurose: „ich glaube das ist einfach ne trittbettfahrerrin mit profilneurose“.

III. Finale furioso (sine chauvinismo)

Es folgten die ersten Rücktritte. Barbara L. stieg schon am 19. Mai aus: „Ich finde das alles nur noch peinlich.“ Die bis dato zweitplatzierte Pia zog am 23. Mai ihre Teilnahme zurück: „Frauen sind nicht in der Lage objektiv und freundlich als Konkurrentinnen aufzutreten.“ Erdbeerwelt-Touri Diana verabschiedete sich am selben Tag: „Ich wünsche den übriggebliebenen Damen viel Spass dabei, sich gegenseitig weiter zu zerfetzen.“ Am Abend hatten sich insgesamt sieben Teilnehmerinnen ausgeklinkt.

Königinlichen Spaß an alledem hat zweifellos die auf Platz 1 liegende Lanu (Ex-Dotcomtod, heute Boocompany), die in ihrem puristischen Blog den Zickenkrieg süffisant kommentiert: „Ich hatte nicht die Absicht, mich tagelang damit zu beschäftigen. Warum tu ich es dennoch? Weil ich es kann!“

Zu dem Zeitpunkt schien sie selber schon Opfer einer Schummelei Ungereimtheit geworden zu sein: Auf der Bondea-Seite fand sich ein Abstimmungsbutton „Lanu for BLOGine 2007!„, was an sich schon eigenartig genug gewesen wäre. Doch wer ihn drückte, gab seine Stimme nicht für Lanu, sondern jemand anderen ab.

Ganz großes Kino also. „Popcorn für alle!!!“ freute sich Lanu denn auch – das Bloginen-Chaos hatte bereits Eingang in die Boocompany gefunden. Nach knapp anderthalb Stunden war der Button wieder verschwunden – offizielle Erklärung: Er war nur kurz zum Testen der nach den Austritten geänderten Abstimmungs-Reihenfolge eingebaut worden.

Königlichen Spaß haben natürlich auch die Beobachter des Ganzen, etwa Robert Basic, der den „Catfight“ in seinem Blog mit einem Kätzchenvideo kommentiert („Am Ende kommt wahrscheinlich heraus, dass es sich um eine virale Kampagne von Dove handelt“). Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis weitere Wogen aus Spott und Häme aus Klein-Bloggersdorf über den Bloginen-Anwärterinnen zusammenbrechen (hier schon mal ein Vorgeschmack: „Stutenbiss 2.0“, „Zicken-Zoff und Wahlbetrug“ und „Auch eine Klofrau hat Visionen“).

Nachspiel.

Für den 28. Mai ist die Krönungszeremonie der BLOGine 2007 angesetzt. Wie es ausschaut, bekommt Lanu den iPod im Bondea-Design. Was bleiben wird, ist ein gewisses Gefühl des Bedauerns, dass so wenig genügt hat, so viel unangenehmen Nachgeschmack zu erzeugen.

Ob die schlechte PR für „das offizielle Freundinnen Netzwerk Blog“ am Ende doch gute PR war, wie es ja ein Sprichwort behauptet, wird sich zeigen. Zeigen wird sich auch, ob Katrin Bauerfeind (die das Ehrensenf-Schiff voraussichtlich Mitte Juni verlassen wird), weiterhin die einzige Frau unter den 50 meistgeklickten deutschen Blogs bleiben wird.

Es dürften jedenfalls nicht nur Frauen sein, die das ein bisschen schade finden würden.

Neues aus der Welt der Wissenschaft

Von Zeit zu Zeit flattern einem Journalisten Nachrichten auf den Schreibtisch, die beim Lesen ein feines Stimmchen im Hinterkopf auslösen: „Vorsicht, Aprilscherz“. Doch es ist zweifellos längst tiefer Mai, als die doch als seriöse Quelle einzustufende Presseagentur dpa folgendes vermeldet:

Viagra hilft Hamstern gegen Jetlag

Wäre man ein Hamster mit vielen „Miles & More“-Punkten, wäre das zweifellos Die Gute Nachricht Des Tages™.

Und während das Stimmchen im Hinterkopf noch murmelt „ich glaub, mein Hamster bohnert“, liest man staunend, was argentinische Forscher da herausgefunden haben. (Lauwarme Witzchen über die Hintergründe und näheren Umstände des Entdeckungstriebes der ja angeblich so heißblütigen Lateinamerikaner verbieten sich an dieser Stelle natürlich.)

