Das Interregnum (2001-2005)

Die dreieinhalb Jahre zwischen Oktober 2001 und April 2005 sind das traurigste Kapitel in der Geschichte des Autos. Wind und Wetter ungeschützt ausgesetzt, steht der Wagen auf dem Hof der Werkstatt von Siggi H. bei Osnabrück. Während meines Volontariates und der bewegten Zeit davor und danach habe ich weder Geld für eine Garage, noch welches für die Kfz-Steuer, noch Lust auf die Arbeit, die der Wagen macht.

Für den Moorbraunen bleibt das nicht ohne Folgen. Kupplungsnehmerzylinder und Moll-Batterie (gekauft im März 96) geben ihren Geist auf. Auspuff- und Anhängerkupplungs-Chromblenden werden geklaut, der Stern abgebrochen. Das Schloss der Fahrertür rostet fest. Moos wuchert auf Dichtungen und in Ritzen und überzieht die Scheinwerfer.

Immerhin hält das Colorglas das Innenleben vor der zerstörerischen Wirkung der UV-Strahlen geschützt. Die beiden kleine Risse im Armaturenbrett vergrößern sich nicht weiter. Auch sonst trotzt das Zweitserienblech den Unbilden der Witterung erstaunlich gut.

Siggi lässt den Motor gelegentlich laufen und bewegt den Wagen mehrmals hin und her, damit er nicht völlig einrostet.

In der Provence

Dann ist es endlich wieder mal Zeit für eine große Reise! Auf zur (fast) dreiwöchigen großen Frankreichfahrt vom 9. bis 29. September.

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Gründlich vollgepackt / steht er da / und wartet auf den Start / alles klar…

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Nur ein Pack-Genie bekommt Zelte, Schlafsäcke, Campingausrüstung, Klamotten und Verpflegung so ordentlich in den Kofferraum.

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Das wohlausgestattete Cockpit. Das Parken wird zum Ritual: Lenkradklemme dran, Handy ab, GPS runter, Sonnenschutz vors Fenster, Handschuhfach auf…

Über Luxemburg geht es in die Provence, wo wir drei Wochen lang kreuz und quer durch die Landschaft fahren.

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Tief duckt sich der vollgepackte Wagen in die Federn. Ein bereits aus Schottland bekanntes Problem. Was auffällt: Die Zigeu Radchromleisten fallen ganz schön auf.

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Die herrliche Gegend – hier Les Baux – entschädigt für alles.

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Römergedöns allüberall: Die Siedlung Glanum wurde sogar schon von den Griechen gegründet.

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Kirchengedöns nicht minder: Der prächtig-protzige Papstpalast (das sind fünf P’s!) von Avignon…

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…und die bekannte Brücke dortselbst, auf der niemand tanzte.

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Auf dem Campingplatz…

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…wird die Kunst des Kofferraumpackens zu immer höherer Vollendung gebracht.

Gesamtstrecke: vielleicht 4.400 km. Das Fahren dort ist herrlich. Wundervoll auch die niedrigen Verbräuche von bis zu 7,4 Liter (im 5. Gang mit 90 über schmale Landsträßchen). Dreimal schaffen wir mit einer Tankfüllung 800 km. Danach passten aber auch jeweils etwa 60-63 Liter in den 65-Liter-Tank – es war also recht knapp.

Auf Rückfahrt rasselt es allerdings besorgniserregend. Wieder in Deutschland stellt sich heraus: Es ist nur eine locker gewordene Auspuffschelle.

Die Fahrt war leider eine Art Schwanengesang. Am 22. Oktober 2001 (283.819 km) wird der Braune wieder abgemeldet. Diesmal für lange, lange Zeit.

Auf zu neuen Fahrten

9. August 2001. Sagte jemand, München wäre ein teures Pflaster? Bielefeld ist ein noch viel teureres, vor allem das Stück vor dem Haus Detmolder Straße 365. Satte 30,- DM kostet es mich, mit dem Moorbraunen vor der eigenen Haustür zu parken, „obwohl dies weder durch Zeichen 315 noch durch eine Parkflächenmarkierung erlaubt war“.

