Blogrecycling

Nicht, dass Ihr glaubt, hier passiert nichts. Das Blogrecycling geht munter weiter: 30 neue alte Beiträge von 2011 bis 2008 sind übers Wochenende liebevoll hierhin umgetopft worden. Zum Beispiel:

Mein Abend mit Deti, der Herrenhandtasche

Eine Begegnung mit dem Tod (in einem gesprengten Weltkriegsbunker)

20 Jahre nach dem Abi: ein Wiedersehen (im Netz)

Auf dem Bloggertreffen in Köln (in einem langweiligen Hemd)

Viele Stufen zum Dach der Welt (in Baesweiler)

Eine Reise nach Japan (in Belgien)

Mit einem Wisch ist alles App

Eine Begegnung mit braunem Käse aus Norwegen

Fliegende Pinguine

Linklist

Daihatsu zieht sich zum Monatsende aus Deutschland zurück. Schuld soll nicht nur die erratische Modellpolitik des japanischen (oder, wie viele Deutsche glauben, möglicherweise auch koreanischen) Kleinwagenherstellers gewesen sein, schreibt Susanne Kilimann auf Zeit.de. Sondern auch das völlig zerrüttete Verhältnis zwischen der Konzernzentrale in Japan und der deutschen Import-Tochtergesellschaft.

Einen Abgesang ganz persönlicher Art auf ihren Daihatsu Charade hat schon 2011 Christine Meffert verfasst, ebenfalls auf Zeit.de. Ihr Fazit: Ein Auto, das keine Emotionen weckt, keine Geschichte erzählt und nicht im Gedächtnis bleibt.

Baskenblog: Beaune

Kleiner Rückblick: Im September 2008 tourte ich mit Marit, meiner Suzuki Freewind, für anderthalb Wochen durch Südeuropa. Das Ziel: San Sebastián an der spanischen Nordküste – ich hatte noch Resturlaub und der Name der Stadt gefiel mir einfach. Über Orleáns ging es die Loire entlang nach La Rochelle, die Küste hinunter zur Dune du Pyla und weiter nach San Sebastián. Dann über Bilbao – mit einem Abstecher ins Guggenheim-Museum – und Vitoria zurück über die Pyrenäen (mit einem Stop am Geisterbahnhof Canfranc) zurück nach Frankreich. Dort fanden sich noch Carcassonne und Lyon auf der Besuchsliste, bevor die letzte Etappe anstand – heim nach Aachen.

Wenn ich jetzt zurückschaue, markierte das Baskenblog – unter diesem Namen entstanden die 18 Beiträge – einen Wendepunkt in meiner Bloggerei. Anfangs hatte ich noch versucht, wie auf der Norwegenfahrt im Frühjahr 2008, möglichst alles „live“ von unterwegs zu bloggen. Facebook und Twitter waren ja damals noch in weiter Ferne. Doch das Bloggen unterwegs machte immer weniger Spaß. Was zum einen an der schon 2008 krätzigen Bedienoberfläche meines Bloghosters Twoday.net lag (an der sich bis heute, 2013, anscheinend nicht das geringste geändert hat). Zum anderen daran, dass sich keine Gelegenheiten mehr fanden, unterwegs Bilder zu bearbeiten oder längere Passagen zu schreiben. Auch iPhone, Netbook oder iPad hatte ich damals noch nicht.

Von der Zeit ganz zu schweigen: Bis dahin hatte ich immer versucht, die Reise möglichst genau zu dokumentieren – dieser Aufwand wurde mir mit der damaligen Blogsoftware einfach zu groß. Die letzten Baskenblog-Beiträge entstanden denn auch nach der Rückkehr in Aachen. Danach nahm die Zahl der Blogbeiträge auf Moorbraun.twoday.net und Pilotblog.blog.de tendenziell immer weiter ab. Dass man bei Twoday keine Bilder größer als 400 Pixel Breite einstellen konnte und jedesmal eine Großversion bei Flickr verlinken musste, verdarb mir den Spaß am Bloggen immer mehr.

Seit August 2012 läuft jetzt www.marc-heckert.de als Hauptblog auf WordPress, die Artikel von Moorbraun.twoday.net und Pilotblog.blog.de (sowie dem Experimentierblog Printenheim.blogspot.de) sind zum großen Teil schon hierher herüberkopiert. Was zwar bei den vielen hundert seit 2007 geschriebenen Artikeln, die meisten davon reichlich bebildert, eine ziemliche Sisyphosaufgabe darstellt – aber man muss zugeben, mit WordPress macht selbst diese Arbeit geradezu Spaß. Ich bin wirklich glücklich, umgestiegen zu sein. Die Software (aktuell läuft hier Version 3.5) bietet alles, was das Bloggerherz begehrt und ist wunderbar benutzerfreundlich.

