Mühsame Werterhaltung

Als Alltagswagen fahren kann ich den Wagen angesichts der fürchterlichen Steuer nicht mehr – zumal Ende 1999 der Pilotenschein ein noch viel fürchterlicheres Loch in meine Kasse gerissen hat. Ich gurke daher mit dem alten roten VW Golf II Automatik herum, den mir mein Vater geliehen hat:

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Das Jahr 2000 steht im Zeichen des wieder mal fälligen TÜVs und diverser kleinerer Reparaturen.

Am 27. Juni (270.400 km) wird der Wagen mit Kurzzeitkennzeichen angemeldet. Wie kaum anders zu erwarten, hat der TÜV einiges zu meckern. „Erhebliche Mängel“ sind diesmal: Bremse hinten, Lenkspiel, Batteriebefestigung, Reifenprofil, Rost.

Noch am selben Tag beginnt die große Reparatur. Geschweißt werden: Schwellerende links hinten, Radlauf-Enden (beide), Reserveradmulde, Abschlussblech unter Stoßstange hinten, Stehblech Motorraum und zwei Löcher im Auspuff.

Bremsflüssigkeit und Kühlwasser kommen neu, das Getriebeöl ist noch okay. Bremsscheiben und Beläge hinten werden erneuert; die waren noch von 1994/190.000km. Die Lenkung wird nachgestellt. Zwei neue Reifen (Kleber, 299,- DM inklusive Montage) werden bei Stinnes Bielefeld aufgezogen. Dazu aller möglicher Kleinkram.

Die Wiedervorführung am Folgetag verläuft mal wieder ohne Beanstandung.

Jetzt wollen wir aber auch mal ein kleines bisschen fahren! Am 10. Juli wird der Wagen wieder „richtig“ angemeldet (Kilometerstand etwa 271.400). Die folgenden vier Wochen sind erfüllt von munterem Herumgeschraube und Besorgungen von Ersatzteilen. Eine Stichwortliste: AHK-Steckdose gerichtet, Fahrertür-Zierleiste befestigt, Türzapfen neu justiert, dritte Bremsleuchte angeklebt, neuer Keilriemen der Lichtmaschine, neuer Verstärkungsflicken auf Fahrerfußmatte geklebt, neues 230CE-Schild, Kraftstofffilter neu (beide), neuer Lenkstockschalter, neue Schaltkulissen-Holzblende in Mittelkonsole, Überblendregler in Mittelkonsole eingebaut, Sitzheizung angeschlossen (vergeblich), Heck-Abschlussblech lackiert, Kofferraum-Seitenwanne mit Rostumwandler behandelt, Luftfiltergehäuse von Siggi schwarz überlackiert, Kopfstütze des Beifahrersitzes neu befestigt, neues gebrauchtes Intervallrelais für Scheibenwischer eingebaut, gebrauchtes Lederlenkrad eingebaut, verchromtes Lüftungsgitter an der Motorhaube gewechselt, Sitzheizung nochmal angeschlossen (wieder vergeblich), zwei neue Gummis am Auspufftopf, Kofferraum-Seitenwanne nach Rostumwandlung lackiert.

Der Wagen dankt es nicht wirklich: Am 10. August (273.600 km) gibt es wieder eine Panne. Zwischen Bielefeld und Osnabrück kommt heftiges Schlagen von der Hinterachse. Das Coupé wird vom ADAC zu Siggi H. geschleppt. Ursache ist ein Schaden an der (rechten?) Gelenkwelle.

Vorbei, vorbei, das Jahr. Am 17. August erfolgt mal wieder die Abmeldung.

Am 29. Juli ist noch ein kleines Malheur passiert. Bei einem Besuch bei Peter O. in Egelsbach bringen ich und Christof einen „Ameisen“-Hubwagen auf einem Anhänger mit. Beim Auskuppeln des Anhängers schlägt die Deichsel eine dicke Beule in den Kofferraumdeckel.

Die Delle wird später ausgebessert, die Lackiererei D. versetzt den Deckel wieder in frisches Moorbraun. Dabei wird gleich mal der Spachtelschaden unter dem „D“-Schild korrekt ausgebessert. Wenigstens zahlt Christofs Versicherung ohne Probleme.

Mitte Dezember wird Kraft für einen neuen Anlauf gesammelt: Eine neue (gebrauchte) Kardan(?)welle, ein Getriebeflansch (hatte das nicht 1996 Jens K. ausgewechselt?), eine neue (neue) Gelenkscheibe. Ventile werden eingestellt. Das Getriebeöl komt neu. Die Antriebswelle (ein Gebrauchtteil für 105,- Mark) wird ausgewechselt.

Florida: der Anfang von allem

Wie kommt ein 29-jähriger Berufsanfänger, chronisch knapp bei Kasse und mit dem Unterhalt seiner beiden viel zu teuren Altmercedesse eigentlich voll ausgelastet, dazu, den Privatpilotenschein zu machen? Noch dazu in den USA?