17. August (275.800 km): Lustiges Keilriemenraten bei ATU: Der Keilriemen der LiMa (oder eher die Servolenkung?) muss neu. Aber welche Länge braucht ein umgedieseltes Coupé? 1175 mm sind zu kurz, 1250 mm zu lang. 1200 x 13 passt, ist aber immer noch ein Stückchen zu lang. 1220 wären ideal, die hätten auch genug Raum zum Spannen. Sind aber nicht da.

Große Innenraumwäsche im Hof der neuen Wohnung in der Heinrichstraße. Alle Verkleidungen werden gescheuert. Am Scheinwerfer links werden beide Dichtungen erneuert (sie zogen Wasser), das Glas wird gereinigt. Beide Kennzeichenleuchten kommen neu, der Dimmer für die Tachobeleuchtung wird gewechselt. Vier neue Einsätze für die Fensterkurbeln von Mercedes (40,- DM) lassen gleich den ganzen Innenraum viel besser aussehen. Das hätte ich schon viel früher machen sollen!

Noch eine Portion Autoelektrik gefällig? Ein originales altes Becker-Radio von der Osnabrücker Autoverwertung F. – es stammt wohl aus der W126er S-Klasse vom Chef höchstpersönlich – wird eingebaut. Und dabei offenbar gleich wieder durch Kurzschluss gehimmelt.

Ein Zigarettenanzünder kommt ins Handschuhfach (für das Handy-Ladekabel), dazu noch eine Zigaretten-Dreiersteckdose in den Aschenbecher hinten, um Kühlboxen oder dergleichen anzuschließen. Eine neue Hirschmann-Automatikantenne wird eingebaut, die alte ist wohl beim Einbau des Beckerradios durchgebrannt.

Und am 8. September wird noch das nagelneue Gepäcknetz an die Rückwand des Beifahrersitzes genietet. Ich hatte es etwa 1996 für 60,- DM bei MB neu gekauft, mein Mitbewohner Hauke vermutete, dass ich der einzige Mensch sei, der das Ding je neu erworben hat.

Besuch in München

Sommerzeit, Reisezeit, Coupézeit. Am 12. Juli 2001 werden wieder mal die Nummernschilder an BI-YJ 727 geschraubt.

Anfang August geht es zu einem Besuch nach München.

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Schloss Nymphenburg…

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…bietet eine standesgemäße Kulisse für moorbraune Coupés.

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Doch nicht einmal auf der Auer Dult…

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…entkommt man dem Griff Bielefelds.

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Ich flüchte mich ins Deutsche Museum, wo neben dieser Junkers…

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…auch die wunderbarste Lokomotive der Welt steht, die „Landwührden“ der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn.

Ich gebe es ja zu: Auch Grün kann eine schöne Farbe sein. Mit dieser Erkenntnis geht es zurück an den Teuto.

Mühsame Werterhaltung

Als Alltagswagen fahren kann ich den Wagen angesichts der fürchterlichen Steuer nicht mehr – zumal Ende 1999 der Pilotenschein ein noch viel fürchterlicheres Loch in meine Kasse gerissen hat. Ich gurke daher mit dem alten roten VW Golf II Automatik herum, den mir mein Vater geliehen hat:

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Das Jahr 2000 steht im Zeichen des wieder mal fälligen TÜVs und diverser kleinerer Reparaturen.

Am 27. Juni (270.400 km) wird der Wagen mit Kurzzeitkennzeichen angemeldet. Wie kaum anders zu erwarten, hat der TÜV einiges zu meckern. „Erhebliche Mängel“ sind diesmal: Bremse hinten, Lenkspiel, Batteriebefestigung, Reifenprofil, Rost.

Noch am selben Tag beginnt die große Reparatur. Geschweißt werden: Schwellerende links hinten, Radlauf-Enden (beide), Reserveradmulde, Abschlussblech unter Stoßstange hinten, Stehblech Motorraum und zwei Löcher im Auspuff.

