Irgendwann im Januar war dann endlich, endlich der ersehnte neue JAR-PPL in der Post. Mit allen Stempeln, Gültigkeiten und Klassenberechtigung für Reisemotorsegler. Ein Reisemotorsegler ist sowas wie das hier:
Was in den darauffolgenden Wochen und Wochen noch fehlte, war Wetter. Und Zeit. Doch schließlich ward es Donnerstag, und siehe, beides war plötzlich vorhanden. Zeit zwar eher als Wetter (das hatte sich nach dem Mini-Frühling zum Wochenbeginn doch wieder etwas zugezogen), aber beides reichte aus für einen Flug. Und ein Reisemotorsegler war auch zur Hand, nämlich der da oben.
Schnell noch vier Platzrunden geschrubbt – wegen der 90-Tage-Regel – und dann den Kurbel eingepackt, dem ich noch einen Gegengefallen für einen Segelkunstflug in Feurs schuldete.
Zeit und Wetter reichten noch für eine Spritztour in die Eifel. Der Sprit im Tank auch. Meinen Plan, für einen schnellen Sechzig-Euro-Kaffee zur Dahlemer Binz zu knattern, musste ich allerdings canceln. Soviel Zeit, Wetter und Sprit waren’s dann doch nicht.
Doch wenn man etwa 20 Minuten lang von Merzbrück aus auf 154° nach Südosten öttelt, kommt schließlich linkerhand hinter Eifelwäldern und schneerestbeflockten Feldern etwas Blaugeschlängeltes in Sicht.
Der Rursee, Verzeihung: die Rurtalsperre. Hier schauen wir auf den Westzipfel bei Rurberg, rechts unten der Obersee, rechts oben die Urfttalsperre. Wir drehen nach links und fliegen den eigentlichen Rursee hoch…
…bis über der Eifel endlosen Wäldern die Staumauer bei Heimbach in Sicht kommt.
Noch ist da unten keine Segelsaison, die Anleger sind ziemlich leer. Die Ausflugsdampfer liegen noch brav am Seehof vor Anker.
Jetzt aber ab nach Hause, ehe Zeit, Wetter oder Sprit knapp werden. Die tiefstehende Sonne spiegelt sich noch einmal schön auf der Wasseroberfläche…
…während voraus schon im Dunst die markante Dampfwolke des Kraftwerks Weisweiler auftaucht.
So brummelt die India Romeo auf Nordkurs, 354°, wieder Aachen entgegen. Die Luft ist ruhig, und wenn nicht ein gelegentlicher Tröpfchenregen die Kabinenhaube sprenkeln würde, wär’s fast schon ein schöner Frühlingstag. Noch eine Runde um den Weisweiler Dampfpilz gedreht, dann zurück in den Gegenanflug von Merzbrück. Eine Dreiviertelstunde nach dem Start setzt unser Falke wieder auf der 08 auf und rollt gemütlich aus.
Hach ja. Das Maschineputzen nach dem Flug und der Papierkrieg mit Bordbuch, Flugbuch und Startliste können auch richtig Spaß machen. Endlich mal wieder oben gewesen. Und das ohne Lehrer oder Prüfer auf dem rechten Sitz. Wann haben wir das nächste Mal Wetter und Zeit?
Und dann war da noch das FVA-Segelfluglager in Feurs 2010. Die vollen drei Wochen, so wie 2009, konnte ich nicht dableiben. Aber immerhin vom 28. März bis zum 5. April. Auch, weil die Kollegen in der Redaktion so nett waren, spontan für mich zwei Arbeitstage zu übernehmen, für die ich eigentlich eingeplant war.
Natürlich war der Hunderteurogolf wieder für F-Schlepp vorgesehen. Schon bevor wir auch nur den ersten Meter gefahren waren, war das arme Auto – dank der Wendekünste eines gewissen Herrn W. – über und über dreckig. Schmutziger Wagen, schmutziger Himmel – es konnte nur besser werden.