Danach haben die Wissenschaftler den possierlichen Nagern das wohl bestbeworbene Mittelchen der Welt vor einer verkürzten Nachtruhe verabreicht. Die aufgegeilten derart präparierten Tierchen verkrafteten das verfrühte Aufstehen viel besser als ihre nüchternen Kollegen. „Der Wirkstoff Sildenafil verhindert dabei den Abbau einer Substanz im Gehirn, die an der Steuerung der inneren Uhr beteiligt ist“, heißt es. Allerdings hatten die viagrarisierten Hamsterlein mit einem Problem zu kämpfen, das auch den männlichen Nachfahren des Homo erectus nach dem Aufstehen nur zu bekannt ist, in dem schönen Gedicht „Hart ist der Zahn der Bisamratte…“ verewigt wurde und auf das hier nicht näher eingegangen werden soll.

Lauwarme Witzchen sind hingegen absolute Pflicht angesichts der potenziellen Anwendungsmöglichkeiten des Mittels beim Überwinden der körperlichen Folgen von Zeitverschiebung durch Langstreckenflüge. Sitzen Sie, lieber Leser? Zitat: „Gegen einen Jetlag könne Viagra nur im Falle von Fernreisen nach Osten eingesetzt werden, schreiben die Forscher.“ In umgekehrter Richtung helfe es nicht, da es seine Wirkung nur entfalte, wenn Tag oder Nacht verkürzt würden.

Ausgerechnet nach Fernost. Man stelle sich vor, wie demnächst 600 Bumsbomber-Touristen am Flughafen von Bangkok steif-, äh, -beinig die Treppe des Airbus A380 herunterstaksen. Die alte Weisheit „Nur Fliegen ist schöner“ erweitert ihre Gültigkeit um eine ganz neue Dimension. Hoffentlich sind die Abstände zwischen den Sitzreihen groß genug.

Offen ist noch die Frage, was auf solchen Flügen im Bordkino gezeigt werden soll. Filme, deren Inhalt eher die Wirkung steigert? „Heiße Nächte in Buenos Aires – Latin Lover im harten Einsatz“? Nein, sonst sind die Passagiere am Ende des Fluges noch zu erschöpft, den laglosen Jet zu verlassen, was ja dem Sinn der Aktion zuwiderliefe. Also lieber etwas streng Unerotisches, eine deutsche Komödie etwa, eine Dokumentation oder einen schönen Tierfilm. Vielleicht etwas über Hamster?

Seitenblick in die Blogtoonwelt

Wer nun glaubt, in der Blogosphäre herrsche immer so ein scharfer Ton wie im Welt-Bild-Fall (zu dem jetzt Welt-Chefredakteur Christoph Keese in der Süddeutschen aufschlussreich erklärte, warum die Blog-Beiträge der Autoren von Welt.de ab sofort redigiert werden), oder wie bis heute Morgen 9 Uhr zwischen „Boocompany“-Lanu und Robert Basic „Thinking“, der sei eines besseren belehrt.

Soeben entdecke ich nämlich via Turi2 beim Clap-Club nicht nur das erste witzige Video über die eingangs erwähnte Posener-Diekmann-Affäre, sondern – tataaa! Die Gute Nachricht Des Tages™! – auch die erste mir bekannte deutsche Blogger-Karikatur: Peter Turi trifft Stefan Niggemeier. (Die beiden haben sich bekanntlich ständig in der Wolle, zuletzt ging’s mal wieder um die Richtigkeit von Niggemeier-Zitaten bei Turi.)

Gut, ist wahrscheinlich nicht wirklich der erste Blogger-Cartoon. Aber der erste, über den ich gelacht habe.

Und für das Wort Blogtoon melde ich Gebrauchsmusterschutz an.

Neues vom Dachstuhl

Ist ja erstmal vorbei mit dem Sommer. Manch einen soll’s sogar freuen, dass es jetzt mal wieder regnet. Einen mit Sicherheit nicht: den Besitzer jener Halle in Nörvenich, von der schlechte Menschen jetzt die Regenrinnen geklaut haben.

Doch wie sagt der Dichter: Zum Schade kommt der Spotte, oder, bei uns Schreiberlingen: die Überschrift, die flotte. „Mit 30 Metern Rinnen von hinnen“ betitelte ein Kollege die entsprechende Meldung.

Lieber Hallenmann oder liebe Hallenfrau, wenn du das hier liest, tröste dich. Die Gute Meldung Des Tages™ lautet: Hätte alles noch viel schlimmer kommen können. Wenn die Diebe nämlich noch weitergemacht hätten mit der Dach-Demontage. Dann hätte da nämlich gestanden: „Mit 14.000 Pfannen von dannen“.