Bremsflüssigkeit und Kühlwasser kommen neu, das Getriebeöl ist noch okay. Bremsscheiben und Beläge hinten werden erneuert; die waren noch von 1994/190.000km. Die Lenkung wird nachgestellt. Zwei neue Reifen (Kleber, 299,- DM inklusive Montage) werden bei Stinnes Bielefeld aufgezogen. Dazu aller möglicher Kleinkram.

Die Wiedervorführung am Folgetag verläuft mal wieder ohne Beanstandung.

Jetzt wollen wir aber auch mal ein kleines bisschen fahren! Am 10. Juli wird der Wagen wieder „richtig“ angemeldet (Kilometerstand etwa 271.400). Die folgenden vier Wochen sind erfüllt von munterem Herumgeschraube und Besorgungen von Ersatzteilen. Eine Stichwortliste: AHK-Steckdose gerichtet, Fahrertür-Zierleiste befestigt, Türzapfen neu justiert, dritte Bremsleuchte angeklebt, neuer Keilriemen der Lichtmaschine, neuer Verstärkungsflicken auf Fahrerfußmatte geklebt, neues 230CE-Schild, Kraftstofffilter neu (beide), neuer Lenkstockschalter, neue Schaltkulissen-Holzblende in Mittelkonsole, Überblendregler in Mittelkonsole eingebaut, Sitzheizung angeschlossen (vergeblich), Heck-Abschlussblech lackiert, Kofferraum-Seitenwanne mit Rostumwandler behandelt, Luftfiltergehäuse von Siggi schwarz überlackiert, Kopfstütze des Beifahrersitzes neu befestigt, neues gebrauchtes Intervallrelais für Scheibenwischer eingebaut, gebrauchtes Lederlenkrad eingebaut, verchromtes Lüftungsgitter an der Motorhaube gewechselt, Sitzheizung nochmal angeschlossen (wieder vergeblich), zwei neue Gummis am Auspufftopf, Kofferraum-Seitenwanne nach Rostumwandlung lackiert.

Der Wagen dankt es nicht wirklich: Am 10. August (273.600 km) gibt es wieder eine Panne. Zwischen Bielefeld und Osnabrück kommt heftiges Schlagen von der Hinterachse. Das Coupé wird vom ADAC zu Siggi H. geschleppt. Ursache ist ein Schaden an der (rechten?) Gelenkwelle.

Vorbei, vorbei, das Jahr. Am 17. August erfolgt mal wieder die Abmeldung.

Am 29. Juli ist noch ein kleines Malheur passiert. Bei einem Besuch bei Peter O. in Egelsbach bringen ich und Christof einen „Ameisen“-Hubwagen auf einem Anhänger mit. Beim Auskuppeln des Anhängers schlägt die Deichsel eine dicke Beule in den Kofferraumdeckel.

Die Delle wird später ausgebessert, die Lackiererei D. versetzt den Deckel wieder in frisches Moorbraun. Dabei wird gleich mal der Spachtelschaden unter dem „D“-Schild korrekt ausgebessert. Wenigstens zahlt Christofs Versicherung ohne Probleme.

Mitte Dezember wird Kraft für einen neuen Anlauf gesammelt: Eine neue (gebrauchte) Kardan(?)welle, ein Getriebeflansch (hatte das nicht 1996 Jens K. ausgewechselt?), eine neue (neue) Gelenkscheibe. Ventile werden eingestellt. Das Getriebeöl komt neu. Die Antriebswelle (ein Gebrauchtteil für 105,- Mark) wird ausgewechselt.

Zwei Gastspiele

1999 hat der Wagen Pause – Schuld ist die hohe Dieselsteuer. Nur zweimal wird er kurz zugelassen. Einmal für acht Tage Anfang April, dann noch einmal am 13. Juli. Die etwas rostig gewordenen Radläufe zieren jetzt Chromleisten. Bei einer der beiden Zulassungs-Gastspiele wird eine Tour nach Castrop-Rauxel (oder war’s Wanne-Eickel?) unternommen und eine gewisse Claudia P. besucht.