Und es wurde besser. 760 Kilometer weiter südlich war das Problem denn auch eher, nicht zuviel vom guten Wetter abzukriegen. (Im Bild: Veronika, Army, Abdul, André und Rapante.)
Viel versäumt hatte ich eh nicht. Unsere Schleppmaschine kam nämlich erst am Morgen nach meiner Ankunft aus Merzbrück nach Feurs hinterhergeflogen – in einem jona-mäßigen Low-Pass.
Von da an gab es keine Pause: Der Golf schleppte umgehend weiter, hier den riesigen „Alf“.
Andenken an eine Anreise mit Hindernissen. Auf der ganzen Fahrt litt der Golf unter immer ärger werdendem Schluckauf und Leistungsabfall bei höheren Drehzahlen. Hustend und sprotzelnd stotterte unser Gespann schließlich warnblinkend mit Tempo 30 über die nächtliche Lyoner Stadtautobahn, bis es einfach nicht mehr weiter ging und wir die nächste Abfahrt nehmen mussten. Die hilfesuchend angesteuerte Tankstelle entpuppte sich als vollgestellt mit einem Großaufgebot an Polizeiwagen. Also gleich wieder heruntergekurvt – beim Zapfsäulenslalom perforierte dann der Handgriff der Stützradverstellung die rückgolfige Knautschzone. In einer ruhigen Ecke konnte ich endlich der Ursache des Gehumpels auf den Grund gehen: Motoröl war es, das in die Zündverteilerkappe eingedrungen war. Ein Schuss Bremsenreiniger, und der Golf schnurrte wieder wie eine Nähmaschine. Über St. Etienne erreichten wir schließlich problemlos Feurs.
Dort setzte nach Ankunft der Schleppmaschine denn auch sofortiger Schulbetrieb as usual ein.
Auch die frisch renovierte Remo tat ihren Dienst wie erhofft.
Leihweise hatten wir diese ASK-21 dabei.
Ein in Ehren ergrautes Schlachtschiff, an dem so mancher harte Kampf eines Flugschülers mit dem Schiebefenster seine Spuren hinterlassen hatte.
Für mich ein Wiedersehen mit einer alten Bekannten: In einer 21 hatte ich meine ersten Segelflüge überhaupt gemacht – damals in Porta Westfalica, im Jahr 2002. Trotz des berühmten Hangwinds über der Porta blieb es bei ein paar Flügen, der Zeitaufwand – morgens Hangartore aufschieben, abends als letzter vom Platz, sonst wurde gemeckert – war einfach zu groß.
Blick ins Cockpit – nichts Ungewohntes drin.
Irgendwann kam ich dann auch endlich selbst wieder in die Luft – herrlich!
Blick auf Feurs an der Loire. Links die Straßenbrücke und das Stauwehr, in der Stadtmitte die Trabrennbahn.
Blick auf einen Flieger, der das Fliegen an der falschen Stelle aufgehört hatte. Upps. Außenlandung.
Zusammen mit André fuhr ich raus, um den Verirrten wieder in den Heimathafen zu lotsen.
Immerhin hatte der Pilot, als die Luft unter den Flächen ausging, den Bock mustergültig in den Acker gepflanzt. Nichts kaputt, genau in Furchenrichtung aufgesetzt – wie aus dem Lehrbuch. Zuerst montierten wir Flächen und Leitwerk ab und schleppten den Kram zum Hänger. Als letztes kam der Rumpf an die Reihe. Zum Dank schüttelte die Maschine auf der Rückfahrt noch ein paar Kilo Erde aus dem Fahrwerksschacht auf den Hängerboden.
A propos Hänger: So sah es am Start aus, wenn der gesamte Flugpark in der Luft war.
Und so sah es am Boden aus, wenn der Flugpark nach und nach wieder aus der Luft herunterfiel.
Überflieger: Die GZ war öfter in der Luft als auf dem Rasen.
Umständliche Prozedur: Vor der Landung musste der GZ-Pilot jedesmal das Schleppseil abwerfen. Damals hatte die Maschine noch nicht die von der FVA selbst entwickelte „WiMi“-Seilwinde („nur echt mit der gelben Tröte unterm Leitwerk!“).