So benutzerfreundlich sogar, dass ich nach dem Herüberholen der 18 Baskenblogeinträge von 2008 noch eine letzte Episode nachschieben will. Auf dem Weg von Lyon zurück nach Aachen gab es nämlich noch etwas, das ich mir unbedingt angucken wollte: das Hôtel-Dieu in Beaune. Das um 1450 entstandene Armenhospital ist ein absolutes Highlight und eine eigene Reise wert. Folgt mir also zurück ins Jahr 2008 und in ein schnuckeliges 22.000-Einwohner-Städtchen im schönen Burgund!

Samstag, 4. Oktober 2008. Nach dem Frühstück in der Jugendherberge Lyon gönne ich mir einen teils belustigten, teils neidischen Blick auf die Gruppen von Gästen, die hinter ihren Note- und Netbooks sitzen. Wäre ja schon schick gewesen, unterwegs mobil vernetzt zu sein. Doch mein Laptop, ein Fujitsu-Siemens Amilo, war einfach zu unhandlich und empfindlich, um zu Regenkombiwurst und Reservekanister in Seitenkoffer oder Topcase gequetscht zu werden. Und mein Handy, ein HTC XDA Orbit 2, kann zwar Navigation, Radio, UMTS und WLAN. Ansonsten ist es aber mit seinem Betriebssystem Windows Mobile – zu bedienen mit Hilfe von einer erklecklichen Zahl von Ausklappmenüs und einem Stylus – viel zu fisselig, als dass man damit irgendwie kreativ tätig werden könnte.

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Nun denn, gebloggt wird also zu Hause. Nach gerade 160 Kilometern knattert Marit durch die Straßen von Beaune. Das Hôtel-Dieu als Hauptattraktion ist leicht zu finden, wenn man die Stadt zunächst zweimal umrundet.

Im Jahr 1443 hatten der burgundische Herzog Nicolas Rolin und seine Frau Guigone de Salins die Idee, der notleidenden Bevölkerung ein Krankenhaus und Armenhospiz zu stiften.

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Es sollte allerdings nicht nur irgendein Krankenhaus werden, sondern bitteschön eines der schönsten Hospitäler Europas. Nach flandrischem Vorbild entstand ein einzigartig reich ausgestattetes Gebäude, das bis heute weitgehend unverändert erhalten geblieben ist. Auffälligstes Merkmal von außen ist das bunt verzierte Dach aus glasierten Terrakottaziegeln.

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Im großen Armensaal herrscht Dämmerlicht – die Ärzte glaubten im 15. Jahrhundert, Krankheitserreger verbreiteten sich mit der Luft. Also wurden die Fenster so klein wie möglich gehalten. Die Luft im Inneren wurde „gereinigt“, indem man Heilkräuter verbrannte. Die Kranken lagen zu zweit in den Betten, um sich gegenseitig zu wärmen, denn eine Heizung gab es nicht.

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Im Inneren wandert der Besucher durch Schlaf- und Pflegesäle für Kranke und Sterbende, eine Apotheke, eine große Küche und ein Labor für die Herstellung von Arzneien. Hinter den Glastüren der Apothekenschränke warten unzählige Flakons und Tiegel mit den verschiedensten Mitteln auf die Leidenden.

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Mit Puppen wird das Innere des Museums zum Leben erweckt, etwa hier die Küche – wohl der Traum jeder Hausfrau der Renaissance mit ihren gänsehalsförmigen Wasserhähnen…

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…und dem vollautomatischen Bratenroboter, der das Fleisch am Spieß genau nach Vorgabe rotieren lässt.

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Auch an Kunstwerken ist das Hôtel reich ausgestattet. Berühmtestes Werk ist der neunteilige Flügelaltar „Das jüngste Gericht“ von Rogier van der Weyden in der Kapelle.

Kein Zweifel, das Ehepaar Rolin war nicht nur spendabel, es hat sein Geld auch langfristig gut angelegt. Das Hôtel ist wirklich ein fünfeinhalb Jahrhunderte altes Juwel.

Beim Herausgehen fällt mir noch diese Marmorbüste dieses Herren auf: Marschall Gaspard de Clermont-Tonnerre (1688-1781). Er war Nachfahre des Stifters Nicolas Rolin und Patron des Krankenhauses.