Die Geschichte – und damit dieses Blog – beginnt im Frühjahr 1999. Mein Freund Peter überzeugt mich und einige andere Freunde, dass Fliegen Spaß macht. Und man in den USA ganz leicht und billig den Pilotenschein machen kann. Zum Neugierigwerden nimmt er uns ein paarmal mit in kleinen Einmotorigen. Schließlich ist eine kleine Runde aus meinem alten Osnabrücker Freundeskreis mit an Bord: Christof, Holger, Sven, Karsten, Justus und ich. Wir lassen uns Unterrichtsmaterial kommen und kaufen Zubehör für die Flugvorbereitung. Peter paukt mit uns die Theorie.

Im November 1999 macht sich die kleine Gruppe auf den Weg nach St. Petersburg, an der Westküste Floridas. Für drei Wochen haben wir dort Appartement-Bungalows gemietet sowie einen Dodge-Van mit angemessener V8-Motorisierung. Unser Flugplatz: Clearwater Airpark, unsere Flugschule: die Suncoast Flying School.

Dann heißt es: Arbeiten, arbeiten, arbeiten. Aufstehen um 7 Uhr, Anziehen in aller Schnelle, Antreten am Flugplatz um 8 Uhr. Den ganzen Tag über wird gelernt: Navigation, Flugzeugtechnik, Aerodynamik und Verhalten in der Luft. Preflight Checks werden geübt. Beim Fliegerarzt das Medical eingeholt. Die theoretischen Prüfungen am Computer absolviert.

Flug-Horizont

Und es wird geflogen,

Schrägflug

geflogen,

Flug über Florida

und geflogen.

N 48985, my personal Eagle

Die Maschinen sind solide alte C152, wie etwa die November Four Eight Niner Eight Five, „my personal eagle“. Kreuzbrav stecken die Vögel jede noch so harte Landung weg.

N2084E, auf der ich meine erste Flugstunde nahm

Meine erste Trainingsstunde habe ich allerdings noch auf N2084E, einer Cessna 172, bis ich aus Kostengründen auch auf die zweisitzige 152er wechsele.

N 67307 beim Betanken

N67307, ein weiteres geschätztes Schulungsmittel.

N 67307 am Fuel Truck

Das Leben am Platz ist abwechslungsreich. Wenn wir nicht lernen, in der Luft unsere Stunden sammeln oder im Restaurant gegenüber unsere Energievorräte auffrischen, beobachten wir das Airport Life, wie etwa den klapprigen Fuel Truck. Bremsen scheint er keine mehr zu haben.

Wir haben derartig viel um die Ohren, dass ich fast nie zum Fotografieren komme. Später, wieder in Deutschland, werde ich mich ärgern, wie wenig Bilder ich mitgebracht habe.

Die folgenden neun Fotos stammen allesamt von meinem Freund Christof:

Clearwater (von Christof Hegger)

Der Clearwater Airpark aus der Platzrunde heraus fotografiert.

N 757TV

Die N757TV. Die Cessna mit der hübschen dunkelblauen Lackierung stammt wie ihre Schwester N26EF („Extra Fear“) vom Vercharterer Clearwater Airpark.

Im Cockpit

Die Cockpits der zwei bis drei Jahrzehnte alten Veteranen erzählen vom harten Schulalltag.

Floridas Küstenlinie (von Christof Hegger)

Die praktischen Übungen wie Standard Rate Turns, Power On Stalls oder Emergency Procedures finden über dem Wasser des Golfs von Mexiko statt.

Florida-Panorama (von Christof Hegger)

Die Aussicht ist herrlich, auch das Wetter spielt gut mit. Schade, dass man so selten Gelegenheit hat, die Szenerie zu genießen…

Floridaner leben gerne am Wasser

Florida ist wegen des warmen Klimas der Traum aller amerikanischen Senioren. Entsprechende Wohneinrichtungen überziehen das Land, das deshalb auch „God’s Waiting Room“ genannt wird.

Blick auf den Hafen

Die Zahl der Boote und Yachten gibt einen Hinweis darauf, wie hoch der allgemeine Amüsierfaktor in Floridien liegt. Hier wohnt man nicht, weil man muss, sondern weil man will. Will jemand Spareribs?

Albert Whitted Airport

Zur Übung landen wir auch immer wieder auf anderen Plätzen. So etwa auf Albert Whitted (KSPG) direkt am Wasser, oben im Bild, gerne auch auf dem menschenleeren Brooksville-Hernando County (KBKV), einem ehemaligen Luftwaffenplatz, sowie auf dem belebten St. Petersburg International (KPIE, genannt „Pie in the Sky“).

Nachdem wir Starts und Landungen, Touch ’n‘ Goes, Go Arounds, Slips, Crosswind Landings und Tower Control Work immer und immer wieder geübt haben, ist jeder von uns irgendwann reif für den großen Moment. Bei mir ist es am frühen Abend des 29. November soweit: Mein Fluglehrer Rick springt beim Rollen zwischen zwei Platzrunden aus der Maschine. „Have Fun“, ruft er mir grinsend zum Abschied zu. „Don’t Crash.“ My First Solo! Der Herzschlag erhöht sich rapide während ich zum Start rolle. Mit zittrigen Händen schiebe ich das Gas rein. Rotieren. Steigen. „November Four Eight Niner Eight Five leaving the pattern to the north.“ Ich fliege. Allein! Eine halbe Stunde lang kreise ich in Floridas Himmel, während in der einbrechenden Dämmerung unter mir die Lichter der Stadt angehen. Was für ein Erlebnis – deinen ersten Solo vergisst du nie.