Das war Feurs 2010. Auch wenn’s für mich nur eine gute Woche dauerte, auch wenn ich nicht beim Blümchenessen dabei sein konnte, auch wenn unterm Strich nur eine Handvoll Flugstunden dabei rauskam: Es war wieder ein echter Glanzpunkt.
Sie können auch furchterregend, unsere lieben Nachbarn. Vor allem, wenn man in der Brandgasse in Bregenz in der Zeit von 8 bis 9.30 Uhr morgens keinen Parkschein hinter der Windschutzscheibe liegen hat.
Es ist unwahrscheinlich, dass die Scheibe Flugzeugbau SF 25 C – vom Hersteller stolz „Falke“ genannt, von ihren Nutzern liebevoll „Kuh“ oder „Rentnerjet“ – jemals in der Literatur als Beispiel für besonders gefälliges Luftfahrzeugdesign genannt wird. Die tief angesetzten Flügel recken sich in negativer Pfeilung aus dem kantig bespannten Rumpf heraus. Aus dessen Unterseite ragt ein einzelnes wuchtiges Mittelrad aus einer bauchigen Verkleidung heraus. Zwei winzige Stützrädchen an langen Stangen unter den Flügeln halten das Trumm am Boden in einer konstant kippelnden Waagerechten. Nein, schön geht anders. Auf der Ästhetikskala liegt der Falke am entgegengesetzten Ende zur, sagen wir mal, Dallach Fascination.
Dieses unförmige und unelegante Luftmoped hat eigentlich nur einen wirklichen Vorteil: Es fliegt – und das erstens gut und zweitens billig und dadurch drittens ziemlich oft. So wie die D-KNIR der Philips Fluggruppe Aachen gestern mit mir in die Eifel. Es war mein erster Flug zu einem anderen Platz von Aachen aus. Man muss ja die Gegend kennen, in der man unterwegs ist.
Aus der Merzbrücker Platzrunde ging es geradewegs auf Kurs 153 Grad. In etwas über 3000 Fuß knatterten wir gemütlich über den Rursee….
…bis zum Flugplatz Dahlemer Binz, der sich 65 Kilometer weiter südlich in den tiefsten Wäldern der Eifel versteckt, irgendwo südlich von Monschau und Bad Münstereifel.
Unsere C 2000 nach der Landung, 35 Flugminuten nach dem Start. Die Landegebühr schlug mit flugschülerfreundlichen 4,50 Euro zu Buche. Für einen Falken ist die Binz so etwas wie ein Heimathorst: Ein Teil der rund 1500 gebauten SF 25 wurde hier vor Ort bei Sportavia Pützer in Lizenz gefertigt. Ob das auch für unsere D-KNIR gilt, weiß ich leider nicht.
Nach dem Erledigen der Formalitäten geht es wieder auf den Rückflug, auf dem ich über die vielen Stauseen in der Eifel – hier die Olefbachtalsperre – staune. Aachen liegt irgendwo dahinter, auf 333 Grad im Dunst…
…und noch ein ganzes Stück hinter dem Rursee, der sich wie ein chinesischer Drachen durch die Landschaft windet. Nach 37 Flugminuten landet die India Romeo trotz Seitenwind wieder glatt in EDKA. Was für ein angenehmer kleiner Trip.
Hätten wir uns im Flugplatzrestaurant auf der Binz eine Stärkung eingeworfen, es hätte tatsächlich der sprichwörtliche „One-hundred-Dollar-Hamburger“ werden können. Das ist unter Motorfliegern der Ausdruck für einen reinen Spaßflug zu einem nicht allzuweit entfernen Platz, wo man kurz etwas isst und sich dann auf den Rückweg macht. Dank der mächtig gestiegenen Kosten für Flugbenzin wird allerdings heutzutage aus dem Hundertdollarburger oft eher ein Dreihundert-Euro-Kaffee. Das Flugbenzin Avgas 100LL liegt zwischen 2,60 und 2,90 Euro pro Liter, von denen sich ein tyischer Flugmotor wie der oft in der Cessna 172 steckende Lycoming O360 gerne mehr als 40 pro Stunde nimmt.