Als dann Mitte Oktober das Finanzamt die Steuer anmahnt, wird der Wagen wieder abgemeldet.

Ich kurve derweil mit dem metallicblauen 280S durch Bielefeld und staune, um wieviel teurer dieser fast genauso große Wagen im Unterhalt ist. Zwanzig Liter Verbrauch scheinen ganz normal zu sein – wobei „normal“ bei ihm natürlich „Super“ heißt.

On the road again… and off

Nachdem mich der bedauernswerte Kadett Mitte März 1998 verlassen hat, muss der Moorbraune wieder ran. Am 27. März erfolgt die TÜV-Vollabnahme (die Frist war erst ein paar Tage vorher abgelaufen). Ein paar Kleinigkeiten sind fällig. Die „erheblichen Mängel“ sind bei näherem Hingucken allerdings nicht wirklich dramatisch: Abblendlicht, Fernlicht, AHK-Steckdose, Rost vorne (wahrscheinlich am Lufteinlass an den Kotflügeln unter der Stoßstange), Auspuff lose.

Die Sache hat sogar ihr Gutes: Mir fällt auf, dass die Auspuff-Haltegummis total im Eimer sind. Zwei fehlen ganz, einer ist bereits durchgerissen, der letzte schon sehr ausgefasert. Ganz vorsichtig schleiche ich zur Mercedes-Werkstatt und lasse gleich vor Ort alle erneuern – was erstaunlicherweise nur 18,- DM kostet. Die Investition sollte schon in fünf Monaten lohnen…

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Nachdem der Wagen die TÜV-Wiedervorführung anstandslos überstanden hat, wird er am 9. April endlich wieder voll angemeldet (mit etwa 253.200 km). Er heißt jetzt OS-RX 71 und läuft erstmals auf Saisonkennzeichen. Nur so ist die mörderische Dieselstrafsteuer halbwegs zu ertragen.

Ein neuer Brief wird ausgestellt, vom alten bleibt mir nur eine Kopie. Schade!

8. Juni: Es ist mal wieder Zeit für einen Blitz! In Bramsche-Kalkriese auf der Landstraße rassele ich mit 90 km/h in eine Falle, wo 70 erlaubt sind. Mit 60,- DM sind wir dabei; für diesen Preis ist das Foto leider sehr klein:

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Der Anlass war, glaube ich, die Präsentation von „Osnabrück InterAktiv“ bei einer Veranstaltung der Handwerkskammer im Besucherzentrum Kalkriese. Dreimal sind wir vom Kreativhaus aus dahin gefahren und haben Computer, Monitore und sonstiges Material hineingeschleppt – beim dritten Mal stand dann die Blitze an der Straße. Wer ahnt sowas.

Im Sommer wird das Colorglas eingebaut, vorne eine schöne Frontscheibe mit Grünkeil.

Ab Juli ziehe ich von Osnabrück nach Bielefeld, wo ich seit dem 1.7. arbeite. Der Benz zieht die Anhänger. Es ist ja nicht sein erster Umzug…

Am 7. August ist bei 263.000 km mal wieder ein neuer Stern fällig. Osnabrück ist also auch nicht sicherer als Glasgow

Ein paar Tage darauf: Der zweite Unfall: Auf einer Landstraße zwischen Dinklage und Holdorf (hinter Badbergen links) lande ich im Graben.

Ich bin auf der Rückfahrt von Oldenburg nach Bielefeld zur Arbeit. Beim Jagen eines Fünfer-BMWs gerate ich in einer Linkskurve rechts auf den Schotter am Straßenrand, der Wagen bricht nach links aus und pirouettiert mehrfach über die ganze Fahrbahn. Es ist ein furchtbares Erlebnis: 1,4 Tonnen Stahl machen, was sie wollen, und ich hilflos mittendrin – ein Scheißgefühl! „Alles aus“, denke ich, und der Wagen schlägt die Böschung runter.