Sumpfgelände

Die Flüge führen schließlich weiter hinaus, meist nach Norden, wo das Gelände sumpfiger und die Gegend einsamer wird.

Jetzt folgen wieder meine eigenen Bilder.

Waldbrand in Florida

Auf einem Solo Cross Country erlebe ich ein interessantes Phänomen. Genau auf meiner Wunschflughöhe herrscht schlechte Sicht. Aufsteigender Rauch von Waldbränden bildet eine solide, zusammenhängende Luftschicht. Ich überlege, ob ich FIS informieren soll und lasse es dann doch lieber sein.

Für uns Flugschüler ist der Lernstress groß. An Freizeitaktivitäten bleibt nur Essengehen am Abend und ein paar letzte Bierchen vor dem Einschlafen. So nehmen Justus und ich uns zumindest einen Tag frei, um die legendäre Disney World zu besuchen. Einmal abschalten, einmal nicht an Flugzeuge denken!

Museum "Fantasy of Flight"

Es klappt nicht ganz. Auf dem Weg nach Orlando kommen wir zum Beispiel an dieser Werbung für das Museum „Fantasy of Flight“ vorbei. Im Nachhinein tut es mir fast leid, dass wir nicht kurzfristig umdisponiert haben: Das Museum wirbt mit der „greatest Aircraft collection of the world“. Die Ausstellungsliste auf der Webseite ist wirklich beeindruckend. Doch wir wollen ja zu Herrn Disney…

Main Street, USA

…und landen zunächst im Themenbereich „Main Street USA“. So kitschig und puppenstubenhaft alles ist, die Fülle der Details erschlägt den Besucher. Disney World ist tatsächlich eine Welt für sich – perfektioniert bis ins Äußerste.

Disneys Schloss

So sieht es aus, wenn Amerikaner ein Schloss bauen.

Europaland

So stellt man sich dort Europa vor…

Zukunftsland

…und so die Zukunft. Damals, in den Siebzigern, als der Park gebaut wurde. Mit Monorail und Satellitenschüsseln.

Raddampfer

Für die größeren Kinder im Publikum interessant ist der echte Mississippi-Raddampfer und die ebenso echte Dampflok.

Marc im Zug

Mit der Seattle-Mariners-Kappe und der Plautze sehe ich schon ziemlich amerikanisch aus – Verzeihung, das war jetzt politisch unkorrekt…

Goofyflieger

Ach, verdammt, schon wieder ein gecrashter Flieger. Es hilft alles nichts. Mit einer entsetzlich zähen, verbrannten Truthahnkeule im Bauch geht es zurück nach St. Pete.

Airfield Community

Auf einem Solo Cross Country überquere ich diese Airpark Community. Ein Haus, ein Hangar. Wäre das nicht der Traum jedes Piloten?

Airport

Hier dagegen ein regulärer Airport.

Kraftwerk

Das Kraftwerk an der Küste zwischen Crystal River und Clearwater. Im Flussdelta sind oft Seekühe zu sehen, die wie dicke graue Raupen im Wasser hängen.

Schließlich die dritte und letzte Woche. Am Samstgmorgen geht unser Rückflug nach Deutschland. Mittlerweile ist mein Geldvorrat restlos erschöpft – ich hatte anfangs ohnehin vor, nur den „halben“ Schein zu machen und die Sache nächstes Jahr zu beenden. Um so ärgerlicher, dass das Kreditlimit auf meiner Mastercard nur halb so hoch war wie erhofft.

Wenn Sven nicht eingesprungen wäre, hätte ich sogar mit dem Bezahlen des Appartments Probleme bekommen. Immerhin gelingt es mit Hilfe meiner American-Express-Karte, noch etwas Geld für die Flugstunden zusammenzubekommen. Das Unglaubliche scheint plötzlich doch greifbar: Ich habe die Mindeststundenzahl, ich habe die theoretische Prüfung, ich habe das Medical… sollte es doch noch klappen?

Ich melde mich zur Prüfung am Mittwoch in Crystal River an, eine knappe Flugstunde weiter nördlich an der Küste. „Was für ein Gefühl hast du?“ fragt mich Rick. Ich überlege. „Ich glaube, ich habe eine Chance.“

Und dann klappt es doch nicht. Nicht ganz. Im theoretischen Teil der Prüfung winde ich mich so irgendwie durch, komme beim Thema „Anmeldung beim Einflug in einen kontrollierten Luftraum“ arg ins Stottern, doch es langt. Dann der praktische Teil. Prüfer Davis nimmt eine Tasse Kaffee mit in die Maschine. Auf meinen Hinweis, so sei er aber kleckergefährdet, antwortet er: „I’ll judge you on this.“ – „I’m doomed.“ Dann geht es in die Luft.

Das meiste kriege ich gut hin. Turns, Stalls, die Emergency Landing, auch den Abschnitt „ungewöhnliche Flugzustände“. Mit Blindflugbrille auf der Nase warte ich, bis Davis die Cessna durch wildes Gekurbel in eine möglichst aussichtslose Lage manövriert hat und mir befiehlt: „Recover!“

Dann die Short Field Landing. Nervös taste ich mich im steilen Winkel an die Bahn heran, immer tiefer sinkt die Nadel auf dem Airspeed Indicator – bis Davis das Gas reinknallt und die Maschine in einen Go Around bringt. Aus!

