Das Geheimnis

Sojapoel-34_600Wenn alles funktioniert, habe ich das Paradies entdeckt. Es ist der C1000-Supermarkt in Vaals, gleich hinter der Grenze links. 52 Cent, sage ich nur. 52 Cent.

TÜV-Nachspiel

30. Juni, Samstag. TÜV in Osnabrück um 11.30 Uhr. Einzige Mängel: Die Bremsen hinten rubbeln (was ich weiß). Das „Tragbild“ ist schlecht – Schreiben und Klötze sind anscheinend noch von 2000 / 277.000 km. Offenbar ein Standschaden. Und vorne ist der innere Kopf der äußeren Spurstange ausgeschlagen.

Immerhin: Mehr ist nicht. Erstaunlich. Mein Versuch, vor 13 Uhr bei PV in Bielefeld zu sein, um Ersatzteile zu kaufen, scheitert an lächerlichen fünf Minuten. Sehr ärgerlich – jetzt werde ich unverrichteter Dinge nach Aachen zurückmüssen und noch ein zweites Mal zu Siggi hochfahren müssen.

Bei Holger H. bekomme ich dann aber immerhin eine neue, originale W123-Fünfgang-Schaltkulisse sowie neue Wasserablaufschläuche für die Motorraum-Stehwand und eine Wasserablauftülle für den Schweller.

Zurück zu Siggi. Der baut die Kulisse ein und – oh Wunder – die Gänge lassen sich allesamt schalten wie Butter. Erstklassig. Getriebe- und Differenzial-Öle werden gecheckt und aufgefüllt. Das vom Getriebe (ungewechselt) ist noch himbeerfarben sauber, das vom Diff ist neu gekommen (Liqui Moly). Es wird der Tacho vom 250 wieder eingebaut und auf den richtigen Kilometerstand gebracht.

Leider heult der Antriebsstrang etwas. Holger tippt auf das Diff.

Sonst läuft der Wagen wieder super. Rund und stark. So geht es mit Vollgas hoch nach Oldenburg. Das Garmin-Navi misst echte 150-151 km/h Höchstgeschwindigkeit auf der Hinfahrt, angezeigt werden etwa 163. Das hatten wir letztes Jahr schon einmal – allerdings auch schon mal 173.

Auf der Rückfahrt sieht es mit rundum auf 2,4 bar erhöhtem Reifendruck noch etwas besser aus. Das sind allerdings immer noch nicht die echten 160 oder so, die ich erhofft habe.

Und weil es keine Rose ohne Dornen gibt, schlägt die Tachonadel, der Tageskilometerzähler hakt bei jeder 9 und die Tachobeleuchtung funktioniert nicht. Immer ist was.

TÜV-Vorspiel

29. Juni, Freitag – und ein freier Tag. Mit Petra fahre ich im Golf erst nach Bad Salzuflen, wo ich bei Bernd R. (einem Bekannten von Holger H.) für 10 Euro einen Rückwärtsgang-Schalter kaufe, dann zu Holger, wo ich meine alte schwarze Lenkradkralle aus dem Schrott wieder rausfische (hatte sie ihm zusammen mit anderem unverwertbarem Plunder im Zuge des Umzugs geschenkt). Das Ding habe ich im August 1993 gekauft – es war eines der ersten Zurüssteile, die ich dem Wagen gekauft habe.

Dann zu Siggi. Der stellt das Getriebe ein – allerdings lassen sich Rückwärts- und fünfter Gang trotz aller Mühe nicht vernünftig schalten. Ich übernachte bei Martin P.. Morgen will ich gleich zum TÜV.

Neues aus der Apfelwelt

Hier kommt sie, die Gute Nachricht Des Tages™ für alle Stets-die-neuesten-Gimmicks-Habenmüsser, Apple-Freaks und Mackies (und solche soll es ja in den besten Redaktionen geben): Das iPhone ist nicht nur im Anmarsch und im Begriff, unser aller Leben umzukrempeln. Es taugt auch was. Das hat ER gesagt, Walt Mossberg, oberster Techie-Reporter der USA und damit vielleicht der ganzen Welt.