War’s das jetzt? Ich klettere heraus. Dramatisch ragt das Heck auf die Straße hoch. Wie ein untergegangenes Schiff sieht der Wagen aus.

Was nun passiert, ist ein wenig gespenstisch.

Am nahegelegenen Bauernhof, wo ich um Hilfe klingele, öffnet mir eine Frau im Rollstuhl. In dem sitzt sie, wie sie mir erzählt, seit sie mit ihrem Wagen von der Straße abgekommen ist wegen eines illegalen Autorennens oder rücksichtslosen Überholens.

Sie klingelt einen Nachbarsjungen mit einem Schlepper herbei, der Benni aus dem Graben pullt (wofür ich ihm all mein Bargeld in die Hand, 70 Mark oder so). Der Junge erzählt mir, dass er erst vor ein paar Tagen seinen Wagen geschrottet hat, weil er auf der Landstraße eine Kurve nicht gekriegt hat.

Ich rufe meinen Chef an, um ihm zu sagen, dass etwas später wird. Er erzählt mir, dass unserem gemeinsamen Bekannten Martin P. am Wochenende was ganz Ähnliches passiert ist. Auf dem Weg von Bielefeld nach Osnabrück sei ein entgegenkommender Wagen ins Schleudern geraten und in das Auto hinter Martin gekracht. Es habe einen oder zwei Tote gegeben, Martin habe noch beim Aufräumen geholfen. Es soll nicht schön gewesen sein.

Ist das nicht unheimlich?

Die ersten drei Leute, die ich nach meinem Ausflug treffe, erzählen mir von Fällen, in denen es viel, viel schlimmer ausgegangen ist (Querschnittslähmung, Tod, Totalschaden). Ich glaube ja nicht an Zeichen, aber eins weiß ich: Ich habe unglaubliches Glück gehabt.

Unfassbar ist: Das Coupé scheint nicht mal Blechschäden abgekriegt zu haben! Nur zwischen einer Felge und ihrem Reifen klemmt Gras. Auch im Kofferraum finde ich später noch Halme…

Nachspiel:

Am 10. August (262.900 km): Auf der A 1 irgendwo in der Nähe der Dammer Berge ist ein bulgarischer LKW beim Überholen unglaublich laut und lichthupt auch noch, als ich an ihm vorbei bin. Ich schaue in den Rückspiegel: ein Funkenregen hinterm Wagen. Das Auspuff-Mittelrohr ist durchgebrochen! Der Auspuff schleift mit mehr als 100 Sachen über den Asphalt. Gut, dass ich erst vor viereinhalb Monaten die vier Haltegummis montiert habe. Und dass sie halten. Der ADAC kommt. Der Gelbe Engel schraubt ein provisorisches Halteblech drum. Wir können die Fahrt fortsetzen.

Am 1. Oktober wird der Wagen offiziell nach Bielefeld umgemeldet. Jetzt heißt er BI-YJ 727. Am 22. Oktober ist die Saison aber zu Ende. Winterpause!

Motorschaden, Motorglück

Nur ein gutes Jahr nach dem Getriebeschaden vom Dezember 1995 ist auch der 1995 von K. eingebaute Motor „fällig“. Noch am 4. Januar hatte er von ihm neue Stabglühkerzen eingebaut bekommen. Jetzt, gegen 8 Uhr am Morgen des Sonntag, 16. Februar, platzt bei Kilometerstand 252.700 auf der Fahrt zum zweiten Tag eines IG-Medien-Seminar in Lage/Hörste auf der A 30 bei Natbergen der Motor. Ein Abschleppwagen von Flatau (mit dieser Firma habe ich viele Jahre später noch einmal Kontakt aus demselben Anlass, aber in einem anderen Auto) bringt den Wagen heim.