Ich war zu langsam. Wir wären unweigerlich aus dem Himmel gefallen, erklärt er mir. Wenn der Mann eines beurteilen kann, dann das. Wie zahlreiche Flugzeugmodelle, Fotos und Gemälde in der Lounge des Flugplatzes beweisen, war er Corsair-Pilot im Koreakrieg und ist auf winzigen Behelfsflugzeugträgern gelandet. Deren Vordeck oft genug von geparkten Maschinen verstellt war. Da gab es keinen Go Around.

Deprimiert fliege ich zurück. Doch es ist noch nicht ganz zu spät. Am Donnerstag übe ich mit einem freien Fluglehrer in St. Pete Short Field Landings bis zum Umfallen.

Freitag der zweite Versuch. Der unweigerlich letzte, denn am nächsten Morgen sitzen wir alle im Flieger. Eigentlich hatte Davis gar keine Zeit für mich, aber unter der rauhen Schale des wortkargen Koreakriegveterans muss ein weiches Herz schlagen. Nach einiger Wartezeit steigen wir auf. Ein Start, eine Landung: Sitzt, passt, hat Luft. Bestanden. Bestanden? Bestanden!

Nur die Bürokratie leistet letzten Widerstand. In Clearwater liegt noch ein Formular, das Davis braucht. Keiner hat mir gesagt, dass es vonnöten sei. Also heimfliegen und – keinen Pfennig mehr verjuxen! – mit dem Wagen nochmal wiederkommen. Die Fahrt mit dem Van von Clearwater nach Crystal River und zurück wird mehrere Stunden dauern, dichter Berufsverkehr mich zusätzlich aufhalten. Aus der Luft sah die Strecke nach einem schlichten Stück gerader Landstraße aus. Erst bei tiefer Dunkelheit werde ich wieder zurück in unserem Appartement sein.

Heimflug nach bestandener Prüfung

Vorher aber liegt noch ein Flug vor mir, ein letzter. Als ich das Flugplatzgebäude verlasse, mache ich einen Jubelsprung. Ich schwöre, dass dabei für eine Sekunde die Schwerkraft ausgesetzt hat. Ein anderer Pilot, mit dem ich mich vor dem Prüfungsflug kurz unterhalten habe, macht eine „Na, wie ist es gelaufen?“-Handbewegung. Ich drehe den Daumen hoch, er lacht.

Sonnenuntergang am Golf von Mexico

Dann der Rückflug. Nach drei unglaublich stressigen Wochen, nach unglaublich viel Anspannung, Büffelei und Stress, nach Prüfungsangst und ungezählten Stunden in Floridas Hitze, nach dem Ausgeben jeder Mark, die ich habe und auf absehbare Zeit haben werde, ist es vorbei. Ruhig brummt der Vierzylinder vor mir, rechts geht über dem Golf von Mexiko die Sonne unter. Es ist der schönste Moment meines Lebens, und er dauert richtig lange.

Schließlich der Funkkontakt mit Clearwater. „November Four Eight Niner Eight Five, five miles to the north, inbound for landing.“ „Marc, wie ist es gelaufen?“ höre ich Peters Stimme. „Pilot number three – affirmative“, gebe ich zurück. Das größte Abenteuer meines Lebens ist zu Ende.

Zwei Gastspiele

1999 hat der Wagen Pause – Schuld ist die hohe Dieselsteuer. Nur zweimal wird er kurz zugelassen. Einmal für acht Tage Anfang April, dann noch einmal am 13. Juli. Die etwas rostig gewordenen Radläufe zieren jetzt Chromleisten. Bei einer der beiden Zulassungs-Gastspiele wird eine Tour nach Castrop-Rauxel (oder war’s Wanne-Eickel?) unternommen und eine gewisse Claudia P. besucht.

Als dann Mitte Oktober das Finanzamt die Steuer anmahnt, wird der Wagen wieder abgemeldet.

Ich kurve derweil mit dem metallicblauen 280S durch Bielefeld und staune, um wieviel teurer dieser fast genauso große Wagen im Unterhalt ist. Zwanzig Liter Verbrauch scheinen ganz normal zu sein – wobei „normal“ bei ihm natürlich „Super“ heißt.

On the road again… and off

Nachdem mich der bedauernswerte Kadett Mitte März 1998 verlassen hat, muss der Moorbraune wieder ran. Am 27. März erfolgt die TÜV-Vollabnahme (die Frist war erst ein paar Tage vorher abgelaufen). Ein paar Kleinigkeiten sind fällig. Die „erheblichen Mängel“ sind bei näherem Hingucken allerdings nicht wirklich dramatisch: Abblendlicht, Fernlicht, AHK-Steckdose, Rost vorne (wahrscheinlich am Lufteinlass an den Kotflügeln unter der Stoßstange), Auspuff lose.