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Laut einer Hinweistafel hatte er eine erfolgreiche Militärkarriere unter Ludwig XV. und wurde zum Marschall Frankreichs ernannt. Was für ein Charakter er war, weiß ich nicht – aber er wird mir in Erinnerung bleiben als der Marmorkopf (gerade im Vergleich mit Admiral Duperré in La Rochelle und Admiral de Olquendo in San Sebastián), der auf der ganzen Reise am nettesten lächelte.

Der Rest der Reise ist schnell erzählt. Auf dem Weg nach Norden wird es schnell dunkel und regnerisch. Ich bin müde und geschlaucht. Bis nach Aachen sind es noch 570 Kilometer, die sich auf einer Motorradbank sehr, sehr lange dehnen können. Und im Dunkeln fahre ich eh nicht gerne, seit mir mal auf der nächtlichen A1 ein abgerissener Lkw-Frontstoßfänger auf der Nebenspur den Schreck des Monats eingejagt hat.

Ich rufe Wolfi in Landau an – und lade mich quasi ein. Gottseidank hat Wolfi erstens tatsächlich Platz für einen Schlafsack frei und zweitens nichts besseres zu tun. Der Tag endet gemütlich bei Pizza, Tannenzäpfle-Bier und Dieselsprech in Wolfis Bastelstube. Sehr viel weiter hätte ich es an diesem Abend auch kaum noch geschafft.

Sonntag, 5. Oktober 2008. Landau – Aachen. Endgültig letzter Abschnitt der Reise von fast 4000 Kilometern. Mit müden Knochen und halbleerem Tank schleiche ich im Dauerregen durch die Eifel. Mitteleuropa hat uns wieder. Oh, hätte Marit doch ein paar PS mehr! Immerhin: Zu Hause warten heißer Milchkaffee und Aachener Streuselbrötchen. Bei allen Pintxos des Baskenlandes: Es ist ja auch nicht alles schlecht zu Hause.

Der morbide Charme des Morbiden

Die ersten Januartage sind keine fröhliche Zeit. Der Himmel wolkengrau, das Wetter nasskalt, die Tage kurz, die Stimmung neigt zu Melancholie. Es ist eine Zeit, schon lange vorgenommene Dinge zu erledigen, To-Do-Listen abzuarbeiten und sich das schlechte Gewissen wenigstens partiell zu erleichtern.

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Schweigend stehen die Leichen auf dem Werkstatthof, teils ausgeschlachtet, teils mit den Innereien anderer Schrottopfer ausgestopft, einige bereits aufgebahrt und bereit zu ihrer allerletzten Reise. Während meine C-Klasse im Hintergrund auf die Hebebühne wartet, streife ich zwischen den tristen Hüllen herum und lasse mich anstecken vom morbiden Charme des Morbiden.

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Ein unverhofftes Wiedersehen mit einem alten Bekannten – dem Smileymännchen „Mr Happy“ aus der „Glasgow’s Miles Better“-Kampagne, mit der die heruntergekommene schottische Industriemetropole in den 80er-Jahren ihr Image erfolgreich aufzumöbeln begann. Als ich die Stadt 1992 zum ersten Mal mit Interrail besuchte, war der Slogan noch häufig zu sehen, obwohl die Nachfolgekampagne „Glasgow’s Alive“ schon seit längerem lief.

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„Alive“ – das ist überhaupt das Stichwort für viele der vor sich hin träumenden Ruinen. Mutter Natur haucht den aus dem Verkehr Verschiedenen auf ihre Weise neues Leben ein, so wie diesem Opel Kadett.

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Und so sprießt es still und hoffnungsfroh an mancher verborgenen Stelle…

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…oder ganz offen, dem winterlichen Himmel entgegen.

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Doch auch, wo noch nichts oder nichts mehr wächst, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Alles fließt, sagten die alten Griechen. Manchmal blättert und bröselt es auch. Ich fühle mich an die vergessenen und zerfallenden Eisenbahnwagen hinter dem Geisterbahnhof von Canfranc erinnert.

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Und die Schwerkraft tut das Ihrige, wenn Stahl zu Staub wird.

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Auch wenn das Reifenprofil noch gut ausschauen mag: Ungewohnte Einblicke entstehen, wo der Zahn der Zeit seine Bissspuren hinterlassen hat, wie am vorderen Radlauf dieses alten W123ers.

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Scheußlich auch dieser Schaden, dessen Reparatur offenbar niemand für nötig – halt, das ist ja meine C-Klasse. Was mich daran erinnert, weshalb wir hier bei Dirk sind: Am treuen Flocki ist nach fast zwei Jahren und 60.000 Kilometern mal wieder das eine oder andere zu erledigen.