Unser Falke mit seinem 80-PS-Limbach-Boxer ist dagegen mit Superbenzin von der Tankstelle zufrieden und suckelt sich davon keine zwölf Liter pro Stunde aus dem Tank.
„Kun lehmät lentävät“, sagt der Finne, wenn er etwas nicht glaubt: „Wenn Kühe fliegen“. Ja, sie fliegen tatsächlich. Gar nicht so selten sogar. Und sie machen dabei sogar ziemlich Spaß.
Endlich, endlich, es tut sich wieder was: Die ersten Schritte sind getan, das in 2009 abgelaufene Rating für Reisemotorsegler zu reaktivieren – und damit den PPL zu erhalten, der Ende des Jahres abläuft. Ein Prüfer ist gefunden, ein Fluglehrer zum Auffrischungskurs ebenso, mit der Luftfahrtbehörde sind Details geklärt – und jetzt war ich auch erstmals seit langem wieder mit einem MoSe in der Luft. Im Falke 2000 D-KNIR der Philips Fluggruppe Aachen konnte ich die ersten Platzrunden in Merzbrück seit 2009 schrubben. Und: Ja, es geht noch. Ich bekomme das dreihändig fliegbare Luftmoped (eine Hand am Knüppel, eine am Gas, eine am Bremsklappenhebel) offenbar immer noch heil in den Himmel und heil wieder auf den Boden, sogar auf den 500 Metern Flugzeugträgerlandebahn von Merzbrück. Erleichterung.
Fotos habe ich nicht gemacht, dafür war bei den neun Starts und Landungen, den Roll- und Stall-Übungen und der simulierten Ziellandung mit Triebwerksausfall zu viel zu tun. Aber auf der Festplatte sind noch ein paar Bilder vom 19. April 2009, als eine gewisse DG 1000 mit einem etwas nervösen Segelflugschüler im Wärmeschlauch über dem Kraftwerk Weisweiler kurvte…
Auch damals war der Vogel nach der Landung noch zu gebrauchen. Alles wie gehabt also, 2012 im Philips-Falken. Nur am Kreuz Aachen hat sich seit 2009 doch ein wenig getan.
So, da bin ich mal wieder. Ahem. War nicht viel mit Fliegen in den letzten Monaten. Meine Ratings für Single Engine Land und Touring Motor Glider sind letztes Jahr abgelaufen – jetzt ist ein Skill Test fällig. Und auf den sollte man sich besser vorbereiten…
Für die Zwischenzeit gibt es hier etwas zu lesen.
„Höllenritt auf der Holzrakete“ auf einestages.de beschreibt die kurze und wenig ruhmvolle Geschichte des Mehrweg-Raketenjägers Bachem „Natter“ kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs.
Im „Das Rätsel des Fliegenden Auges„, ebenfalls auf einestages.de, geht es um eine geheimnisvolle Bilderserie brillanter Fotos, ebenfalls aus dem Krieg. Zu sehen ist die Mannschaft eines Aufklärers vom Typ Focke-Wulf 189 „Uhu“ bei Einsätzen in der Ukraine etwa 1942.
Was es mit den Bildern auf sich hat und welches schreckliche Motiv der mittlerweile identifizierte Bordfotograf später noch vor die Linse bekommen sollte, wird in der Fortsetzung, „Das Geheimnis des fliegenden Auges„, aufgeklärt.
Nach so viel düsteren Meldungen noch ein positiver Ausblick nach vorne: So wie es derzeit aussieht, bin ich dieses Jahr doch zumindest für zwei, drei Tage beim Segelfluglager der FVA in Feurs dabei. (Jetzt muss ich auch noch Französisch üben…)
Es ware eine harte Zeit, das dreiwöchige Segelfliegerlager in Südfrankreich. Und das nicht nur für mich. Golfi, das vor der Schrottpresse gerettete Hunderteuro-Sparwunder, musste richtig arbeiten für sein Geld. Von dem ich spätestens jetzt weiß, dass es wirklich, wirklich gut angelegt war.