Ich habe die Schnauze voll von diesem Wrack! Am 24. Februar kaufe ich mir bei Opel Schiermeier einen Opel Kadett, Sondermodell „Snow“. Endlich mal ein Auto, um das man sich nie Sorgen machen muss! Und flott ist er mit seinen 60 PS auch noch! Er wird mich ziemlich genau ein Jahr lang durch die Lande und im September sogar nach Italien kutschieren… bis Mitte März 1998 ein unachtsamer Golffahrer am Haarmannsbrunnen in Osnabrück beim Abbiegen die Kurve nicht ganz kriegt und dem an der Ampel wartenden Opel in die A-Säule knallt. Totalschaden. Vielleicht rettet der Kadett auf diese Weise ja dem Coupé das Leben?

Doch zurück ins Jahr 97. Während ich vier Jahre nach dem Abschied vom roten Corsaren wieder zum Opelaner geworden bin, wird in aller Ruhe der Benz wieder flottgemacht.

Gebrauchtmotoren sind teuer. Gebrauchtautos sind billig. Am 30. Juli kaufe bei einem Herrn D. aus Lotte einen 1979er 240 D in einem eigenartigen Grüngrau. Der Wagen ist ziemlich „auf“ – außer der Motorhaube ist kein Blechteil mehr zu gebrauchen.

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Aber er hatte 1991 einen Austauschmotor bekommen, der wohl erst 93.000 km gelaufen hat. Dieser Motor ist ein Traum: Springt sofort an, schnurrt wie ein Uhrwerk (was für ein Unterschied zu der alten Schüttelmöhre!) und zieht schier unglaublich. Bei einer kleinen Probefahrt sind wir auf der Autobahn im Nu auf 160 Sachen.

D. will 1.000 Mark, ich schlage ohne Feilschen zu! Die zwei, drei Tage, die das nach einem Kauf legal möglich ist, kurve ich mit dem kreuzbraven Viertürer durch Osnabrück.

So ein elektrisches Schiebedach ist doch eine feine Sache. Am Ende muss der Wagen auf seiner letzten Fahrt mein Coupé zu Siggi H. schleppen. Dort wird er dann filettiert. Schade eigentlich. Das Herz wird verpflanzt.

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Am 5. August ist die Organtransplantation abgeschlossen. Die erste Probefahrt mit der neuen Maschine wird gemacht: Der Motor läuft so herrlich rund wie sein Vorgänger schlecht. Ein BMW-Cabrio(!)-Fahrer starrt uns an der Ampel hinterher. Wir sind wieder wer!

Zum glücklichen Abschluss dieses durchwachsenen Jahres gibt es noch ein paar Neuteile: Ende August kaufe ich bei W(alter ?) P. in Lotte einen Satz Colorglas (hinten und Seiten) für 200,- DM. Ihm verdanke ich übrigens den Kontakt zu Siggi H., der seitdem den Braunen in persönlicher Pflege hat. P. fährt selber ebenfalls einen 240CD, allerdings eine Erstserie, mit pergamentweißer Innenausstattung in der typischen Krokoleder-Optik. Meiner ist schöner.

Bei der Autoverwertung Ostendorf in Bramsche ergattere ich aus einem geschrotteten Coupé eine Heck-Stoßstange, ein paar Fenstergummis und Heckleuchten-Chrom – für insgesamt 20,- DM!
Beim zweiten Mal kaufe ich aus demselben Wagen noch vier Fensterheber, die Mittelkonsole und die komplette Lederausstattung in Dattel, ebenfalls für 200 DM oder so. Schade, dass das Leder nie eingebaut wird. Die Sitze und Seitenverkleidungen blieben 1998 im Keller des Kreativhauses liegen, als ich nach Bielefeld ziehe.

Rasendes Reporterfahrzeug

Das neue Jahr 1996 beginnt mit einer fetten Rechnung: 1.160 Mark nimmt K. für die Reparatur des Getriebes, das er mir erst ein gutes halbes Jahr vorher eingebaut hatte. Sogar für das Abschleppen darf ich ihm 100 Mark bezahlen. Einziger Lichtblick ist die neue Mittelarmlehne für 120 Mark. Damit macht das Cruisen erst so richtig Spaß.