Die Sache hat sogar ihr Gutes: Mir fällt auf, dass die Auspuff-Haltegummis total im Eimer sind. Zwei fehlen ganz, einer ist bereits durchgerissen, der letzte schon sehr ausgefasert. Ganz vorsichtig schleiche ich zur Mercedes-Werkstatt und lasse gleich vor Ort alle erneuern – was erstaunlicherweise nur 18,- DM kostet. Die Investition sollte schon in fünf Monaten lohnen…

rx71

Nachdem der Wagen die TÜV-Wiedervorführung anstandslos überstanden hat, wird er am 9. April endlich wieder voll angemeldet (mit etwa 253.200 km). Er heißt jetzt OS-RX 71 und läuft erstmals auf Saisonkennzeichen. Nur so ist die mörderische Dieselstrafsteuer halbwegs zu ertragen.

Ein neuer Brief wird ausgestellt, vom alten bleibt mir nur eine Kopie. Schade!

8. Juni: Es ist mal wieder Zeit für einen Blitz! In Bramsche-Kalkriese auf der Landstraße rassele ich mit 90 km/h in eine Falle, wo 70 erlaubt sind. Mit 60,- DM sind wir dabei; für diesen Preis ist das Foto leider sehr klein:

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Der Anlass war, glaube ich, die Präsentation von „Osnabrück InterAktiv“ bei einer Veranstaltung der Handwerkskammer im Besucherzentrum Kalkriese. Dreimal sind wir vom Kreativhaus aus dahin gefahren und haben Computer, Monitore und sonstiges Material hineingeschleppt – beim dritten Mal stand dann die Blitze an der Straße. Wer ahnt sowas.

Im Sommer wird das Colorglas eingebaut, vorne eine schöne Frontscheibe mit Grünkeil.

Ab Juli ziehe ich von Osnabrück nach Bielefeld, wo ich seit dem 1.7. arbeite. Der Benz zieht die Anhänger. Es ist ja nicht sein erster Umzug…

Am 7. August ist bei 263.000 km mal wieder ein neuer Stern fällig. Osnabrück ist also auch nicht sicherer als Glasgow

Ein paar Tage darauf: Der zweite Unfall: Auf einer Landstraße zwischen Dinklage und Holdorf (hinter Badbergen links) lande ich im Graben.

Ich bin auf der Rückfahrt von Oldenburg nach Bielefeld zur Arbeit. Beim Jagen eines Fünfer-BMWs gerate ich in einer Linkskurve rechts auf den Schotter am Straßenrand, der Wagen bricht nach links aus und pirouettiert mehrfach über die ganze Fahrbahn. Es ist ein furchtbares Erlebnis: 1,4 Tonnen Stahl machen, was sie wollen, und ich hilflos mittendrin – ein Scheißgefühl! „Alles aus“, denke ich, und der Wagen schlägt die Böschung runter.

War’s das jetzt? Ich klettere heraus. Dramatisch ragt das Heck auf die Straße hoch. Wie ein untergegangenes Schiff sieht der Wagen aus.

Was nun passiert, ist ein wenig gespenstisch.

Am nahegelegenen Bauernhof, wo ich um Hilfe klingele, öffnet mir eine Frau im Rollstuhl. In dem sitzt sie, wie sie mir erzählt, seit sie mit ihrem Wagen von der Straße abgekommen ist wegen eines illegalen Autorennens oder rücksichtslosen Überholens.

Sie klingelt einen Nachbarsjungen mit einem Schlepper herbei, der Benni aus dem Graben pullt (wofür ich ihm all mein Bargeld in die Hand, 70 Mark oder so). Der Junge erzählt mir, dass er erst vor ein paar Tagen seinen Wagen geschrottet hat, weil er auf der Landstraße eine Kurve nicht gekriegt hat.

Ich rufe meinen Chef an, um ihm zu sagen, dass etwas später wird. Er erzählt mir, dass unserem gemeinsamen Bekannten Martin P. am Wochenende was ganz Ähnliches passiert ist. Auf dem Weg von Bielefeld nach Osnabrück sei ein entgegenkommender Wagen ins Schleudern geraten und in das Auto hinter Martin gekracht. Es habe einen oder zwei Tote gegeben, Martin habe noch beim Aufräumen geholfen. Es soll nicht schön gewesen sein.

Ist das nicht unheimlich?

Die ersten drei Leute, die ich nach meinem Ausflug treffe, erzählen mir von Fällen, in denen es viel, viel schlimmer ausgegangen ist (Querschnittslähmung, Tod, Totalschaden). Ich glaube ja nicht an Zeichen, aber eins weiß ich: Ich habe unglaubliches Glück gehabt.

Unfassbar ist: Das Coupé scheint nicht mal Blechschäden abgekriegt zu haben! Nur zwischen einer Felge und ihrem Reifen klemmt Gras. Auch im Kofferraum finde ich später noch Halme…

Nachspiel:

Am 10. August (262.900 km): Auf der A 1 irgendwo in der Nähe der Dammer Berge ist ein bulgarischer LKW beim Überholen unglaublich laut und lichthupt auch noch, als ich an ihm vorbei bin. Ich schaue in den Rückspiegel: ein Funkenregen hinterm Wagen. Das Auspuff-Mittelrohr ist durchgebrochen! Der Auspuff schleift mit mehr als 100 Sachen über den Asphalt. Gut, dass ich erst vor viereinhalb Monaten die vier Haltegummis montiert habe. Und dass sie halten. Der ADAC kommt. Der Gelbe Engel schraubt ein provisorisches Halteblech drum. Wir können die Fahrt fortsetzen.