Seitenblick nach Springerstadt

Kein deutsches Medium reizt Journalisten und normale Menschen so sehr wie das Blatt mit den vier Buchstaben: die Bild. Das gilt für Medienjournalisten (Bild hat mit dem Bildblog sogar ein eigenes Wächtermedium an der Seite) ebenso wie für Otto Normalverbraucher (das Bildblog wiederum verzeichnet so viele Seitenabrufe wie eine mittlere deutsche Tageszeitung). Richtig spannend wird es, wenn die glatte Fassade des Springer-Hochhauses in Hamburg aufbricht und einen Seitenblick in die Kulissen ermöglicht.

So war es vor einigen Tagen unterhaltsam zu lesen, wie Chefredakteur Kai Diekmann im Interview mit der Netzeitung auf die Frage nach seinem Gehalt reagierte. Oder dass die Bild-Mitarbeiter am Tag der Pressefreiheit (3. Mai) vor allem über den geplanten Umzug nach Berlin debattierten, von dem sie gerade in einem Diekmann-Interview in der FAZ gelesen hatten, wurde berichtet.

Was aber heute hinter den Firewalls des Konzerns geschah, wirft ein interessantes Licht auf die Wertschätzung Diekmanns unter seinen eigenen Kollegen ebenso wie auf die innere Pressefreiheit im Verlag. Und auf die Macht der Blogosphäre, in der jetzt der Text kursiert, um den es geht.

Geschrieben hat ihn Alan Posener, Kommentarchef beim Springer-Blatt Welt am Sonntag. In seinem Blog „Apocalypso„. Posener hatte Diekmanns Abrechnung mit der 68er-Generation in Buchform („Der große Selbstbetrug“) als Anlass für eine bissige Replik mit dem Titel „Wir sind Papst!“ genommen:

[…] Ah ja, klar. Die 68er haben K. D. gezwungen, Politiker zu wählen, die haltlose Versprechen abgaben. (Wen meint er? Den Mann, dessen Autobiographie er als Ghostwriter mitverfasste? Den Mann der „blühenden Landschaften“?) Die 68er haben K. D. gezwungen, Verantwortung zu scheuen. (Was meint er damit?) Die 68er haben K. D. gezwungen, als Chefredakteur der Bildzeitung nach Auffassung des Berliner Landgerichts „bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung Anderer“ zu ziehen. Die 68er zwingen ihn noch heute, täglich auf der Seite 1 eine Wichsvorlage abzudrucken, und überhaupt auf fast allen Seiten die niedrigsten Instinkte der Bild-Leser zu bedienen, gleichzeitig aber scheinheilig auf der Papst-Welle mitzuschwimmen. Die 68er zwingen ihn, eine Kampagne gegen die einzige vernünftige Reform der Großen Koalition zu führen, die Rente mit 67. Die 68er zwingen ihn… aber das wird langweilig. Hier die Kurzfassung: ich bin’s nicht, die 68er sind’s gewesen. Das ist jämmerlich. […]

Was für offene Worte. Donnerwetter, staunte die Szene. Wie war das mit der Wahrheit und dem Mutigen, der sie ausspricht? Das Staunen war kurz. Schon um 11.47 Uhr, das Bildblog hat’s gestoppt, war der Beitrag aus dem Blog verschwunden. Nun war Poseners aktuellster Text wieder der vom Vortag, ausgerechnet über Zensur bei Welt.de (kein Scherz).

Da war es freilich schon zu spät: Findige Blogger hatten den Originaltext per Google-Caching gerettet. Da half es dem Verlag auch nichts mehr, die ganze Angelegenheit um 16.55 Uhr überhaupt nicht amüsant zu finden:

Dies ist die Entgleisung eines einzelnen Mitarbeiters. Der Beitrag von Alan Posener über Kai Diekmann ist ohne Wissen der Chefredaktion in den Weblog von Alan Posener gestellt worden.

Der Beitrag ist eine höchst unkollegiale Geste und entspricht nicht den Werten unserer Unternehmenskultur.

Bei Axel Springer gilt Meinungspluralismus, aber nicht Selbstprofilierung durch die Verächtlichmachung von Kollegen.

Was für geharnischte Worte. Posener hat das Mitgefühl der Blog-Szene (wie auf Technorati unschwer zu erkennen ist), und dass der komplette Text inzwischen auf vielen einschlägigen Blogs in voller Länge zu lesen ist und webauf, webab diskutiert wird, mag ihm zum Trost gereichen. Nebst diverser Auszeichnungen zum Kopf, Tropf bzw. Held des Tages.

