Begehrte Beute

Gerade von der Polizei Heinsberg als Meldung über den Ticker gekommen:

Gerade mal 10 Minuten, in der Zeit von 10.05 bis 10.15 Uhr am 18. September (Dienstag), parkte ein brauner Pkw Daimler 250 D mit niederländischem Kennzeichen auf dem Parkplatz eines Supermarktes an der Straße In der Fummer. Diese Zeit nutzten Unbekannte das historische Fahrzeug zu stehlen. Wer Hinweise zur Tat geben kann, wende sich bitte an das Kriminalkommissariat in Heinsberg unter Tel. 02452 9200.

Krijg de tering, möchte man dem Dieb hinterherrufen. Braune Benze klaut man nicht, die stehen unter Artenschutz.

Und ich dachte immer, schokoladiger Lack wäre die beste Diebstahlsversicherung. Aber wer so gewissenlos ist, einen Youngtimer aufzubrechen, der schreckt sicher auch vor einer Umlackierung in Seniorensilber nicht zurück.

Klare Kante

Es ist morgens, es ist halb Zehn durch, es ist viel los auf der A4 und es ist alles zu spät. Es war schon zu spät, als ich vor 20 Minuten hektisch Flockis Zündschlüssel umdrehte. Zu spät, als der kilometerlange Rückstau vor dem Kreuz Köln-West endlich hinter uns lag und noch später, als wir endlich durch das zweite Geknubbel vor der Baustelle an der Brücke über die ICE-Strecke waren. Zu spät, um pünktlich um Zehn in der Redaktion zu sein.

Nun windet sich die zweispurige Blechschlange, durch dynamische Verkehrsbeeinflussung auf 100 km/h heruntergekühlt, durch den Wald zwischen Buir und Düren. Mittendrin: Flocki, ich und Steffi Neu von WDR2. Entspannen Sie sich, Drängeln hat doch keinen Zweck, Sie sehen doch, dass es hier nicht schneller geht.

Ein Quattroporte

Aber was ist das? Vor uns taucht etwas auf, dass die unverkennbaren, eckigen Linien der Siebziger trägt. Ein VW Santana? Oder gar ein alter Mitsubishi Galant?

Quattroporte in Nahaufnahme

Oh nein, es ist so ziemlich das genaue Gegenteil. Das gewaltige Dreizack-Emblem an der nicht weniger imposanten C-Säule verrät: Vor uns fährt ein waschechter Maserati Quattroporte III, gebaut irgendwann zwischen 1979 und 1986, als ein paar Jahre lang De Tomaso das Regiment in Modena führte, nach Citroën und vor Fiat. Der große Giorgio Giugiaro zeichnete für die kantige Silhouette verantwortlich, die denn auch ihre Verwandtschaft mit vierrädrigen Ikonen wie dem De Lorean DMC und dem BMW M1 nicht bestreitet, aber auch Familienähnlichkeit mit der ersten Generation von VW Golf, Scirocco und Passat aufweist. Von daher war der VW Santana zumindest nicht völlig abwegig. Hatten Autos je wieder so viel Charakter wie damals?

Sein über 200 PS starker V8 mit über vier Litern Hubraum machte den Quattroporte für Fahrer, die den Mut zur Nischenmarke aufbrachten, zu einer echten Alternative zu Mercedes 450 SEL 6.9 und Jaguar XJ V12, vom BMW 745i ganz zu schweigen.

Was für ein rares Glück, eins der nur knapp über 2200 gebauten Exemplare hier zu treffen. Diese Kanten! Diese Felgen! Diese Auspuffrohre! Dieses bezaubernd understatelnde „4porte“-Typenschild!

Eine Zeitlang darf sich Flockis 1,8-Liter-Vierzylinder auf Augenhöhe mit dem fast doppelt so starken Italo-Exoten fühlen. Dann wird die A4 hinter Düren dreispurig und der Dreizack schüttelt den schnöden Berufsverkehr mit leichtem Druck aufs Gaspedal einfach ab.

Zwanzig Minuten später, hinter der Dauerbaustelle Aachener Kreuz, verlassen wir die Autobahn. Am Ende der Abfahrt Rothe Erde wartet die Ampel zum Berliner Ring. Springt sie auf Grün, kann man es bei konzentriertem Einsatz von Gas und Bremse, entsprechender Zurückhaltung des übrigen Verkehrs sowie etwas Glück und deutlich mehr Chuzpe gerade noch bis zur Kreuzung Breslauer/Dresdener Straße schaffen, ehe dort die Ampel auf Rot wechselt.

Heute, wo alles zu spät ist, ist auch das Glück der freien Bahn nicht mit uns. Dafür um so mehr zähflüssig dahinrollende Hürden der Landstraße à la Twingo und Bravo. Die Ampel empfängt uns erdbeerfarben. Die Hände umkrallen das Lenkrad – ach, egal, zu spät ist zu spät ist zu spät.

Aber vorhin, auf der A4, da war ein Wagen… der hätte es geschafft.