Es wird langsam Zeit, sich nach einer anderen Werkstatt umzusehen. Am 20. Februar (bei 232.500 km) lasse ich bei Manni B., einem Bekannten, erstmals einen Kompressionstest machen:

1. Zyl. 22 bar
2. Zyl. 28 bar
3. Zyl. 25 bar
4. Zyl. 27 bar

Das sind keine überragenden Werte…

Dennoch bringt der Wagen mich und meine Minolta Dynax täglich zu Zeitungsterminen im ganzen Osnabrücker Land. Am 19. März (235.300 km) kommt es zu einem Einsatz, den ich nicht vergessen werde. Mit dem Umweltbeauftragten der Gemeinde Lotte fahre ich zu einem entlegenen Steinbruch, in dem ein totes Pony gemeldet wurde. Da der Kadaver von oben nicht gut zu sehen ist, fahren wir über eine Art Zugangsrampe in die ausgedehnte Grube hinein. (Um das tote Tier zu fotografieren, müssen wir dann allerdings doch fast wieder bis ganz nach oben kraxeln.)

Als das Foto im Kasten ist, kommt das Dicke Ende: Am Fuß der Rampe ist der Boden so matschig, dass der Benz sich im Schlamm festwühlt. Mt Müh und Not bekomme ich den Wagen wieder auf festen Grund zurück. Wir sitzen in der Falle. Was tun?

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Gottseidank liegt am Boden der Grube jede Menge Gerümpel. Aus weggeworfenen Wandpaneelen des Typs Kneipenausstattung in Eiche rustikal und blauen Plastikpaletten legen wir eine Art Sprungschanze über den Matsch. Dann nehme ich so viel Anlauf wie es geht, bringe den Diesel auf Maximaldrehzahl und lasse die Kupplung kommen…

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Röhrend rast der Braune auf die Rampe, es kracht und splittert, dass ich um Unterboden und Ölwanne fürchte. Mit letztem Schwung erreichen wir das rettende Ufer.

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Von der Rampe bleiben nur noch Trümmer und Splitter übrig.

19. Oktober: Blitz!

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Auf der Wersener Straße stadteinwärts, 15.34 Uhr, 64 km/h, Beweismittel: Traffipax Speedophot (wer denkt sich eigentlich diese Namen aus?). 50,- DM.

24. Oktober (248.800 km): Mein erster Unfall. Auf der Rückfahrt von einem NOZ-Termin in Bad Laer übersehe ich im Dunkeln an einer Kreuzung in Osnabrück eine vorfahrtberechtigte Motorradfahrerin. Sie erwischt mit ihrem Seitenkoffer meine hintere Stoßstange und stürzt – gottseidank wird sie nicht verletzt.

Die Sache hinterlässt bei mir einen bleibenden Schock. Mein Fahrverhalten ändert sich danach völlig: Defensiv ist von nun an Trumpf, gerade an Kreuzungen.

Zu langsam, zu schnell

26. September: Blitz! Der Diesel ist zwar eher lahm, aber es reicht immer noch, um gelegentlich zu schnell zu sein.

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In Wuppertal-Elberfeld, Steinbeck 66, werde ich mit 67 km/h geblitzt, den linken Arm wie immer locker aufgelegt. Mit 50,- DM eine nette Erinnerung.

Als das Jahr zu Ende geht, werfen Dinge ihre Schatten voraus, die in der Zukunft noch bedeutsam werden:

Vermehrt wird Biodiesel getankt. Inwieweit der aggressive Kraftstoff zum frühen Tod des ersten Dieselmotors beiträgt, bleibt offen. Aber das Thema Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen wird zehn Jahre später wieder überaus aktuell.

Am 29. November ist dann die erste Kfz-Steuer für den Diesel fällig: 495,- DM. Da der Wagen als Eigenbau eingestuft und entsprechend brutal besteuert wird, wird mir der Spaß am Fahren mit dem billigeren Sprit nachhaltig verleidet. Wollten wir… nicht… Geld… sparen…?

Und am 15. Dezember gibt es dann bei rund 230.000 km den ersten Getriebeschaden. Und damit geht das Schicksalsjahr 1995 zu Ende.