Mossberg gehörte zu den ersten Menschen überhaupt, die das sagenumwobene Manteltaschenminimonster nicht nur in der Hand halten (schon das ist sonst nicht einmal Hollywood-Stars erlaubt), sondern sogar intensiv testen durften. Jenes Telefon, das Steve Jobbs auf einer Pressekonferenz wie ein Popstar der jubelnden Menge vorführte. Das schon vor seiner Markteinführung einen Hype auslöste, dass der deutsche Zulieferer Balda die Produktionskapazitäten hochfahren musste. Das jede Konkurrenz schon vorab sang- und klanglos untergehen lässt. DAS iPhone eben. Das iPHONE.

Und Mossbergs Urteil, gesprochen in seiner Kolumne All Things Digital, lautet: A Breakthrough Handheld Computer, was schlecht übersetzt heißt: ein bahnbrechender, äh, tragbarer Computer. Also ein Handheld. Nach der Veröffentlichung des Textes beim Wall Street Journal dürften bei den Apple-Marketingfuzzis die sprichwörtlichen Sektkorken geknallt haben.

So, das war’s auch schon mit den guten Nachrichten. Jetzt die Schlechten. Beginnen wir in den USA.

1. Wer ein iPhone haben will, muss sich hinten anstellen. Und die Schlange für den Verkaufsstart am Freitag, 29. Juni, 18 Uhr, ist lang – sie begann bereits am Montagmorgen vor zwei Tagen, als der erste Camper sein Zelt vor dem Apple Flagship Store an der Fifth Avenue in New York aufschlug. Eine schlechte Nachricht für alle Leute mit unbequemen Schuhen.

2. Der Mann, der ganz vorne in der Schlange steht, der erwähnte Camper, ist der hier. Greg Packer, Berufsschlangesteher und Meinungsager. Eine schlechte Nachricht für die erwähnten Apple-Marketingfuzzis. Denn der ehemalige Autobahn-Bauarbeiter ist vielleicht, wie soll man’s nett sagen, nicht ganz der von ihnen angepeilte iPhone-Nutzer des Typs jung, gutaussehend und vermögend. Aber wie formulierten es die Jungs von Gizmodo so schön: Er ist der lebende, atmende, schwitzende Beweis, dass das iPhone tatsächlich bei den Massen ankommt.

3. Und wer eines der 500 bis 600 Dollar teuren Dinger erbeutet hat, für den beginnen die schlechten Nachrichten erst richtig. Dass Apple einen Exklusivvertrag mit dem Telefonanbieter AT & T abgeschlossen hat, dessen Netzqualität nicht gerade einen makellosen Ruf hat, ist bereits moniert worden. Schlimmer noch, für den günstigsten der angebotenen Zweijahresverträge ist eine Grundgebühr von monatlich knapp 60 Dollar zu berappen. Ergibt, die Süddeutsche hat’s ausgerechnet, an Grundgebühren mindestens weitere rund 1440 Dollar.

In Deutschland sieht es nicht besser aus. Hier ist noch nicht einmal heraus, welcher der vier Telefonriesen T-Mobile, Vodafone, ePlus und O2 das Rennen um die Exklusivverträge machen wird. Wie ich die Brüder einschätze, wird unsereiner ähnlich geschröp zur Kasse gebeten wie die Nutzer in den USA.

Und das Schlimmste: Vor Herbst passiert gar nichts bei uns. Solange heißt es: Durchhalten, sich mit Satire-Videos die Zeit totschlagen…

…und weiterhin die unzumutbaren Steinzeithandys benutzen, mit denen wir bis heute gequält werden.

Während der Wartezeit können Sie sich ja schon mal überlegen, wo Sie Ihr Zelt aufstellen werden.

Aachener Einbürgerung

27. Juni, Mittwoch: Der Wagen hat noch drei Tage TÜV und AU. Ich besorge beim Aachener Straßenverkehrsamt neue Nummernschilder – den neuen EU-Brief gibt’s gleich mit dazu, für nur 46 Euro. Die Schilder kosten nochmal 27 Euro. AC-CD 240 war schon weg, W 123 auch. Jetzt bekennt sich der Wagen zu seinem Dieselmotor: AC-OM 616.

Neues aus der Y-Welt

Wer sich beruflich oder privat für ein bestimmtes Thema dauerhaft interessiert, handelt nicht dumm, wenn er sich nach entsprechenden Blogs umschaut. Während sich selbst Journalisten immer noch gerne mit ebenso abwertenden wie sachkundigen Bemerkungen über die Blogosphäre hervortun („keine Ahnung, warum sich jemand für diesen Dreck interessiert“, gefunden via Thomas im Winzerblog), wächst und gedeiht die Bloglandschaft. Und treibt immer mehr hochinteressante Blüten.