Für den Autor, soviel gab der Verlag dann noch gegen 18.40 Uhr bekannt, werde die Angelegenheit immerhin keine personalrechtlichen Konsequenzen haben. Schön für ihn.

Die Zeitung mit den vier Buchstaben geht mit den Objekten ihrer Berichterstattung nicht immer zärtlich um. Und so mag sich der eine oder andere Leser wünschen, ihre Unternehmenskultur würde nicht nur vor der Verächtlichmachung von Journalistenkollegen Halt machen. Sondern auch vor der normaler Menschen.

Neues aus dem Mittelalter

Was wollte er darstellen, einen Gladiator? Hägar den Schrecklichen? Einen Super-Ninja-Turtle? Was auch immer: Das Ende seines Raubzuges wird sich ein 22-jähriger Aachener anders vorgestellt haben, als er mit einem Schwert bewaffnet am Dienstag einen Kiosk überfiel.

Gegen 18 Uhr war der Klingenträger in den Laden an der Aureliusstraße (schlau gedacht: aurum = lateinisch für Gold) getreten und hatte Geld gefordert. Doch dann wich die Handlung ab vom Drehbuch eines durchschnittlichen Fantasy-Video: Anders als der typische Bewohner eines überfallenen Dorfes verfiel der Mann hinter der Theke nicht in Panik. Statt um Gnade zu wimmern, zog er einen Schlagstock heraus.

Der verhinderte Samurai ließ sich nicht auf ein Duell der Hiebwaffen ein, sondern ergriff ohne Beute das Hasenpanier. Weit kam er nicht, die Stadtbüttel ergriffen den bereits vorbestraften jungen Mann schon kurze Zeit später. Tags drauf sollte der Übeltäter in Ketten vor seinen Richter geschleift werden.

Und damit sind wir bei der Guten Nachricht Des Tages™: Das Schafott wird ihm nicht drohen. Es hat nämlich auch Vorteile, wenn man nicht im Mittelalter lebt.

Neues aus der Welt des Datens

Nicht der Datenwelt, sondern der Dating-Welt. Ein guter Freund, nennen wir ihn P., hat sich in einer Online-Singlebörse eine potenzielle Lebensabschnittsbegleiterin ausgeguckt. Jetzt soll die Nacht in den ersten Mai den Rahmen bilden für den ersten Kontakt im First Life. Zu dem natürlich noch ein paar Anstandsfreunde mitgenommen werden, Mann kann ja nie wissen.

Lauschig die Nacht, romantisch die Erwartungen, die beinahe greifbar über Aachens Amüsiermeile hängen. Es wimmelt von alkoholisierten Frisch-Abiturienten und aufgebrezelten Mädchen in nicht immer vorteilhaften weißen Hosen. Durch das Gewusel kämpft sich die Gruppe um P. die Pontstraße hinauf zum fernmündlich arrangierten Treffunkt. Vorneweg erkundet der Schreiber dieser Zeilen als Friend-Scout unauffällig das Terrain. Da, vor dem Grill, das müssen sie sein.

„Uh-oh“, murmelt das Unterbewusstsein, und wenn es das beim ersten Blick auf jemanden tut, wird auch dem Verstand klar: Hier haut etwas nicht hin, hier läuft etwas mächtig schief. Was jetzt? Sagt man etwas? Lässt man das Unheil seinen Lauf nehmen?

Nach einem etwas steifen Begrüßungs-Handshake zwischen den beiden einsamen Herzen und ihren jeweiligen Begleitern wird eine Szenebar angesteuert. Und dort wird schon nach den ersten Gesprächsansätzen allen Beteiligten unbarmherzig klar, dass nicht sein wird, was gewollt war. Da bedarf es gar nicht der beiden Gläser Mineralwasser der Damen, die den knallbunten Cocktails der Herren auf dem Tisch vorwurfsvoll gegenüberstehen. Starre Blicke flattern zu den jeweiligen Sekundanten: Tu was! Hol mich hier raus! Die Helfer fahren ihre Beteiligung an der Konversation auf das absolute Minimum herunter. Bloß keine Verlängerung provozieren.

Immerhin: Der gescheiterte Anbahnungsversuch wird mit Anstand durchgezogen. Schließlich signalisiert die Begleiterin der Dame unendliche Müdigkeit, oh, dann muss ich auch jetzt los, die hat meinen Schlüssel, tschüsschen, wir mailen uns.

Puh.

Den solcherart Sitzengelassenen bleiben zwei halb getrunkene Coladas und die Erkenntnis, dass man auch auf dem selben Planeten in verschiedenen Welten leben kann. Wenn auch ein trügerisches Internet die Distanz zwischen ihnen manchmal so klein wirken lässt.