Kaufhilfe

Vor sechs Stunden hat Apple das neue iPhone 5 vorgestellt. Ich gebe zu, ich war skeptisch. LTE, 8-MP-Panoramakamera, 16:9-Retina-Display, A6-Prozessor, iOS6, paar Millimeters höher, paar Millimeters dünner… jaja, aber mal im Ernst: Ist das genug, um meinem treuen 4er-Phone adieu zu sagen?

Nu: klares Ja.

Was den Ausschlag gegeben und mich zum willenlosen Woller gemacht hat, ist die neue Karten-App mit Sprech-Navi, die im Werbevideo so einzigartig beiläufig-charmant präsentiert wird (danke an Nils Qn für den Hinweis):

Die entscheidende Stelle ist bei 3:39 Minuten:

iPhone 5 im W123
Es funktioniert sogar im schönsten Auto der Welt!

Eins muss man diesen Apple-Heinis lassen: Sie wissen, wie sie an deine Urinstinkte appellieren müssen. Zielgruppenspezifischer hätt’s bei mir gar nicht sein können. Wo muss ich unterschreiben?

Kuhflug

Falke im Anflug auf Merzbrück

Es ist unwahrscheinlich, dass die Scheibe Flugzeugbau SF 25 C – vom Hersteller stolz „Falke“ genannt, von ihren Nutzern liebevoll „Kuh“ oder „Rentnerjet“ – jemals in der Literatur als Beispiel für besonders gefälliges Luftfahrzeugdesign genannt wird. Die tief angesetzten Flügel recken sich in negativer Pfeilung aus dem kantig bespannten Rumpf heraus. Aus dessen Unterseite ragt ein einzelnes wuchtiges Mittelrad aus einer bauchigen Verkleidung heraus. Zwei winzige Stützrädchen an langen Stangen unter den Flügeln halten das Trumm am Boden in einer konstant kippelnden Waagerechten. Nein, schön geht anders. Auf der Ästhetikskala liegt der Falke am entgegengesetzten Ende zur, sagen wir mal, Dallach Fascination.

Im Nest des Falken

Dieses unförmige und unelegante Luftmoped hat eigentlich nur einen wirklichen Vorteil: Es fliegt – und das erstens gut und zweitens billig und dadurch drittens ziemlich oft. So wie die D-KNIR der Philips Fluggruppe Aachen gestern mit mir in die Eifel. Es war mein erster Flug zu einem anderen Platz von Aachen aus. Man muss ja die Gegend kennen, in der man unterwegs ist.

Über dem Rursee

Aus der Merzbrücker Platzrunde ging es geradewegs auf Kurs 153 Grad. In etwas über 3000 Fuß knatterten wir gemütlich über den Rursee….

Im Gegenanflug auf die Dahlemer Binz

…bis zum Flugplatz Dahlemer Binz, der sich 65 Kilometer weiter südlich in den tiefsten Wäldern der Eifel versteckt, irgendwo südlich von Monschau und Bad Münstereifel.

Falke in Binz

Unsere C 2000 nach der Landung, 35 Flugminuten nach dem Start. Die Landegebühr schlug mit flugschülerfreundlichen 4,50 Euro zu Buche. Für einen Falken ist die Binz so etwas wie ein Heimathorst: Ein Teil der rund 1500 gebauten SF 25 wurde hier vor Ort bei Sportavia Pützer in Lizenz gefertigt. Ob das auch für unsere D-KNIR gilt, weiß ich leider nicht.

Windräder in der Eifel

Nach dem Erledigen der Formalitäten geht es wieder auf den Rückflug, auf dem ich über die vielen Stauseen in der Eifel – hier die Olefbachtalsperre – staune. Aachen liegt irgendwo dahinter, auf 333 Grad im Dunst…

Stausee

…und noch ein ganzes Stück hinter dem Rursee, der sich wie ein chinesischer Drachen durch die Landschaft windet. Nach 37 Flugminuten landet die India Romeo trotz Seitenwind wieder glatt in EDKA. Was für ein angenehmer kleiner Trip.

Hätten wir uns im Flugplatzrestaurant auf der Binz eine Stärkung eingeworfen, es hätte tatsächlich der sprichwörtliche „One-hundred-Dollar-Hamburger“ werden können. Das ist unter Motorfliegern der Ausdruck für einen reinen Spaßflug zu einem nicht allzuweit entfernen Platz, wo man kurz etwas isst und sich dann auf den Rückweg macht. Dank der mächtig gestiegenen Kosten für Flugbenzin wird allerdings heutzutage aus dem Hundertdollarburger oft eher ein Dreihundert-Euro-Kaffee. Das Flugbenzin Avgas 100LL liegt zwischen 2,60 und 2,90 Euro pro Liter, von denen sich ein tyischer Flugmotor wie der oft in der Cessna 172 steckende Lycoming O360 gerne mehr als 40 pro Stunde nimmt.

Unser Falke mit seinem 80-PS-Limbach-Boxer ist dagegen mit Superbenzin von der Tankstelle zufrieden und suckelt sich davon keine zwölf Liter pro Stunde aus dem Tank.

„Kun lehmät lentävät“, sagt der Finne, wenn er etwas nicht glaubt: „Wenn Kühe fliegen“. Ja, sie fliegen tatsächlich. Gar nicht so selten sogar. Und sie machen dabei sogar ziemlich Spaß.