Ein Beispiel. Man muss kein Ewiggestriger oder Sammler von Militaria-Geklimper sein, um mit dem Thema Landesverteidigung in Berührung zu kommen. Es genügt schon, sich für aktuelle deutsche Außen- und Innenpolitik zu interessieren – schnell steckt man in Themen wie dem Attentat auf Bundeswehrsoldaten im afghanischen Kundus, die Bundesmarine-Schnellboote vor der libanesischen Küste, die düstere Geschichte von Murat Kurnaz oder den jüngsten „Aufklärungsflug“ der Tornados über dem Camp der G8-Gegner beim Gipfel von Heiligendamm.

Abseits von dem, was dazu die großen Magazine und Nachrichtenagenturen berichten, gibt es noch das, was die Experten zum jeweiligen Thema zu sagen haben. Und was oft, sei es mangels Platz oder mangels Publikumsinteresse, nicht mehr in die jeweiligen Blätter, Sendungen oder Online-Ausgaben aufgenommen wird.

Aber in die Blogs.

Da ist zum Beispiel „Augen geradeaus!“ von Focus-Redakteur Thomas Wiegold. Was der Wehrexperte über die olivgrünen Jungs bloggt, ist auch dann spannend, wenn es nicht um kollidierende Schnellboote und deren plötzliches Verschwinden vom Google-Videoportal geht.


Navy Boats Collide At Full Speed – Watch more free videos

Wiegold spricht nicht als einziger zum Thema. Da gibt es noch das Bendler-Blog (das ist nun wirklich mal ein origineller Name!) mit „Anmerkungen zur sicherheitspolitischen Kommunikation“, das Aerospace & Defence Weblog… logisch, dass auch Soldaten und solche, die es werden wollen, über ihren Weg zur Bundeswehr oder ihr Abenteuer Bundeswehr berichten. Mal mehr, mal weniger kritisch, mal mehr, mal weniger selbst betroffen. Aber wie bei Blogs immer gilt: Näher dran an der Materie geht kaum.

Thema durch. Bundeswehrblogs sind, wie gesagt, nur ein Beispiel für den Orchideengarten der Blogosphäre. Wer’s lieber kulinarisch mag, sei auf das eingangs erwähnte Winzerblog verwiesen. Oder auf Lieber Wein!, Wolfis Wein-Worte, Aus dem Keller frisch ins Glas, den DrinkTank, und, und, und

Neues aus der Welt der Justiz (Update) (oder Rückblende)

Zu früh gefreut. Noch vor gut zwei Wochen lobpreiste ich an dieser Stelle ein Urteil des Landgerichtes Berlin. Danach müssen die Betreiber von Internetforen nur eingeschränkt für das geradestehen, was ihnen andere Leute auf die Seiten schreiben. Aber Berlin ist nun einmal nur eines von mehreren Ländern der Republik und sein Landgericht nur eines von vielen. Hamburg hat ein anderes, und die dortigen Halbgötter in Schwarz haben in derselben Sache eine ganz anderere Rechtsauffassung.

So las ich gestern mit mittelschwerem Schaudern bei den Kollegen vom Spiegel vom einen Monat älteren Urteil des Landgerichtes Hamburg über die Haftung von Forenbetreibern im Internet. Es ging um den SupernatureFall (wer’s nachlesen will: Der Urteilstext findet sich hier.)

Das Urteil besagt: Wir alle, die wir ein Forum (wie bei AZ-Web und an-online.de) oder ein Blog (wie dieses hier) betreiben, können durchaus voll für das verantwortlich sein, was irgendwelche Menschen dort hineinschreiben. Auch bei Unkenntnis der Inhalte.

Die Auswirkungen für die deutsche Internetlandschaft wären dramatisch; und nicht umsonst macht mich gerade ein Leser in den Kommentaren darauf aufmerksam (und hat der Kollege von gegenüber mir den SpOn-Text auch noch einmal auf den Tisch gelegt). Wie nämlich zum Beispiel ein Verlag wie Heise, der schon 2005 zum Zeitpunkt des gleich gelagerten Heise-Urteils über 200.000 Forenbeiträgen im Monat verzeichnete, diese Riesenmenge vorab auf mögliche juristische Problematiken kontrollieren soll, war und ist bis heute niemandem klar.