Am 1. Oktober wird der Wagen offiziell nach Bielefeld umgemeldet. Jetzt heißt er BI-YJ 727. Am 22. Oktober ist die Saison aber zu Ende. Winterpause!

Motorschaden, Motorglück

Nur ein gutes Jahr nach dem Getriebeschaden vom Dezember 1995 ist auch der 1995 von K. eingebaute Motor „fällig“. Noch am 4. Januar hatte er von ihm neue Stabglühkerzen eingebaut bekommen. Jetzt, gegen 8 Uhr am Morgen des Sonntag, 16. Februar, platzt bei Kilometerstand 252.700 auf der Fahrt zum zweiten Tag eines IG-Medien-Seminar in Lage/Hörste auf der A 30 bei Natbergen der Motor. Ein Abschleppwagen von Flatau (mit dieser Firma habe ich viele Jahre später noch einmal Kontakt aus demselben Anlass, aber in einem anderen Auto) bringt den Wagen heim.

Ich habe die Schnauze voll von diesem Wrack! Am 24. Februar kaufe ich mir bei Opel Schiermeier einen Opel Kadett, Sondermodell „Snow“. Endlich mal ein Auto, um das man sich nie Sorgen machen muss! Und flott ist er mit seinen 60 PS auch noch! Er wird mich ziemlich genau ein Jahr lang durch die Lande und im September sogar nach Italien kutschieren… bis Mitte März 1998 ein unachtsamer Golffahrer am Haarmannsbrunnen in Osnabrück beim Abbiegen die Kurve nicht ganz kriegt und dem an der Ampel wartenden Opel in die A-Säule knallt. Totalschaden. Vielleicht rettet der Kadett auf diese Weise ja dem Coupé das Leben?

Doch zurück ins Jahr 97. Während ich vier Jahre nach dem Abschied vom roten Corsaren wieder zum Opelaner geworden bin, wird in aller Ruhe der Benz wieder flottgemacht.

Gebrauchtmotoren sind teuer. Gebrauchtautos sind billig. Am 30. Juli kaufe bei einem Herrn D. aus Lotte einen 1979er 240 D in einem eigenartigen Grüngrau. Der Wagen ist ziemlich „auf“ – außer der Motorhaube ist kein Blechteil mehr zu gebrauchen.

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Aber er hatte 1991 einen Austauschmotor bekommen, der wohl erst 93.000 km gelaufen hat. Dieser Motor ist ein Traum: Springt sofort an, schnurrt wie ein Uhrwerk (was für ein Unterschied zu der alten Schüttelmöhre!) und zieht schier unglaublich. Bei einer kleinen Probefahrt sind wir auf der Autobahn im Nu auf 160 Sachen.

D. will 1.000 Mark, ich schlage ohne Feilschen zu! Die zwei, drei Tage, die das nach einem Kauf legal möglich ist, kurve ich mit dem kreuzbraven Viertürer durch Osnabrück.

So ein elektrisches Schiebedach ist doch eine feine Sache. Am Ende muss der Wagen auf seiner letzten Fahrt mein Coupé zu Siggi H. schleppen. Dort wird er dann filettiert. Schade eigentlich. Das Herz wird verpflanzt.

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Am 5. August ist die Organtransplantation abgeschlossen. Die erste Probefahrt mit der neuen Maschine wird gemacht: Der Motor läuft so herrlich rund wie sein Vorgänger schlecht. Ein BMW-Cabrio(!)-Fahrer starrt uns an der Ampel hinterher. Wir sind wieder wer!

Zum glücklichen Abschluss dieses durchwachsenen Jahres gibt es noch ein paar Neuteile: Ende August kaufe ich bei W(alter ?) P. in Lotte einen Satz Colorglas (hinten und Seiten) für 200,- DM. Ihm verdanke ich übrigens den Kontakt zu Siggi H., der seitdem den Braunen in persönlicher Pflege hat. P. fährt selber ebenfalls einen 240CD, allerdings eine Erstserie, mit pergamentweißer Innenausstattung in der typischen Krokoleder-Optik. Meiner ist schöner.

Bei der Autoverwertung Ostendorf in Bramsche ergattere ich aus einem geschrotteten Coupé eine Heck-Stoßstange, ein paar Fenstergummis und Heckleuchten-Chrom – für insgesamt 20,- DM!
Beim zweiten Mal kaufe ich aus demselben Wagen noch vier Fensterheber, die Mittelkonsole und die komplette Lederausstattung in Dattel, ebenfalls für 200 DM oder so. Schade, dass das Leder nie eingebaut wird. Die Sitze und Seitenverkleidungen blieben 1998 im Keller des Kreativhauses liegen, als ich nach Bielefeld ziehe.

Rasendes Reporterfahrzeug

Das neue Jahr 1996 beginnt mit einer fetten Rechnung: 1.160 Mark nimmt K. für die Reparatur des Getriebes, das er mir erst ein gutes halbes Jahr vorher eingebaut hatte. Sogar für das Abschleppen darf ich ihm 100 Mark bezahlen. Einziger Lichtblick ist die neue Mittelarmlehne für 120 Mark. Damit macht das Cruisen erst so richtig Spaß.