Seitenblick ins Web 0.0

So langsam wird es Zeit für eine zweite Kolumne neben den „Breaking News“. Zu spannend, zu interessant, zu wichtig ist oft, was Kollegen aus der Medienszene schreiben. Stumpf auf fremde Texte zu verlinken ist keine große Kunst – doch der Zwang, bestimmte Dinge weitergeben zu müssen, ist einfach stärker. Darum gibt es von nun an hier einen Seitenblick zu besonders lesenswerten Texten im Netz.

Den Anfang macht Handelsblatt-Journalist Thomas Knüwer, der in seinem bekannten Blog „Indiskretion Ehrensache“ ein Essay eingebunden hat, indem er die Technikfeindlichkeit unserer Politiker, Lehrer und Entscheider und deren dramatische Auswirkungen für Deutschland brillant analysiert:
Generation Web 0.0.

Schon vom Vortag, aber immer noch frisch ist der Text von Stefan Niggemeier. Der Medienjournalist und Bildblog-Mitbetreiber beobachtet im Internet eine
Erosion des Qualitätsjournalismus.

Und zum Schluss noch etwas eher Amüsantes. Zu den unterhaltsamsten (oder abschreckendsten) Geschehnissen in der Blogosphäre zählt die ewige Schlammschlacht zwischen Don Alphonso alias Rainer Meyer (Blogbar, Rebellmarkt) und Peter Turi (Turi2, Küchenruf).

Zuletzt hatte Turi in seiner neuen Kolumne bei Vanity Fair heftigst auf Meyer eingedroschen:
Minenfeld 2.0.
Dessen brüllendes Schweigen mich ahnen lässt, dass das Gemetzel gerade mal wieder auf der juristischen Meta-Ebene weitergeht.

Stefan Niggemeier, der kaum Sympathien für einen der Kombattanten verdächtig ist, aber schon des Öfteren mit beiden zu tun bekomment hat, kommentiert das Geschehen aus seiner Sicht:
In eigener Sache und in Sachen Turi.
Die Grundlagen des Konflikts hatte er schon im August 2006 erläutert:
Turi und Fonsi.

Neues aus der Podwelt

Letzten Freitag. Cocktailabend bei Freund O., der ein Mac-Mensch ist. Auf dem Schreibtisch einen monitorförmigen Breitbild-Apple, im Wohnzimmer einen ausgedienten iMac – das alte „Schreibtischlampen“-Modell. Letzterer dient als MP3-Server und serviert über iTunes den ganzen Abend lang wohltemperierte Musik. Die Playlists bilden guten Gesprächsstoff, wenn die Pausen beim Nippen an den diversen Drinks mal zu lang werden sollten.

MP3-Player lassen sich bekanntlich mit diversen Oberflächen, Skins genannt, an jeden noch so ausgefallenen Designwunsch anpassen. Doch was Freund O. da auf dem Desktop hat, toppt die üblichen Optikspielereien bei weitem: Schnörkellos kühl, grau und nüchtern, die Titel großflächig untereinander angeordnet – Neunziger Jahre pur. „Whow, ist der Retro, wo hast du den denn her?“ staunt einer. Großes Hallo, bis jemand aufsteht und nachguckt.

Es war die Online-Fahrplanauskunft der ASEAG.

Schade eigentlich. Ich hätte gerne gewusst, wie Red Earth, Laurence Mountain, Europe Square oder Judge I akustisch gekommen wären.

Neues aus der Unterwelt

Verbotenes reizt Sie? Am Kabelanschluss im Keller haben Sie sich heimlich mit Krokodilklemmen verdrahtet? Bei der Steuererklärung der Taxiquittung eine zusätzliche Null angefälscht? Dann dürfte Sie der neueste Trend aus der Welt des Halblegalen interessieren: Schwarzgoogeln.

Was klingt wie ein Freitagnachmittagsgag gelangweilter Grafiker, ist laut den Machern dieser Webseite eine prima Methode, Energie zu sparen. Demnach verbraucht ein Monitor für das Darstellen von Farben unterschiedlich viel Strom. Von Weiß mit 74 Watt Verbrauch (pro Stunde? Tag? Jahr?) bis Schwarz mit 59 Watt reicht die (Farb-)Palette auf dieser Seite hier.

Ob das stimmt, wage ich nicht zu beurteilen. Aber die Gute Nachricht Des Tages™ ist, dass man jetzt endlich ohne schlechtes Gewissen Schwarzsehen kann.