Und ich juristischer Naivling hatte nun angenommen, das aktuelle Berliner Urteil sei der letzte Stand der Dinge in Sachen Forenhaftung. Falsch gedacht. Fakt ist: Wer künftig zu diesem Thema vor dem Kadi steht, kann nur hoffen, dass sich die zuständigen Richter an der für ihn günstigeren Berliner Rechtsprechung orientieren.

Und jetzt? Abwarten, Tee (oder andere beruhigende Getränke) zu sich nehmen und auf eine günstigere Entscheidung des nächsten Gerichtes hoffen. Für uns im Westzipfel ist ja das Landgericht Aachen zuständig. Bis dahin gilt der Satz, mit dem sich schon die alten Römer trösteten: „Auf hoher See und vor Gericht sind wir in Gottes Hand.“

Und die Römer wussten Bescheid. Bei denen ging es ja auch schon mal hoch her, wenn jemand etwas Falsches auf dem Forum sagte.

Neues aus Marl

Es ist immer traurig zu sehen, wenn sich eine angesehene Institution selbst demontiert. So wie es gerade der Grimme Online Award geschafft hat. Selbstverschuldet und ohne Not.

Aber der Reihe nach. Für die, die ihn nicht kennen: Der vom Grimme-Institut in Marl vergebene GOA ist war die renommierteste Auszeichnung für deutschsprachige Internetangebote. Auf der Liste der Preisträger der vergangenen Jahre stehen so bekannte Seiten wie jetzt.de, das Bildblog, Riesenmaschine, Spreeblick, Ehrensenf, aber auch die Wikipedia oder Spiegel Online.

Das war früher. Das Jahr 2007 wird wohl als annus horribilis in die Geschichte des Awards eingehen, und es wird schon spekuliert, ob es ihn 2008 überhaupt noch in dieser Form geben wird.

Die Chronik:

1.
Zuerst fiel auf, dass eines der für die Kategorie Publikumspreis nominierten Angebote, die Seite hausgemacht.tv, buchstäblich in letzter Sekunde vor Ablauf der Nominierungsfrist am 31. März aufgestellt wurde. Dabei war das Angebot, ein Videoportal der Pro-Sieben-Sat.1-Tochter Seven One Intermedia, zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal offiziell gestartet. Es wurde erst am 10. April eröffnet, also volle zehn Tage später. Man darf allerdings durchaus der Meinung sein, dass eine für den GOA nominierte Webseite erst einmal über einen längeren Zeitraum beweisen sollte, dass sie die vor dem Start gemachten Versprechen auch einhält.

(Mit Hinweis auf die Laptop-Verlosung promotete Sat.1 die GOA-Abstimmung dann kräftig, und das nicht ohne Folgen.)

2.
Für erheblich größeren Wirbel sorgte anschließend die nachträgliche Nominierung der Seite Elektrischer Reporter von Mario Sixtus. Denn Sixtus saß selbst in der Jury (aus der er dann nach seiner Nominierung umgehend austrat). So erhaben über jeden Zweifel die inhaltliche Qualität seiner Arbeit ist, so sehr störten sich doch diverse Blogger an dem Eindruck, die Jurymitglieder schanzten sich selbst den Preis zu. Unter den Wortführern der Kritik stand das Blog F!xmbr.

Schließlich sah sich auch das Grimme-Institut zu einer Stellungnahme genötigt. Der salomonische Vorschlag Don Alphonsos, Sixtus möge von seiner Nominierung zurück- und sein Amt in der Jury wieder antreten, wurde aber nicht aufgegriffen.

3.
Eher kontraproduktiv war dann ein Interview des GOA-Projektleiter Friedrich Hagedorn, der im Medienmagazin DWDL auf die Mauschelei-Vorwürfe antworten durfte – denn der Interviewer Jochen Voß, der ihm die Fragen stellte, war Hagedorns eigener jahrelanger Pressereferent, wie es dann – mal wieder – bei F!xmbr zu lesen stand. So begegnet man keinen Mauschelei-Vorwürfen.

Immerhin: Dass Alexander Svensson, Autor beim ebenfalls nachnominierten blog.tagesschau.de, in der Nominierungskommission saß, stellte sich im nachhinein als „unbedenklich“ heraus. Das Blog wurde ja nicht von der Kommission, sondern erst später von der Jury nominiert, in der Svensson nicht sitzt. Und noch später erst ist Svensson im Blog als Autor tätig geworden. Der entsprechende Beitrag dazu in seinem Blog Wortfeld trägt denn auch die Überschrift: Uff!