Wer hätte gedacht, dass mein armes kleines Winterautochen im zarten Alter von 14 Jahren und mit rund 300.000 Kilometern auf der Uhr noch einmal in den Genuss kommen würde, ein 110.000 Euro teures Segelflugzeug zu schleppen?
Dabei hat das 1,4-Liter-Nähmaschinenmotörchen die Aufgabe mit Bravour gelöst. Beeindruckend, wie sich die 60 PS in so manch steile Steigung der Ardennen verbissen haben. Auch wenn die Nadel der Motortemperaturanzeige umgekehrt proportional zur fallenden Tachonadel in ungeahnte Höhen stieg.
In Feurs angekommen, bewies der wendige Wolfsburger umgehend seine Vielseitigkeit. Ob bei einer Reparatur der defekten Blinkeranlage des Hängers für die ASW 28…
…dem Transport unzähliger Klappstühle, Flugzeugbatterien, Jacken, Schuhen, Transportkullern, Mineralwasser-Sixpacks und Freßkörben mit Pilotennahrung (was ihm den Spitznamen „fahrende Wellnessoase“ einbrachte)…
…Golfi war immer und überall dienstbereit, wo geflogen wurde, brachte fliegendes und kochendes Personal an seine Bestimmungsorte, holperte geduldig über sämtliche Bodenwellen, die Frankreichs Feldwege und Flugplätze zu bieten hatten, erledigte Einkäufe und schluckte überschwappendes Flugmotorenöl aus leckenden Kanistern. Selbst als Sockentrockner fungierte er.
Sein Herrchen quetschte sich derweil fröhlich in fremde Einspurfahrzeuge…
…musste Schlepphilfe in Anspruch nehmen…
…und machte den Luftraum im Loire-Tal zwischen Zentralmassiv und Lyon unsicher.
Golfi musste sich derweil mit dem bescheidenen Komfort mobiler Feldwaschanlagen zufrieden geben.
Nicht, dass die anderen anwesenden Fahrzeuge sich nicht auch diversen demütigenden Transportaufgaben unterziehen mussten. Ob die Winglets das Fahrverhalten von Andrés C-Klasse verbessert haben?
Für Golfi gab’s für drei Wochen mit Anstand durchgestandener Strapazen zwei wohlverdiente Belohnungen:
…und den roten Segelflieger-Ehrenfaden am Klebeband in Weiß.
Im Ernst: Der olle Golf ist der fahrende Beweis, dass man auch mit sehr wenig Auto sehr glücklich werden kann. Ich weiß nicht, ob Autos eine Seele haben. Aber ich hatte das Gefühl, er fand den Urlaub genauso toll wie ich.
Jetzt also Feurs. Drei Wochen Fliegerlager im sonnigen Süden Frankreich. Neben den drei Wochen Florida 1999 zweifellos das größte fliegerische Erlebnis meines Lebens.
Zwar hatten beide Urlaube einiges gemeinsam – vor allem, dass sie keine waren, sondern ziemlich anstrengend. Aber auch überwiegend warmes Wetter, überwiegend frühes Aufstehen, überwiegend konsequente Präsenz am Flugplatz und danach überaus guten Schlaf.
Aber sonst war alles anders. In St. Petersburg bin ich rund 40 Stunden Cessna geflogen. In Feurs waren es am Ende nur sechseinhalb Stunden motorloses Gleiten. In Florida wurde uns drei Wochen lang von Berufsfluglehrern die Kunst beigebogen, einen Blechbomber so zu landen, dass er danach nicht seinerseits geradegegoben werden muss.
In Feurs verbrachten wir die meiste Zeit am Boden, wenn auch in ständiger Bewegung: Schieben, Schieben, Schieben.