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Das größte Unwohlsein bereiten mir die vorderen Federbeinaufnahmen, die als Blechteile in Form umgedrehter Müslischüsseln ans Radhaus angeschweißt sind. Bricht eine davon ab, so wie es vor fast zwei Jahren auf der Fahrerseite passiert ist, ist die aus dem Wagen herausfallende Feder Anlass genug, sich von dem Fahrzeug zu trennen.

Das möchte ich gerne vermeiden, allein, was lässt sich dagegen tun? Eine Verstärkung einschweißen: eine Abstützung, um die Federbeinaufnahme zu entlasten. Im oberen Bild sind bereits die Stellen blankpoliert, an denen die Strebe angeschweißt werden soll.

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Dirk fertigt aus zwei Stücken Rohr (Wandstärke 2-3 Millimeter, also überaus solide) solche Stützen an. An den Enden abgeflacht und entsprechend abgewinkelt, passen sie genau zwischen Radhaus und Federbeinaufnahme.

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Während des Anschweißens habe ich das seltene Vergnügen, als Brandwache im Motorraum meines Fahrzeugs die Flammen auszupusten.

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Das Ergebnis überzeugt. Nach Grundierung und Lackierung werden die neuen Streben noch mit Fett gegen Wettereinflüsse geschützt. Das sollte eine Weile halten – mehr Stabilität dürfte da vorne kaum möglich sein.

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Und noch die eine oder andere Kleinigkeit ist zu flicken. An zwei Stellen werden abgebrochene Halterungen wieder an den Auspuff geschweißt, ins Differential wird neues, bernsteinfarbiges Öl gequetscht und die Hinterachse bekommt zwei neue Federn (auf der Beifahrerseite war ein mehrere Zentimeter langes Stück abgebrochen). Bei letzterer Aktion stellt sich allerdings heraus, dass der Mercedeshändler meines Vertrauens mir Gummipuffer für den W210 statt des W202 mitgegeben hat. Statt der neuen Gummis müssen also die alten wieder rein – arg ärgerlich, die ganze Ausbauprozedur müssen wir irgendwann nochmal wiederholen.

Und sogar der so schlimm zerschrammte Radlauf am Kotflügel vorne links – siehe Foto oben – wird provisorisch wieder ausgebeult und weiß gelackt, auf dass er noch den Winter über halte.

Eine kleine Wellnesspackung für ein Auto, das mir in den letzten anderthalb Jahren sehr ans Herz gewachsen ist, so problemlos und angenehm frisst es täglich brav seine Kilometer. Pro Arbeitstag immerhin mindestens 130 davon.

Es ist längst Nacht, als sich der Wagen und ich wieder auf den Weg nach Köln machen. Müde, aber zufrieden. Wieder etwas erledigt. Es soll halt noch ein paar Jahre dauern, bis Moos auf meinem Auto wächst.

Erlkönig

Und wieder so ein Moment, wo sich der Schreiber dieser Zeilen auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit erst die Augen reibt, dann hektisch zur Kamera in der Mittelkonsole greift.

2012_12_Mercedes-Erlkoenig_

Ein waschechter Erlkönig! Und zweifellos von der Marke mit dem Stern. Ein Blick nach dem Überholen in den Rückspiegel – leider nicht fotografierbar – enthüllt eine klassischen verrippte, erstaunlich hohe Mercedes-Kühlermaske. Scheint sich ein bisschen in Richtung Audi-Maul zu orientieren, die neue Stuttgarter Schnauze.

Aber was ist es, das da gerade in Richtung Maastricht dahinrauscht? Eine frisch gefaceliftete E-Klasse kann’s nicht sein, die hat ihre Hamsterbackenkotflügel trotz Verschlankung behalten. Kann angesichts der Ausmaße also nur eine S-Klasse sein.

Ein Blick ins Web bestätigt dies kurz darauf: Es handelt sich um den neuen W222, der seit einigen Wochen auf deutschen Straßen seine Runden dreht.

Das kleine Morgenrätsel ward also fix gelöst. Ebenso fix gelöst, und zwar auf-, hat sich damit allerdings auch die ebenso fix entstandene Idee, den Schnappschuss für teuer Geld an ein Hochglanz-Automagazin zu verticken.

Apropos: Aufgelöst hat sich im übrigen ebenso die Hoffnung der Mercedes-Macher, mit der 2002 wiederbelebten Luxusmarke Maybach teuer Geld zu verdienen. Die Herstellung des Edel-Dickschiffs wurde jetzt nach zehn Jahren wieder eingestellt, wie die FAZ heute berichtet. Der W222, wahrscheinlich auf der IAA 2013 erstmals offiziell präsentiert, wird also die Bürde des Spitzenmodells alleine tragen müssen.