4.
Nun die Krönung: Eigentlich sollten die Gewinner erst am 20. Juni veröffentlicht werden. Die Liste stand aber bereits gestern (am 18.) gegen 23 Uhr auf der Grimme-Seite. Offiziell konnte man an diesem Tag noch für den Sieger des Publikumspreises abstimmen (was übrigens über die Seiten des Partners TV Spielfilm ging, aber das ist eine andere Geschichte).

Gewonnen haben, große Überraschung, unter anderem die drei nachnominierten Seiten hausgemacht.tv, blog.tagesschau.de und Elektrischer Reporter.

Dass nun eine Woge aus Kritik, Spott und Verachtung über den Veranstaltern zusammenbricht, haben sie sich selbst zuzuschreiben. Gleich mehrere Blogs verwenden die Formulierung Ejaculatio Praecox („die Gewinner kamen zwei Tage zu früh“).

„Kann bitte jemand den Grimme-Online-Award aus den Händen dieser Organisatoren befreien?“, stöhnt auch Preisträger Stefan Niggemeier. Er muss sich in den Rücken gestochen fühlen, hatte er er doch noch am 3. Juni dafür geworben, die Kirche im Dorf zu lassen und die Kritik an den Nominierungen als teilweise „hysterisch“ bezeichnet.

Jetzt stehen alle Beteiligten vor einem Scherbenhaufen. Der Preis, das Institut, die Mitglieder der Jury und einige der Preisträger haben Schaden genommen. Wer könnte nun noch fröhlich feiern?

Wenn man in dieser ganzen, unerfreulichen Geschichte irgendwo Die Gute Nachricht Des Tages™ entdecken will, dann vielleicht die: Im Web 2.0 wird verdammt genau hingeguckt. Ungereimtheiten lassen sich nicht mehr unter den Teppich kehren oder aussitzen. Aber das ist verdammt wenig Positives.

(Trotz allem: Einen herzlichen Glückwunsch an die Freiburger Kollegen von fudder.de. Ihre Seite steht nämlich völlig zu Recht auf der Siegerliste.)

Seitenblick zum Tagesspiegel

Für eines der großen Medienhäuser der Republik zu arbeiten, birgt bestimmt den einen oder anderen Reiz. Visitenkarten mit den Logos von Spiegel, Stern und Süddeutscher öffnen vermutlich mehr Türen und Münder als eine des Grevenbroicher Tageblattes, (wisst ihr Bescheid, Schätzchen).

Auch auf dem Klassentreffen ist der Neidfaktor sicher höher, wenn man auf die Frage des prolligen Ex-Banknachbarn „was machst’n du jetzt so?“ knapp antworten kann: „Zeit„. Auch wenn es dann erstmal heißt „joah, viel Zeit ist echt’n Vorteil, so ohne Job“.

Doch die großen Konzerne, sie haben auch ihre Nachteile. Da sind die endlosen Fußmärsche vom Firmenparkplatz bis ins eigene Büro, lauwarme Latte Macchiatos in der Betriebskantine und interessant riechende Personen im Aufzug. Vor allem aber führt die Anonymität eines solchen Mammutbetriebes zu bisweilen gar lustigen Situationen. So wurde Roland Peters etwa, Online-Redakteur des Tagesspiegels, einmal gar für einen Kriminellen gehalten. Als er mit einem Praktikanten fernab seiner vertrauten Korridore im Haus unterwegs war, warnte sofort eine E-Mail die Mitarbeiter des Hauses, ihre Wertsachen wegzuschließen:

„Es sind in der EDV gegen 16.40 Uhr zwei betriebsfremde Personen angetroffen worden, die wir nicht genau einordnen können.“

Wieviel familiärer geht es doch hier beim Zeitungsverlag zu. Zugegeben, auch ich habe in meinen ersten Wochen in Fluren und Treppenhäusern den einen oder anderen teils prüfenden, teils verwirrten Blick geerntet. Mittlerweile scheinen sich aber alle an das Nordlicht im Westzipfel gewöhnt zu haben.

Kein Grund also, von Hamburg, Berlin oder München zu träumen. Und der Weg vom Parkplatz zum Büro ist auch viel kürzer.

Phantomdebatte

Ich kann diese Phantomdebatte nicht mehr ertragen. Sind Blogger Journalisten? Sind Blogs eine Bedrohung für Qualitätsjournalismus?