Wahlweise gelandete Flieger zurück zum Start schubsen oder die zu Startenden in die Bahn drücken. Schieben, so lange man will, und dann noch länger.
Schieben wie Gott in Frankreich. Nur Fliegen ist schöner.
In Florida waren wir zu sechst und logierten komfortabel im Bungalow-Appartment.
In Feurs hausten wir mit zwischen 20 und 30 Leuten in einer ungeheizten Halle und Zelten.
Gemeinsam war beiden Events ein arg hoher Männeranteil. Naja, was soll’s – alles andere lenkt nur ab.
Florida endete mit der bestandenen PPL-Prüfung. Aus Frankreich habe ich gerade mal die A-Prüfung des Segelflugscheins heimgebracht, die erste von dreien.
Aber was mehr Spaß gemacht hat? Vielleicht war es Feurs. Zu erleben, wie aus völlig unterschiedlichen Charakteren eine Gruppe zusammenwächst, wie sich ein chaotischer Haufen Fußgänger zu einer funktionierenden Ground Crew formt, wie zwei Dutzend Studenten und Ex-Studenten ihr Zusammenleben auf engstem Raum selbst organisieren, ohne dass sich am Ende eine Armee von Kakerlaken über die Leichen hermacht – das war großartig.
Und obwohl ich als Nicht-RWTH-Student, vom Alter und vom beruflichen Hintergrund her eher ein Exot war, habe ich mich in der Truppe nicht eine Minute lang als Fremdkörper gefühlt.
Und natürlich: das Segelfliegen selbst. Es ist anders als Motorfliegen, ganz anders. Beides ist so verschieden wie Motorradfahren vom Busfahren. Der Motorflieger bringt die Kiste auf Kurs, der Segelflieger kurvt und kreist, spürt der Thermik nach, steigt und sinkt und hält ständig nach Aufstiegsmöglichkeiten Ausschau. Das ist, wenn man so will, Fliegen pur.
Ach ja, die Flugzeuge selbst. Nach 17 Starts auf der DG 1000 durfte ich zum ersten Mal in die Luft mit leerem hinteren Sitz. Das sind die Kleinigkeiten, in denen sich eine Akaflieg von einem herkömmlichen Verein unterscheidet. Ob ich beim Aeroclub 08/15 Dingsdorf auch schon nach so kurzer Zeit so ein High-Tech-Teil solo hätte pilotieren dürfen?
(Die sechs G auf der Anzeige stammen allerdings nicht von mir. Kurbel hat mich freundlicherweise mal mit auf einen Kunstflug genommen. Es war die Mutter aller Achterbahnerlebnisse.)
Kaum halbwegs beherrscht, hieß es dann sogar schon wieder Abschied nehmen vom Zweisitzer. Um den Schulbetrieb nicht zu blockieren, wurden die Soloflieger flugs auf die ASW 28 bugsiert.
Ist sie nicht todschick? Brandneu und mit 110.000 Euro nur ein wenig teurer als ein vernünftiger Motorflieger. Aber was für Linien…
…und ich durfte damit in den Himmel. Die ersten selbst in der Thermik erkurbelten 100 Meter Höhengewinn vergisst man nie.
Dann waren da noch diese Momente abseits des Flugbetriebs.
„Glück ist… im allerersten Morgenlicht durch neblige französische Wiesen zu fahren, das Auto voll warmer, duftender Baguettes“, schrieb ich dazu bei Twitter.
So wie 1999 der Tagestrip ins Disneyland, gönnten wir uns bei schlechtem Wetter einen Abstecher ins rund 50 Kilometer – eine Stunde kurvenreiche Landstraße – entfernte Lyon.
Für mich brachte das Fliegerlager im übrigen die Erkenntnis, dass die Franzosen so gut wie alles schöner hinkriegen als wir Deutschen. Das da oben ist der TGV-Bahnhof des Flughafens von Lyon. War jemand schon mal am Flughafen Köln-Bonn?
