Neues aus der Hölle

Batterien_800Todsünde, die: besonders schwere Sünde in der kath. Glaubenslehre (peccatum mortiferum)

Sieben Todsünden gibt es. Hochmut. Neid. Zorn. Völlerei. Trägheit. Wollust (von der ich als Kind dachte, sie habe etwas mit Pullovern zu tun). Und Geiz. Der ist besonders schlimm. Geiz geht gar nicht. Manchmal bestraft er sich allerdings selbst. So wie am Samstag.

Was man nicht im Kopf hat, muss man bekanntlich mit anderen Mitteln ausgleichen. Wer zum Beispiel auf dem jüngsten Konzert der Womanizers im Irish Pub „Wild Rover“ Fotos machen wollte und zwar an seine neue Pocketkamera gedacht hatte, nicht aber an frische Batterien, dem standen zwei Möglichkeiten offen. Er konnte das Defizit an Denkleistung mit Muskelkraft ausgleichen und sich nochmal nach Hause bewegen. Wo im Ladegerät zwei frische 1,5-Volt-Akkus mit der beeindruckenden Abgabeleistung von 2800 Milliamperestunden vor sich hinblinkten.

Die andere Möglichkeit bestand darin, sich flugs in den deutlich näher gelegenen nächsten Elektronikmarkt zu begeben (nicht der mit der geilen Geizwerbung, sondern der andere) und dort neuen Strom zu kaufen. Natürlich in Form von wiederaufladbaren Akkus, man ist ja kein Umweltschwein.

Doch holla, was sind die Dinger heutzutage teuer. Die Spitzenmodelle kosteten im Viererpack, wenn mich mein Gedächtnis im nachhinein nicht trügt, rund 25 Euro. Einwegbatterien sind zwar Umweltgift, aber, nun ja… ein Zehnerpack lag nur bei sechs Euro paarundfuffzich. Man muss sie ja nicht sinnlos in der Kamera verheizen, beruhigte ich das über meiner linken Schulter schwebende Gewissens-Engelchen. Wir machen nur ein paar Bildchen und lassen sie dann langfristig und nachhaltig von Wanduhren und Fernbedienungen leerzutzeln.

Aber was war das? Es ging sogar noch billiger! Eine Stange No-Name-Energiespender sollte nur läppische anderthalb Euro kosten, wohlgemerkt ebenfalls ein Zehnerpack. „Wenn jede von denen bloß fünf Bilder lang durchhält, reicht’s ja“, dachte ich, und der Knauser-Teufel auf meiner rechten Schulter nickte eifrig. Also auf damit zu Musik und Murphy’s. Das leise Schluchzen des Engelchens überhörte ich.

Fünf Bilder? Schön wär’s gewesen. Oder sehen Sie hier irgendwo Konzertfotos? Ob es an den Batterien lag, an der Kamera, am verdunsteten Stout-Bier in der Luft oder den rockigen Rythmen (die Womanizers sind überaus hörenswert, das sage ich nicht nur, weil da ein guter Freund von mir mitspielt) (und ich hoffe, der Presserat lässt mir diese werbliche Aussage als Meinungsäußerung durchgehen). Die Kraft jeder Batterie genügte gerade nur, das Objektiv auszufahren. Dann ging die Kamera wieder aus. Über meine Reaktion schreibe ich lieber nichts, Zorn ist ja auch eine Todsünde.

Wie schon seit einigen Monaten zu lesen ist, will die Elektromarktkette Saturn ihre „Geiz ist Geil“-Kampagne beenden. Übermorgen ist es soweit: „Wir lieben Lebensmitt Technik! Wir hassen teuer!“ soll es ab dem 24. Oktober heißen. „Heute geht es um Werte statt um Preise“, meinte der Shop-Chef.

Recht hat er, sage ich, reuevoll auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt. Werte, das ist es, was wir brauchen. Am besten welche zum Wiederaufladen. Hat jemand ein Taschentuch für meinen Gewissens-Engel?

Neues aus dem Amt

Kfz-Stelle_75b_800Mit Behörden ist es ja wie mit lebenswichtigen Organen. Ohne sie geht es nicht. Schon klar. Aber am glücklichsten ist man doch, wenn man von ihrem Funktionieren möglichst wenig mitbekommt. Muss man sich doch einmal intensiver mit ihnen beschäftigen, ist die Frage nur: Wie unangenehm wird’s diesmal?

„Mein Verhältnis zu Behörden war nicht immer ungetrübt…“ begann vor vielen Jahren Reinhard Meys Lied vom Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars. Zu Recht konnte damals praktisch jeder Radiohörer im Lande mitträllern. Bürger und Behörde, das ist wie Frikadelle und Fahrrad, wie Wanderdüne und Webcam, das kann nicht miteinander, das passt nicht.

Wo war ich? Ach ja, auf der Kfz-Zulassungsstelle der Stadt Aachen. Ich muss vorwegschieben, dass einige der unangenehmeren Erinnerungen an meine letzte Heimat Bielefeld um die dortige Zulassungsstelle kreisen. Drei Stunden Wartezeit waren Regel, nicht Ausnahme. Meist radelte ich auf dem Weg zur Arbeit kurz dort vorbei, zog einen Wartebon, fuhr weiter ins Büro und rief alle halbe Stunde an, wieviele Dutzend Nummern noch vor mir dran waren. Ungelogen.

Wer nämlich nicht nur brav jahrein, jahraus denselben Wagen fährt, sondern sich mit einem Sommer- und einem Winterauto plus Motorrad durch’s Jahr hangelt, der kennt bei solchen Wartezeiten für jede einzelne An- und Abmeldung irgendwann jede Fliese auf dem Boden. Jedes Bild an der Wand, besonders dieses dämliche mit dem unfallzerknautschen Mercedes 300SL.

Mit entsprechend überschaubarer Vorfreude hatte ich mich im Frühjahr zum ersten Mal aufgemacht, das erste meiner Vehikel nach Aachen umzumelden. „Ich komm morgen später“, warnte ich am Tag vorher die Kollegen in der Redaktion. Am nächsten Tag piepte der Wecker denn auch extra früh. Das große Erlebnis begann damit, dass die Zulassungsstelle nicht bequem in der Stadt liegt, sondern draußen auf der grünen Wiese, was sag ich: dem grünen Hügel, am Rande des Gewerbegebiets Würselen. Was, Sie haben kein Auto, um Ihr Auto anzumelden? Dann sehen Sie mal zu, wie Sie zu uns hochkommen.

Erst einmal vor Ort allerdings: hui! Riesenparkplatz hinterm Haus, Nummer ziehen, hinsetzen und sofort dran sein. Oder auch: Gar nicht warten, Ummeldung gleich am Schnellschalter erledigen. Fünfmal war ich schon da, zuletzt am vergangenen Freitag, und nie hat es länger als zehn, fünfzehn Minuten gedauert. Beim ersten Mal hatte das zur Folge, dass ich danach nochmal nach Hause fahren und den unterbrochenen Morgenschlaf fortsetzen konnte. Ein geradezu unfassbar schneller und angenehmer Vorgang.

Hätte Reinhard Mey das geahnt. Manchmal ist es mit Behörden auch wie mit einem dieser Extra-Big-Burger im XXXL-Menü mit dreimal Fleisch und viermal Käse. Erst glaubt man, mit diesem Monster wird man nie fertig. Und eine Stunde später könnte man glatt schon wieder.