Es wird langsam Zeit, sich nach einer anderen Werkstatt umzusehen. Am 20. Februar (bei 232.500 km) lasse ich bei Manni B., einem Bekannten, erstmals einen Kompressionstest machen:

1. Zyl. 22 bar
2. Zyl. 28 bar
3. Zyl. 25 bar
4. Zyl. 27 bar

Das sind keine überragenden Werte…

Dennoch bringt der Wagen mich und meine Minolta Dynax täglich zu Zeitungsterminen im ganzen Osnabrücker Land. Am 19. März (235.300 km) kommt es zu einem Einsatz, den ich nicht vergessen werde. Mit dem Umweltbeauftragten der Gemeinde Lotte fahre ich zu einem entlegenen Steinbruch, in dem ein totes Pony gemeldet wurde. Da der Kadaver von oben nicht gut zu sehen ist, fahren wir über eine Art Zugangsrampe in die ausgedehnte Grube hinein. (Um das tote Tier zu fotografieren, müssen wir dann allerdings doch fast wieder bis ganz nach oben kraxeln.)

Als das Foto im Kasten ist, kommt das Dicke Ende: Am Fuß der Rampe ist der Boden so matschig, dass der Benz sich im Schlamm festwühlt. Mt Müh und Not bekomme ich den Wagen wieder auf festen Grund zurück. Wir sitzen in der Falle. Was tun?

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Gottseidank liegt am Boden der Grube jede Menge Gerümpel. Aus weggeworfenen Wandpaneelen des Typs Kneipenausstattung in Eiche rustikal und blauen Plastikpaletten legen wir eine Art Sprungschanze über den Matsch. Dann nehme ich so viel Anlauf wie es geht, bringe den Diesel auf Maximaldrehzahl und lasse die Kupplung kommen…

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Röhrend rast der Braune auf die Rampe, es kracht und splittert, dass ich um Unterboden und Ölwanne fürchte. Mit letztem Schwung erreichen wir das rettende Ufer.

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Von der Rampe bleiben nur noch Trümmer und Splitter übrig.

19. Oktober: Blitz!

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Auf der Wersener Straße stadteinwärts, 15.34 Uhr, 64 km/h, Beweismittel: Traffipax Speedophot (wer denkt sich eigentlich diese Namen aus?). 50,- DM.

24. Oktober (248.800 km): Mein erster Unfall. Auf der Rückfahrt von einem NOZ-Termin in Bad Laer übersehe ich im Dunkeln an einer Kreuzung in Osnabrück eine vorfahrtberechtigte Motorradfahrerin. Sie erwischt mit ihrem Seitenkoffer meine hintere Stoßstange und stürzt – gottseidank wird sie nicht verletzt.

Die Sache hinterlässt bei mir einen bleibenden Schock. Mein Fahrverhalten ändert sich danach völlig: Defensiv ist von nun an Trumpf, gerade an Kreuzungen.

Zu langsam, zu schnell

26. September: Blitz! Der Diesel ist zwar eher lahm, aber es reicht immer noch, um gelegentlich zu schnell zu sein.

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In Wuppertal-Elberfeld, Steinbeck 66, werde ich mit 67 km/h geblitzt, den linken Arm wie immer locker aufgelegt. Mit 50,- DM eine nette Erinnerung.

Als das Jahr zu Ende geht, werfen Dinge ihre Schatten voraus, die in der Zukunft noch bedeutsam werden:

Vermehrt wird Biodiesel getankt. Inwieweit der aggressive Kraftstoff zum frühen Tod des ersten Dieselmotors beiträgt, bleibt offen. Aber das Thema Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen wird zehn Jahre später wieder überaus aktuell.

Am 29. November ist dann die erste Kfz-Steuer für den Diesel fällig: 495,- DM. Da der Wagen als Eigenbau eingestuft und entsprechend brutal besteuert wird, wird mir der Spaß am Fahren mit dem billigeren Sprit nachhaltig verleidet. Wollten wir… nicht… Geld… sparen…?

Und am 15. Dezember gibt es dann bei rund 230.000 km den ersten Getriebeschaden. Und damit geht das Schicksalsjahr 1995 zu Ende.

Mit dem Diesel nach Schottland

Nun sind wir also Selbstzünderpiloten. Der altertümliche Motor mit seinem schmuddeligen silbernen Kopf, dem lauten Nageln und heftigem Schütteln im Leerlauf kommt mir nach dem modernen, durchzugsstarken M102 mit seinem schicken schwarzen Zylinderkopf furchtbar primitiv vor.

Die traurige 160-Kilometer-Skala des neuen Tachos (der gar nicht in den Wagen gehört hätte, da ja das alte 3,58er-Differential dringeblieben ist) macht unmissverständlich klar, dass wir nun in einer anderen Liga spielen. Wobei es die Nadel nicht mal auf 140 schafft. Gut, möglicherweise stammt der Tacho von einem 200D mit 3,92er-Übersetzung, was natürlich eine massive Unter-Eilung erzeugt haben dürfte.