Da sitzen sie, in immer neuen Talkrunden und Podiumsdiskussionen: in Ehren ergraute Zeitungsjournalisten und jungdynamische Onliner, immer die gesunkenen Auflagenzahlen des Prints und die miesen Online-Erlöse im Nacken. Und diskutieren über dieses eigenartige Phänomen, von dem jeder spricht, das sie nicht wirklich verstehen und das sich ihnen auch dann nicht erschlossen hat, als sie mal auf einen dieser merkwürdigen „Blogs“ (sie verwenden da gerne die maskuline Form) geklickt haben.

Blogs. Bürgerjournalismus. Citizen Content.

Wie immer man es nennt, dahinter steckt: Leser machen Internet, Menschen schreiben Texte. Texte, die jeder lesen kann. So muss sich ein Pastor fühlen, wenn seine Kirchengemeinde die Kanzel stürmt und anfängt, sich eine eigene Bibel zu schreiben.

Diese Welt dort ist eine Parallelwelt, eine, die sich dem Journalisten alter Denke erstaunlich erfolgreich zu verschließen scheint. Was ist das? Wie geht man damit um? Und vor allem: Wie macht man aus diesen verloren gegangenen Söhnen (und Töchtern) des Netzes wieder ordentliche Zeitungsleser?

Die Antwort auf letzteres ist leicht. Gar nicht. Vergesst es. Warum auch?

Eine der eingängigsten Weisheiten, die ich vom Media Coffee im Kölner Komed gestern mitgenommen habe, war dieser Satz, den Torsten Zarges von kress den Zeitungsverlagen ins Poesiealbum geschrieben hat (sinngemäß zitiert):

Die mächtigen Eisenbahngesellschaften in den USA sind deshalb eingegangen, weil sie dachten, sie wären im Eisenbahngewerbe. Tatsächlich waren sie aber im Transportgewerbe.

Soll heißen, Journalisten stellen eine Ware her: Nachrichten, Texte, Bilder, Meinungen, Inhalte. Je eher es ihnen egal ist, über welche Kanäle sie ihre Kunden erreichen, desto besser.

Und, je eher sie die neuen Spielregeln dieses Geschäfts verstehen. Selbiges lief früher zu 99 Prozent in eine Richtung ab (die paar Leserbriefe, Telefonanrufe und Gegendarstellungen außen vor gelassen). Heute spricht die Masse zurück. Und kritisiert. Meckert gar. Zeigt Fehler auf. Und: Sie findet Gehör. Lauffeuerartig verbreitet sich, was ein Einziger auf den Artikel zu sagen hat.

Das ist neu. Neu ist auch, dass die Leserschaft den Spieß umdreht. Und Fragen stellt – auch dem Journalisten. Dem das nicht immer gut passt, wie ich in Köln an der Reaktion von WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz auf die Anfrage von Stefan Niggemeier sehen konnte, ob denn die Walden-Bello-Falschmeldung der WAZ in Print und Online irgendwann korrigiert würde.

Gerade erst diskutierten in Berlin einige Onliner über das Thema. Blogger Felix „ix“ Schwenzel hat’s später süffisant in Bild und Text zerlegt. Sein Fazit:

alles ist gut, wir machen unser ding, aber keine experiente, ihr macht euer ding, aber das hat nix mit uns zu tun. schlimm ist das, bis auf die deutlich mitschwingende arroganz, nicht. aber ein bisschen traurig, wenn man zeitungen mag, ist es schon. starrköpfigkeit und furcht vor neuem führt nicht zwangsläufig ins grab, aber definitiv zu einem starren kopf.

Na gut, es gibt Ansätze. Mercedes Bunz antwortete auf die Frage, warum Blogs so authentisch und beliebt seien: Das habe etwas mit der lokalen Verwurzelung einer Community zu tun, der Vernetzung der Leser untereinander und damit, dass dort die Inhalte von den Lesern gestaltet würden, nicht von Redakteuren. Genau. Genau darum geht es. „Ich fordere meine Redakteure immer wieder auf, geht weg von dem Meldungs-Ticker. Wir werden alle tickerblind. Recherchiert im Netz, aber lest sowohl andere Tageszeitungen und lest auch Blogs.“

Wohl gesprochen. Das war’s eigentlich auch schon.

Aber warum soll man sich auch Gedanken machen, was anders werden muss. Wo doch die Zukunft der Holzzeitung so rosig aussieht, wie Mathias Döpfner und Clemens Bauer jetzt wieder beteuerten.