Auch die nähere Umgebung hatte einiges zu bieten. Interessante Ortsnamen…
…und natürlich Feurs, das regionale Oberzentrum der historischen Provinz Foret, Teil des Arrondissements Montbrison, Hauptort des Kantons Feurs im Département Loire in der Region Rhône-Alpes etcetera, etcetera, etcetera… am meisten hat mich an dem 7500-Einwohner-Nest die grandiose Frischfisch-Abteilung im lokalen Carrefour-Supermarkt beeindruckt.
Eine schön kleine Kirche gibt es dort aber auch.
Mit hübschem Fenster.
In der Nähe sind Reste einer römischen Wasserleitung samt Aquaeduct (im Hintergrund) zu bewundern.
Drei Wochen Fliegerlager waren ein faszinierendes Erlebnis. Man ist danach nicht mehr derselbe. Und das nicht nur wegen des Barts, den ich mir in dieser Zeit habe wachsen lassen. Man vollbringt in so einer Situation Dinge, die man vorher nie für möglich gehalten hat. Ich habe mit Simon Kartoffelsuppe für 30 Personen gekocht. Und sie war genießbar. Mein Gott, einmal habe ich zwei Stunden lang Geschirr gespült. Einfach, weil’s da rumstand und erledigt werden musste. Wenn meine Mutter das liest, wird sie weinen.
Zum Weinen ist natürlich auch die traditionelle Taufe der Soloflieger. Gratuliert wird mit einem stachligen Strauß hautunverträglicher Gewächse. Abends darf dann die ganze Truppe dem Delinquenten den Hintern versohlen, auf dass sein Sitzfleisch die nötige Thermikfeinfühligkeit entwickele. Naja, ich hab’s überlebt.
Zum Schluss noch ein paar Impressionen aus der Luft.
Die Welt ist sehr schön, wenn man sie aus 800 Meter Entfernung von oben betrachtet, aus einem Winkel von 45 Grad. Auch wenn am Horizont nicht die schneebedeckten Gipfel des Zentralmassivs leuchten. Kann ich sehr empfehlen. Als Dauerperspektive gut geeignet. Ich arbeite dran.
Wenn hier in den vergangenen Wochen wenig bis nichts passiert ist, liegt es daran, dass der Herr Flieger nachts in eiskalten Hangars an französischen Holzbombern aus den Siebziger Jahren („Remo“) herumgewerkelt hat. Mit dem zweifelhaften Erfolg, zur Belohnung drei Wochen lang in einer anderen ungeheizten Halle übernachten zu dürfen und tagsüber deutsche Plastikflugzeuge aus den Neunzigern („DG 1000“) über französische Wiesen schieben zu dürfen.
Zu kryptisch? Dann nochmal ausführlich. Jedes Jahr fährt die FVA Aachen für drei Wochen nach Feurs, einem Nest 50 Kilometer westlich von Lyon, um segelzufliegen. Es ist die Belohnung für die 200 Werkstattstunden, die jedes Mitglied den Winter über angesammelt hat. In Feurs wird von morgens bis abends segelgeflogen. Die 200 Stunden habe ich zusammenbekommen, gerade eben so. Am 10. März hatte ich erst 100, am Tag der Abfahrt, dem 28. März, habe ich dann die Grenze gerade eben so geknackt. Sowas geht – wenn man nach Feierabend direkt in die Werkstatt fährt und bis mindestens ein Uhr durchackert, sich an den Wochenenden nichts anderes vornimmt und zwischendurch noch zwei Urlaubstage für das Vergnügen nimmt. Alter Schwede, war das schlauchend.
Und lohnend. Seit fast zwei Wochen bin ich jetzt hier, und es ist absolut fantastisch. Zwar gab’s am Anfang Probleme mit der Schleppmaschine, so dass ich bis heute erst zwölfmal selbst in der Luft war. Aber das Fliegen unter der Sonne Südfrankreichs ist großartig und es ist eine tolle Truppe, die sich hier zusammengefunden hat.
Am 19. April werde ich wieder in Aachen sein. Dann folgt ein ausführlicher Bericht.