Zu allem Überfluss trinkt der neue alte Motor unglaubliche Mengen an Öl, was ich bei der ersten längeren Fahrt nach Berlin eher zufällig bei einem Tankstellenstop entdecke. Alle etwa 550 Kilometer ist ein neuer Liter fällig. Wollten wir nicht Geld sparen mit der neuen Maschine?

Neue Ölstutzen auf dem Ventildeckel und eine neue Dichtung unter demselben bringen ebensowenig Abhilfe wie eine neue Dichtung am Ölfiltergehäuse. K. knöpft mir für eine Motorwäsche, um den Fehler zu finden, 75 Mark ab.

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Trotz seiner Trinksitten geht es mit dem Wagen wieder einmal auf große Fahrt. Am 6. September (214.091 km) breche ich zur zweiten Schottlandreise auf.

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Dunottar Castle. Schottischer und burgiger geht’s kaum, Eilean Donan Castle vielleicht mal ausgenommen. (Aber das ist ja nur eine Filmkulisse.)

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Wilde Büffelherden durchstreiften einst die unendlichen Weiden der Highlands.

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Erst ein Kurzbesuch in Edinburgh (…215.459 km…) bei Petra, danach mit ihr eine größere Rundfahrt durch die Highlands.

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Schottische Schafe am Straßenrand.

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Noch so ein schottisches Schaf…

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…und noch so eine schottische Ruine.

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Strome Ferry, ein Ort, der es sogar zu einer Erwähnung in einem Roman von Iain Banks gebracht hat. Und das ohne Fähre.

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Typische Single Track Road. Für den alten Dieselmotor ist das ständige Auf und Ab natürlich eine Qual.

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Noch ein Fotohalt an der Westküste.

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Die „Road to Applecross“ vom Norden her auf die Isle of Skye zu bietet einen Anblick, der für immer zu den schönsten meines Lebens zählen wird.

Bei der Rückkehr in Osnabrück steht der Zähler auf 218.400 km. Viel Straße in wenig Tagen: rund 3.700 Kilometer.

Die Umdieselung

Ich war jahrelang nicht sicher, ob diese Entscheidung der größte Schwachsinn oder die genialste Idee in der Geschichte des Coupés mit é war. Für volle zehn Jahre, von 1995 bis 2005, hielt ich es für die dümmste. Heute weiß ich, es war die beste. Aber der Reihe nach.

Zwei Monate lang erfreue ich mich am (zugegebenermaßen nicht wirklich erkennbar veränderten) Klang des überholten Motors, dann setzt mir K. den nächsten Floh ins Ohr. Zugegeben, ich habe ihn mir auch nur zu gerne ins Ohr setzen lassen…

D I E   U M D I E S E L U N G

Am 9. Mai, bei Kilometerstand 206.200, wird der Wagen umgedieselt. Den von K. angebotenen angeblich astreinen 300er-Fünfzylinder schlage ich zugunsten eines etwas unscheinbareren OM 616 aus (O-Ton K.: „Der ist auch noch gut“).

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Wozu das Ganze? Seit Herbst 1994 arbeite ich als freier Mitarbeiter der Neuen Osnabrücker Zeitung für die Redaktion „Rund um Osnabrück“. Die ständigen Außentermine lassen den Wagen mächtig Kilometer machen – geschätzte 30.000 im Jahr. Und weil ich in Glasgow in der BWL-Vorlesung gelernt habe, Kosten immer in die Zukunft gerichtet zu beurteilen, entscheide ich mich für die angeblich Geld sparende Umdieselung. Und nehme gleich noch ein Fünfganggetriebe, vermutlich aus einem Strichachter, dazu.

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Dafür gebe ich den vor zwei Monaten überholten M102-Motor, das frisch überholte Getriebe und den G-Katalysator in Zahlung. Und lege noch einmal geschätzte 3.300 DM drauf. Und das für einen grottenschlechten OM616-Diesel, der mir gerade einmal 20 Monate und 43.000 Kilometer später platzen wird (und bis dahin wohl fast 90 Liter Öl gesoffen haben wird) sowie ein Getriebe, das sogar schon nach der Hälfte der Zeit (sieben Monate und 21.000 km) einen fetten Schaden hat.

Zuviel Geld im Portemonnaie

Weil ich dem Wagen etwas Gutes tun will und offenbar viel zu viel Geld habe, lasse ich Anfang März 1995 in meiner neuen Stamm-Werkstatt bei Jens K. in Osnabrück den Motor überholen. Der Zylinderkopf wird zerlegt, plan geschliffen, die Ventile eingeschliffen, die Dichtungen kommen neu, Motorlager werden ersetzt und ein neues Schubabschaltventil eingebaut. Zusammen mit kleineren Servicearbeiten zahle ich rund 1.950 Mark für alles. Angesichts dessen, dass dieser generalüberholte Motor dann nur zwei Monate im Wagen bleiben wird, ist das eine der größten Fehlinvestitionen meines Lebens.

Aber wo wir gerade schon mal beim Geldausgeben sind…

22. April: Blitz! Mit frisch überholtem Motor rast es sich besonders gut.

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Tatort: Bramscher Straße, Tatgeschwindigkeit: 70 Sachen.